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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1173 Bewertungen
Bewertung vom 05.01.2025
White, Loreth Anne

Stumme Knochen


ausgezeichnet

Als Bauarbeiter eine kleine Kapelle, die an die Rettung einer Wintersportlerin erinnert, versetzen sollen, entdeckt der Baggerfahrer beim Ausheben des Betonfundamentes menschliche Knochen. Durch die Bodenbeschaffenheit sind Teile der Leiche gut erhalten. Die Vermutung, dass es sich um die Überreste der seit 47 Jahren vermissten Annalise Jansen handelt, liegt nahe. Die damals 16-jährige ist nach einer Party ebenso verschwunden wie ihr nur wenig ältere Nachhilfelehrer. Bis in die Gegenwart ist unklar, ob die beiden gemeinsam durchgebrannt sind oder ob der junge Mann das Mädchen ermordet hat.

Detective Jane Munro erhält diesen Cold-Case-Fall übertragen. Sie scheint dafür geeignet, da ihr Verlobter vor einigen Monaten während einer Bergtour spurlos verschwunden ist und sie die Emotionen der zurückbleibenden Familienangehörigen nachvollziehen kann. Zudem ist sie im sechsten Monat schwanger.

Jane Munro beginnt mit dem Studium der alten Akten. Dabei stößt sie auf die „Shoreview Six“, jene eingeschworene Highschool-Gruppe, der auch Annalise angehört hat. Deren Aussagen von damals gleichen sich auffällig. Was haben die Mitglieder dieser Gruppe, die nun in den Sechzigern und respektable Geschäftsleute sind, zu verbergen?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist geschickt aufgebaut. Erzählt wird er aus verschiedensten Persepektiven: Aus der Sicht von Ermittlerin Jane, der Forensikerin Dr. Ella Quinn, die eine weit reichende Entdeckung an der Leiche macht, und der TV-Journalistin Angela Sheldrick sowie den Mitgliedern der „Shoreview Six“. Mit zahlreichen Rückblenden zu den Ereignissen vor 47 Jahren wird die Spannung häppchenweise aufgebaut bis sie schlüssig, aber überraschend aufgelöst wird.

Bislang war mir die kanadische Autorin Loreth Anne White unbekannt. Nach diesem Krimi, der mich bis zur letzten Seite gefesselt hat, werde ich weitere Bücher von ihr lesen. Ob es eine Fortsetzung zu Detective Jane Munro geben wird? Immerhin ist das Schicksal ihres Verlobten unklar.

Ein winzigen Kritikpunkt habe ich bezüglich des Covers: Wenn ich nicht explizit einen Krimi, der in Kanada spielt, gesucht hätte, hätte ich dieses Buch links liegen gelassen. Das Cover beeindruckt überhaupt nicht. Auf mich wirkt es „selbstgestrickt“.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, der mich bis zu seiner überraschenden, aber schlüssigen Auflösung gefesselt hat, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 04.01.2025
Abboud, Aline;Heymann, Nana

Barfuß in Tetas Garten


sehr gut

Wann immer in den Nachrichten vom Libanon die Rede ist, denkt man an die verheerende Explosion im Hafen von Beirut im Jahr 2020, an Korruption und Vetternwirtschaft, an die Hisbollah sowie an instabile Machtverhältnisse. Dass es auch noch einen anderen Blickwinkel auf dieses Land, das am Mittelmeer liegt und an Syrien und Israel grenzt, gibt, zeigt uns Journalistin und Autorin Aline Abboud, deren Vater aus dem Libanon stammt und zum Studium in die DDR gereist ist. Dort hat er seine Frau kennengelernt. Als die Mauer fällt, ist Aline drei Jahre alt. Dennoch bleibt die Familie aus finanziellen Gründen im Ost-Berliner Stadtteil Pankow wohnen. Sie geht dort aufs Gymnasium, nicht gerne, wie sie schreibt.

„Dass ist ein Pfund, dass du arabisch sprichst. Bau das ruhig aus. Daraus solltest du etwas machen.“

Die Kenntnisse der arabischen Sprache öffnet ihr die Türe zu ihrem Beruf als Journalistin und Moderatorin.

