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MarcoL
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Füssen

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Insgesamt 258 Bewertungen
Bewertung vom 19.05.2022
Haohui, Zhou

Der Pfad des Rächers / Die 18/4-Serie Bd.2


ausgezeichnet

Dies ist nun der zweite Teil der dreitteiligen 18/4 Serie des Autors. Ich bin wieder voll auf meine Kosten gekommen und zu tiefst überrascht, mit welchem feinsinnigen Gespür der Autor eine Story entwickelt, die den Leser von der ersten bis zur letzten der knapp 570 Seiten total fesselt.
Die Charaktere der handelnden Personen kommen sehr authentisch rüber, es klingt alles total glaubhaft. Es gibt keine Übertreibungen und Superhelden, weder bei den Ermittlern noch bei den Bösewichten. Sie zeigen alle sehr menschliche Züge (gute wie schlechte).
Die Handlung ist vielschichtig, die aktuellen Ermittlungen greifen auf teilweise ungelöste Fälle aus vergangenen Tagen zurück. Irgendwie scheint es, dass alle in einer gewissen Art und Weise zusammenhängen. Es fehlt nur das letzte, eindeutige Verbindungsglied.
Für das tiefere Verständnis sollte man den ersten Teil gelesen haben, dann versteht man die Zusammenhänge viel leichter.
Der Täter von Teil eins, „Eumenides“ ist zwar tot, lebt aber in seinem Nachfolger weiter. Nach wie vor tauchen Todesankündigungen mit Opfername und Datum der Vollstreckung auf, die Polizei tappt wieder im Dunkeln. Durch akribische Investigation und dem Austüfteln eines psychologischen Täterprofils kommen die Ermittler dem Täter so allmählich auf die Spur, doch dieser führt sie wie sein Mentor an der Nase rum … und auch mögliche Trittbrettfahrer sorgen für zunehmende Verwirrungen bei der Polizei. Mehr kann und will ich vom Inhalt gar nicht erzählen, jedes weitere Wort wäre gespoilert.
Spannung pur und ein sehr gewitzter Einfallsreichtum des Autors machen auch diesen Teil wieder zu einem sehr kurzweiligen Leseerlebnis. Dafür gebe ich für alle Fans des gehobenen Thrillers eine ausdrückliche Leseempfehlung. Ich freue mich schon sehr auf den dritten Teil, welcher im September erscheinen wird.

Bewertung vom 12.05.2022
Ardone, Viola

Ein Zug voller Hoffnung


ausgezeichnet

Neapel im Jahr 1946. Das Land ist zu tiefst gebeutelt vom Krieg, im Süden herrscht eine große Armut. Der siebenjährige Amerigo wohnt alleine mit seiner Mutter, welche sehr verbittert ist und von Amerigos Erzeuger im Stich gelassen wurde. Das Viertel hilft zusammen, so gut es geht. Aber anstatt, dass der Junge in die Schule geschickt wird, muss er Lumpen sammeln, damit zumindest ein kärglicher Lohn nach Hause kommt.
Auf Initiative einer wohltätigen Gemeinschaft bietet sich die Möglichkeit, die Kinder für ein Jahr in den Norden des Landes zu schicken. Dort gibt es Familien, welche genug haben, um ein weiteres Kind aufzunehmen. Trotz aller Zweifel und Ängste entpuppt sich die Zugfahrt nach Bologna für das weitere Schicksal Amerigos als ein Segen. Mehr zu erzählen wäre gespoilert – ich kann nur sagen: Lest dieses fantastische und zu tiefst ergreifende Buch.
Die ersten drei Abschnitte erzählt uns Amerigo sein Leben aus der Sicht des Siebenjährigen. Die Sprache ist dementsprechend gehalten. Im vierten Abschnitt kommt, 48 Jahre später, abermals Amerigo zu Wort, und erzählt uns aus der Sicht eines 55-jährigen. Die Autorin wechselt nicht nur die Zeit, auch der Erzählstil ändert sich von der kindlich naiven Weise zu einem etwas kühlen Sprachstil eines Mannes, der viel erlebt hat, der dankbar ist für sein jetziges Leben, aber mit der Vergangenheit seiner kleinen Familie sehr hadert.
Diesen Sprung der beiden Stile finde ich als besonders gelungen, und zeigt uns mehr als deutlich, wie sich jene dunkle (und durchaus unbekannte) Zeit aus Italiens Geschichte in den Köpfen festgesetzt hat. Es ist ein sehr gelungenes Portrait jener Epoche, in welcher Kinder, wenn auch vorübergehend, weg gegeben wurden, damit es ihnen zumindest für eine kurze Zeit besser geht.
Ganz große Leseempfehlung.

