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allegra
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Insgesamt 295 Bewertungen
Bewertung vom 19.03.2012
Saborowski, Jenk

Operation Blackmail


sehr gut

Mit Operation Blackmail hat Jenk Saborowski einen rasanten, spannenden Thriller vorgelegt, der an sehr unterschiedlichen Schauplätzen in Europa spielt. Dabei verknüpft der Autor auf geschickte Weise Elemente eines klassischen Spionagethrillers, indem er einen Ex-KGB-Agenten auftreten lässt mit hochmodernen technischen Möglichkeiten einer postulierten gemeinen europäischen Eliteeinheit (ECSB) und greift sogar neue Medien in Form eines Multiplayer-Onlinerollenspiels auf.

Die ECSB wird auf Veranlassung der Bundeskanzlerin tätig in einem gravierenden Erpressungsfall. Eine international agierende deutsche Großbank wird zur Zahlung von 500 Millionen Euro erpresst. Die Dringlichkeit ist sehr hoch, weil die Erpresser bereits Mitarbeiter der Bank umgebracht haben und damit drohen, dass die gesamte Belegschaft von 60000 Personen bedroht ist.

Die junge attraktive Solveigh Lang ist Agentin der ECSB und wird auf den Fall angesetzt. Sie arbeitet eng zusammen mit Eddy, einem Ermittler, der an den Rollstuhl gefesselt ist, in der Zentrale arbeitet und Solveigh ständig übers Internet und Mobiltelefon mit entsprechenden Informationen versorgt, Reisen plant und die Versorgung mit Spezialausrüstung veranlasst.
Diese Konstellation an Ermittlern ist für mich neu und sehr interessant. Da Solveigh viele Züge einer Superheldin aufweist, leidet die Glaubwürdigkeit für mich etwas darunter. Dieser Eindruck wird durch eine gesundheitliche Schwäche - sie leidet an Clusterkopfschmerzen - für mich noch verschärft. Ebenso schwer nachvollziehbar war für mich die Tatsache, dass ein Polizist, dessen Beine zertrümmert worden sind, sich nur kurze Zeit nach einer stundenlangen Operation mit Rollstuhl selbst aus dem Krankenhaus entlässt und gleich weiter ermittelt. Vermutlich hätte er sich noch nicht mal eine Hose anziehen können. Es hätte dem Tempo und der Spannung keinen Abbruch getan, wenn man ihn noch ein wenig hätte auskurieren lassen.

Der Autor macht in dem Buch aufmerksam auf die Probleme der Verfolgung von Straftaten zwischen einzelnen EU-Staaten. Obwohl innerhalb des Schengenraumes die Grenzen offen sind, gibt es keine unkomplizierte Zusammenarbeit der Polizeiorgane der verschiedenen Staaten. Jenk Saborowski ruft deshalb in diesem Thriller die ECSB ins Leben, eine geheime Polizeieinheit, die über die Grenzen hinweg ermitteln kann und die auf Veranlassung von 7 Staats- und Regierungsschefs der Europäischen Union tätig wird.
Abgesehen davon, dass man aufgrund des Textes annehmen müsste, dass die Europäische Kommission aus den Regierungsschefs der Mitgliedstaaten besteht, was nicht der Fall ist, wirkt es doch etwas befremdlich, wenn die Bundeskanzlerin telefonisch ein sich in der Luft befindendes Flugzeug umkehren lässt. Das hätte vielleicht noch etwas mehr Recherchearbeit benötigt, damit dieser abrupte Schluss es etwas runder hätte ausgearbeitet werden können.

Ich habe mich bei der Lektüre dieses rasanten und modernen Thrillers sehr gut unterhalten, aber mir fehlt noch etwas der Feinschliff. Mit der Ermittlerkonstellation um die Agentin Solveigh Land hat der Autor auf jeden Fall eine interessante Ausgangslage geschaffen für die Verfolgung weiterer innereuropäischer Straftaten, auf die man gespannt sein kann.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2012
Finnek, Tom

Unter der Asche / London-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Der Roman „Unter der Asche“ ist buchstäblich tief schürfend. Er handelt vom Graben: Einerseits im wörtlichen Sinne vom Graben in der Erde durch christlich orientierte Siedler, die sich der Allgemeinheit gehörendes Land urbar machen und von den Früchten der Erde in einer Gemeinschaft im Sinne der Bibel leben möchten. Andererseits soll im übertragenen Sinne nach der Wahrheit gegraben werden.

