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Magda
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Köln

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Insgesamt 301 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2023
Beck, Lilli

Neue Wege / Die Schwestern vom See Bd.2


ausgezeichnet

Da mich bereits der erste Band der Reihe um die drei Schwestern Iris, Rose und Viola begeistert hat, habe ich mich schon sehr auf die Fortsetzung gefreut.
Viola ist nicht mehr da, Iris kümmert sich um deren kleine Tochter Jasmin, was ihrem Ehemann Christian gar nicht in den Kram passt.
Während ihres Polterabends erfährt Rose, dass Nico ihr nicht die ganze Wahrheit über seine Familie gesagt hatte, daraufhin löst sie wutentbrannt die Verlobung.
Unangemeldet taucht Charlotte, Großvater Max‘ uneheliche Tochter, mit ihrer Tochter Lissi in der Pension König auf. Lissi zeigt großes Interesse für das Konditorhandwerk und die familieneigene Konditorei „Tortenhimmel“. Wollen Charlotte und Lissi ihren Anteil von Großvaters Erbe?
Lilli Beck lässt uns am turbulenten Alltag der Familienpension König am malerischen Bodensee teilnehmen. Während der Pandemiejahre ist die Pension in die roten Zahlen gerutscht, nur der Umsatz der Konditorei konnte die Familie vor der Insolvenz retten. Doch es gibt ein Licht am Horizont, immer mehr Gäste kommen, neue und alte. Die Familie erarbeitet ein Marketingkonzept, es geht aufwärts.
Nichtsdestotrotz steht die Überlegung im Raum, ob es die Mühe wert ist, die Pension zu behalten. Die Arbeit im Hotel- und Gastronomiegewerbe ist hart, es gibt kaum freie Wochenenden, Urlaub ist nur in der Nachsaison möglich. Ich bin gespannt, wie sich die Familie entscheidet.
Auch dieser Band der Schwestern-Reihe liest sich schnell und flüssig, der Schreibstil ist bildhaft und dialogreich, die Protagonist*innen authentisch und sympathisch. Wer leichte, kurzweilige Sommerlektüre mag, wird diesen Roman lieben.

Bewertung vom 24.08.2023
Smale, Holly

Mein schrecklich schönes Leben


gut

Das farbenreiche Cover ist mir direkt ins Auge gefallen, ich liebe Farben! Ich habe noch nicht viele Bücher über Zeitreisen gelesen und war sehr gespannt.
Cassie, 31 Jahre alt, hat mit sehr vielen Problemen zu kämpfen, aufgrund ihrer Andersartigkeit stößt sie viele vor den Kopf. Mit Freund*innen, Kolleg*innen und Partnern tut sie sich schwer. Ihr derzeitiger Freund Will hat soeben nach vier Monaten Schluss gemacht und damit die längste Beziehung beendet, die sie je hatte.
Am Tag, an dem Will Schluss macht, stellt sie fest, dass sie die Fähigkeit hat, die letzten Tage, Wochen oder Monate auslöschen, und in ihre Vergangheit zu reisen. Als ihr das auffällt, bemüht sie sich, alles dafür zu tun, um mit Will zusammen zu bleiben. Es folgen tausend erste Dates.
Cassies merkwürdiges Verhalten wird am Ende aufgeklärt, wobei den meisten Leser*innen klar geworden sein muss, was der Grund dafür ist. Emotionen stellt sie sich als Farben vor, von denen die Menschen, mit denen sie kommuniziert, umgeben sind.
Viel Raum nimmt griechische Mythologie ein, die Cassandras Steckenpferd ist. Wir erfahren einiges über griechische Götter und Göttinnen und ihre Missetaten.
Im letzten Viertel stand nicht mehr die Beziehung zu Will, sondern vielmehr die zu ihrer Schwester Artemis, und die Verarbeitung des zehn Jahre zurückliegenden Bruchs zwischen den Schwestern im Vordergrund.
Ich fand die Protagonistin in ihrem krampfhaften Bemühen, alles richtig zu machen, und die Fehler aus der Vergangheit auszuradieren, äußerst merkwürdig. Gut gefallen hat mir der flüssige, dialogreiche Schreibstil, der mich dazu verleitet hat, das Buch in kurzer Zeit durchzulesen. Eine leichte, teils durchaus amüsante Lektüre, die mich jedoch leider nicht begeistern konnte.