Bewertung vom 01.05.2022
Bilkau, Kristine

Nebenan


ausgezeichnet

Ein Ort irgendwo am Nord-Ostsee-Kanal, zweigeteilt an beiden Ufern, verbunden über eine Fähre. Die Kreisstadt in der Nähe, dazwischen die Natur, unberührt könnte man meinen, und dennoch von der Zivilisation verschmutzt. Das Alte scheint brüchig, das Neue zögert, wie so oft. Familien ziehen zu, andere gehen, Häuser werden verkauft, andere abgerissen. Mitten in diesem Trott leben Julia und Astrid. Julia, 40, und Chris sind hinzugezogen, nisten sich ein. Astrid, 60, ist Ärztin und denkt darüber nach, allmählich ihre Praxis abzugeben. Eine verloren geglaubte Freundschaft zu einer Nachbarin, welche wegzog und unvermutet wieder auftaucht, bekümmert Astrid. Und dann ist da noch Elsa, die eigensinnige aber liebenswerte Tante von Astrid.
Ein leerstehendes Haus – eine Familie, welche ohne Abschied gegangen ist, beschäftigt vor allem Julia. Was hat es mit dem mysteriösen Kind auf sich, welches dort eine kryptische Botschaft hinterlassen hat? Die Unwissenheit nagt an ihr ein wenig, und weit mehr noch ihre eigene Zukunft. Julia verzehrt sich in ihrem Wunsch nach einem Kind, versucht alles, sogar eine künstliche Befruchtung. Sie hat ein Keramikatelier eröffnet, zögert aber, als sie das Angebot erhält, mit Teenagern zu töpfern.
Julia und Astrid kennen einander kaum, nur vom Sehen, ihre Wege mögen sich kreuzen. Und so verschieden ihre Leben sind, es verbindet sie der Wunsch nach Beständigkeit, nach einem geborgenen Platz im Leben. Sie teilen ihre Sorgen, Nöte, Ängste und auch Freuden, ohne einander näher zu kennen.
Die Autorin zeichnet hier sehr einfühlsame Portraits der handelnden Frauen, und was es in dieser Gesellschaft bedeutet, Frau und Mutter zu sein. Über Generationen gelebte Verhaltensmuster und Verpflichtungen bröckeln auf, gleichsam wie alte Gebäude marode werden und ersetzt werden. Einsichten, dass das Leben möglicherweise mehr zu bieten hat als stumme Erwartungen und das Leben von Rollen, tauchen auf, unspektakulär und latent.
Es ist ein sehr sanfter, aber tiefgreifender Roman, und ich gebe hier mehr als gerne eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 29.04.2022
Geda, Fabio

