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clematis

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Insgesamt 309 Bewertungen
Bewertung vom 27.09.2024
Ericson, Pernilla

In der Erde / Lilly Hed Bd.3


ausgezeichnet

Durst

Ein heißer Sommer plagt Schwedens Landwirte und droht, deren Ernte zu zerstören. Während Bauern mit schweren Traktoren zum Protest auffahren, besichtigt Lilly ein Haus, welches explodiert ist und die drei Bewohner mit großer Wahrscheinlichkeit unter den übrigen Trümmern begraben hat. Während fast alle von einem tragischen Unfall ausgehen, zweifelt Lilly an dieser Theorie.

Höchst spannend beginnt dieser dritte Teil der unterhaltsamen Krimireihe und nimmt den Leser sofort für sich ein. Lilly und Jesper sind mittlerweile ein Paar und erwarten Nachwuchs. Trotz ihrer andauernden Übelkeit sträubt Lilly sich anfangs gegen eine Freistellung vom Dienst, zu sehr will sie in allen Lebenslagen perfekt sein. Als die Tragödie im kleinen idyllischen Nynäshamn schon zu den Akten gelegt werden soll, taucht plötzlich ein Erpresserbrief auf. Die sechsjährige Maja ist also noch am Leben und könnte verdursten, wenn bestimmte Forderungen nicht erfüllt werden. Die Ereignisse überstürzen sich, unterschiedlichste Theorien werden angedacht, die Handlung rauscht flott und fesselnd dahin und liefert schlussendlich eine passende und schlüssige Auflösung.

Sehr sympathische Protagonisten, ein packender Schreibstil und aufregende Szenen halten den Leser in Atem. Dieser dritte Teil rund um Lilly Hed ist überaus gelungen und verdient auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 27.09.2024
Dannenberg, Meike

Die Ärztin - Gefährliche Nachtschicht


ausgezeichnet

Frauen

Zwei Frauen werden innerhalb kurzer Zeit vergewaltigt und von Dr. Eva Mares im Krankenhaus behandelt. Aufgrund der schweren Verletzungen schließt die Ärztin, dass es sich um ein und denselben Täter handelt. Sie schickt anonymisiertes Probenmaterial ins Klinikarchiv, kann aber weiter nichts unternehmen, solange die Opfer keine Anzeige erstatten. Ein Dilemma, welches Mares selbst bald in Bedrängnis bringt.

Hochspannend und beklemmend geht es von Anfang bis zum Ende durch dieses wichtige und kurzweilige Buch. Nicht nur die traumatisierten Frauen nach der Vergewaltigung sind Thema, sondern auch die vielen Menschen „danach“, welche Hilfestellung leisten und eine hoffnungsvolle Zukunft möglich werden lassen. Auch wenn es sich um eine fiktive Geschichte handelt, so spürt man doch in jeder Zeile die Ernsthaftigkeit und Realität, in der sich Ähnliches zutragen kann. Insbesondere die Furcht der misshandelten Frauen vor dem Stempel des Eigenverschuldens und der Schande ist greifbar, aber auch die Beklemmung der Ärztin, sobald sie persönlich ins Spiel kommt. Gewiss, sie handelt ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht „richtig“, aber wer sind wir, um das zu verurteilen? Und genau das ist der Punkt, warum dieses Buch dermaßen aufwühlend ist, warum Meike Dannenberg ihre Leser so bewegt und Gänsehaut erzeugt. Niemand ist gefeit vor Verbrechen, sei es, dass sie einem selbst passieren oder jemandem aus der eigenen Familie.

Flotte und packende Stunden habe ich mit der „Ärztin“ verbracht, die Handlung wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Ein hervorragendes Buch - Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2024
Streeck, Hendrik

Nachbeben


ausgezeichnet

Versöhnlicher Diskurs

Die Pandemie ist vorbei, das Coronavirus ist geblieben. Welche Maßnahmen werden wir bei einer weiteren Krise neuerlich ergreifen, welche eher meiden? Haben wir überhaupt etwas gelernt aus den letzten Jahren?