Bewertung vom 22.08.2023
Kabler, Jackie

Eine glückliche Familie


ausgezeichnet

Auf dem wunderschönen Cover steht „Kriminalroman“, ich würde das Buch jedoch in die Kategorie Psychothriller einordnen.
Beths Mutter Alice hat vor dreißig Jahren, als Beth zehn Jahre alt war, Mann und Tochter verlassen, seitdem hat nie wieder jemand etwas von ihr gehört – bis eines Tages eine Frau vor der Tür steht, die behauptet, die verschollene Alice zu sein.
Beth ist überglücklich und nimmt sie mit offenen Armen bei sich auf, Alice zieht sogar direkt bei ihr ein. Doch seit dem Einzug der Mutter passieren einige unschöne Dinge: Beth verliert ihre Hausschlüssel, sie fühlt sich von einem Mann verfolgt, sieht Gesichter am Fenster, ihre Freundinnen wenden sich von ihr ab.
In Rückblenden erfahren wir, warum sie glaubt, eine Strafe zu verdienen. Sie hat in ihrer Jugend etwas getan, was sie heute sehr bereut, und was sie bis heute nicht loslässt. Wie ein Bumerang kehren die Geschehnisse von damals zu ihr zurück. Aus einer fröhlichen und zufriedenen Mutter und Managerin wird ein psychisches Wrack, die Ereignisse überstürzen sich bis zur Eskalation.
Unwahrscheinlich fand ich, dass Beth ihre neue Familie ohne jegliches Nachfragen oder Nachforschen direkt herzlich bei sich aufgenommen hatte. Es war unrealistisch, dass jemand in der heutigen Zeit und in diesem Alter so gutgläubig und naiv ist, das hat der Spannung aber keinen Abbruch getan.
Der flüssige Schreibstil der Autorin hat mir ausnehmend gut gefallen, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so gespannt war ich auf die Auflösung, auch wenn ich diese teils schon erraten habe, da es nicht so viele „Verdächtige“ gab.
Da mir der Roman so gut gefallen hat, werde ich auch „Ein perfektes Paar“ der Autorin lesen, ich mag ihren Schreibstil sehr, es gab immer wieder neue überraschende Wendungen, und die Protagonistinnen wurden authentisch dargestellt. Ich empfehle den Kriminalroman, der eigentlich ein Psychothriller ist, allen Krimi- und Thrillerleser*innen, die sich mehr für die Psyche von Tätern und Opfern als für blutige und grausame Details interessieren.