Was man sieht, wenn man über das Meer blickt


sehr gut

Das ist eines jener schönen Bücher, die man eine Weile setzen lassen muss. Während des Lesens, besonders im ersten Drittel, hatte ich so meine Zweifel, ob die Geschichte nicht gar zu konstruiert und erzwungen wirkte. Manche Handlungen der Protagonisten wollten mir nicht so recht einleuchten. Am Ende dann fügt sich aber alles zu einem großen Ganzen zusammen, und ein paar Tage später dreht sich das Gedankenkarussell immer noch um die Geschichte, vor allem um die Botschaften, welche der Autor einem wohl vermitteln mag.
Freundschaft, die Suche nach sich selbst, das Entdecken der eigenen Fähigkeiten, der Mut, auch mal ganz neue Wege zu beschreiten, schälen sich für mich deutlich heraus. Solche Entscheidungen zu treffen sind im Leben nie einfach, ganz besonders dann, wenn es unmittelbar andere Personen trifft, die einem sehr nahe stehen bzw. standen.
Und dies schafft Geda in diesen 300 Seiten in einer schönen Sprache zu verpacken – großes Lob hier auch an die Übersetzerin.
Über den Inhalt möchte ich mich gar nicht besonders ausschweifen. Es geht um Andrea, Kunstlehrer in Italien. Allerdings beschränken sich seine Anstellungen selten länger als ein Jahr, er wird nur als Aushilfe benötigt. Seine Frau Agnese hingegen ist erfolgreich in ihrem Job, und trägt somit auch finanziell den größeren Teil bei. Der ersehnte Wunsch nach einem Kind platzt mit einer Fehlgeburt, Agnese verliert sich zunächst in einer starken Depression, und dann umso mehr in ihrem Job. Für Andrea scheint nirgendwo platz zu sein. Er flüchtet nach New York, und damit in Erinnerungen an eine unbeschwerte Welt. Doch die Vergangenheit ist nun mal das, was sie war, und die Gegenwart ist ein Irrgarten an Türen für die Zukunft. Irgendwann muss sich Andrea entscheiden … und das macht er dann auch. Auf seiner kleinen Odyssee zu sich selbst stehen ihm neben einem beschwerlichen Weg fremde Menschen zur Seite, die ihm dabei helfen … nicht alles ist schlecht unter der Menschheit, es gibt auch gute Seelen …

Bewertung vom 24.04.2022
Buttjer, Carmen

Levi


sehr gut

„Niemand hat mir gesagt, dass sich Trauer wie Wut anfühlt“

Levi begleitete seine Mutter oft an deren Arbeitsplatz in der Pathologie. Er beschäftigte sich selber, spielte, oder versteckte sich manchmal unter dem Schreibtisch. Genau dort war er auch, als seine Mutter und mysteriösen Umständen vor seinen Augen starb, auch wenn er eigentlich nichts davon mitbekommen hatte. Er war sich sicher, dass es ein Tiger war, der nach wie vor durch die Straßen und Gassen der Großstadt schlich um sein Unwesen zu treiben.
Levis Vater kümmerte sich nicht besonders um ihn, weder vor oder nach dem Tod seiner Frau. Die kleine Familie war zerrüttet, von elterlichem Streit geprägt. Manchmal kam Levi der Gedanke, dass es doch kein Tiger war, sondern sein eigener Vater, der Mutter tötete.
Auf der Beerdigung schnappte sich Levi kurzerhand die Urne mit der Asche seiner Mutter und rannte davon. Er flüchtete sich in das mehrstöckige Wohnhaus, und nistete sich tagelang auf dem Dach in einem provisorischen Zelt ein. Als er sich sicher sein konnte, dass sein Vater, ein Rechtsanwalt, nicht im Haus war, traute sich Levi nach draußen. Er unternahm Ausflüge mit seinem Nachbarn Vincent, oder ging in den Kiosk zu Kolja, der selbst mit seinem Schicksal haderte und mit den Traumata seiner Vergangenheit als Kriegsfotograf nicht klar kam.
Der Roman hat ein irres Tempo, die Szenen fliegen vorbei, die Flucht von Levi und seiner zwei „Fluchthelfer“ strömt dahin wie ein reißender Fluss, der kaum mal irgendwo zur Ruhe kommt.
Levi bastelt sich in den paar Tagen eine neue Realität zurecht, abseits seines zu Gewalt neigenden Vaters. Erinnerungen tauchen auf wie kleine Insel, die nur ein Gestrüpp von Streit und Disharmonie aufzuweisen haben.
Trauerbewältigung und die schlimmen Geister der Vergangenheit sind das zentrale Thema des Buches, Levi löst es auf seine eigene, kindlich naive, und dennoch mutige Art. Während Kolja sein Heil im Whiskey und Schlaf sucht. Jeder trauert auf seine Weise.
Ich gebe hier sehr gerne eine Leseempfehlung für diese Achterbahn der Gefühle ab, es ist ein temporeicher Roman, der während des Lesens die volle Aufmerksamkeit fordert; also nichts für Müde Geister spät am Abend.