Im Prolog erhält der 13 Jahre alte Geoffrey Ingram von seinem Lehrer den Auftrag seine Erlebnisse vor dem großen Brand Londons zu Papier zu bringen. Dabei wird die Familiengeschichte der Familie Ingram aufgerollt. Der Leser wird aus verschiedenen Perspektiven durch ein Geflecht von Beziehungen geführt, größtenteils von Menschen auf der Schattenseite des pulsierenden Londoner Lebens.

Die verschiedenen Blickwinkel aus denen die Entwicklungen, die zum großen Brand geführt haben, beleuchtet werden, haben mich an einzelne Bühnenbilder erinnert, vor denen das große Theater des Lebens teilweise schonungslos aufgeführt wird.

Gleich von Anfang an schafft es der Autor sowohl die Atmosphäre des schmuddeligen Southwark einzufangen als auch die ländliche Gegend in Surrey anschaulich vor dem inneren Auge entstehen zu lassen.

Die Lektüre dieses Romans erfordert vom Leser einiges an Aufmerksamkeit und Geduld. Streckenweise empfand ich den Roman als recht sperrig, weil bei manchen Sachverhalten recht lange unklar ist, in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen. Die zahlreichen Figuren und die Zeitsprünge waren für mich manchmal etwas verwirrend, obwohl eine Liste vorne im Buch die Hauptfiguren vorstellt und die zeitliche Entwicklung eigentlich auch klar aus dem Text hervorgeht.
Obwohl die Geschichte mit großer Sorgfalt konstruiert ist, blieben mir hin und wieder Zweifel, ob ich alles mitgekriegt habe. Wie im realen Leben, weiß man bei vielen Figuren nie wirklich, woran man ist. Die Hauptpersonen sind sehr vielschichtig gezeichnet, so dass man zwischen Bewunderung und Verachtung schwankt und sie nicht unbedingt als Sympathieträger erlebt. Somit blieb der Identifikationsfaktor für mich für einmal aus, was ich aber nicht als nachteilig empfunden habe.

Dieses Buch hebt sich für mich sehr angenehm von der Vielzahl historischer Roman ab. Es ist sorgfältig recherchiert, konstruiert und formuliert und ist für mich eine sehr angenehme Abwechslung, weil für einmal die ausschließlich positiv besetzten weiblichen Heldinnen ausbleiben. Deshalb empfehle ich es gerne weiter.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2012
Strobel, Arno

Das Skript


sehr gut

Hamburg wird erschüttert durch eine Serie von Verbrechen von unglaublicher Brutalität. Junge Frauen verschwinden spurlos, gleichzeitig erhält eine Studentin, die für die Hamburger Abendzeitung schreibt, ein Paket von äußerst makabrem Inhalt: Auf einen Keilrahmen gespannte, menschliche Haut auf der in akribischer Schrift der Anfang eines Romans geschrieben ist. Eine der entführten jungen Frauen ist die Tochter des Verlegers der Hamburger Abendzeitung. Hat ihr Verschwinden einen Zusammenhang mit dem seltsamen Paket? Ist sie noch am Leben?

Recht schnell wird klar, dass der Alptraum eines Thrillerautors wahr wird. Ein Verrückter stellt seine Ideen aus einem Roman in der Realität nach. Ein Buch, das im Buch Wirklichkeit wird. Durch diese Taten schnellen die Verkaufszahlen des Buches in die Höhe. Wer davon profitiert gehört schon mal in den Kreis der Verdächtigen.

Der Roman wird aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt. Einmal erlebt man als Leser an der Seite von Kriminalhauptkommissarin Mathiessen und ihrem Partner Oberkommissar Erdmann die Ermittlungen mit, die zum Großteil ins Verlegermilieu führen, und am Rande auch einen anschaulichen Einblick in die Zusammenarbeit von Autor, Lektor und Verlag vermitteln. In einer anderen Perspektive erfährt man buchstäblich hautnah, wie die festgehaltenen Frauen in einem Keller gequält werden. Der Täter bleibt dabei bis zuletzt unbenannt. Diese relativ kurzen Passagen sind nichts für zartere Gemüter. Die Beschreibungen sind schonungslos, sodass mir beim Lesen schon ein paar Mal der Atem stockte.

Im Laufe des Thrillers lernt man die beiden Ermittler näher kennen und erfährt einiges aus deren Vergangenheit. Ihr Privatleben bleibt aber immer angenehm im Hintergrund. Obwohl sich mit der Zeit eine gewisse Sympathie zwischen Mathiessen und Erdmann entwickelt, ist der Roman glücklicherweise „Romanzenfrei“. Eine Liebesgeschichte wäre hier eindeutig fehl am Platz.