Bewertung vom 21.08.2023
Kuhlmann, Stefan

Herr Winter taut auf


ausgezeichnet

Robert Winter ist pensionierter Finanzbeamter, für die Kontaktpflege, auch die zur Tochter Miriam und Enkel Jonas, ist seine Frau Sophia zuständig. Die beiden führen bzw. führten eine harmonische Ehe, obwohl sie gegensätzlich wie Sommer und Winter/Tag und Nacht waren. Sophia war passionierte Avon-Beraterin.
Als Sophia bei einem Unfall ums Leben kommt, fällt Robert in ein tiefes Loch, ohne sie scheint er nicht lebensfähig zu sein. Eines Tages steht Lilli Fischer vor der Tür, eine langjährige Kundin von Sophia. Lilli überredet Robert, die bei Sophia in den letzten Wochen eingegangenen Bestellungen abzuwickeln und zumindest die Restbestände der Avon-Kosmetika auszuliefern. Als Robert beim Ausliefern Sophias größte Konkurrentin, Wilma Satong, kennenlernt, packt ihn der Ehrgeiz, er will Avon-Berater des Jahres werden!
Unterhaltsam beschreibt der Autor Roberts Einstieg in die Welt der Concealer, Foundations, Lipgloss und Mascara – alles Produkte, von deren Existenz er bis dato keine Ahnung hatte. Seine größte Angst ist die vor der ersten Kosmetikparty, auf der er die Avon-Kosmetika vorstellen soll.
Basti und Dennis ziehen in Roberts Nachbarwohnung ein. Basti ist sehr an Kosmetika interessiert und bringt Robert auch den Umgang mit einem Smartphone bei. Robert wiederum bemüht sich, den beiden bei ihren Eheproblemen zu helfen.
Das kühle Verhältnis zur Tochter Miriam und Enkel Jonas wird im Laufe des Romans immer herzlicher. Durch seine Tätigkeit als Avon-Berater lernt Robert viele Frauen, aber auch Männer kennen, so dass sein Einsiedler-Dasein ein Ende hat. Als er ins Krankenhaus muss, geben sich die Besucher in seinem Krankenzimmer die Klinke in die Hand.
Das offene, nicht vorhersehbare, Ende hat mir sehr gut gefallen. Roberts Zukunft bleibt der Phantasie der Leser*innen überlassen. Ich mochte den Roman sehr und kann ihn allen empfehlen, die auf der Suche nach einer leichten, kurzweiligen und amüsanten Lektüre sind.

Bewertung vom 20.08.2023
Monteil, Claudine

Marie Curie und ihre Töchter


sehr gut

Drei faszinierende Frauen, zwei haben ihr Leben der Wissenschaft geopfert, die dritte hat das 20. Jahrhundert in den fast 103 Jahren ihres Lebens (1904-2007) als Schriftstellerin und Reporterin mitgeprägt.
Etwa bis zur Hälfte des Buches geht es hauptsächlich um Marie Curie. Als junge Frau hat sie das von Russland besetzte Polen verlassen, um in Paris zu studieren. Die Forschung an der Radioaktivität und dem Radium betrieb sie gemeinsam mit ihrem Mann Pierre. Sie war zweifache Nobelpreisträgerin und erforschte ihr Leben lang neue Methoden der Krebsbehandlung.
Marie Curie ist in ihrem Leben viel gereist, insbesondere in Amerika wurde sie hoch verehrt und bejubelt. Sie ist als junge Frau hingereist gereist, um 1 Gramm des wertvollen Radiums abzuholen, gesponsert von Millionen von Frauen, die ihre Forschung mit Begeisterung unterstützten.
Marie und ihre Töchter sind Zeitzeugen des gesamten 20. Jahrhunderts. Sie waren mit vielen Wissenschaftlern, Politikern und Frauenrechtlerinnen befreundet, so wird Albert Einstein mehrfach erwähnt, der mit allen drei Frauen befreundet war, ebenso wie Thomas Alva Edison, der Pionier der Elektrizität, den Marie in Amerika kennengelernt hatte.
Maries Herz hing ihr Leben sowohl an ihrem Geburtsland Polen als auch an ihrer Wahlheimat Frankreich. In Warschau besuchte sie häufig ihre Schwester Bronia, die Leiterin des von Marie gegründeten Radium-Instituts.
Während des ersten Weltkrieges waren Marie und ihre älteste Tochter Irène mit mobilen Röntgengeräten auf den Schlachtfeldern unterwegs. Irène hat bereits mit 17 Jahren mit der Erforschung der Radioaktivität an der Seite ihrer Eltern begonnen. Später setzte sie sich für Frauenrechte ein und wurde als eine der ersten Frauen in die französische Regierung einberufen.
Eve war die schillerndste Persönlichkeit in der Familie Curie, die einzige Nicht-Wissenschaftlerin. 1904 in Paris geboren war sie den schönen Künsten sehr zugetan und strebte eine Karriere als Pianistin an, wofür ihr Talent aber nicht ganz ausreichte. Nach dem Tod Maries hat Eve auf Anregung eines renommierten amerikanischen Verlages die erste Biographie über ihre Mutter geschrieben. Diese stand monatelang weltweit in den Bestsellerlisten, wurde in Hollywood verfilmt und für mehrere Oscars nominiert.
Während des zweiten Weltkrieges arbeitete Evè in Afrika, Asien und Amerika als Kriegsberichterstatterin. Sie war mit der First Lady Eleanor Roosevelt befreundet und wurde 1940 von den Medien als eine der fünf berühmtesten Frauen der Welt bezeichnet. Später engagierte sie sich gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem amerikanischen Diplomaten Henry Labouisse, für UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, und nahm mit ihm 1965 den Friedensnobelpreis für UNICEF entgegen.
Die Romanbiographie würde ich als reine Biographie bezeichnen, da sich das Buch nicht wie ein Roman, sondern wie ein Sachbuch liest. Jede der 318 Seiten ist vollgepackt mit Informationen, die Autorin hat minutiös über das Leben der drei Curie-Frauen recherchiert. Streckenweise wurde es zu einer Aneinanderreihung von Fakten, Auszeichnungen, Preisen und Begegnungen mit berühmten Wissenschaftlern und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Was den Informationswert anbetrifft, ist die Biographie erstklassig, aber aufgrund des nüchternen, emotionslosen Schreibstils habe ich mich mit dem Lesen etwas schwergetan. Nichtsdestotrotz kann ich es allen empfehlen, die sich für das Leben und das Werk der Familie Curie interessieren.

