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Insgesamt 1675 Bewertungen
Bewertung vom 16.07.2024
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


ausgezeichnet

Hubert, Linda, Ewa und der Rest der Welt

Die 15jährige Linda möchte sich eigentlich das Leben nehmen, aber zwei Menschen halten sie davon ab, ohne es zu wissen. Das ist ihr einziger Freund, Kevin, der mit der Tatsache, dass die Welt zerstört wird, nicht umgehen kann und Hubert, ein Bademeister im Ruhestand, Ende Achtzig, mit vorangeschrittener Demenz. Linda entlastet drei Mal die Woche nachmittags die polnische Pflegekraft Ewa. Ewa hat ein großes Herz, ist aber manchmal ein bisschen unsensibel, findet Linda, die Hubert lieber nicht sagt, dass seine Frau vor sieben Jahren gestorben ist, wenn er sie sucht, sondern erklärt, sie sei beim Einkauf. Der Teenager tut sowohl dem Patienten, als auch der Tochter und nicht zuletzt der Pflegerin gut mit der frischen, liebevollen und humorvollen Art. Doch die Zeit bleibt leider nicht stehen!

Petra Pellini ist hier ein so unsagbar wunderschönes Buch gelungen, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Sie stellt hier zwei komplett gegensätzliche Leben gegenüber, deren Mittelachse eine polnische Pflegekraft mit ihrer ganz eigenen bewegenden Geschichte bildet. Drumherum kreist der Nachtfalter, die Tochter von Herbert, die nicht loslassen kann und will, dabei aber nicht selten herzloser wirkt, als sie tatsächlich ist. Das ganze Gebilde ist gleichzeitig fest und haltgebend, aber auch fragil und wackelig. Vor allem aber triggert es mich enorm. Doch empfinde ich es auf diese Weise als tröstlich, heilend und helfend. Dafür danke ich der Autorin aus allertiefstem Herzen!

Die Figuren sind wunderbar klar gezeichnet und in der Hörbuchversion gibt Marie-Isabel Walke jeder über die Erzählfigur Linda eine unfassbar gut gelungene Stimme. Besonders Ewa ist einfach entzückend dargestellt. Ich habe alle, einschließlich des Nachtfalters, ganz tief ins Herz geschlossen! Das Vergessen belastet natürlich alle sehr. Wie man damit umgehen kann, das lässt Pellini ihre Protagonistin Linda mit einer Kraft zeigen, die nur Teenager haben. Auch die Belastungen, die Pflegekräfte, die rund um die Uhr im Einsatz sind, haben, werden einfühlsam, aber deutlich, gezeigt. Das alles zusammen ergibt ein kleines Universum, das sich ständig neu formiert, aber insgesamt immer gleich bleibt.

Leider gerät dieses Universum aus der Bahn. Ohne zu viel zu verraten möchte ich sagen, dass ich nichts dagegen tun konnte, dass die Tränen liefen. Die Ereignisse überschlagen sich und kommen doch so, wie man es eigentlich schon kommen sah. Wie man mit dieser neuen Situation dann umgehen kann, zeigt Pellini mit ihren Romanfiguren auf ebenso realistische, wie wunderschöne Art. Es gibt kein Falsch, nur unterschiedliche Formen von richtig. Eine Aussage, die schöner nicht sein könnte.

Für mich eines der schönsten Bücher des Jahres und auf alle Fälle eines, das mich bewegt, die Seele zum Klingen bringt und in meinem Herzen bleibt. Fünf Sterne und eine herzliche Leseempfehlung!

Bewertung vom 10.07.2024
Lieder, Susanne

Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21


weniger gut

Völlig anders als erwartet

Dass mich hier keine echte Biographie erwartet, sondern ein Roman, der an die Biographie der Agatha Christie angelehnt ist, wusste ich. Dennoch hat mich das eine oder andere im Text dann doch irritiert, da es stark von dem abweicht, was ich von Agatha Christie weiß. Das wurde noch zusätzlich verstärkt durch die mir nicht ganz einleuchtenden Zeitsprünge im Roman. Auch wenn ich irgendwann die immer mal wieder auftauchenden Längen nervig fand, war ich doch erstaunt, dass quasi mittendrin das Ende kam. Christie lebte bis 1976, die Story endet jedoch 1928, also eigentlich genau da, wo es endlich interessant und für sie persönlich schön wird.