Aline Abboud entführt uns in ein Land, in dem Familie über alles geht. In ein Land, das sie, obwohl sie es zunächst nur während der Sommerferien kennengelernt hat, geprägt hat. Abboud stellt uns den Libanon aus Sicht des Kindes, der Jugendlichen und als Erwachsene vor. Schmunzeln musste ich, als sie über den Besuch des berühmten Zedernwaldes als Pubertierende erzählt. Die Zeder - einst haben dichte Wälder das Gebiet bedeckt bevor Phönizier, Römer und ander Völker dieses Holz für den Schiffsbau entdeckt haben, ist zentraler Teil der libanesischen Flagge und Identität.

Aline Abboud berichtet aber auch über Ängste, die sie und ihre in ganzen Welt verstreute Familie, ausstehen, wenn sie die Schreckensnachrichten aus Radio und TV hören und, die im Libanon verbliebenen Angehörigen tagelang nicht erreichen.

Sie geht auch der Frage nach, warum so viele junge Menschen den Libanon verlassen. Gleichzeitig berichtet sie von opulenten Hochzeiten mit Stretchlimousinen und eleganten Kleidern. Und überhaupt, kleiden sich die viele Libanesinnen und Libanesen in teure Designerware. Ein Mittel des Trotzes gegen das Regime? Oder ein Statement für die Selbstachtung in schwierigen Zeiten? Das erinnert mich daran, dass sich die Pariserinnen, als ihre persönliche Art des Widerstandes, während der deutschen Besatzung chic gekleidet haben.

Aufgeben ist für viele Libanesen keine Option, obwohl zahlreiche junge Menschen das Land verlassen. So haben Dutzende Geschäftsleute nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut 2020 wenig später ihre Geschäfte an anderer Stelle wieder eröffnet.

Fazit:

Dieser sehr persönliche Einblick in den Libanon hat mich sehr beeindruckt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 03.01.2025
Dützer, Volker

Die blinde Zeugin


sehr gut

Dieses Buch ist 2015 erstmals unter dem Titel „Treibsand“ erschienen und ist ein rasanter und facettenreicher Thriller, in dem fast jeder der Protagonisten ein Geheimnis hat.

Die junge Trickbetrügerin Samantha „Sammy“ Baring wird Zeugin eines Mordes und gerät dadurch in Lebensgefahr. Zur Polizei gehen ist nicht möglich, zumal ein hochrangiger korrupter Polizist die schützende Hand über den Täter hält. Es scheint, als ob lediglich der ehemalige Polizist Jan Stettner der jungen Frau helfen könnte. Doch der hat wenig Lust, seinem früheren Vorgesetzten zu begegnen. Doch dann siegt die Vorstellung, es endlich dem intriganten Vorgesetzten heimzahlen zu können.

Noch wissen beide nicht, worauf sie sich einlassen ...

Meine Meinung:

Ich lese gerne Volker Dützers Kriminalromane. Besonders jene historischen, die im Umfeld des Zweiten Weltkrieges angesiedelt sind, habe ich verschlungen.

Dieser hier hat mir nicht ganz so gut gefallen. In einigen Szenen wird ein bisschen zu dick aufgetragen. Dass sich ein Firmenchef als Alleinherrscher über ein Dorf aufspielt und Abhängigkeiten erzeugt, habe ich schon öfters gelesen. Manches liest sich wie die Feudalherrschaft des Mittelalters mit Frondiensten. Entweder man macht das, was der Boss will, oder man bekommt im ganzen Umkreis keinen Fuß mehr auf den Boden. Von den Eingeschüchtert hat das niemand ausprobiert, so dass der Wahrheitsgehalt nicht überprüft werden kann.

Der Titel ist irreführend, denn Sammy verliert auf Grund eines Brandanschlags für einige Zeit ihr Sehvermögen. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen sind die Brandwunden im Gesicht und am Körper super verheilt und machen keine Beschwerden. Wer jemals eine größere Verbrennung zweites Grades gehabt hat, wird wissen, dass damit nicht zu spaßen ist.