Sachlich und glaubwürdig nähert sich Hendrik Streeck vielen Fragen an und versucht, Antworten zu finden, auch wenn es nicht immer eine klare und eindeutige gibt, wie zum Beispiel gleich zu Beginn: woher stammt SARS-CoV-2 wirklich? Vermutlich wird dies unklar bleiben, es existieren lediglich Mutmaßungen. In den einzelnen, sehr übersichtlich gestalteten Kapiteln des - auch für Laien - sehr gut lesbaren Sachbuchs folgt Streeck dem Verlauf der Corona-Pandemie und erläutert auf überaus seriöse Weise, welche sinnvollen Maßnahmen, aber auch, welche weniger nützlichen Vorschriften in rascher Abfolge auf die Menschen hereingeprasselt sind. Niemals geht es um Anklage oder Schuldzuweisung, vielmehr empfinde ich das Buch als Lob einerseits und als gelungene konstruktive Kritik andererseits. Wir sollten nun jedoch das Kapitel Pandemie nicht einfach abschließen, sondern danach trachten, Lehren zu ziehen und die Phase der Ruhe dazu nützen, uns geeignete Strategien für künftige Krisenfälle zurechtzulegen. Dies kann eben nur dann gelingen, wenn wir uns einer Aufarbeitung stellen, wieder die Wissenschaft mit ihrem Diskurs in den Mittelpunkt bringen und auch Informationen und Meinungen zulassen, welche gerade nicht zu unseren Vorstellungen entsprechen. Ein ehrliches und respektvolles Miteinander sollte zeigen, dass es nicht „die Wissenschaft“ und „jene unantastbare Meinung“ gibt, sondern, dass Erkenntnisse stets überprüft und weiterentwickelt werden müssen, dass nicht nur Virologen, sondern auch Personen aus anderen Fachrichtungen wesentliche Sichtweisen zu einer insgesamt gelungenen Strategie beitragen müssen.

Von der Möglichkeit, eine Pandemie zu verhindern über erste Reaktionen und Maßnahmen, Evaluierung von Verordnungen und deren Sinnhaftigkeit bis hin zur Frage, ob es während der Pandemie mehr und bessere Vergleichsstudien hätte geben müssen, geht es weiter zur Impfung und einer Betrachtung des Themas Impfpflicht. Auch wenn es sehr schwierig ist, wird doch ab und zu auf andere Länder in Europa geschaut, um zu erfahren, wie es dort mit Lockdowns, Testen und Kontaktbeschränkungen ausgesehen hat, ob man eher eine gestrenge No-Covid-Strategie verfolgt oder auf Eigenverantwortung gesetzt hat.

Kurzweilig und sehr informativ führt Virologe Streeck durch die Jahre der Corona-Pandemie und appelliert eindringlich, nicht nur alles in normative Vorschriften zu drücken, sondern auch die Würde des Menschen als wesentliches Gut unseres Lebens zu berücksichtigen. Seiner Sicht, Aufarbeitung sei ein wesentlicher Teil einer guten Fehlerkultur, kann ich mich nur uneingeschränkt anschließen und hoffe, dass viele dabei mithelfen, Gräben und Kluften zu schließen und die immer noch vorhandene Spaltung in der Bevölkerung zu überwinden. Hendrik Streeck bietet in seinem Buch viele Lösungsmöglichkeiten und Anregungen, welche auf völlig unaufgeregte, ja sehr sympathische Art und Weise zu einem Miteinander aufrufen. Ich kann dem Experten über weite Strecken nur zustimmen und dieses Sachbuch für eine große Zahl an Lesern weiterempfehlen, denn eines ist gewiss: die nächste Krise wird nicht ewig auf sich warten lassen.