Ich weiß nicht, wie es jemandem geht, der ganz ohne Vorkenntnisse an diese Story geht. Für mich ist sie jedenfalls sehr enttäuschend und unbefriedigend. Christies Jugend und die entsprechenden Gedanken bzw. auch Nicht-Gedanken nehmen mir zu viel Raum ein. Die Schriftstellerin kommt zu kurz. Auch wenn ich es unterhaltsam finde, wie sie mit Poirot und Jane Marple diskutiert, wie sie auf ihre Namen kam und wie die Figuren quasi aus dem Nichts langsam Gestalt annehmen, reißt es das Ruder nicht herum. Ich hatte mir Christies Leben als Roman erwartet, bis weit nach 1928, keinen Roman über ihre nicht sehr glückliche Jugend und erste Ehe.

Es mag an mir und meiner Erwartung liegen, doch für mich ist dies ein Roman, den ich lieber nicht genossen hätte. Eva Becker hat das Buch sehr gut eingelesen, konnte es aber ebenfalls nicht retten. Zwei Sterne.

Bewertung vom 10.07.2024
Dahmen, Tobi

Columbusstraße


weniger gut

Die Schrecken des Krieges

Die Familie Dahmen lebte in der Columbusstraße in Düsseldorf Oberkassel und darüber erzählt Tobi Dahmen in seiner Graphic Novel. Es geht um die Zeit des zweiten Weltkrieges und all der Gräuel, die in dieser Zeit geschehen sind, über die aber nicht gesprochen wurde.

Grundlage dazu sind Gespräche mit seinem Vater Karl-Leo und Briefe seiner Vorfahren. Die Rahmenhandlung stellt der Abschied von Tobias von seinem Vater dar, und zwar der endgültige. Am Ende des Lebens eines Elternteiles möchte man wohl gern dessen Geschichte geradezu festhalten. Ganz besonders dann, wenn sie mit einer solchen Zeit verknüpft ist.

Wie wir es eigentlich alle wissen, wurde alles Schlechte aus der Zeit vor und während des Krieges abgestritten, geleugnet, nicht ausgesprochen. Selbst in den Briefen, die Eberhard Dahmen seiner Familie nach Hause schickt, beschönt er die Zustände. Die Bilder zeigen die Wahrheit, die Briefe nur das, was nicht einer Zensur zum Opfer fallen würde. Man sieht allen Familienmitgliedern an, wie sie immer mehr verzweifeln und abbauen. Das ist gut gelungen dargestellt. Doch insgesamt hat mich das Buch nicht ansatzweise so erreicht, wie ich das angenommen hatte.

Die Zeitsprünge und die Sprünge von einem Ort zum anderen sind zahlreich und verwirrend. Die weit über 500 Seiten lesen sich mühsam. Das liegt leider nicht nur an der bedrückenden Zeit, den Schrecken und Unsäglichkeiten, sondern auch am Stil. Oftmals musste ich zurückblättern, da ich die Gesichter schlecht auseinanderhalten konnte.

Am Ende findet sich noch ein sehr ausführlicher Glossar, der wichtige Punkte noch einmal aufgreift und sehr gut erklärt.

Es fällt mir schwer, ein Buch, das so klar aufzeigt, wie schlimm die Zeit des Nationalsozialismus war und dass dies nie wieder kommen darf, schlecht zu bewerten. Aber ich möchte und muss ehrlich bleiben. Mich hat das Buch nicht ansatzweise so bewegt, wie die Erzählungen meiner Großeltern und anderer Zeitzeugen. Daher kann ich leider nur zwei Sterne geben.