Fazit:

Dieser Thriller hat nicht ganz meine Erwartungen erfüllt, daher bekommt er 4 Sterne.

Bewertung vom 30.12.2024
Merati, Anna

Tod im Piemont - Trüffel, Nougat und Barolo (eBook, ePUB)


gut

Sofia Dalmasso betreibt in Corrazzo, einem Bergdorf unweit des Lago Maggiore ein kleines Café, dass sie von ihrer Großmutter Valerija geerbt hat. Doch ihre Großmutter hat sie nicht nur das Torten, Kekse und Nudel machen gelehrt, sondern auch das Kaffeesatzlesen. Das erfreut sich bei den Dorfbewohnern und Fremden großer Beliebtheit, weshalb sie sich nicht wundert, dass ein Fremder einen Mokka bestellt, das Codewort für die ungewöhnliche Dienstleistung. Sie sieht erstmals das Zeichen für Tod, warnt den Mann, kein Risiko einzugehen. Blöderweise ist er am nächsten Tag tot. Doch nicht nur tot, sondern stranguliert und jemand täuscht einen Selbstmord vor. Sofia ist von Schuldgefühlen geplagt, denn Mann nicht ausdrücklicher vor der drohenden Gefahr gewarnt zu haben und beginnt sich im Dorf umzuhören. Dabei entdeckt sie, dass vor Jahren eine Familie dieses Namen in Corrazza ansässig war, aber sich niemand an die Leute erinnern will. Auch ihre Eltern und die ihrer besten Freundin Laura hüllen sich in Schweigen.

Als dann herauskommt, dass der Bruder des Toten vor 23 Jahren bei einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht getötet worden ist, lässt sie nicht locker, um die Wahrheit herauszufinden. Dass sie bei ihren Schnüffeleien einen smarten Commissario kennenlernt, gibt diesem Krimi einen leichten, sommerlichen Anstrich.

Meine Meinung:

Dieser Reihen-Auftakt von Anna Merati hat alles für einen leicht lesbaren Sommerkrimi: Eine schöne Landschaft, gutes Essen und Trinken, eine vorwitzige Hobbyermittlerin, einen smarten Commissario und eine verschwiegen Dorfgemeinschaft sowie die eine oder andere falsche Fährt. Die 288 Seiten sind schnell gelesen.

Eine komplexe Handlung mit tiefschürfenden Dialogen darf man sich hier nicht erwarten. Dafür darf man Sofia beim Teig kneten, Kekse backen (Baci da Dama) und kochen über die Schulter schauen. Hier hätte ich mir das eine oder andere piemontesische Rezept gewünscht, denn der Duft der Rosmarinkartoffel und der Kekse hat meine Nase erreicht.

Anna Merati ist das Pseudoym von Dorothea Böhem, die ich schon als Autorin anderer Krimis kenne.

Fazit:

Ein leichter Sommerkrimi, der perfekt zu Liegestuhl und einem Glas Barolo passt. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Bewertung vom 30.12.2024
Kästner & Kästner

Tatort Hafen - Tod im Schatten der Elbflut / Wasserschutzpolizei Hamburg Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Hamburg droht, wie im Februar 1962, eine gewaltige Sturmflut. Doch diesmal scheinen die Behörden dank Hochwasserschutzbauten, moderner Kommunikation sowie gebündelter Einsatzkräfte, dem Unwetter gewachsen zu sein. Doch die drohende Sturmflut ist nicht das einzige Problem mit der Krisenstab unter der Leitung von Hafenkommissar Tom Bendixen von der Wasserschutzpolizei zu kämpfen hat. Während Bendixen seine Leute an jene Stellen, die akut der Hilfe bedürfen dirigiert, läuft als eines der letzten Containerschiffe die Global Endeaver im Hamburger Hafen ein.

Wenig später wird ein toter Afrikaner, der mit in einem Overall, der von der Global Endeaver stammt, aus der tosenden Elbe geborgen. KHK Joanna Jakobi und Tom Bendixen halten Nachschau auf dem Schiff. Die Durchsuchung des Schiffes ergibt, dass sich vier blinde Passagier an Bord befunden haben, von denen nur eine Frau und ihr kleiner Sohn anwesend sind. Ein Crew-Mitglied ist abgängig. Niemand weiß oder gibt vor, nicht zu wissen, wohin die Offiziersanwärterin verschwunden ist. Und das ist nicht das einzige Geheimnis, das die Besatzung geschickt vor den Ermittlern verbirgt.