Bewertung vom 19.04.2022
Habekost, Britta

Stadt der Mörder / Kommissar Julien Vioric Bd.1


ausgezeichnet

Paris 1924. Lysanne aus einem Dorf in Süden macht sich auf den Weg, um ihre Schwester in Paris zu suchen. Seit vier Jahren hatte sie keinen Kontakt mehr, und die Ungewissheit nagt an ihr. Auf ihrer Suche trifft sie sehr bald auf zwei Personen: Den Polizisten Vioric, der auf der Jagd nach einem bestialischen Mörder ist, und Louis Aragon, Mitglied der neu gegründeten Gruppe der Surrealisten. Die Wege und Schicksale der Personen beginnen sich zu verweben, sie verstricken sich in ein Knäuel aus alten Geschichten und neuen Bewegungen. Erst die Lösung des Rätsels um den Mörder, der die komplette Stadt in Atem hält, wird sich wohl als das Schwert des Damokles erweisen. Aber bis es soweit ist erleben wir einen Roman voller Spannung und Intensität. Die Autorin versteht es derart gut, Bilder zu erzeugen, als würde man selbst in jenem Jahr durch die Gassen von Paris streifen. Dieser historische Kriminalroman zeichnet sich durch eine besondere Detailtreue aus. Und was mir am allerbesten gefallen hat, und die eigentliche Kriminalgeschichte in den Hintergrund treten lässt, ist die Welt der Surrealisten. Aragon, André Breton, Ray Man, oder Robert Desnos, um nur einige zu nennen, treten derart plastisch hervor, man fühlt sich hineinversetzt in die euphorische Stimmung jener Anfänge dieser Kunstrichtung.
Somit ergänzen sich hier fiktive Mordfälle mit realen Personen perfekt, und ein damals verbotenes Buch wird zum Urknall vieler Ereignisse. Vioric selbst, gepeinigt von seiner Vergangenheit und traumatisiert durch den ersten Weltkrieg, wird selbst in den Strudel einer Welt gezogen, die ihm nicht besonders behagt, aber ihn dennoch unausweichlich inmitten seiner Ermittlungen torpediert, ein wankendes Schiff und gleichzeitig noch ein Fels in der Brandung.
Die Sprache, bildhaft, aber nicht zu sehr, mit sehr schönen Sätzen, hat mich begeistert und in den Bann gezogen. Gleichsam bin ich nun immens neugierig, mehr über jene Surrealisten zu erfahren (was ich auch tun werde).
Dieser historische Kriminalroman, man merkt es, hat mich fasziniert, und somit gebe ich mehr als gerne eine absoluten Leseempfehlung für alle, die gerne historische Krimis mögen und sich in eine Welt entführen lassen möchten, welche ein Stück über dem logischen und realen Denken angesiedelt ist, und sich gerne in traumwirre Sequenzen (abseites der Literatur) verlieren möchten.