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Bewertung vom 02.07.2024
Trabalza, Renato

La Cucina Romana - Die Trattoria-Küche der Signora Lella


sehr gut

Leidenschaft über Generationen

In den 1960ern war Elena Fabrizi in Italien jedem Kind ein Begriff. Sie war Schauspielerin im komödiantischen Bereich und jeder mochte sie. Dass sie ihre Leidenschaft, das Kochen und Essen, lebte sie in ihrer Tattoria aus. Wie in Italien so üblich, war die ganze Familie mehr oder weniger inbegriffen und involviert. Schnell war das Lokal beliebt und berühmt und so ist es kein Wunder, dass es heute noch ihre Enkel in ihrem Stil und Sinne und natürlich mit ihren Rezepten weiterführen. Deshalb entstand dann auch dieses Buch, das so viel mehr als ein Kochbuch mit italienischen Rezepten ist.

Man erfährt viel über Signora Lella, ihr Leben, ihre Passion, ihre Familie. Vor dem Start des Rezeptteils finden sich allgemeine Hinweise und Grundrezepte. Die Fotos von Land, Leuten, dem Restaurant uvm. sind zwar wirklich wunderschön, aber sie ersetzen mir nicht die fehlenden Bilder bei vielen Rezepten, denn nicht bei jedem ist eines. Da ich dazu neige, Rezepte ohne Foto vom Ergebnis, also dem Gericht, hintenüber fallen zu lassen, ist das für mich sehr ärgerlich. Das tote Milchlamm hätte ich so übrigens auch nicht wirklich sehen müssen!

Die Rezepte sind in die Kapitel Milchlamm; Artischocke; Das Fünfte Viertel; Pecorino Romano; Schweinebäckchen; Fleisch; Der Gemüsegarten; Fisch; Der Hühnerstall; Süßspeisen unterteilt, wobei jedes davon mit einem ausführlichen Text dazu beginnt. Der Titel des jeweiligen Gerichts wird sowohl in Deutsch, als auch Italienisch angegeben. Die Gestaltung ist wunderbar und sehr liebevoll gemacht. Es gibt Markierungen, Unterstreichungen und Anmerkungen, sodass es aussieht, als wäre das Buch schon zigmal genutzt worden. Ich liebe das, weil ich selbst auch in Rezeptbücher schreibe, um meine persönlichen Änderungen festzuhalten. Zutatenliste und Arbeitsschritte sind sauber gegliedert und aussagekräftig. Die Zutaten sind teilweise etwas exotischer, im Allgemeinen aber gut zu bekommen. Nährwert- und Arbeitszeitangaben sucht man vergeblich. Mich stört das nicht, da ich meist sowieso ein anderes Tempo habe, als die Autoren von Rezeptbüchern. Bei den Nährwertangaben kann es für manche schwieriger werden. Ich denke aber, man erkennt, welche Gerichte mächtig und welche weniger kalorienreich sind.

Bis auf die fehlenden Fotos an einigen Rezepten mag ich dieses Buch sehr gern, obwohl ich nicht allzu viele der Rezepte in mein Repertoire übernehme. Hier ist die Familie ganz außergewöhnlich, ganz vorneweg natürlich Signora Lella. Schon allein das ist etwas Besonderes. Vier Sterne!

Bewertung vom 02.07.2024
Maiwald, Stefan

Italien - unsere Liebe


ausgezeichnet

Lesen und kochen

Bei diesem Buch hat man sowohl eine Hommage an Italien als Urlaubsland, als auch eine Rezeptsammlung. Es sind hauptsächlich die Klassiker, aber auch ein paar Spezialitäten aus den unterschiedlichen Regionen dieses wunderschönen Landes und seiner Küche.