Während das Wasser im Hamburg unaufhörlich steigt und dich der kritischen Marke von 7,30 m über Normalnull nähert, Straßen und Plätze geräumt werden müssen, stellen sowohl der Hamburger Hafen als auch die Verkehrsbetriebe ihren Betrieb ein. Gleichzeitig ist Tom in Sorge um seine Frau Lisa, die auf keinen der Anrufe reagiert.

Meine Meinung:

Nachdem ich vor kurzem Anja Marschalls historischen Roman zur Sturmflut von 1962 gelesen habe, findet Tom Bendixen eine ungleich bessere Ausgangssituation vor, auch wenn ihn das Unwetter und die Vorkommnisse auf dem Containerschiff ziemlich fordern.

Dieser zweite Band ist wie heimkommen. Zunächst einmal in meine liebste deutsche Stadt Hamburg, wenn auch bei ziemlichen Schietwetter, und das Wiedersehen mit den Charakteren aus dem letzten Fall. Krisen-Psychologin Charlotte Severin hat nach wie vor kein Rezept gegen ihren gewalttätigen Ex, der sie und ihre kleine Tochter trotz mehrmaliger Wohnungswechsel immer wieder findet und bedroht. Woher bekommt er ihre Adresse? Was ist mit dem Datenschutz? Gibt es eine undichte Stelle bei der Polizei?

Mir hat dieser Fall sehr gut gefallen. Für alle jene, die mit den nautischen Begriffe bzw. dem Hafen- und Polizeijargon nicht vertraut sind, gibt es im Anhang ein ausführliches Glossar.

Fazit:

Die kurze Leseprobe lässt mich ungeduldig auf Fall drei warten. Diesem zweiten Band gebe ich jedenfalls 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 21.12.2024
Mühlfellner, Margot

Die Akte Graz


ausgezeichnet

Dieser Krimi ist dem Vernehmen nach der Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe, der in der Hauptstadt der Steiermark, in Graz, spielt.

Worum geht’s?

Chefinspektorin Marlene Kranz ist vor Kurzem aus Wien in ihre Heimat Graz zurückgekehrt. Nicht ganz freiwillig, wie es scheint. Noch bevor sie sich so richtig eingelebt hat, muss sie sich schon bewähren. Denn am Morgen nach der Eröffnung der Fotoausstellung des berühmten Fotografen Gustav Zierach im Grazer Kunsthaus wird Alexandra Walfrad, die für Zierach auf der bekannten Doppelwendeltreppe in der Grazer Burg für ein Foto Modell gestanden hat, ist just auf jener Treppe, genau wie auf dem Foto inszeniert, tot aufgefunden.

Für Marlene Kranz und ihr Team beginnt die mühevolle Kleinarbeit, denn die Gästeliste der Vernissage umfasst mehrere Hundert Personen. Hilfreich erweist sich, dass ausgerechnet Marlenes Schulfreund Franky als Pressefotograf Tausende Fotos von der Veranstaltung gemacht hat und die Stimmung dort auf seinen Bildern eingefangen hat.

Wenig später wird ein weiteres Fotomodell vermisst. Zufall? Oder hat es hier jemand auf schöne Frauen abgesehen?
Jedenfalls ergreift Marlene Kranz mit Rückendeckung ihres Vorgesetzten ungewöhnliche Maßnahmen. Unterstützung erhält sie dabei nicht nur von einem jungen Streifenbeamten und ihrem Kollegen sondern auch von Franky.

Meine Meinung:

Gleich vorweg, ich habe diesen Krimi in einer Nacht gelesen. Da ich Graz, die Hauptstadt der Steiermark, und ihre verwinkelten Gassen wie die Sporgasse recht gut kenne, habe ich mich gleich wie zu Hause gefühlt, und war gleich mitten im Geschehen rund um das Kunsthaus Graz. Schmunzeln musste ich über die Aktion mit der Einsatzgruppe Cobra auf dem Grazer Hausberg Schöckl.