Die sehr abwechslungsreichen Schauplätze sind nicht zu ausschweifend beschrieben, was einen flotten Lesefluss ermöglicht, aber ohne dass man sich gehetzt fühlt.
Mir hat die Idee, den Inhalt eines Buches in einem Buch zu verarbeiten sehr gut gefallen. Obwohl das sicherlich recht kompliziert war, ist es Arno Strobel sehr gut gelungen, diese Verschachtelungen durchgehend klar darzustellen. Die Spannung ist durch das ganze Buch hinweg hoch: Bis zuletzt rätselt man mit und wird auch mal auf eine falsche Fährte gelockt.

Dieser Thriller bietet herrlich viel Stoff zum Kombinieren und Spekulieren, ich fühlte mich wunderbar unterhalten.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2012
Vosseler, Nicole C.

Sterne über Sansibar


ausgezeichnet

Auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes und des Klappentextes würde ich den Roman auf den ersten Blick ins Genre ‚Liebesromane vor exotischer Kulisse’ einteilen. Erst durch etwas Recherche auf der Homepage der Autorin, wurde mir bewusst, dass es sich bei Sayyida Salima bint Sa'id um eine historisch verbürgte Figur handelt. Sie ist als Tochter des Sultans von Sansibar im Jahre 1844 geboren und floh 1866 mit ihrem Geliebten, dem Kaufmann Heinrich Ruete in Richtung Hamburg. Noch auf der Reise in Aden ließ sich Salima auf den Namen Emily taufen und heiratete Heinrich Ruete. Später schrieb sie in Deutschland als erste Muslima ihre Autobiografie.

Der Roman von Nicole C. Vosseler stellt sehr einfühlsam Salimas (Emilys) inneren Kämpfe und Zwiespälte dar, die sich in jedem Lebensabschnitt neu manifestieren. In den Jugendjahren geht es vor allem darum, wie sich Emily im kalten Hamburg einlebt und in der Familie ihres Ehemannes integriert wird. Später rückt die Situation der Kinder mehr in den Mittelpunkt, die zwischen den Kulturen gefangen, ihren persönlichen Weg finden müssen. Im Alter erlebt Emily eine lange und tiefe Phase der Nostalgie und wird sich ihrer Herkunft wieder vermehrt bewusst. Sie versucht, an einst abgebrochene Beziehungen anzuknüpfen, was ihr nur teilweise gelingt und was sie auch bis zu einem gewissen Grad verbittert.

Emily Ruetes Leben ist sehr stark beeinflusst durch die deutsche und die englische Kolonialgeschichte. So wendet sich ihr Mann und später sie selber unter anderem an den Reichskanzler Bismarck, um ihre Rechte in Sansibar durchzusetzen. Diese Briefe sind in den Roman geschickt eingearbeitet, sowie andere historische Quellen, wie Briefe, die Emily an eine Halbschwester gerichtet hat.

Der Roman ist aus der Sicht eines allwissenden Erzählers geschrieben. Dabei werden typische Merkmale des Schauplatzes so selbstverständlich eingebaut, dass sie einem erst bei genauerer Analyse auffallen, aber sicher ihren Teil zur harmonischen Komposition des Buches beitragen. Zum Beispiel ist in Sansibar der Kalender nicht so wichtig wie in Deutschland. So orientiert man sich als Leser in den Teilen, die in Sansibar spielen, am Alter der Protagonisten, während die späteren Kapitel aus Hamburg mit Jahreszahlen versehen sind. Ebenso ist die Sprache in Sansibar deutlich bunter und blumiger, als in Hamburg. Durch innere Monologe und kurze Gedanken, erfährt man sehr viel über das Innenleben der Hauptfigur. Das ist jedoch durchaus nicht immer nur positiv, die Grautöne sind sehr glaubwürdig herausgearbeitet.

Am meisten begeistert war ich bei diesem Buch von der sprachlichen Ausdruckskraft. Die Autorin malt förmlich mit Worten.

