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Bücherwurm

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Insgesamt 257 Bewertungen
Bewertung vom 12.11.2021
Skybäck, Frida

Das Geheimnis des Bücherschranks


gut

Als ihre Großmutter stürzt und mit gebrochenem Arm ins Krankenhaus kommt, reist Rebecka spontan aus Stockholm an, um sie zu unterstützen. Auch im alten Haus ihrer Großmutter ist einiges zu reparieren und in Ordnung zu bringen. Bei einer Putzaktion stößt sie auf alte Briefe und ein Tagebuch ihrer Großmutter, das ein großes Geheimnis verbirgt. Nicht nur, dass ihre Großmutter während des zweiten Weltkrieges mit dem Italiener Luca befreundet war – sie hat ihn zudem unterstützt, dänische Juden bei der Flucht zu helfen. Doch eines Tages war er spurlos verschwunden. Rebecka macht sich auf die Suche und kommt weiteren Geheimnissen auf die Spur…

„Das Geheimnis des Bücherschranks“ ist ein Roman von Frida Skybäck. Ich kannte die Autorin zuvor noch nicht und war sehr neugierig.

Die Geschichte wird aus wechselnder Perspektive von Rebecka in der Gegenwart und ihrer Großmutter Anna in der Vergangenheit um 1943 erzählt. Den Aufbau empfand ich als sehr gelungen. Die Geschichte selbst empfand ich inhaltlich grundsätzlich als sehr spannend. Es wird gut dargestellt, wie es sich während des zweiten Weltkrieges in Schweden nahe der dänischen Grenze gelebt hat. Sehr interessant sind die damaligen, insbesondere politischen Verhältnisse aufgearbeitet worden. Leider wurde die Geschichte aber manchmal sehr abgehakt dargestellt, wodurch der Spannungsbogen hin und wieder abbrach. Manche Informationen wurden schonungslos offenbart und für mich zu schnell abgehandelt, obwohl sie die Pointe darstellten. Während der Erzählstrang von Rebeckas Großmutter mich sehr beeindruckt und bewegt hat, hat mich der Erzählstrang der Gegenwart nicht ganz so gepackt. Die Protagonistin Rebecka war mir nicht allzu sympathisch und viele ihrer Reaktionen wirkten auf mich unreif, wenn sie auch zuletzt eine Veränderung durchmachte und erwachsener wurde. Entgegen ihrer Großmutter Anna fühlte ich mich in ihre Gefühlswelt nicht richtig eingebunden. Ihren Entwicklungsprozess konnte ich daher leider nicht nachempfinden. Der Sprachstil wirkte auf mich etwas ungelenk.

Fazit: Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei nicht unbedingt um einen Wohlfühlroman. Die Thematik empfand ich als bewegend und sehr interessant, an der Umsetzung hat es aber beim Sprachstil und der Hauptfigur Rebecka leider etwas gehapert.

Bewertung vom 12.11.2021
Grauer, Sandra

Drachenprinz / Flame & Arrow Bd.1


gut

Kailey steht kurz vor ihrem 18. Geburtstag und ist eine Fae – eine Elfenkriegerin. Ihr Volk lebt in Irland und steht seit Jahren auf dem Kriegsfuß mit den Drachen, die im Norden des Landes wohnen. Um sich im drohenden Krieg einen Vorteil zu verschaffen, erhält Kailey von ihrer Elfenkönigin die Aufgabe, am Trinity College das Vertrauen des Drachenprinzen Aiden zu erschleichen. Doch Aiden weiß Bescheid und hat einen nicht unähnlichen Auftrag von seinem Vater erhalten. Schon bald verschwimmen die Grenzen zwischen Feindschaft und Freundschaft und Kailey ist sich nicht mehr sicher, auf wessen Seite sie stehen möchte…

„Flame & Arrow: Der Drachenprinz“ ist Band 1 einer Romantasy-Dilogie von Sandra Grauer. Ich kannte die Autorin zuvor noch nicht und war sehr gespannt auf dieses sehr aufwendig gestaltete, gebundene Buch.