Bewertung vom 15.08.2023
Beer, Elisabeth

Die Bücherjägerin


sehr gut

Das Cover und die Gesamtaufmachung des Romans haben mich direkt angesprochen, Bücher und Schildkröten sind ein schönes Motiv.
Sarah ist Restauratorin von Büchern und Karten, eine Tätigkeit, die sie von ihrer Tante Amalia gelernt hat. Sarahs Eltern sind gestorben, als sie 10 Jahre alt war, seitdem lebt sie mit ihrer Schwester Milena bei ihrer Tante in einer alten Villa im Kölner Stadtteil Hahnwald.
Die junge Frau lebt lieber zurückgezogen in Gesellschaft von Büchern als soziale Kontakte zu pflegen. In Rückblenden werden Erlebnisse aus ihrer Kindheit und frühen Jugend geschildert, und wir erfahren, wie eng die Beziehung zu ihrer Tante war. Umso schwieriger ist es für sie zu verkraften, dass Amalia ihr ihre Krankheit verschwiegen hatte.
Wenige Monate nach Amalias Tod taucht Ben vor Sarahs Haustür auf. Amalia hatte den jungen Mann kontaktiert, um ihm bzw. der Britischen Nationalbibliothek, für die er arbeitet, das seit fünfhundert Jahren verschwundene Teil einer alten Karte, der Tabula Peutingeriana, anzubieten. Sarah hört zum ersten Mal von dieser Karte. Gemeinsam mit Ben durchforsten sie Amalias Unterlagen, um nach Hinweisen auf den Verbleib der Karte zu suchen.
Ihre Suche führt sie über Frankreich nach England. Auf der Reise kommen sich die beiden Buchbegeisterten näher, Sarah erfährt, welche Opfer Amalia bringen musste, um für ihre beiden elternlosen Nichten da zu sein und wie oft Ben in seinem Leben mit Rassismus konfrontiert wurde.
Zu Beginn habe ich mich mit dem Roman etwas schwergetan, da manche Beschreibungen recht ausschweifend und detailverliebt sind, doch je weiter ich gelesen habe, desto spannender wurde die Jagd nach dem verschollenen Teil der Tabula Peutingeriana. Mit Sarah bin ich nicht warm geworden, zu ausgeprägt fand ich ihre autistischen Züge, aber Ben fand ich sehr sympathisch, ein Mann, der sowohl mit Menschen als auch mit Büchern sehr gut umzugehen weiß. Das Ende fand ich sehr gelungen, es hat mich mit den etwas langwierigen Stellen im Mittelteil ausgesöhnt. Sehr gefallen haben mir die vielen Hinweise auf Bücher und Protagonist*Innen aus Klassikern und anderen bekannten Büchern. Ich empfehle den Roman allen, die Bücher und Liebesgeschichten mögen.