Obwohl ich bei Liebesromanen meistens froh bin, wenn die Bücher nicht allzu dick sind, hätte ich bei diesem Buch gerne noch weitere 100 Seiten ausgehalten. Die geschichtlichen Hintergründe sind zwar sehr klar eingefügt, aber ich hätte hie und da gerne noch etwas genauere Ausführungen gelesen. Wenn man wenig informiert ist über die Umbrüche im Deutschen Kaiserreich nach 1870, ist der ein oder andere diplomatische Schachzug gerade im letzten Drittel des Buches eher schwer nachzuvollziehen. Auf ihrer Autorenhomepage (http://www.nicole-vosseler.de/) bietet die Autorin jedoch reichlich Bonusmaterial zum Buch an. Begleitend durch den Roman kann man hier zeitgenössische Bilder, Karten und erläuternde Texte finden. Dieses Material hat für mich den Roman wunderbar abgerundet.

Für mich ist dieses Buch sehr ausgewogen gelungen. Es ist spannend und gefühlvoll für Liebhaber von Liebesromanen und bietet sicher auch historisch interessieren Lesern gute Unterhaltung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2012
Sauer, Beate

Am Hofe der Löwin


sehr gut

Im vorliegenden Buch kann der Leser die geschichtlichen Entwicklungen zwischen 1127 und 1143 am Hofe Matildas sowie im Gefolge von König Stephens miterleben. Wie die Inhaltsangabe zeigt, beinhaltet der historische Roman eine gute Prise an Liebesgeschichte. Die Entwicklungen und Ränkespiele zwischen Stephens Anhängern und Matilda stehen für mich jedoch klar im Zentrum.
Als Leser bleibt man bei den Liebesszenen jeweils draußen, was ich als sehr angenehm empfunden habe. Man sucht in diesem Roman vergebens nach „drallen Mägden“ und außer einer Passage, wo sich Matilda auf der Flucht als Mann verkleidet, um nicht aufzufallen, bleibt man vor Frauen-in-Hosen Rollenspielen verschont.

Der Roman ist recht nüchtern und geradlinig aufgebaut. Die entscheidenden Schlachten können wunderbar mitverfolgt werden wobei ausführliche Beschreibungen von Gefechtsszenen und blutigen Verletzungen sehr sparsam eingesetzt sind. Teilweise werden die kriegerischen Fortschritte oder Verluste an den jeweiligen Höfen bei Gesprächen erzählt. Erst im letzten Drittel erlebt man die Belagerung Matildas Burg sowie Schwertkämpfe an der Seite Alines relativ hautnah.

Matilda wird als launische, bisweilen streitsüchtige, aber auch sensible Frau dargestellt. Aline ist sehr wissbegierig und darf mit Matildas Erlaubnis bei einem Heiler Kenntnisse in Heilkunde erwerben, was sie dann in der Betreuung Matildas und der Behandlung von Verletzten anwenden kann. Sie ist so gutherzig, fleißig und treu dargestellt, dass es mir schon fast wehtut. Aber sie zeigt ihre Ecken dann doch auch in der sich entwickelnden Liebesbeziehung zu Ethan.

Der Roman ist durchwegs in moderner Sprache verfasst. Es kommen kaum Ausdrücke vor, die man üblicherweise für mittelalterlich authentisch hält. Wenn man sich einmal mit den Personen vertraut gemacht hat und sich bewusst ist, wer zu wem gehört, dann lässt sich das Buch ohne weiteres Nachschlagen lesen, weil es sich selber erklärt.

Die historischen Gegebenheiten sind zeitlich teilweise etwas zugunsten der Dramaturgie angepasst, was aber in einem informativen Nachwort erläutert und begründet ist.
Was mir fehlt ist ein Stammbaum oder wenigstens eine Liste der historisch verbürgten Persönlichkeiten sowie eine kleine Karte. Das würde den Einstieg und das Nachvollziehen der Handlung erleichtern und man könnte sich bestimmt auch länger an den Inhalt erinnern.

Für den historisch interessierten Leser bietet das Buch eine unaufdringliche und ansprechende Geschichtslektion. Als Einstieg in diese spannende Epoche würde ich das Buch auf jeden Fall empfehlen. Wer in der Thematik um die Thronstreitigkeiten zwischen Stephen und Matilda schon sehr bewandert ist, wird jedoch nicht allzu viel Neues erfahren.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2012
Abe, Rebecca

Im Labyrinth der Fugger


ausgezeichnet

Im Buch „Im Labyrinth der Fugger“ erlebt der Leser das Leben im Augsburg des 16. Jahrhunderts an der Seite von Anna Jakobäa Fugger. Dabei lernt man sowohl das Leben der weniger privilegierten Bevölkerung aus der Sicht eines armen Kürschers, das Familienleben der wohlhabenden Familie Fugger sowie auch das Leben hinter Klostermauern kennen.