Bewertung vom 12.04.2022
Fleisch, Kurt

Aibohphobia


sehr gut

Das war eine sehr interessante, und auch anspruchsvolle Lektüre, welche tief in so manch möglichen Abgründe der menschlichen Psyche eintaucht.
Dr. H, seines Zeichens angesehener Psychiater, schreibt Briefe an seinen Patienten Herrn S. Die Gegenbriefe erfahren wir, wenn überhaupt, nur am Ende des Romans, wir können aber gut erahnen, welchen Inhalt sie wohl haben mögen. Schließlich geht H so gut wie immer auf den vorangegangenen Inhalt ein. Es folgen meist Diagnosen und Medikationen, aber H berichtet auch über sich, seine Selbstdiagnosen und wie er sich ins Irrenhaus einweist. Denn es gibt sehr schöne Irrenhäuser in Wien, muss man wisssen. Und sehr oft erscheint uns der Inhalt tatsächlich (w)irr. Erst im vierten Abschnitt des Buches, als auch S zu Wort kommt, verdichten sich all die schleichend aufgebauten Verdachtsmomente, die sich so allmählich Brief für Brief aufschaukeln, und manifestieren sich zumindest für mich zu einem kleinen Aha-Erlebnis (so nach dem Motto: ich hab's ja geahnt).
Es ist schwierig, darüber etwas zu schreiben, ohne zu spoilern. Denn es kommt auch eine andere Person vor, zwar nur mit dem Vornamen benannt und anhand zweier Aufenthaltsorte zu identifizieren (das Rätsel muss aber jeder für sich lösen). Diese Person, nennen wir sie mal F, gilt einer der größten Denker, und fristete seine letzten Jahre in absoluter geistiger Umnachtung.
Und was kann schon passieren, wenn alles gedacht wurde, was es zu denken gibt … Delirium und Größenwahn geben sich mit unter die Hand …
… ich habe das Buch genossen, auch wenn es nicht einfach war, all den Gedankengängen zu folgen. Mit einer Leseempfehlung bin ich mal vorsichtig, auch wenn ich die Zeilen letztendlich genial fand (und der Grat zwischen Genie und Wahnsinn immer wieder mal sehr schmal ist – der Autor möge mir verzeihen).

Bewertung vom 09.04.2022
Weiler, Jan

Der Markisenmann


ausgezeichnet

Das ist mal ein richtig nettes Büchlein. Es ist eine schöne Geschichte, welche man in die Kategorie comingofage bzw. Sommerbuch stecken könnte. Aber sie ist so viel mehr. Es steckt sehr vieles darin, es kommt doch immer wieder Kritik auf an unserer Konsumgesellschaft mit all seinen Folgen, meist die Familie betreffend. Es wird auch kein Hehl daraus gemacht, wie es in der damaligen DDR so ablief. Und dennoch ist es auch ein Buch über Freundschaft, Kameradschaft, vom Ausbruch aus dem System und von gewissen zwischenmenschlichen Werten.
Die 15 jährige Kim wächst mit ihrer Mutter Susanne, Stiefvater Heiko und Stiefbruder Geoffrey in einer heilen Welt ohne Mangel auf. Es ist immer mehr als genug Geld da, man leistet sich einfach alles, ob man es braucht oder nicht. Aber glücklich ist Kim nicht so richtig, auch wenn sie das über sich selbst gar nicht weiß. Konsumüberdruss und aufwallende Pubertät prallen derart immens zusammen, dass die Familie eine Notbremse ziehen muss. Während es sich die Familie in den Sommerferien in Miami gut gehen lässt, wird Kim zu ihrem richtigen Vater abgeschoben, den sie nicht mal kennt. Dieser wohnt im tiefsten Ruhrpott, und versucht seit 14 Jahren, Markisen zweifelhafter Ästhetik zu verkaufen. Er lebt in sehr bescheidenen Verhältnissen in einer Lagerhalle … nicht gerade ein Ambiente, welches Kim bis jetzt gewohnt war. Flucht war ihr erster Gedanke. Und während sie sich an ihrem ersten Tag in ihrer Ferienumgebung umsieht, ihr Vater ist mit seinen Markisen unterwegs, trifft sie auf die Nachbarn, und … mehr verrate ich nicht … nur so viel: mit viel Humor und Feinfühligkeit erzählt uns Jan Weiler von jenem sehr besonderen Sommer aus Kims Leben.
Wie gesagt: vergnüglich, unterhaltsam, eine nette Geschichte mit Tiefgang. Daher gebe ich für dieses kurzweilige Buch sehr gerne eine Leseempfehlung