Bewertung vom 15.08.2023
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Marthas Geheimnis / Die Zuckerbaronin Bd.1


ausgezeichnet

Der Roman ist der Auftakt einer Reihe über den Schmuggel mit Saccharin und den Konkurrenzkampf mit der Zuckerindustrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Familie Schinder, das sind Korbinian, Barbara und ihre drei Töchter Martha, Gwendolyn und Helen. Mit ihrem Fuhrunternehmen transportieren sie nicht nur Waren, ihre Haupteinnahmequelle ist der Schmuggel von Saccharin aus der Schweiz nach Deutschland.
Auf einem Dorffest kommen sich Martha Schinder und Alexander Wallendorf, der Sohn des örtlichen Zuckerfabrikanten, näher. Aber auch Gwendolyn, Marthas jüngere Schwester, verliebt sich in Alexander. Leopold und Annegret Wallendorf haben indessen bereits Veronika Lanz, die Tochter eines befreundeten Textilfabrikanten, als standesgemäße Braut für Alexander ausgesucht. Korbinian wiederum würde Martha gern mit seinem Kompagnon Benno verheiraten.
In Rückblicken erfahren wir von der Fehde zwischen Korbinian Schinder und Leopold Wallendorf, die eine Verbindung zwischen den beiden Familien unmöglich erscheinen lässt.
Die Autoren verbinden meisterhaft Fiktion und Geschichte, einige der im Roman vorkommenden Figuren gab es wirklich, so auch den Erfinder des Saccharins, Constantin Fahlberg. Durch Zufall hatte er nach einem Tag im Forschungslabor in New Yorkden Süßstoff entdeckt. Die Zuckerindustrie im Deutschen Reich sah in der Verbreitung von Saccharin so große Konkurrenz, dass sie den Erlass von Süßstoffgesetzen durchgesetzt hatte, die einen blühenden Schmuggelhandel nach sich gezogen hatten.
Der Roman ist fesselnd, unterhaltsam und auch äußerst lehrreich, da mir die Geschichte des Saccharins gänzlich unbekannt war. Über die einfallsreichen Ideen, das Saccharin beim Schmuggeln zu verstecken, habe ich mich sehr amüsiert. Ich freue mich auf den zweiten Band und bin gespannt, wie es mit der Zuckerbaronin und ihrer Familie weitergeht.