Bewertung vom 25.09.2024
Popp, Susanne

Strom der Zeit / Loreley Bd.2


ausgezeichnet

Die Tochter

1842 am Rhein: Lisette, Julies Tochter, steht nun, 17 Jahre später, im Mittelpunkt der Erzählung rund um die Sage der Loreley und anderen Geheimnissen. Aktuelle Geschehnisse und Vergangenes beantworten (fast) alle Fragen, welche nach Band Eins noch offen waren.

Nach dem frühen Verlust der Mutter wächst Lisette, Lissi, gemeinsam mit ihrer Halbschwester Hildchen in Bacharach auf und verliebt sich in den Gastwirtssohn Manuel. Einer gemeinsamen Zukunft stehen allerdings einige Hindernisse im Wege. Während Manuel im Rahmen seiner Ausbildung nach London geht, verbringt Lissi den Sommer am Dampfschiff, welches ihr Vater Johann geschickt den Rhein stromauf, stromab manövriert. Und hier, nahe am Loerelyfelsen, wo schon Mutter Julie verschollen ist, ereignet sich ein folgenschweres Unglück.

Susanne Popps angenehme Sprachmelodie begleitet den Leser in vergangene Zeiten, die Verquickung von Lissis Geschichte und Rückblenden zu Mutter und Großmutter gelingen wunderbar. Berührende Szenen, interessante historische Details, die Autorin bringt von allem etwas, und das in sehr ausgewogener Form, sodass der Roman stets kurzweilig bleibt und man da und dort auch mitfiebern darf mit den sehr glaubwürdig gezeichneten Figuren.

Die lebendige Handlung mit teils historisch belegten Persönlichkeiten bietet beste Unterhaltung. Ich empfehle die beiden Loreley-Romane sehr gerne weiter.

Bewertung vom 25.09.2024
Welsh, Renate

Leih mir dein Ohr


ausgezeichnet

Lyrik

Nach den sehr berührenden Prosa-Werken rund um „Johanna“ und etlichen anderen Stücken liegt nun ein schöner Gedichtband von Renate Welsh vor, in welchem sie recht persönliche Erlebnisse in melodischer und ansprechender Weise transportiert.

Mit einem Blick in einen tragischen Abgrund beginnt Welsh ihre Reise zurück ins Leben nach einem Schlaganfall. Sofort nimmt sie den Leser mit zu vermeintlichen Selbstverständlichkeiten, die ganz und gar nicht selbstverständlich sind.

Bei den einzelnen Gedichten handelt es sich nicht um klassische Lyrik mit steten Verszeilen, gleichbleibenden Strophen oder Reimen, dennoch spürt man sogleich die mitschwingende Melodie, die hoffnungsfrohe Botschaft, die zwischen den Gesagten hervorleuchtet. Wunderbare Metaphern mit Naturelementen finden sich eingeflochten in Gedanken an frühere Fehler und Missverständnisse. Verzeihen und Vergeben sind zentrale Themen bei einschneidenden Lebensmomenten, aber ebenso nehmen ganz banale Alltagstätigkeiten Raum ein, an die man sich erinnert. Zwischendurch darf der geneigte Leser mit auf Urlaubsreisen gehen, fremde Schicksale kennenlernen. Besonders gut gefallen mir die Zeilen zum Thema Sehnsucht im Gedicht „Zwischen Tür und Angel“, welches Renate Welsh aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und zu einem sehr gut nachvollziehbaren Schluss kommt. Und dann gibt es am Ende noch „Brennnesseln“ mit einem ganz speziellen Humor, der mich das Buch zufrieden zur Seite legen lässt.

Eine wunderbare Reise durch ihr Leben verpackt Renate Welsh in diesem schmalen Gedichtbändchen und spricht damit allerlei unterschiedliche Bereiche an, erzählt dem Leser von ihren Erlebnissen. Ein phantastischer Schreibstil begleitet all das von der ersten bis zur letzten Seite und darf allen Freunden inhaltsreicher Lyrik empfohlen werden.