Auch ohne Vorkenntnisse konnte ich der Geschichte gut folgen. Der Leser wird ab Seite 1 an die Hand genommen und in die verschiedenen Begebenheiten und Verhältnisse eingeführt. Der Roman wird dabei aus wechselnder Perspektive von Kailey, Aiden und seiner Schwester wiedergegeben. Der Sprachstil ist flüssig, wortreich und der Zielgruppe entsprechend. Die Grundzüge der Handlung fand ich vielversprechend und spannend, allerdings mangelte es meiner Meinung nach an der Umsetzung. Die Geschichte hat leider viele Längen und die einzelnen Figuren setzen sich nicht genug voneinander ab. Ihnen fehlte es an Tiefe, sodass zu wenig Unterschiede zwischen den einzelnen Charakteren erkennbar waren. Darüber hinaus hätten einzelne Details meines Achtens besser akzentuiert werden können. So wird z.B. wie nebenbei erwähnt, dass Aiden in der Lage ist, Eisfeuer auszuspeien, was laut Fae eigentlich eine mystische Legende/Sensation ist. Zu oft sind mir solche Details unter den Tisch gekehrt worden. Auch die spezielle Welt, in der sich die Fantasiefiguren bewegen, hätte für mich noch ausgearbeiteter und facettenreicher sein können. Der Fantasy-Anteil kam mir hierdurch etwas zu kurz und die Welten und Charaktere erschienen dadurch austauschbar. Hier wäre meines Erachtens deutlich mehr Potential gewesen, das leider nicht genutzt wurde. Nichtsdestotrotz nimmt die Geschichte an Fahrt auf und es kommt zu einzelnen Situationen, die mich überrascht haben. Zum Ende hin wurde es sehr spannend und das Buch endet mit einem fiesen Cliffhanger. Natürlich möchte ich wissen, wie es weiter geht. So warte ich trotz Kritik ungeduldig auf Band 2!

Bewertung vom 12.11.2021
Lambert, Pauline

Das Haus der Düfte


gut

Seit jeher möchte Anouk Parfümeurin werden. Doch der Weg dahin ist hart. Wenn man wie sie, keine Kontakte hat, ist es nahezu unmöglich. Als eines Tages jedoch der Cousin des Mitarbeiters in der Apotheke ihrer Mutter auftaucht, scheint sich das Blatt zu wenden: Stephane Girard ist der Enkelsohn des berühmten Hauses Girard, das in Grasse ansässig ist. Als er entdeckt, dass Anouk eine wahre Begabung für das Erkennen von Düften hat, lädt er sie spontan nach Grasse ein. Dort erhält sie eine Ausbildung, ein Labor sowie Kost und Logis und soll nicht weniger schaffen als das Parfüm des Jahrzehnts. Nicht nur der Druck macht ihr zu schaffen, auch Stephanes Schwester Vivienne bereitet Probleme. Denn als Chefparfümeurin ist sie von Anouk als Konkurrentin überhaupt nicht begeistert…

Mit sehr blumigem und bildlichem Sprachstil erzählt Pauline Lambert in „Das Haus der Düfte“ die Geschichte von Anouk auf ihrem Weg zur gefeierten Parfümeurin. Der französische Stil und auch die vielen Duftbeschreibungen wurden sehr gut vermittelt. Der blumige Sprachstil passte dabei sehr gut zu den Beschreibungen der verschiedenen Düfte, wirkte auf mich in der Fülle jedoch etwas zu betulich. Darüber hinaus wurden die einzelnen Begebenheiten und der Verlauf sehr nüchtern dargestellt und lasen sich nahezu wie ein Rapport. Gerne hätte ich mehr Emotionen der einzelnen Figuren erfahren. Der Fokus des Romans liegt stets auf der Herstellung und Wirkung von Parfüms, was mir sehr gut gefallen hat. Die Grundhandlung und Familienverhältnisse empfand ich jedoch als überwiegend vorhersehbar und aus zu vielen Zufällen aufgebaut.

Fazit: Der Roman lässt sich sehr gut lesen, das Potential ist meiner Meinung nach jedoch nicht ausgeschöpft worden. Insgesamt habe ich mir leider mehr versprochen.