Bewertung vom 14.08.2023
Reimann, Bettina

Spargel-Geheimnis im Allertal


ausgezeichnet

Ein spannender Regionalkrimi, der zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 in Eickeloh im Allertal spielt.
Es ist bereits der zweite Fall für die Hobby-Ermittler Flora, ihre Mutter Anna und Großvater Carsten, einen pensionierten Polizisten. Familie Blume-Kamphusen betreibt eine Pension mit Restaurant, die im März 2020 coronabedingt geschlossen werden müssen. Ein Gast bleibt ihnen erhalten, es gibt in absehbarer Zeit keine Flüge, und er kann nicht nach Amerika zurück. Henry Baumert gibt nicht viel über sich preis, aber nach einiger Zeit bekommt die Familie heraus, dass er auf der Suche nach seinen Vorfahren ist, und in den 1950er Jahren in der Gegend geboren wurde.
Die Handlung wird zum einen aus der Sicht von Henry Baumert und zum anderen aus der von Flora und ihrer Familie wiedergegeben.
Henry ist 1962 als Kind mit seiner Mutter und Schwester Christine nach Amerika ausgewandert. Seine deutsche Vergangenheit wirft viele offene Fragen auf: Wer war Henrys und Christines Vater? Warum haben sie in einer Nacht und Nebel-Aktion Deutschland verlassen? Welches traumatische Erlebnis aus der Kindheit belastet sein Unterbewusstsein?
Als Henry schwer verletzt im Spargelfeld aufgefunden wird, und die Polizei sich bei der Aufklärung des Überfalls nicht viel Mühe gibt, nehmen Flora und ihr Großvater die Ermittlungen auf. Über Rückblenden erfahren wir, wie Henry Briefe, Verträge und andere Unterlagen in Sütterlin und auf Polnisch findet und nach und nach herausfindet, was vor sechzig Jahren Ungeheuerliches passiert ist. Die Autorin hat den Fundort der „Beweismittel“, das unbewohnte, halb verfallene Haus mitten im Nirgendwo, einen richtigen Lost Place, authentisch und detailgetreu beschrieben.
Über Facetime nimmt Henrys Schwester Christine in Amerika regen Anteil an den Ermittlungen, zuerst über Gespräche mit Henry, später mit Familie Blume-Kamphusen.
Mir hat der Zweitling von Bettina Reimann sehr gut gefallen, die Ermittlungen der sympathischen „Cold Case Unit Blume-Kamphusen“ waren spannend und fesselnd. Etwas Schwierigkeiten hatte ich mit den vielen Namen der Dorfbewohner und ehemaliger Pflegekinder. Bettina Reimann hat mich drei Jahre zurückversetzt, als Kontaktbeschränkungen unser Leben beherrschten. Nach diesem Roman ist mir noch bewusster geworden, wie glücklich ich darüber bin, dass das Leben wieder in normalen Bahnen verläuft, mit Konzerten, Restaurantbesuchen und Partys. Von mir eine Leseempfehlung für alle Krimileser*innen, die es nicht allzu blutig und grausam mögen.

Bewertung vom 05.08.2023
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


ausgezeichnet

Aus zwei Gründen konnte ich bei diesem Buch nicht widerstehen, der erste ist das wunderschöne Cover mit Blumen und Vögeln auf blauem Hintergrund, der zweite, dass mir bereits der Debütroman der Autorin „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ sehr gut gefallen hat. Dabei war mir gar nicht bewusst, dass es auch in diesem Buch um Evelyn Borowski geht.
Der Roman spielt im Jahr 1989 und erzählt in Rückblenden die Geschichte von Silvia Borowski und ihrer Mutter Evelyn. Silvia, Anfang 30, ist vor kurzem Mutter geworden. Sie lebt seit vielen Jahren in Berlin und hat kaum Kontakt zu ihrer Mutter, die noch immer in der schwäbischen Kleinstadt wohnt, in der Silvia aufgewachsen ist.
Nach und nach erfahren wir, welche Ereignisse in Silvias Kindheit und Jugend dazu geführt haben, dass sie einem Leben weit weg von Zuhause den Vorzug gegeben hat.
Evelyn hat nach Silvias Geburt ihren Beruf als Ärztin aufgegeben, da das von ihr in damals so erwartet wurde. Als Hausfrau und Mutter ist sie nie glücklich geworden. Auch ihre Schwägerin Betti, die nie geheiratet hatte, musste sich den geltenden Konventionen beugen und die alten Eltern pflegen, anstatt ihre Träume zu verwirklichen.
Silvia ist bereits als Jugendliche aus dem spießigen Kleinbürgertum in der schwäbischen Kleinstadt ausgebrochen, um ein freies und unkonventionelles Leben in Westberlin zu führen. Erst nachdem sie selbst Mutter geworden ist, beschließt sie, ihre Mutter zu besuchen und die Mutter-Tochter-Beziehung aufzuarbeiten.
Der zweite Roman von Alena Schröder hat mir auch sehr gut gefallen. Sie hat die Annäherung zwischen Mutter und Tochter sehr authentisch geschildert, die Atmosphäre und das Leben in den 1970er und 1980er Jahren bildhaft dargestellt und den Zeitgeist perfekt eingefangen. Das Ende ist überraschend und stimmt optimistisch. Der Roman kann unabhängig von „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ gelesen werden, ich kann beide weiterempfehlen, insbesondere den Leser*innen, die ihre Kindheit oder Jugend in den 1970er und 1980er verlebt haben und in Erinnerungen schwelgen möchten.