Bewertung vom 25.09.2024
O'Mahony, Jacqueline

Sing, wilder Vogel, sing


ausgezeichnet

Lass uns gehen

Im Jahre 1849 herrscht in Irland eine große Hungersnot. Die irischen Pachtbauern sind abhängig von englischen Gutsherren, erfahren aber von diesen keinerlei Unterstützung. Etliche Menschen verhungern, einige wollen auswandern, überleben jedoch die Schiffspassage nach Amerika nicht, wenige bauen sich im fremden Land ein neues Leben auf. Stellvertretend für sie steht die junge Honora, die ganz allein und völlig auf sich gestellt die Reise in die Ferne antritt, aber auch dort die erhoffte Freiheit nicht so schnell findet. „Lass uns gehen“, wird zu ihrem Leitspruch.

In Amerika beginnt diese sehr berührende Geschichte über eine starke Frau, deren Mut und Ausdauer überaus bewundernswert ist. Anschließend an diesen kurzen Einstieg mittendrinnen kehren wir zu den Anfängen in Irland zurück. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter und dem Aufwachsen bei einem gestrengen Vater ist Honora alsbald von ihrem Ehemann abhängig und steht nach der Hungerkatastrophe von Doolough mittellos da. Auf diesen sehr spannenden, aber auch bedrückenden Teil in Irland folgt ein zweiter Teil über Honoras Zeit in Amerika. Mittels elegantem Sprachstil und detaillierten historischen Fakten (siehe Nachbemerkungen und Interview mit Jacqueline O’Mahony) entführt uns die Autorin in eine düstere Zeit, wo man schon einen enormen Überlebenswillen gebraucht hat, um in einer Situation wie der Honoras noch Hoffnung und Zuversicht zu verspüren, zu grausam spielt ihr das Schicksal mit.

Auch wenn Honora eine fiktive Figur ist, verspürt der Leser sofort eine gewisse Nähe zu ihr, die Authentizität, mit welcher sie stets beschrieben wird, ist großartig, ihr Lebenskampf einzigartig. Die Autorin schafft an allen Orten eine sehr gut vorstellbare und realistische Atmosphäre, man kann nicht anders, als mit der jungen Frau mitzufühlen und Seite für Seite gespannt ihrem Weg zu folgen. Sie will frei sein, scheint aber stets vom bösen Omen des piseog (Rotkehlchen), das in der Nacht ihrer Geburt ins Haus geflogen ist, verfolgt zu werden. Lass uns gehen, überlegt sie immer wieder und wandert von einem Ort zum nächsten. Kann sie irgendwo ihr Glück finden?

Ein großartiger Roman über die schreckliche Hungersnot in Irland, verknüpft mit den Parallelen zu den indigenen Amerikanern. Honoras Reise nach Amerika und weiter bis in den Wilden Westen ist bewegend, berührend, zuweilen erschütternd. Wer an historisch belegten Fakten interessiert ist und eine willensstarke, zupackende Frau kennenlernen möchte, der liegt hier auf jeden Fall richtig. Ich empfehle „Sing, wilder Vogel, sing“ sehr gerne weiter!

Bewertung vom 22.09.2024
Lyne, Charlotte

Die Blüten der Träume


sehr gut

Viktoria

Eine heimliche Liebschaft zwischen der Bürgerlichen Viktoria Liebenfels und dem Adeligen Rudolph von Auersperg, ein alljährlicher Urlaub mit den Eltern in Triest und eine Rückkehr mit der Erkenntnis, dass Rudolph anderweitig verlobt und Viktoria ein „gefallenes Mädchen“ ist. Aufgrund der kühlen Distanz insbesondere der Mutter, zieht es Vicky zurück nach Triest, wo sie eine folgenschwere Entscheidung trifft.