Die Texte machen unfassbar viel Spaß zu lesen. Sie sind herzlich, liebevoll, lustig und so zutreffend und dennoch informativ. Sie drehen sich um all das, was für uns typisch Italien ist, auch wenn es, wie z.B. Spaghetti Bolognese und Pizza Hawaii eher Touristen-Erfindungen sind. Das echte Italien, die Mentalität der Italiener, Kaffee-Rituale, Käse, Tomaten, Speisen, Gewürze und auch Kochbücher – kein Thema bleibt unbesprochen. Gekrönt wird das Ganze dann mit Fotos aus den 60er, 70er,80er und 90er Jahre. Nostalgie pur, aber auch Glücksgefühl ohne Ende. Ja, es kommt ganz eindeutig rüber, welche große Rolle Italien schon so lange für uns Deutsche spielt.

Ein ganz besonderer Gag ist die Playlist mit Songs aus und um Italien. Die kann sogar gedownloadet werden, wenn man möchte. Ich hatte sofort wieder die Italo Super Hits meiner Jugend im Ohr!

Die Rezepte sind relativ spärlich gesät. Jedenfalls wenn man ein klassisches Kochbuch erwartet. Der Aufbau ist im bewährten Stil mit Zutatenliste und Arbeitsschritten. Letztere sind knapp, aber gut erklärt. Angaben zu Nährwerten und Zeitaufwand wurden weggelassen. Die Menge an Portionen, die ein Rezept ergibt, ist angemerkt. Meist liegen diese bei 4-6 Portionen, selten mehr oder weniger. Die Zutaten sind nicht allzu exotisch und gut zu bekommen, sieht man mal von ein paar Ausnahmen, wie z.B. frische Meeresfrüchte und weißer Trüffel ab.

Stefan Maiwald fasst wunderbar zusammen, wie sehr Italien in unseren Herzen ist. Kein Wunder, hat er doch in Italien die Frau fürs Leben gefunden und kennt und lebt den Italy Way of Life. Dieses Buch ist großartig! Fünf Sterne.

Bewertung vom 02.07.2024
Kling, Marc-Uwe

VIEWS


ausgezeichnet

Kurz und ultra hart!

Lena Palmer ist spurlos verschwunden. Die 16jährige war wohl per Anhalter auf dem Weg zu ihrem Freund, von dem ihr Vater nichts wissen durfte. Die Polizei hat keine brauchbare Spur. Doch da taucht ein Video im Internet auf, das alles ändert. Es ist so verstörend, dass Yasira Saad, BKA-Kommissarin mit Migrationshintergrund und Tochter in Lenas Alter, weiß, dass sie den Fall enorm schnell lösen muss, wenn sie das Schlimmste vermeiden will. Das ist allerdings riskant für alle.

Uff! Harter Tobak. Vor allem, weil es gar nicht so fiktiv ist, wie man sich wünschen würde. So viele Themen, die hier mit eingewebt wurden, die aktuell sind und auch immer bleiben werden, so viel gesagte und ungesagte Gewalt, so viel düstere Zukunftsaussichten, da hat man viel zu verarbeiten! Marc-Uwe Kling hat hier alle Register gezogen und mit einer fast schon stichwortartigen Sprache ganz viele heiße Eisen angepackt und einen Thriller geschrieben, der mich massiv schockiert. Mit der Erzählart hält er Abstand und schützt auch den Leser ein bisschen davor, zu nahe dran zu sein. Dennoch lässt er mich in ein tiefes, schwarzes Loch blicken, dessen Ende nicht zu erkennen ist.

So endet die Story auch mehr oder weniger abrupt. Fehlt etwas? Meiner Meinung nach nichts und alles. Wie das gehen kann? Zu viel möchte ich nicht verraten, aber diese Geschichte kann nicht abgeschlossen werden, weil die Technik und das www das nicht zulassen. Klingt seltsam? Nun, es ist eher verdammt realitätsnah und genau deshalb beängstigend.