Bewertung vom 08.11.2021
Bourne, Sam

Die Kampagne / Maggie Costello Bd.3


sehr gut

Nachdem die bekannte Anwältin Natasha Winthrop in ihrem Eigenheim von einem Unbekannten überfallen wird und diesen im Kampf ums Überleben tötet, wird sie in den digitalen Medien von den einen als Heldin und potentielle Präsidentschaftskandidatin gehandelt, von anderen als Mörderin verschrien. Als die Polizei Ermittlungen anstellt, kommt es darüber hinaus schon bald zu Ungereimtheiten, was den Tathergang betrifft. Um zu beweisen, dass sie unschuldig ist und um herauszufinden, wer ihr einen Mord in die Schuhe schieben möchte, engagiert sie die Fallermittlerin Maggie Costello. Schon bald spitzt sich die Lage zu und Maggie Costello gerät in der Ermittlung selbst in Gefahr. Aus welcher Richtung diese kommt, ist jedoch ungewiss…

„Die Kampagne“ ist ein neuer Thriller von Sam Bourne. Ich kannte den Autor vorab nicht und war umso gespannter auf den Roman. In kurzen Kapiteln wird die Geschichte aus wechselnder Personenperspektive primär von Maggie und Natasha wiedergegeben. Der Schreibstil ist dabei sehr angenehm und unterstützt den kurzweiligen Charakter des Romans. Schnell war ich an das Buch gefesselt, das hauptsächlich die Themen sexuelle Gewalt und fragwürdige Wahlkampfstrategien behandelt. Da sich die Geschichte stets sehr realitätsnah liest, bietet sie sehr viel Stoff zur Diskussion. Nach mehreren spannenden und vor allem mich absolut überraschenden Entdeckungen endet das Buch mit einem leicht offenen Ende, das Lust auf mehr macht. Ich habe mich durchweg sehr gut unterhalten und gebannt gefühlt. Darüber hinaus war die Geschichte für mich zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar. Auch, wenn ich mir insgesamt noch mehr „Thrill“-Momente gewünscht hätte, ist dies ein spannender, hochaktueller und gut gelungener Krimi für Zwischendurch.

Bewertung vom 20.10.2021
Hoghton, Anna

Aribella und die Feuermaske


sehr gut

Aribella steht kurz vor ihrem 13. Geburtstag und lebt mit ihrem Vater in Venedig. Als Aribella eines Tages mit ihrem Freund zum Fischen aufbricht, schießen aus ihren Fingerspitzen plötzlich Flammen. Während ihr Vater ins Gefängnis kommt, befindet sie sich als Hexe verschrien auf der Flucht vor den Stadtwachen. Schon bald erhält sie Hilfe von unerwarteter Seite und begibt sich auf ein magisches Abenteuer…

„Aribella und die Feuermaske“ von Anna Hoghton ist ein fantasievolles Kinderbuch ab 10 Jahren. Es spielt in Venedig und der Flair der Stadt wird gut wiedergegeben. Der Leser begleitet Aribella auf ihrem Abenteuer, das einige Überraschungen und spannende Situationen innehat. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm, aber eher einfach gehalten. Besonders die Themen Freundschaft, Familie und Zusammenhalt werden behandelt. Die Geschichte ist sehr abwechslungsreich, hätte aber noch deutlich mehr Potential gehabt, wenn insbesondere die einzelnen Figuren intensiver ausgearbeitet worden wären. Auch Aribella selbst verhält sich tendentiell eher wie eine 10-Jährige statt eine 13-Jährige. Insofern ist die Altersempfehlung aber sehr passend. Ein insgesamt magischer, kurzweiliger Lesespaß für Zwischendurch.

Bewertung vom 13.10.2021
Milán, Greta

Beyond Eternity / Der Schwur der Göttin Bd.1


gut

Nayla ist 17 Jahre alt und lebt in einer Kleinstadt mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder. Eigentlich führt sie ein unaufgeregtes Leben und steht kurz vor ihrem High School Abschluss, nach dem sie unbedingt Biologie studieren möchte. Doch nach einem schweren Autounfall, den sie merkwürdigerweise nahezu unverletzt überlebt, ändert sich ihr Leben um 180 Grad. Denn es tauchen zwei mysteriöse Austauschschüler an ihrer High School auf, die ein Geheimnis verbergen. Nach und nach entdeckt Nayla, dass sie Teil dieses Geheimnisses ist und befindet sich plötzlich mitten im Fokus einer göttlichen Macht…