Bewertung vom 07.04.2022
Travnicek, Cornelia

Feenstaub


ausgezeichnet

Was für ein wunderschönes, ergreifendes, und auch trauriges Buch dies doch ist.
Drei junge Burschen, eigentlich noch Kinder an der Schwelle zum Jugendlichen, fristen ihr kümmerliches Dasein auf einer Insel in einem Fluss, dessen Ufer eine Stadt säumen. Niemand kennt und sieht die Insel, verborgen in einem ständigen Nebel. Genausowenig kennt jemand diese Kinder, welche gezwungen werden, Tag für Tag die Bewohner der Stadt um so manche Dinge zu erleichtern. Klammheimlich versteht sich, und mit viel Geschick streunen die jungen Taschendiebe durch die Gegend, nur um dann so gut wie alles abliefern zu müssen.
Pedru erzählt aus seiner Sicht, er macht das alles nur, damit seine schwer kranke Großmutter die dringend benötigten Medikamente bekommt. Sein Freund Cheta wird von Mutter und Stiefvater ausgesetzt. Und so „kümmert“ sich der Krakadzil um jene Ausgestoßene, wohlwollend verhaltet er sich natürlich nur seiner eigenen Börse gegenüber.
Der „Feenstaub“, ein glitzerndes Pulver, scheint immer nötig zu sein, und macht alles für die Kinder erträglicher. Aber der Wunsch in eine heile, bessere Welt auszubrechen besteht ständig, denn Pedru erfährt anhand seiner „Freundin“ Marja, dass es auch gute Familien gibt, welche als Metapher für eine heile, verständnisvolle Welt steht, inmitten von sozialer Kälte.
In sehr knappen Kapitel mit einer enormen sprachlichen Dichte und Aussagekraft führt uns die Autorin durch diese kalte Welt aus Nebel und Ausbeutung. Sieht versteht es, mit wenigen Worten Bilder zu erzeugen, als wäre man mitten drinnen, kauert mit Pedrus Kumpanen hinter einem Stoffvorhang auf der Insel, bekommt diesen Feenstaub in die Augen, der einen anstatt zu blinzeln scharf und klar sehen lässt.
Ganz große Leseempfehlung für diesen einzigartigen Roman!

Bewertung vom 24.03.2022
Haohui, Zhou

Der Hauptmann und der Mörder / Die 18/4-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Ein Thriller aus China? Ja, das hat mich sehr neugierig gemacht, zumal ich sehr gerne für Zwischendurch mal Spannungsliteratur mag. Und was soll ich sagen: ich bin mehr als auf meine Kosten gekommen. Extrem spannend vom ersten bis zum letzten Buchstaben, eine super Story welche mit sehr viel Einfallsreichtum und so mancher Überraschung umgesetzt wurde. Einziges Mini-Manko sind die ungewohnten chinesischen Namen. Aber das ist nicht schlimm.
Achtzehn Jahre sind vergangen, seit dem zwei junge begabte Polizist:innen, kurz vor Akademieabschluss mit Auszeichnung, einem Wahnsinnigen zu Opfer fallen. Eine geheime Sondereinheit hat es nie geschafft, den Fall zu lösen. Der damalige Täter nannte sich Eumenides. Jetzt taucht Eumenides wieder auf, gibt an, wer und wann getötet werden wird. Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen schafft er es. Er spielt mit der neu gegründeten SpezialTaskForce Katz' und Maus, und scheint über so manche Tatsachen, was damals passierte, sehr genau informiert zu sein. Er gibt sich als Rächer und sühnt alle jene, welche ungestraft durch das Netz der Polizei geschlüpft sind.
Was geschah damals wirklich? Hauptmann Pei, der damals mit den ermordeten Kommilitonen zwei ihm sehr nahe stehende Freund:innen verlor, ist mit in der Gruppe – und die Schatten der Vergangenheit bewegen sich …
Wie gesagt, ein herausragender Plot, und eine sehr gut gelungene Beschreibung der Charaktere lassen einen beim Lesen derart mitfiebern, als wäre man seit Jahren mit dabei.
Dies ist der erste Band einer Reihe um jenen Tag 18/4 – der 18. April 1984. Ich bin sehr begeistert und gebe für alle Thriller-Fans sehr gerne eine #Leseempfehlung