Der Jesuitenpater Canisius treibt ein teuflisches Spiel. Er verbündet sich mit Annas kinderlosem Onkel Christoph, der die Anzahl der Fugger-Erben dezimieren will. Christoph Fugger stellt Pater Canisius die Anerkennung des Jesuitenordens und Gründung eines Jesuitenkollegs in Augsburg in Aussicht.
Canisius gelingt es vor allem die Mutter, Ursula Fugger zu beeinflussen, so dass sie zum Katholizismus konvertiert und schlussendlich einwilligt, dass die Kinder ins Kloster gebracht werden, wo sie als Erben außer Gefecht gesetzt wären. Anna kommt diesen Machenschaften auf die Spur.

Auf den ersten Seiten wird einem schon sehr bald klar, dass es sich bei diesem Buch nicht ein einfaches Werk handelt, dass man so schnell nebenbei lesen kann. Man muss sich mit all seinen Sinnen auf die Geschichte einlassen. Immer mal wieder musste ich tief durchatmen, weil die detaillierten Schilderungen einen robusten Magen erfordern. Gerade das Augsburg, das wir an der Seite Kellenbenz’ präsentiert bekommen, riecht nicht immer nach Rosen. Auch gewisse Verhaltensweisen von Pater Canisius sind mehr als gewöhnungsbedürftig.

Sprachlich musste ich mich anfangs erstmal an den Stil gewöhnen. Aber so nach den ersten zehn Seiten hat es mich richtig weiter gezogen. Das Buch ist in authentischer Sprache verfasst und beinhaltet dementsprechend hin und wieder unbekannte Ausdrücke, die man leicht hinten im Anhang nachschlagen kann. Die Autorin schafft es, nicht nur durch den Inhalt, sondern auch durch die Wahl der sprachlichen Ausdrucksmittel die passende Atmosphäre zu unterstreichen.

Das Zusatzmaterial, eine Karte von Augsburg vorne und hinten ein Nachwort, ein Glossar, eine Liste der historisch verbürgten Personen sowie ausführliche Literaturangaben runden das Buch wunderbar ab, so dass man richtig in die Geschichte zu dieser spannenden Zeit der Gegenreformation eintauchen kann. Das Buch kann auch gut als Einstieg dienen, wenn man sich vertieft in das Thema einarbeiten möchte.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.03.2012
Neureiter, Sigrid

Burgfrieden


sehr gut

Bei Bauarbeiten am Schloss Runkelstein findet der Bauarbeiter Speranza inmitten des Bauschutts ein seltsames, antik aussehendes Schriftstück, das er dem Direktor des Schlosses, Blasius Botsch, ins Büro bringt. Blasius Botsch, der als studierter Germanist einiges von alten Schriften versteht, vermutet gleich, dass es sich um ein sehr wertvolles Manuskript von Walther von der Vogelweide handeln könnte. Er ruft seinen alten Studienkollegen Arthur Kammelbach an, der inzwischen Professor für ältere deutsche Literatur an der Universität Salzburg ist und somit als Experte für Mittelhochdeutsche Dichtung gilt.

Prof. Kammelbach ist sehr an diesem Fundstück interessiert und setzt eine Gruppe von insgesamt sieben Wissenschaftlern und Studenten zusammen, um mit ihnen nach Bozen zu reisen um dort das Pergament auf Echtheit zu überprüfen.

So reist anfangs der Semesterferien eine bunt gemischte Truppe um Professor Kammelbach ins Südtirol. Blasius Botsch begrüßt die Gruppe stilecht zusammen mit seiner Sekretärin Francesca (mit der ihn ein heimliches Techtelmechtel verbindet) in historischen Kostümen indem er Verse von Walther von der Vogelweide rezitiert.

Leider ist der gute Blasius Botsch etwas dusselig, oder zumindest unvorsichtig, und bewahrt das kostbare Schriftstück in einem einfachen Schrank auf, der nicht abgeschlossen werden kann. Das halte ich persönlich für etwas unwahrscheinlich, dass er als Burgdirektor, der unter anderem ist für wertvolle Fresken und Kunstgegenstände verantwortlich ist, so leichtsinnig handelt. Aber seis drum. Es kommt natürlich wie es kommen muss. Das gute Stück verschwindet.

Da Blasius Botsch den Fund, der eigentlich der Stadt Bozen gehört, nicht ordnungsgemäß gemeldet hat, schaltet er nun nicht die Polizei ein, sondern bittet die Forscher um Mithilfe, die ganze Burg zu durchsuchen. Die Wissenschaftler ihrerseits beginnen mit Ermittlungen, die sie in die ganze Umgebung von Bozen führen. Als Leser kann man wunderbar miträtseln, es werden falsche Fährten gelegt und es wirkt immer wieder jemand anders als besonders verdächtigt. Durch häufig wechselnde Erzählperspektiven wird die Spannung durchweg hoch gehalten.