Ja, klar, ich hätte auch gerne gewisse Dinge noch gelesen, um nachts ruhig schlafen zu können. Enttäuscht bin ich dennoch nicht, nur beunruhigt und gar nicht mal so wenig verängstigt. Nicht nur, dass es schon jetzt kaum noch möglich ist, Fake zu erkennen, was dadurch ausgelöst werden kann (und mit Sicherheit auch wird), ist für mich schlimmer, als jede bisher existierende Katastrophe.

Es gibt keine Längen, die Spannung ist durchweg hoch, Atempausen gibt es auch keine, dafür aber jede Menge Wendungen und Schocker, gewürzt mit sehr gut dosiertem Kling‘schem Humor an den richtigen Stellen. Die Figuren sind sehr klar gezeichnet, wozu Kling nicht viele Worte brauchte. Ihre Aktionen und Reaktionen lassen sie dreidimensional vor dem geistigen Auge Form annehmen. Auch politisch ist dieser Thriller hochbrisant.

Mir hat das Buch so sehr gefallen, dass ich auch das Hörbuch gehört habe. Kling liest es selbst ein und das mag ich i.d.R. sehr gern. Auch hier kommt dabei deutlich und klar rüber, wie der Autor empfindet, empfunden hat und seine Figuren und auch die Leser empfinden lassen möchte. Meiner Meinung nach kann das der Autor immer am besten. Der Hammer ist, dass die Story auch dann noch fesselt und betroffen macht, wenn man sie schon kennt. Ganz groß!

Einfach lesen oder auch hören, wirken lassen und wie im richtigen Leben akzeptieren, dass manche Dinge weder gut ausgehen können noch jemals abgeschlossen sein werden. Fünf Sterne!

Bewertung vom 30.06.2024
Kruse, Tatjana

Wenn schon tot, dann unter Palmen


ausgezeichnet

Blitz-Krimi vom Feinsten!

Dieser Mini-Krimi macht echt Spaß! Zum Inhalt möchte ich eigentlich gar nicht viel erzählen, da reicht der Klappentext eindeutig überreichlich aus. Ihre Krimis sind immer mit ganz viel Humor gespickt und leben von Protagonisten, die schlicht einzigartig, aber dennoch glaubwürdig sind. Das ist hier nicht anders. Obwohl ganz viele Illustrationen den Text umrahmen und insgesamt der Text recht kurz ist, ist das Gesamtergebnis mehr als gelungen.

Bei jedem Satz musste ich grinsen und konnte mir das laute Lachen gerade so verkneifen. Der Verlauf ist herrlich schräg, aber auch erstaunlich realistisch. Die Wendung macht so richtig Spaß und Freude, zumal Tatjana Kruse hier ganz nebenbei ein paar Themen verarbeitet, die einerseits wohl in den Bereich Klischee fallen könnten, es im wahren Leben aber leider dann doch viel zu oft gibt. Eine feine Rache-Geschichte mit klugem Humor, die sich super schön verschenken lässt und selbst jenen, die sonst nie Bücher lesen, ganz bestimmt Freude macht. Ich bin begeistert! Etwas hochpreisig für unter fünfzig Seiten, aber dennoch einfach schön. Fünf Sterne!

Bewertung vom 28.06.2024
Hartwich, Antonia

Zimmerpflanzenliebe


gut

Vielleicht einfach zu modern für meinen Geschmack

Meine Mutter hat schon vor so vielen Jahren zu mir gesagt, dass alles irgendwann wiederkommt. Wie Recht sie doch hatte! Sogar Zimmerpflanzen bekommen ein Revival! Waren sie in meiner Kindheit Zeichen eines gemütlichen Zuhauses, fand man irgendwann nur noch sterile Wohnungen ohne jedes Grünzeug oder Blütenkram, wie viele das nannten. Ich erinnere mich daran, wie ich die Pflanzenbücher meiner Oma und meiner Mutter wälzte, mich in verschiedene Pflanzen verliebte, mir welche holte, mal Glück, mal weniger Glück mit ihnen hatte. Und nun scheint wieder dieser Punkt angekommen zu sein, in dem man sein Heim, seine Fensterbänke mit wunderschönen Pflanzen mit und ohne Blüten schmückt und dafür sorgt, dass sie sich wohlfühlen und prächtig gedeihen.