Die blumige und bildhafte Schreibweise Charlotte Lynes führt uns zurück ins Jahre 1900, Wien, ein kleines Hotel in Triest und ein Weingut in Montechiaro d’Aqui im Piemont sind die wesentlichen Schauplätze der Handlung. Liebevoll charakterisierte Figuren und eine Atmosphäre „wie damals“ bescheren dem Leser unterhaltsame Stunden mit Vicky, die anfangs eher naiv wirkt, aber bald erkennt, dass sie sich auf eigene Beine stellen muss. Eine Frau vor mehr als hundert Jahren war entweder vom Vater, vom Ehemann oder einem Vormund abhängig, was Viktoria schließlich dazu veranlasst, ihr Schicksal als ungeliebte Tochter selbst in die Hand zu nehmen. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln darf man die Handlung verfolgen, Pech und verschiedenste Unglücksmomente brechen über Viktoria herein. Wie sie damit umgeht, ob sie sich unterkriegen lässt? Einige Fragen werden bereits in diesem Roman geklärt, andere wecken die Neugierde auf eine weitere Begegnung mit den liebgewonnenen Figuren.

Fazit: ein schöner Roman, der die Atmosphäre längst vergangener Zeiten einfängt und mutigen Frauen Raum für ihre Entwicklung gibt. Ich empfehle diesen Beginn der Triest-Saga gerne weiter und freue mich auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 20.09.2024
Vogelsang, Lilia

Soul Talk


sehr gut

Inspirationen

„Die Kunst des klugen Fragens“ ist der Untertitel zu Lilia Vogelsangs überaus hübsch gestaltetem Ratgeber zum Thema Fragen stellen, Menschen (näher) kennenlernen. Der Klappentext hat meine Neugierde geweckt, werde ich nach der Lektüre sympathischer und lockerer kommunizieren können?

Abgesehen von den wirren Kreisen im Inhaltsverzeichnis und rund um die Kapitelüberschriften ist das Buch sehr übersichtlich gestaltet und angenehm strukturiert. Der Schreibstil Lilia Vogelsangs ist angenehm, der Text verständlich und weder oberlehrerhaft noch besserwisserisch, lediglich manche Genderstruktur (Mediatorinnen, wo wohl beide Geschlechter gemeint sind) oder Mitarbeitende anstelle von Mitarbeitern hätte ich persönlich nicht gebraucht. Während mir die umformulierten Fragen für „Wie geht’s dir?“ und andere typische Plaudereien zu Beginn eher gekünstelt erscheinen, ergeben sich in späteren Kapiteln durchaus interessante und probierenswerte Vorschläge, welche ich im Hinterkopf behalten möchte. Insbesondere die Themen und Ideen zu Eltern, Geschwistern, Autofahren und Partnerschaft finde ich spannend und lebensnah. Die Anregungen können hier jedenfalls dazu beitragen, die betreffenden Personen noch besser und intensiver kennenzulernen.

Besonders gut gefällt mir die Fragensammlung am Ende, welche nach der kurzweilig aufbereiteten Lektüre nochmals alles schön zusammenfasst und sich insbesondere für schnelles Nachschlagen gut eignet.

Alles in allem ein informatives und sinnvolles Buch, das Aspekte anführt, welche man in Gesprächen womöglich bisher noch nicht berücksichtigt hat. Ich denke, es enthält für jeden neue Impulse und Inspirationen, die man gut im Alltag umsetzen kann und vergebe somit gerne vier Sterne.

Bewertung vom 19.09.2024
McCreight, Kimberly

Die perfekte Mutter


sehr gut

Babyleiche

Molly Sanderson braucht nach einer Totgeburt Abstand und einen Neubeginn. Da ihr Ehemann Justin eine Professorenstelle an der Universität in Ridgedale erhält, übersiedelt das Paar mit Töchterchen Ella kurzerhand dorthin und Molly arbeitet als freie Journalistin für die lokale Zeitung. Als sie überraschend im Fall einer Babyleiche am Fluss recherchieren soll, befürchtet Justin, dass alte Wunden wieder aufreißen, aber Molly nimmt die Herausforderung entschlossen an.