Im ersten und letzten Teil empfand ich die Erzählweise sehr souverän und sicher. Im mittleren Teil gab es jedoch Abschnitte, bei denen ich unsicher war, ob ich nun einfach schwer von Begriff bin oder ob der Erzählfluss tatsächlich etwas ins Stocken geraten ist. Die eine oder andere Wendung im Geschehen empfand ich etwas bemüht und hat mich zwischendurch an die Knickerbockerbücher von Brezina erinnert, aus denen ich meinen Kindern früher vorgelesen habe.

Sigrid Neureiter formuliert durchweg sehr sicher und schafft es, unterschiedliche Erzählperspektiven auch sprachlich voneinander abzuheben. Für meinen Geschmack hätte es durchaus noch etwas mehr „Walther von der Vogelweide“ drin haben können. Aber auf jeden Fall hat mir die Verknüpfung eines heutigen Krimis mit historischen Elementen gut gefallen.

Die bisweilen etwas skurril anmutenden Charaktere sind sehr verschiedenartig angelegt, sodass vermutlich jeder Leser einen Liebling findet und einen, dem er am liebsten den Hals umdrehen würde. Bei mir war das der gute Lenz, der einen Tick hat, indem er beim Sprechen Subjekt und Verb vertauscht. Ging mir das mit der Zeit sehr auf die Nerven. Gehört so eine Humorkompenente aber wohl zu einem Regiokrimi. Aber nun genug davon. Der auf der Coverrückseite angekündigte Lokalkolorit hielt sich für mich glücklicherweise in Grenzen. Wörtliche Rede in Dialekt wird sehr sparsam eingesetzt und italienische Sätze sehr passend, so dass es authentisch wirkt.

Die im Laufe des Krimis immer wieder angedeutete Theateraufführung „Der Name der Rose“, die auf Schloss Runkelstein tatsächlich regelmäßig in aufwendigen historischen Kostümen stattfinden, bildet gegen Ende eine eindrucksvolle Kulisse für einen unerwarteten und fulminanten Showdown.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.03.2012
Ferber, Marlies

Operation Eaglehurst / Null-Null-Siebzig Bd.1


sehr gut

James Gerald ist ehemaliger Geheimdienst Agent und erholt sich gerade von einer längeren Krankheit. Er ist geistig Topfit, körperlich ist er aber noch sehr geschwächt, so dass er zwar selbständig gehen, aber noch auf einen Rollator angewiesen ist. Er erhält von seinem Freund William ein rätselhaftes Schreiben: Ein Limerick mit der Bitte, ihn anzurufen. Doch James´ Anruf kommt zu spät. William stirbt und James Gerold kann das nur schwer akzeptieren und beschließt in der Altersresidenz „Eaglehurst“ in Hastings, wo William zuletzt gelebt hat, seine eigenen Ermittlungen anzustellen. Da er gesundheitlich noch Erholung und Pflege benötigt, kommt ihm das gerade recht und er mietet in „Eaglehurst“ ein Zimmer. Bei seiner Ankunft in der noblen Seniorenresidenz mit ihren, teilweise doch recht schrulligen Bewohnern, setzt der Krimi ein. Die fürsorgliche Leiterin, Mrs. White, legt sehr großen Wert auf intensive persönliche Betreuung und möchte nicht, dass sich ihre „Leutchen“ mit Hilfe von Rollatoren selbständig bewegen können. Doch James geht das zu weit. Seine ehemalige Sekretärin beim Geheimdienst, Sheila Humphrey, bringt ihm seinen Rollator vorbei, den sie noch mit ein paar Extras wie ein Navigationsgerät, sowie Tränengassprays ausgestattet hat. Sie fährt nicht gleich wieder nach London zurück, sondern verbringt eine spannende Zeit mit James in Hastings, wo sie mit ihm Ermittlungen zu seltsamen Todesfällen in Eaglehurst anstellt.