Unterteilt ist das Buch in die Kapitel Basics, Blattpflanzen, Fleischfressende Pflanzen, Kakteen & Sukkulenten, Die Unbekannten, Blütenpflanzen, Was es sonst noch gibt: Grünlilie & Co. Man erkennt sofort, wie sehr die Autorin ihre Pflanzen liebt und dass sie gern in einem Gewächshaus leben würde. Das erschlägt mich dann tatsächlich fast. All ihre Pflanzen sind groß, großblättrig, üppig und das demotiviert mich mehr, als dass es mich motivieren könnte. Meiner Meinung nach wäre es ansprechender, wenn die Pflanzen eine mittlere Größe hätten, die man auch als Anfänger leichter erreichen könnte.

Die Auswahl der Pflanzen ist relativ exotisch. Viele davon kannte ich nicht, sehr viele ähneln sich stark. Die bekanntesten Pflanzen finden sich kaum. Das finde ich dann wirklich schade, denn auch und gerade für diese wären Pflegetipps für mich super. Da fühle ich mich dann schon ein bisschen persönlich angegriffen, wenn die Autorin manche Pflanzen als Oma-Pflanzen abtut, zumal sie nach eigener Aussage kein Glück bei Grünlilien hat. Auch erzählt sie von der Hoya, dass es eine leichte Anfängerpflanze sei. Sehe ich anders – sie ist schon ein bisschen mimosig und blüht nur dann, wenn man richtig Glück hat. Auch finde ich erschreckend, dass selbst in Pflanzenratgeber Influencer-Sprech einzieht mit englischen Ausdrücken für so ziemlich alles. Muss nicht sein. Noch störender finde ich, dass bei den vielen Fotos sehr oft die Autorin mit drauf ist. Es geht doch um Pflanzen, oder irre ich mich?

Ich hatte mir ein Buch gewünscht, das mir hilft, schöne Zimmerpflanzen zu hegen und zu pflegen und das mit einem nicht allzu hohen Aufwand. Bekommen habe ich ein Buch, das in meinen Augen eher für Fortgeschrittene mit ausgefallenem Pflanzengeschmack ist, die eine entsprechende Ausrüstung haben und insgesamt doch viel Zeit damit verbringen möchten. Das führt bei mir zu einer Wertung von drei Sternen.

Bewertung vom 27.06.2024
Dicker, Barbara;Kurz, Hans

Das Bierkochbuch


gut

Kipp mal Bier rein!

Viele der Rezepte sind schon so etwas wie Standard und werden hier mit Bier gepimpt. Keine schlechte Idee im Grunde und zumindest eine Anregung, die eigenen viel genmachten Rezepte mal mit Bier abzuwandeln. Man kann aber auch tatsächlich dann noch neue Ideen finden, wenn man wie ich eine Leidenschaft für Kochbücher hat, diese sammelt und sich selbst schon wundert, dass es noch Rezepte gibt, die man noch nicht kennt. Und das auch im Bereich Süßes!

Gut finde ich die Zwischentexte, das alphabetische Register inklusive der Grillrezepte (die sind fett markiert), die Bierkunde, das witzige Vorwort und die Biermenüs mit den zusammengestellten Rezepten.

Weniger gut finde ich, dass im gesamten Buch bei keinem einzigen Rezept ein Foto ist. Ich erwarte einfach von einem guten Kochbuch, dass es mir mit Fotos der fertigen Gerichte Lust auf das Gericht und damit das Nachkochen macht. Bei mir fallen Rezepte ohne Fotos schnell hinten runter. Hier war es für mich also sehr schwer, am Ball zu bleiben. Zudem sind keine Nähwertangaben vorhanden, was mich zwar weniger stört, von vielen im Bekanntenkreis aber als unabdingbar angesehen wird. Für mich ist schlimmer, dass sich einige Ungereimtheiten oder auch Fehler eingeschlichen haben. Es ist gleich mal bei den Bierstöckchen vergessen worden zu erwähnen, wann denn nun das Bier in den Teig kommt. Kann man herausfinden, klar, finde ich dennoch nicht okay, zumal sich solche Dinge öfter im Buch finden.