Margot Mühlfellner schafft es, die Spannung stets zu steigern und den Spannungsbogen hoch zu halten.

Die Charaktere, vor allem Marlene sind sehr gut gezeichnet. Niemand, außer ihrem Vorgesetzten weiß, warum sie sich von Wien nach Graz versetzen hat lassen und warum sie ihren Kollegen, trotz des steirischen Brauch, alle zu duzen, so distanziert erscheint. Auch die Leser wissen es nicht, doch in kleinen Portionen erfahren wir, dass in Wien etwas passiert sein muss, was Marlene Kranz aus dem Gleichgewicht geworfen hat. Dazu verwendet die Autorin einen interessanten Kunstgriff: Wir dürfen bei den Therapiegesprächen zwischen Marlen und dem Psychotherapeuten dabei sein. Zunächst wehrt sie sich gegen die Gespräche, die allerdings Bedingung für die Wiedereinsetzung in den Dienst notwendig sind, doch langsam öffnet sie sich dem Therapeuten gegenüber.

Auch die anderen Charaktere wie der Fotograf Zierach oder der Direktor des Kunsthauses Graz, der auf mich wie eine aufgeblasene Kröte wirkt, erhalten eine besondere persönliche Note.

Gut gefällt mir, dass neben dem Kunsthaus auch andere Plätze wie eben die Doppelwendeltreppe in der Grazer Burg, die Murinsel, jenes futuristische Gebilde, das anlässlich der Ernennung von Graz zu Kulturhaupstadt Europas 2003 errichtet wurde, „mitspielen“ dürfen. Die Autorin wirft auch einen Blick auf die quasi soziale Zweiteilung von Graz, in eine diesseits und jenseits der Mur gelegene Stadt. Auf der einen Seite (ich verrate jetzt aber nicht welche) leben jene, die es geschafft haben und auf der anderen, die, die noch nicht so weit sind.

Fazit:

Ich hoffe auf eine baldige Fortsetzung dieser Krimi-Reihe, die durch ein durchdachtes Konzept und einen hohen Spannungsbogen besticht. Gerne gebe ich diesem Reihen-Auftakt 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.12.2024
Conrath, Martin

Das 13. Opfer / Kohle, Stahl und Mord Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Worum geht’s?

Bei einem Kontrollgang in der aufgelassenen Zeche Ludwig durch Werner Flemming und einen Kollegen kommt es zu einem einem Wassereinbruch, in Folge dessen die sterblichen Überreste jener zwölf Kumpel, die vor 34 Jahren bei einem Grubenunglück verschüttet worden sind, freigelegt werden. Die Überraschung ist groß, als neben diesen Skeletten ein 13. gefunden wird, in dessen Schädel ein Einschussloch inklusive Kugel gefunden wird. Der Fund löst in Flemming Erinnerungen aus, die er kaum bewältigen kann, gehört er doch zu jenen Bergmännern, die damals gerettet werden konnten.

Recht bald ist nicht nur die Identität des bislang Unbekannten enthüllt, sondern auch seine fiesen Finanzgeschäfte, die einen großen Teil der Kumpel um ihre Ersparnisse gebracht hat.

Und was hat der aktuelle Oberbürgermeister, der damals ebenfalls im Schacht war, und, weil er einen Teil der Schicht retten konnte, als Held gefeiert worden, zu verbergen?

Nicht nur die polizeilichen Ermittlungen laufen auf Hochtouren, sondern auch Journalist Tim Harms recherchiert. Wird Kriminalhauptkommissarin Elin Akay mit ihrem Team, zu dem auch Jana Fäller, eine forensische Psychologin gehört, den Täter finden?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der Auftakt zu einer interessanten Krimi-Reihe aus dem Kohleabbaugebiet in Essen und zugleich mein erster von Martin Conrath.