„Beyond Eternity“ ist Band 1 einer Dilogie von Greta Milan. Erwartet habe ich einen spannenden und auch romantischen Fantasy-Roman. Leider ist der Fantasy-Anteil in diesem Band aber eher in den Hintergrund gerückt worden. Der Fokus liegt eindeutig auf der aufkeimenden und verbotenen Liebe zwischen Nayla und ihrem Auserwählten. Die griechische Mythologie wird nur am Rand aufgegriffen, eigentlich handelt es sich meines Achtens eher um eine High School Romanze mit Fantasy-Elementen und Teenieproblemen. Schade, denn ich hatte mir deutlich mehr erhofft. Die erwartete eigene Welt, in die ich gerne entführt worden wäre, existiert leider nicht. Die Protagonistin Nayla ist mir grundsätzlich sympathisch, verhält sich aber noch sehr unreif. Einige Figuren habe ich im Laufe des Romans sehr liebgewonnen, so insbesondere die beiden „Austauschschüler“, und auch die verschiedenen Fähigkeiten der Magie-Begabten haben mir sehr gut gefallen. Der Sprachstil ist flüssig, leicht und angenehm. Insgesamt ist der Roman unterhaltsam und die Liebesgeschichte nicht unspannend, ich habe aber einen Fantasy-Roman erwartet mit dem Fokus auf die griechische Mythologie, die leider nur den Rahmen für die Romanze bietet. Schade! Nichtsdestotrotz finde ich die Grundidee des Romans sehr interessant und werde sicherlich auch Band 2 lesen, um herauszufinden wie es ausgeht!

Bewertung vom 11.10.2021
Bott, Ingo

Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1


sehr gut

Nachdem Dr. Anton Pirlo bei der renommierten Anwaltskanzlei, bei der er 8 Jahre lang gearbeitet hat, zu Unrecht gefeuert wird, gründet er eine Kanzlei in seinem Wohnzimmer. Schon bald erhält er seinen ersten Fall: Seine Mandantin soll ihren Mann hinterrücks in der Häuslichkeit erstochen haben. Da diese zur High Society von Düsseldorf gehört, ist der Fall entsprechend medienwirksam und Pirlo erreicht schnell die Grenze seiner Kapazität. Unterstützung erhält er nachfolgend von Sophie Mahler, einer jungen Kollegin. Doch schon bald stehen sie mit dem Rücken an der Wand, denn die Lage scheint eindeutig und der Fall aussichtslos. Außer, wenn sie beginnen, gegen alle Regeln zu spielen…



„Gegen alle Regeln“ ist das Auftaktdebüt einer neuen Justizkrimi-Reihe von Ingo Bott. Der Autor selbst ist Strafverteidiger in Düsseldorf und lässt seine berufliche Erfahrung in die Handlung einfließen.

Entgegen der typischen Krimi-Ermittlungen durch Polizisten, Hobbydetektive oder Journalisten ermittelt in dieser Reihe der Strafverteidiger Pirlo. Hierdurch erhält der Leser spannende Einblicke in die Arbeit eines Strafverteidigers sowie in die Abläufe vor Gericht. Die Szenen vor Gericht sind dabei sehr bildhaft und lebendig beschrieben, sodass ich als Leserin das Gefühl hatte, mit im Gerichtssaal zu sitzen.

Die Protagonisten sind exzentrisch und außergewöhnlich. Insbesondere die Hauptfigur des Pirlo ist arrogant, eitel und selbstverliebt. Gleichzeitig ist er aber auch ein unverbesserlicher Charmeur und Hallodri, dass man ihn als Leser einfach ins Herz schließen muss. Lange böse sein, kann man ihm nicht. So auch nicht seine Kollegin Sophie, die ein interessantes Gegenstück zu Pirlo bietet und mir auf Anhieb sympathisch war. Beruflich passen Pirlo und Sophie wunderbar zusammen und ergänzen sich hervorragend.

Die Ermittlungstaktiken der Protagonisten sind so unorthodox wie die Figuren selbst. Ob dies in diesem Ausmaß dem echten Arbeitsalltag eines Strafverteidigers entspricht, wage ich zu bezweifeln. Unterhaltsam ist dies aber allemal, denn die Geschichte lebt von Pirlos Eigenart und Rhetorik. Die Handlung ist auch Dank des sehr staccatoartigen Sprachstils und der kurzen Kapitel sehr spannend, fesselnd und extrem kurzweilig. Die vielen juristischen Einblicke empfand ich dabei als sehr interessant und geschickt eingestreut. Einzig den familiären „Clan-Hintergrund“ mit entsprechender inflationär verwendeter Fäkalsprache, reizte mich nicht und hätte ich nicht gebraucht.