Mollys Blickwinkel in der Ich-Form und weitere Sichtweisen der wesentlichen Protagonisten werden klug ergänzt durch Zeitungsartikel und Kommentare im Internet. Das Auftauchen des toten Neugeborenen löst Aufregung aus im kleinen Städtchen, die Polizeiarbeit geht nur stockend voran. Nicht nur Journalistin Molly tappt im Dunklen, auch der Leser hat wenige Anhaltspunkte, wie die einzelnen Handlungsstränge zusammenhängen und was es mit den Informationen aus dem Jahre 1994 auf sich hat. Ein recht sachlicher Schreibstil führt durch die Handlung, die für einen Thriller allerdings mehr Spannung vertragen hätte. Die Figuren sind gut vorstellbar ausgearbeitet und dennoch liegt ein Nebelschleier über allem, der sich erst spät lichtet, aber dann sogar noch im Epilog für Überraschungen sorgt.

Ein Buch mit ungeahnten Verstrickungen und Zusammenhängen, welche sehr lange im Verborgenen bleiben und gleichzeitig den Leser mit den unterschiedlichsten Facetten des Mutterseins konfrontiert. Vier Sterne!

Bewertung vom 18.09.2024
Mahler, Nico

Bella Famiglia (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Aus den Dolomiten

Aus Val di Zoldo, mitten in den Dolomiten, stammt der Eissalonbesitzer Lorenzo, der hier in München für jeweils sechs Monate köstliche Kreationen von Gefrorenem serviert, bevor er über den Winter wieder zurückkehrt in die Heimat seiner Eltern und Großeltern. Sofia, eine junge Kindergärtnerin, sitzt jeden Freitag unter der knorrigen Kastanie und bestellt Erdbeereis. Beide sind sehr ruhig und zurückhaltend, dennoch spüren sie eine ganz besondere Verbindung zueinander. Da Sofia einmal Venedig sehen möchte und das Meer, nimmt Lorenzo sie im Herbst mit nach Italien und erzählt ihr die Geschichte seiner Familie.

Die Rahmenhandlung im Jahre 1966 umfängt frühere Geschehnisse von 1900 weg über zwei Weltkriege bis 1963. Abwechslungsreich schildert Nico Mahler die Ereignisse in unterschiedlichen Zeitebenen und zeigt, wie malerisch es in den Dolomiten aussieht, aber auch, wie karg und hart das Leben dort früher war. Durch moderne Maschinen und stete neue Erfindungen besteht immer weniger Nachfrage nach Holzkohle oder handgeschmiedeten Erzeugnissen, das (Über)Leben wird immer schwieriger. So kommt es, dass Speiseeis die Welt erobert und seinen Weg nach Österreich, Deutschland, Frankreich, ja bis in die Niederlande oder nach England findet. Herausfordernde Schicksalsschläge bestimmen das Leben der Familie Battaglia, dennoch lassen sie sich, Stehaufmännchen gleich, nicht unterkriegen. Überaus lebendige und sehr gut vorstellbare Schauplätze vom Zoldotal über Transsilvanien (Rumänien) und Wien bis nach München beherrschen die Handlung, die Figuren sind realistisch und glaubwürdig angelegt. Viel Historisches fließt wie nebenbei mit ein in die Geschichte, sodass man etliche interessante Dinge liest, ohne das Gefühl zu haben, belehrt zu werden. Der Spagat zwischen wissenswerten Tatsachen und fiktiver Handlung ist jedenfalls sehr gut gelungen. Dass am Ende der Zufall vielleicht ein bisschen zu präsent ist, tut dem Ganzen keinen Abbruch.

Unterhaltsame Stunden, Spannendes über das Zoldotal und die Eisherstellung, dazu noch sehr persönliche Schicksale, die einem beim Lesen nahegehen – so verdient ein Roman seine fünf Sterne!