Als Wienerin habe ich mit dem Bergbau nur wenig am Hut. Allerdings war einer meiner Großonkel Bergmann im Braunkohlebergwerk in St. Stefan im Lavanttal (Kärnten), das nach einem Grubenunglück 1967, ein Jahr später geschlossen worden ist. Zusätzlich habe ich im Frühjahr 2024 die Zeche Zollern in Dortmund besichtigt, weshalb ich mich dieser Krimi gleich angefixt hat.

Martin Conrath hat einen höchst spannenden Krimi geschrieben, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Was ist vor 34 Jahren wirklich geschehen? Welche Rolle spielt das finanzielle Desaster, das der 13. Tote angerichtet hat?

Der Autor schafft es, die Spannung vor allem durch die abwechselnde Erzählung auf zwei Zeitebenen, hochzuhalten. Auch die persönlichen Beziehungen zwischen den Akteuren und ihren Angehörigen tragen dazu bei, dass es keine Erholungspausen gibt, bis der komplexe Fall gelöst ist.

Für alle jene, die keinen Bezug zum Bergbau haben, sind die Arbeiten unter Tage eindrücklich geschildert. Trotzdem kann man sich die schwere Arbeit und die Gefahren, die im Berg lauern, kaum vorstellen. Eine kleine Anmerkung habe ich, wenn die Reihe fortsetzt wird: Ein Glossar, das die zahlreichen bergmännischen Ausdrücke noch einmal zusammenfasst und erklärt, wäre eine willkommene Ergänzung.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi aus dem Ruhrpott 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.12.2024
Mazzeo, Tilar

Im Rausch der Zeit. Das temperamentvolle Leben der Witwe Clicquot


ausgezeichnet

Kulturhistorikerin und Autorin Tilar J. Mazzeo stellt uns in dieser Biografie eine Frau vor, über die nur wenig bekannt ist, aber deren Produkte sprichwörtlich in (fast) aller Munde ist: Barbe-Nicole Clicquot, geborene Ponsardin (1777-1866), besser bekannt als Veuve Clicquot und ihr Champagner.

Die Autorin begibt sich auf zahlreiche aufregende Recherchereisen bei denen zwar Auftragsbücher, Rechnungen und Lieferscheine in den Archiven aufzufinden sind, aber Persönliches wie Tagebücher oder Briefe der Veuve Clicquot sind so gut nicht vorhanden. Dennoch gelingt es Tilar J. Mazzeo ein rundes Bild der Pionierin in Sachen Champagnerherstellung und Vermarktung erstehen zu lassen.

Eine Pionierin ist Barbe-Nicole Clicquot jedenfalls: Als 1805 ihr Ehemann Francois stirbt, übernimmt die 27-jährig Witwe gegen alle Widerstände die Firma. Und Widerstände gibt es genug: Die Napoleonischen Kriege, Plünderungen durch Truppen, Unwetter, Missernten und missgünstige Mitbewerber. Doch die Witwe lässt sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen.

Wer gerne Biografien von historischen Persönlichkeiten, und da vor allem von Frauen, liest, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich diesem fesselnden Buch einer faszinierenden Frau 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.12.2024
Merkel, Angela; Baumann, Beate

Freiheit (eBook, ePUB)


sehr gut

Als Österreicherin habe ich Angela Merkel wohl nicht jene Aufmerksamkeit geschenkt, wie ihre deutschen Landsleute. Vor allem ihr Leben bevor sie zur ersten Bundeskanzlerin Deutschlands gewählt worden ist, war mir bislang nur in sehr groben Zügen bekannt. Aufgewachsen als Tochter eines Pfarrers in der DDR, Physikerin und nach der Wende Politikerin der CDU/CSU, oftmals als „Kohls Mädchen“ und wenig später als „Mutti“ tituliert, was für mich nicht sehr wertschätzend klingt. Deshalb war ich gespannt auf ihre Erinnerungen und wurde nicht enttäuscht.

Das Buch ist in fünf Teile mit zahlreichen Kapiteln gegliedert:

„Ich wurde nicht als Kanzlerin geboren“
Ein demokratischer Aufbruch
Freiheit und Verantwortung
Deutschland dienen (I)
Deutschland dienen (II)

Zusätzlich gibt es zahlreiche Fotos.