Bewertung vom 02.08.2023
Hennig Von Lange, Alexa

Zwischen den Sommern / Heimkehr-Trilogie Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die von mir lange ersehnte Fortsetzung der Heimkehr-Trilogie ist endlich erschienen! Das Cover ist ähnlich wie beim Vorgängerband, schlicht und elegant. Es ist die Geschichte der Großmutter der Autorin und beruht auf ihren Erinnerungen.
Der Roman schließt nahtlos an „Die karierten Mädchen“ an und beginnt mit Klaras und Gustavs Trauung im Jahr 1939. Klara leitet bereits seit einigen Jahren ein Frauenbildungsheim in Sandersleben in Sachsen-Anhalt. Sie heiratet ihre große Liebe, den Lehrer Gustav. Als der Krieg ausbricht, muss Gustav an die Front.
Die Autorin beschreibt abwechselnd Klaras Leben während des Krieges und die Zeit nach Klaras Tod im Jahr 2000, als ihre Enkelin Isabell mit ihrer Mutter Inge Klaras Hausstand auflöst und dabei mehr als 130 Tonbandkassetten findet, auf denen die 93jährige aus ihrem Leben erzählt.
Es ist die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte. Die Stimmung im Heim ist bedrückend. Nicht nur Klaras Mann, auch der Geliebte ihrer besten Freundin Susanne und der Tanzlehrer Waldemar müssen in den Krieg ziehen. Die Mädchen, die im Heim ausgebildet werden, schreiben Briefe an deutsche Soldaten, die sie nicht kennen, um ihnen eine kleine Freude zu machen. Kinderkrankheiten, Typhus und Diphterie grassieren, viele Kinder sterben. Nach den Siegesmeldungen zu Beginn des Krieges wandelt sich die Lage im Laufe der Jahre, bis niemand mehr an den von den Nazis propagierten Endsieg glaubt.
„Es war ein bisschen so, als wären sie das Orchester auf der untergehenden Titanic: Sie machten weiter, ausgestattet mit dem letzten Fünkchen Hoffnung, dass sie zu den glücklichen Überlebenden gehören würden, während alle um sie herum in den eisigen Fluten versanken.“ (S. 339)
Während des Krieges bekommt Klara drei Kinder, um die sie sich neben der Leitung des Heimes sehr hingebungsvoll kümmert.
Als Isabell die Kassetten abhört, lernt sie eine ganz andere Klara kennen, als die, die sie ihr Leben lang kannte. Sie ist sehr froh darüber, dass ihre Großmutter ihr mit den besprochenen Kassetten diesen tiefen Einblick in ihr Leben gewährt hatte.
Obwohl sie wusste, dass sie ihr Leben riskiert, kümmerte Klara sich um ein kleines Mädchen jüdischer Abstammung wie um ihr eigenes Kind. Um sie vor den Nationalsozialisten zu retten, sollte Tolla zusammen mit anderen Kindern nach England reisen. Sehr lange weiß Klara nicht, ob Tolla dort angekommen ist, täglich wartet sie auf eine Nachricht von ihr.
Auch diesen, mittleren Band der Trilogie habe ich sehr gern gelesen, die Autorin schreibt bildhaft und fesselnd. Ich bin schon sehr gespannt auf den letzten Band der Trilogie, der in der Nachkriegszeit spielen wird. Ein eindrucksvolles Zeitzeugnis, das ich sehr gern weiter empfehle, insbesondere Leser*Innen von historischen Romanen und solchen, die sich für die jüngere deutsche Geschichte interessieren.