Das Cover des Taschenbuchs ist mir sofort positiv ins Auge gefallen. Vor einer wunderschönen roten Tapete im Paysleymuster, wie ich sie in England auch schon ähnlich gesehen habe, sind zwei Personen im Profil zu sehen. Einmal ein älterer Herr, sitzend auf seinem Rollator mit Pistole in der Hand und eine Frau in elegantem, wenn auch etwas altmodischem Kostüm. Wer die beiden Figuren darstellen, bleibt nicht lange ein Geheimnis. Ich finde es immer sehr schön, wenn sich Verlage die Mühe machen, ein Cover passend zum Inhalt zu gestalten. Klar kommt es bei einem Buch vor allem auf den Inhalt an, aber ich liebe es einfach, wenn ein Buch ein Gesamtkunstwerk ist, auch - oder gerade wenn es sich „nur“ um ein preisgünstigeres Taschenbuch handelt.

Der Krimi ist nach dem klassischen Whodunit- Modell aufgebaut. Eine in sich abgeschlossene relativ kurze Handlung ohne viele Nebenschauplätze, die Anwesenden sind die Verdächtigen und ermittelt wird vor allem mit Intelligenz und Witz. James als 0070-Agent, Sheila, eine emanzipierte Miss Moneypenny, mit einer Prise „Q“ an technischem Erfindungsgeist und charmante „elderly ladies and gentlemen“, die einen etwas an „Fawlty Tours“ erinnern, garantieren für humorvolles Lesevergnügen.

Sprachlich lässt sich der Krimi sehr flüssig lesen. Die Ausdrucksweise ist abwechslungsreich und kommt locker-flockig daher. Für mich ist das genau die richtige Mischung aus anschaulichen Beschreibungen, Handlung und Dialogen.

Die Aufklärung des Kriminalfalles ist spannend und bringt einige unerwartete Wendungen, auch wenn für mich das eine lose Ende nicht wirklich so zusammengefunden hat, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich fand es ganz interessant und inspirierend, in diesem besonderen Umfeld zu rätseln. Auch wenn die Idee nun nicht ganz neu ist, so habe ich es doch sehr erfrischend empfunden.

Mir hat dieser Krimi insgesamt ganz gut gefallen, ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt und dazu das eine oder andere feine Tässchen Tee geschlürft.

Bewertung vom 17.03.2012
Wolf, Oliver

Netzkiller


sehr gut

=== Erscheinungsbild ===

Das Cover zeigt einen dunkel gekleideten Mann , der auf einem asphaltierten Platz steht. Bei näherem Hinsehen erkennt man, dass sein Gesicht „verpixelt“ ist und in Längsrichtung ein gelber Balken verläuft, der den Verlauf - in diesem Fall der Schwabstraße - kennzeichnet: Offensichtlich zeigt das Bild einen Ausschnitt aus „google streetview“ und nimmt somit ein zentrales Thema aus dem Inhalt des Krimis auf.


=== Meine persönliche Meinung ===

Im Prolog erfolgt ein polizeilicher Zugriff in einer Wohnung durch ein Einsatzkommando. Von den zwei Polizisten wird Bürkle durch einen Schuss schwer getroffen. Auch Ronda, seine Partnerin scheint getroffen zu sein. Mit diesem rasanten Auftakt ist die Spannung gleich aufgebaut.
Der Krimi besteht aus drei größeren Teilen, die ihrerseits in kürzere, überschaubare Kapitel unterteilt sind. Der erste Teil, der mit dem Prolog vorerst nicht zu tun haben scheint, führt den Leser durch zahlreiche Handlungsstränge an verschiedene Schauplätze, so dass man erst mal verwirrt ist, durch die vielen Personen und lange nicht erkennt, ob die einzelnen Handlung in einem Zusammenhang stehen. Aber mit jedem Kapitel werden die einzelnen Fäden allmählich zusammengeführt.

Das Buch spielt fast ausschließlich in Baden-Württemberg. Die zahlreichen Schauplätze führen vom Schwarzwald über Freudenstadt nach Stuttgart. Wer die Region etwas kennt, ist hier klar im Vorteil. Nicht zuletzt weil eine der Figuren schwäbisch spricht, was natürlich das viel zitierte „Lokalkolorit“ eines Buches aufmacht, für Nichtschwaben aber vermutlich nicht ganz einfach zu lesen und verstehen ist. Die kurzen Kapitel, die teilweise mit einem Cliffhanger enden, sind sehr motivierend zum Weiterlesen, was auch unterstützt wird durch den klaren Sprachstil des Autors.
Im zweiten Teil kommen sich zwei Ermittler, André Bürkle und Antonia Ronda, die bereits im Prolog kurz vorgekommen sind, beruflich näher. Neben einem jungen Hängegleiter namens Jochen, der als Ich-Erzähler von den Flugerlebnissen seiner Freunde berichtet, stellen diese beiden Ermittler, diejenigen Personen dar, die dem Leser etwas näher kommen. Die meisten anderen Charaktere bleiben recht flach, was sicherlich auch daher rührt, dass sie teilweise nur kleine Nebenfunktionen erfüllen und nicht vom Hauptgeschehen ablenken sollten. Der Abschluss im dritten Teil war für mich recht unerwartet, ich war aber auch ein klein wenig enttäuscht, weil mir die Verhaftung des Täters etwas zu glatt erschienen ist. Eine weitere kleine Kritik ist für mich, dass die Polizeiarbeit für mich nicht durchgehend glaubwürdig dargestellt ist. Da ich den Inhalt nicht verraten möchte, kann ich hier nicht weiter ausholen, um meine Beurteilung zu begründen.