Das Buch liest sich gut. Natürlich ist es eine sehr persönliche Geschichte. Trotzdem berichtet Angela Merkel sehr sachlich und ohne große Ressentiments über ihr Leben. Selbst über den Mauerfall erzählt sie ohne große Emotionen oder Pathos. Dass sie, im Nachhinein betrachtet, einiges anders machen hätte sollen, wird auch angedeutet. Aber, es ist wie es ist. Zum Zeitpunkt der Entscheidung, war (vermutlich oft) wenig Spielraum.

Gut gefallen hat mir der leichte Plauderton, den Angela Merkel in ihrer Autobiografie einschlägt. Nicht immer geht sie chronologisch vor. Über ihr Privatleben erzählt sie wenig. Man erfährt nur, was man ohnehin weiß. Privates bleibt privat - das ist ihr gutes Recht, diesen Teil ihres Lebens nicht in der Öffentlichkeit auszubreiten.

Fazit:

Eine gelungene Autobiografie der ersten Bundeskanzlerin Deutschlands, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 12.12.2024
Ruhrhofer, Norbert

Bad Vöslau in Flammen


gut

In diesem, ihrem 4. Fall müssen Toni und Willi Polorny den Radius ihrer Ermittlungen beträchtlich erweitern. Das passt dem ziemlich lethargischen, um nicht zu sagen, faulen Willi (@ Biene Maja) zunächst einmal gar nicht. Erst die Aussicht auf steirische Spezialitäten und ein Liebeswochenende in Graz lässt ihn gemeinsam mit Ehefrau Toni und der Katzinger samt Anhang über den Semmering fahren, nur um anschließend einen Abstecher nach München zu machen.

Was ist passiert, dass Willi & Antonia ihr geliebtes Revier verlassen?

Als ein seit längerer Zeit leer stehendes Hotel mitten in den Weinbergen Vöslaus in Flammen aufgeht und ein Toter gefunden wird, liegt es nahe, an „heiß abtragen“ zu denken. Die Freizeitpolizisten, wie Chefinspektorin Olivia Wehli ihre verhasste (und illegale) Konkurrenz nennt, ziehen recht bald die richtigen Schlüsse. Daran sind nicht nur Willis Spezl Sprengnagel (ein echter Polizist), der Ermittlungsergebnisse völlig ungeniert mit den Pokornys teilt, sondern auch Heidrun „Stasi“ Zwatzl schuld. Mit ihrer Spionageausrüstung made in der Ex-DDR spioniert sie ihren Nachbarn hinterher und deckt so manches Komplott auf.

Meine Meinung:

Diesmal haben mich die Pokornys und da vor allem Willi ein wenig genervt. Als Leserin der ersten Stunde kenne ich die diversen Vorlieben des verfressenen Willi nun zur Genüge. Neben gutem Essen und Trinken spielen das Whirlpool und Sextoys eine wichtige Rolle. Angesichts der täglichen Gasthausbesuche frage ich mich, wovon leben die Beiden eigentlich? Denn Willi ist arbeitslos und Toni arbeitet nur wenige Stunden in der Bibliothek. Mag sein, dass sie geerbtes Vermögen unter die Leute bringen. Auch die mehrfache Erwähnung des alten Nokia ist lästig, denn inzwischen ist es hinlänglich bekannt, dass Willi den Telefonierknochen nicht gegen ein modernes Smartphne tauschen will. Aber, vielleicht kann der Ausblick auf die Zukunft, mit der dieser Regional-Krimi schließt, ihn eines Besseren belehren.

Neu ist Sophie Katzinger, die Zwillingsschwester der schrulligen Alten, die nach langen Jahren der schwesterlichen Funkstille todkrank nach Vöslau geholt wird und dank Berties „Kräutertee“ einige gute Tage verbringen kann.

Grundsätzlich mag ich die schrägen Typen, die sich hier tummeln, doch diesmal hat Autor Norbert Ruhrhofer, so finde ich persönlich, ein wenig zu dick aufgetragen.

Fazit:

Für mich persönlich ist der Krimi ein wenig zu gewollt schrill und voll mit Wiederholungen, daher gibt es diesmal nur 3 Sterne.