Das teilweise offen gelassene Ende hat mir wiederum sehr gut gefallen – es bleibt noch Raum für Spekulationen und zeigt, dass die Suche nach einem Mörder eben nicht so eindeutig ist, wie es in vielen Krimis oft scheint. Zudem baut der Justizkrimi einen guten Spannungsbogen auf, der sich über das Ende hinaus bis in Band 2 ziehen wird. Das finde ich als sehr gelungen und ich bin schon jetzt gespannt auf den nächsten Fall für Pirlo und Sophie!

Bewertung vom 11.10.2021
Jonuleit, Anja

Das letzte Bild


sehr gut

„Das letzte Bild“ ist der erste Roman, den ich von Anja Jonuleit lese. Unglaublich fesselnd gibt diese der „echten“ Isdal-Frau eine fiktive Romangeschichte, die stets erschreckend viele der tatsächlichen Fakten und Indizien aufgreift. Denn die „Isdal-Frau“ wurde im norwegischen Isdal nahe Bergen im November 1970 tot aufgefunden. Weder die Identität der Frau, noch ihre Todesumstände konnten bis heute geklärt werden. Aufgrund diverser Indizien und unklarer Datenlage umgibt den Fall auch heute noch eine gewisse Mystik.

Der Roman beinhaltet drei Erzählstränge. Dabei begleitet der Leser abschnittsweise Marguerite (die Isdal-Frau) in der Vergangenheit, als auch die Hauptfigur Eva und den Protagonisten Laurin in der Gegenwart. Das Layout, bei dem die Schriftart stets wechselte, um diese 3 verschiedenen Erzählstränge voneinander abzugrenzen, empfand ich leider als nicht gut gelungen. Lange habe ich gebraucht, um mich damit zu arrangieren.

Inhaltlich ist der Roman aber irrsinnig gut recherchiert und die Kriminalgeschichte extrem fesselnd und packend. Ich war so mitgerissen, dass ich das Buch kaum aus den Händen legen konnte und nachts davon träumte. Das Thema hat mich sehr beschäftigt und nach Abschluss des Romans musste ich diesen erstmal Sacken lassen! Eine tolle Leistung der Autorin!

Der Sprachstil bleibt stets angenehm und leicht, der Erzählstil überwiegend nüchtern und tendenziell autobiographisch. Hierdurch habe ich länger gebraucht, um mit den einzelnen Personen warm zu werden. Die einzelnen Charaktere bleiben insgesamt leider etwas blass. Im Vordergrund stehen der Kriminalfall und die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Hinweisen und Indizien rund um die Isdal-Frau. Im Nachhinein hätte ich mir historisch gesehen noch mehr Informationen über die NS-Zusammenhänge gewünscht und in diesem Zusammenhang noch mehr über die Familienverhältnisse und speziell Evas Großmutter („Omi Resi“) und ihre „Arbeit“ erfahren. Auch die Figur der Eva blieb für mich hinsichtlich ihres Charakters, ihrer persönlichen Wünsche und Träume eher unausgearbeitet. Sie stellte lediglich das Medium dar, um im Fall „Isdal-Frau“ zu ermitteln. Davon abgesehen habe ich mich aber sehr gut unterhalten gefühlt und war schnell an das Buch gefesselt. Beeindruckend wurden die Ermittlungsfakten rund um die „Isdal-Frau“ in einen Roman gebettet, dessen Grenze zwischen Fiktion und Realität ohne den sorgfältig zusammengestellten Anhang der Autorin für mich nicht zu erkennen gewesen wäre. Chapeau! Sicherlich nicht das letzte Buch, was ich von Anja Jonuleit gelesen haben werde!

Bewertung vom 11.10.2021
Schulman, Alex

Die Überlebenden


ausgezeichnet

Benjamin und seine beiden Brüder hatten eine schwierige Kindheit, die insbesondere von einer Mutter dominiert war, deren Stimmungen wechselten wie das Wetter und oft von Aggression geprägt waren. Nun ist ihre Mutter verstorben und sie kehren gemeinsam zum Sommerhaus der Familie zurück, welches sie seit langer Zeit nicht mehr besucht haben. Doch sie möchten nun den letzten Willen ihrer Mutter erfüllen und dort ihre Asche am See verstreuen. Und nicht zuletzt auch endlich über den schicksalhaften Vorfall reden, der sie über Jahre voneinander distanziert hat.