In diesem Buch wird das wichtige Thema Datenschutz im Internet auf sehr anschauliche und spannende Weise thematisiert. Dieses Debüt weist noch kleinere Schwächen auf wie zum Beispiel einige sprachliche Ausrutscher und Rechtschreibfehler. Ebenso empfinde ich die ganze Geschichte noch nicht wirklich so optimal abgerundet, wie es vermutlich möglich wäre.

Aber der Gesamteindruck ist auf jeden Fall sehr positiv. Ein Kriminalroman der spannende Unterhaltung bietet und mich als Leser zu kritischem Umgang mit meinen persönlichen Daten anregt. Von mir eine Leseempfehlung und die Hoffnung, dass es noch mehr Bücher aus Nahtstelle von Internet, sozialer Plattform und wirklichem Leben.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2012
Pötzsch, Oliver

Die Henkerstochter und der König der Bettler / Die Henkerstochter-Saga Bd.3 (6 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Oliver Pötzsch vermag es meisterhaft, mit wenigen Worten eine farbenfrohe Szenerie vor dem inneren Auge des Lesers entstehen zu lassen. Die Personen werden sowohl vom Charakter als auch vom Aussehen her sehr genau beschrieben. Man sieht förmlich die goldenen Zähne aus dem Mund des Bettlerkönigs Nathan blitzen. Die Kleidung der Protagonisten entspricht ihrem gesellschaftlichen und beruflichen Stand, sodass man schon bei der Erwähnung eines bestimmten Accessoires auf die Person schließen kann, bevor sie noch benannt wird. Ebenso sind die städtebaulichen Besonderheiten von Regensburg sehr anschaulich herausgearbeitet.

Dieser historische Krimi ist ausgesprochen abwechslungsreich geschrieben. Das Spannungsniveau ist durch verschiedene Erzählperspektiven und Rückblenden durchwegs hoch und man gewinnt interessante Einblicke in das Leben und die Politik einer sehr wichtigen Stadt im Vorfeld des sehr entscheidenden Reichtags von 1654.

„Die Henkerstocher und der König der Bettler“ ist der dritte Teil der Reihe um den Schongauer Henker Jakbo Kuisl, der tatsächlich gelebt hat und als Vorfahr des Autors, Oliver Pötzsch gilt.

Für mich was dieses Buch der erste Kontakt mit der Reihe um den Henker Kuisl. Ich hatte aber überhaupt keine Verständnisschwierigkeiten, die Personen sind alle ausführlich genug eingeführt und erwachen förmlich zum Leben. Selbstverständlich ist es für den optimalen Genuss immer von Vorteil, wenn man eine Reihe in der vorgesehenen Reihenfolge liest.
Ich habe bereits jetzt den Henker Kuisl und seine Familie ins Herz geschlossen und freue mich auf den 4. Teil der Serie, der noch im Frühling 2012 mit dem Titel „Der Hexer und die Henkerstochter“ erscheinen wird.


Zum Hörbuch:

Dieses Hörbuch ist eine gekürzte Lesung und besteht aus 6 CDs: Ich kann leider nichts darüber sagen, wo gekürzt worden ist. Für mich war der Inhalt durchgehend leicht verständlich und ich habe nichts vermisst.

Das Hörbuch wird gelesen von Michael Fitz. Seine leicht dialektgefärbte Sprache passt wunderbar zu Jakob Kuisl und seinen Leuten und ist genau die richtige Art, diese Bücher fürs Ohr zu präsentieren. Die Kapitel werden durch eine Ansage von Zeit und Ort und durch stimmungsvolle Musik oder eine passende Geräuschkulisse eingeleitet, was diesem Hörbuch eine ganz besondere Note verleiht.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.