Daher finde ich es sehr schwer, dieses Kochbuch zu bewerten. Ich selbst bin etwas enttäuscht, wie ich dargelegt habe. Aber ich kann mir vorstellen, dass es ein prima Geschenk ist für alle, die Bier sehr viel mehr mögen als ich und mehr als nur eine Sorte trinken und von daher auch zum Kochen im Haus haben. Mit viel gutem Willen gebe ich drei Sterne, da mir zwei dann doch extrem wenig vorkämen.

Bewertung vom 27.06.2024
King, Stephen

Ihr wollt es dunkler


ausgezeichnet

Und wieder hat er mich überzeugt!

Bei Stephen King ist immer alles etwas anders als bei anderen Autoren. So gibt es hier Kurzgeschichten von wenigen Seiten bis zur Länge eines kurzen Romans. Wow! Und die Mischung ist sowas von gelungen! Hier gibt es nicht eine einzige Geschichte, die mir nicht gefallen hätte! Trotz der vielen unterschiedlichen Richtungen und Themen, die sie nehmen, packen sie alle. Mal mehr, mal weniger realistisch nehmen sie den Leser bzw. Hörer mit auf einen höllisch guten Tripp!

Bei der einen oder anderen Geschichte kommen Orte und Personen vor, die King-Fans bekannt sind. So starten wir gleich mal bei „Zwei begnadete Burschen“ mit der Selbstmördertreppe und so ein klein wenig möchten wir doch King selbst in seiner Figur erkennen. Bei „Klapperschlangen“ treffen wir auf Victor Trenton, den Vater des kleinen Tads aus „Cujo“. Das empfinde ich als besonders bewegend und berührend, lässt King doch seine Figuren, ob Hauptfiguren oder Nebenfiguren, nicht einfach verschwinden, wenn ein Buch zu Ende ist. Sie leben für und durch ihn weiter, so sie nicht Opfer einer seiner tödlichen Ideen wurden. Aber selbst dann werden sie eben doch nie vergessen. Das ist für mich großartig. „Das rote Display“ empfinde ich als absolut typisch Stephen King. Kurz und knackig, aber mit Nachhall. Und in den Opa aus „Auf der Slide Inn Road“ könnte ich mich doch glatt ein bisschen verlieben! Na, und bei „Laurie“ geht mein Tierliebeherz natürlich ganz weit auf, wogegen ich „Finn“ und „Der fünfte Schritt“ entsetzlich böse finde. Wie gesagt, die Mischung ist unfassbar bunt und gut!

Ob gelesen oder gehört, diese Kurzgeschichten sind ratzfatz inhaliert, so packen sie. Klar, wenn David Nathan sie liest, ist das fast schon ein Garant fürs Zuhören. Aber er liest tatsächlich viel langsamer vor, als ich es gelesen habe. Trotzdem oder erst recht hatte ich absolut gute Unterhaltung und mich keine Sekunde gelangweilt. Aber erwischt hat mich King auch in dieser Kurzgeschichtensammlung mehr als einmal, wenn ich dachte, och, wie harmlos diesmal! Und dann kam es knüppeldicke.

Sehr interessant finde ich, dass die zwölf Geschichten nicht von einem festen, sondern von insgesamt zehn Übersetzern ins Deutsche übertragen wurden. Und für mich ist das Nachwort von Stephen King immer ein ganz besonderes Highlight. Auch hier!

Ach ja, falls es bis hierhin noch nicht klar wurde: Ich gebe begeistert die vollen fünf Sterne und hoffe, dieser geniale Schriftsteller versorgt mich bald mit Nachschub. Er hat es auch mit 76 Jahren noch voll drauf!