„Die Überlebenden“ ist ein sehr exzellent gelungenes Romandebüt von Alex Schumann. Mit nahezu poetischem sowie flüssigen und leichtem Schreibstil erzählt er eindringlich eine erschreckende Geschichte, die noch lange nachhallt. Ein unglaublich geschickter Aufbau des Romans mit zwei gegenläufigen Handlungssträngen der Vergangenheit und Gegenwart, die sich in kurzen Kapiteln abwechseln, halten den Leser in Spannung. Obwohl die Themen von Gewalt, Aggression und Vernachlässigung handeln und traurig stimmen, war ich so gefesselt an das Buch wie schon lange nicht mehr. Von Beginn an empfand ich eine beklemmende Atmosphäre, in der ich wie die Söhne auf die Stimmung und Explosionen der Eltern lauerte. Gleichzeitig werden bezaubernde Naturbeschreibungen und Vergleiche eingestreut, die das Leserherz erfreuen. Leider konnte ich diese ob der deprimierenden Thematik nicht vollends genießen. Der Inhalt regt zu lebhaften Diskussionen an und bleibt noch lange im Gedächtnis. Der schicksalhafte Vorfall wird erst zum Ende hin aufgelöst und beinhaltet einen raffinierten Kniff, den ich überhaupt nicht erwartet habe. Ich war gleichzeitig schockiert und überrascht – in intensives und emotionales Leseerlebnis.

Der Roman war für mich in jeglicher Hinsicht atem(be)raubend – einerseits, weil er so unfassbar großartig aufgebaut und geschrieben ist und andererseits, weil er unglaublich traurig und bedrückend ist. Für mich eine echte Entdeckung und eines der Highlights aus 2021!

Bewertung vom 11.10.2021
Thor, Annika

Der Sohn des Odysseus


sehr gut

Der trojanische Krieg ist endlich vorbei und die Überlebenden kehren heim. Nur Telemachos Vater fehlt: der berühmte und listige Held Odysseus. Sehnsüchtig erwartet Telemachos die Rückkehr seines Vaters. Doch aus Wochen werden Monate und schließlich Jahre und kein Zeichen von Odysseus. In seiner Abwesenheit regiert Telemachos Mutter Penelope die Insel Ithaka und ist dabei sehr erfolgreich. Doch die Bevölkerung wird zunehmend unruhiger und verlangt einen neuen Herrscher, da Odysseus ihrer Meinung nach nicht mehr zurückkehren wird. Telemachos fühlt sich hilflos, als seine Mutter neu verheiratet werden soll – werden ihm die Götter helfen, um alles zum Guten zu wenden?

„Der Sohn des Odysseus“ ist eine liebevolle, moderne und vor allem auch rebellische Version der alten griechischen Mythologie rund um die „Odyssee“. Im Stil eines Kinder-/Jugendbuches ab 10 Jahren wird dem Leser Telemachos Lage und Verzweiflung mit stets gärender Sehnsucht nach einem Vater nahegebracht. Aus seiner Sicht begleitet der Leser Telemachos vom Kleinkind bis ins junge Erwachsenenalter. Sehr raffiniert werden dabei Odysseus Abenteuer und Heldentaten in die Träume und Erzählungen seiner Mutter und seiner Kinderfrau eingearbeitet. Besonders gut gefallen hat mir, dass neben der griechischen Sage Konflikte ausgearbeitet werden, denen Kinder und Jugendliche auch heute begegnen. So hinterfragt sich Telemachos fortwährend selbst und hält sich oft nicht für gut genug. Als Sohn eines Helden lasten auf ihm viele Erwartungen, ein Held ist er aber nicht automatisch von alleine. Die Stimmung ist durch die Geschichte hinweg eher sehr getragen, oft fühlt sich Telemachos mut- oder hilflos. Sehr schön habe ich im Kontrast dazu aber das Ende empfunden, bei dem Telemachos über sich selbst hinauswächst und seine eigenen Ziele – auch jenseits der Erwartungen seiner Eltern – verfolgt. Sehr gelungen ist die Erzählung aus der Perspektive von Telemachos, die einen ganz neuen Blick auf Odysseus „Heldentaten“ wirft. Der Sprachstil ist dabei stets angenehm, flüssig und klar. Ergänzt wird die Erzählung von wunderschönen Illustrationen im Stil der griechischen Antike. Empfehlenswert sicherlich nicht nur für Kinder ab 10 Jahren, sondern auch für Erwachsene, die sich für die griechische Mythologie interessieren.