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meerblick

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Insgesamt 431 Bewertungen
Bewertung vom 17.11.2024
Taschler, Judith W.

Nur nachts ist es hell (eBook, ePUB)


sehr gut

Schuld und Vergebung als Herausforderung

Der Roman 'Nur nachts ist es hell' von Judith W. Taschler führt die Geschichte um die Familie Brugger weiter aus, liefert den zweiten Teil nach 'Über Carl reden wir morgen'.
Elisabeth ist die jüngste der vier Geschwister und beginnt eines Abends bei einem Glas Sekt aufzuschreiben, wie ihr Leben zwischen zwei Weltkriegen und als eine der ersten Medizinstudentinnen in Wien verlaufen ist und welchen Herausforderungen sich die mutige Frau in ihrem Beruf als Ärztin zu stellen hatte. Darüber hinaus berichtet sie von den Schicksalsschlägen ihres Bruders Eugen, der den 'Schwarzen Freitag' ewig in Erinnerung behalten wird.
Die Autorin wählt die Briefform als stilistische Form in ihrer Erzählung, springt dabei in den Zeiten und im Thema, fügt Vergessenes an. Damit wird das sich Zurückerinnern authentisch gespiegelt, mit dem Zeitgeschehen und Gesellschaftsbild geschickt verwoben.

Bewertung vom 17.11.2024
Haigh, Tara

Der Ruf des schwimmenden Gartens


ausgezeichnet

Eine Frau geht ihren Weg

Tara Haigh beginnt ihren Roman 'Der Ruf des schwimmenden Gartens' mit einem schaurigen, packenden Prolog, der sogleich viele Fragen aufwirft. Diese werden natürlich im Laufe der Geschichte zufriedenstellend beantwortet. Doch zunächst blicken wir Lesenden auf die Protagonistin Sofie, die sich ihren Traum vom Medizinstudium zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erfüllen konnte. Dafür musste sie in die Schweiz und nach England reisen, ehe sie in einer Bremer Lungenklinik ihr Können unter Beweis stellen kann. Doch die erhoffte Akzeptanz ihrer neuesten Kenntnisse aus der Wissenschaft seitens des ausschließlich männlichen Ärztekollegiums bleibt ihr versagt und so flüchtet sie in ein Angebot, welches ihr der Sohn eines Freundes ihres Vaters, Richard Hauenstein, macht. Kurz entschlossen reist sie nach Madeira, um doch den versprochenen Job als leitende Ärztin in einem deutschen Krankenhaus anzunehmen. Doch zwischen Wirklichkeit und Versprechungen klafft eine riesige Lücke. Gemeinsam mit Ludwig, dem reizenden Bruder von Richard, bei dessen Nähe Sofies Herz höherschlägt, begibt sie sich in ein Abenteuer, dass unerwartete Tatsachen ans Tageslicht bringen.
Die Autorin fesselt durch ihren bezaubernden Schreibstil, der die Protagonisten der Fiktion um eine wahre Geschichte, einzigartig zum Leben erweckt. Die bildhaften Beschreibungen der wunderschönen Insel im Atlantik lässt die Landschaft mit ihren floralen Reizen vor dem geistigen Auge entstehen und verleiht der Geschichte, in der Macht, Intrige aber auch eine große Liebe im Mittelpunkt stehen, einen ganz besonderen Touch.
Ich gebe diesem Roman sehr gern meine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.11.2024
Recchia, Roberta

Endlich das ganze Leben


ausgezeichnet

Eine dunkle Nacht, die alles veränderte

Die lebensfrohe Betta und ihre schüchterne Cousine Miriam wollen zu den Lagerfeuern, an denen sich die Jugend in den Sommermonaten während der Abend- und Nachtstunden am Strand der von den Römern beliebten Badeorte trifft, um ausgelassen, unbeschwert zu feiern. Während die Eltern von Betta, Marisa und Stelvio Ansaldo, ebenso wie die Großmutter Letizia ahnungslos schlafend in den Betten ihres Sommerhauses in Torre Domizia liegen, ereignet sich eine Tragödie, die die Familie auf eine harte Zerreisprobe stellt. Eines der Mädchen wird die Katastrophe nicht überleben, die Andere bleibt schwer traumatisiert zurück.
Roberta Recchia erzählt in ihrem Debütroman 'Endlich das ganze Leben' die emotional äußerst aufwühlende Geschichte von schrecklichen Schicksalsschlägen einer Familie zu Beginn der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Über Generationen hinweg wird hier großer Wert auf die Unantastbarkeit eines unbescholtenen Lebenswandels, der bella figura, gelegt, der den Protagonisten des Buches so manche Herausforderung abverlangt, die vom Alleinsein, von tiefliegendem Trauma, von einer unsagbaren Blindheit, ja von Ausgrenzung, aber auch von der Fähigkeit, bedingungslos zu lieben, geprägt ist. Unaufgeregt, fast schon leise schreibt die Autorin, gibt ihren Charakteren menschliche Züge, die authentisch und lebensnah daherkommen, macht gleichzeitig auf menschliche Schwächen aufmerksam, die aus dem gesellschaftlichen System heraus entstanden und immer wieder entstehen.
Ich gebe diesem Roman meine Leseempfehlung.

Bewertung vom 14.11.2024
Arenz, Ewald

Zwei Leben


sehr gut

Träume und Wirklichkeit

Während Roberta davon träumt nach ihrer Schneiderlehre in der Stadt, selbst Kleider zu entwerfen, sehnt Getrud sich nach dem Leben in der Großstadt Hamburg. Doch beide Frauen sind durch ihre familiäre Verbundenheit gefangen in einem kleinen, süddeutschen Dorf.
Robertas Eltern sind wortkarg und erwarten von Ihrer Tochter, dass sie einsteigt in das bäuerliche Familienunternehmen. In gewisser Weise fühlt sich die Tochter dem auch verpflichtet, mag die körperliche Tätigkeit und erfüllt ihre tägliche Arbeit. Eines Tages verliebt sie sich in Wilhelm, den Sohn des Pfarrers und seiner Frau Gertrud, die sich jedoch nie angekommen fühlt im dörflichen Milieu. Sie wünscht sich nichts lieber als auszubrechen aus ihrem Alltag. Da bekommt sie das Angebot von ihrem Bruder Georg, ihn zwei Monate auf seiner Reise durch Europa zu begleiten.
Die Zeit des Dorflebens in den neunzehnhundertsiebziger Jahren beschreibt Ewald Arenz in seinem Roman 'Zwei Leben' sehr authentisch, in einer bildhaften Sprache. Die Protagonisten werden in der Zerrissenheit ihrer Gefühle sehr berührend dargestellt. In einer beeindruckenden Erzählweise gestaltet der Autor den Alltag seiner Charaktere mit ihren Hoffnungen und Träumen zu etwas ganz Besonderem.

Bewertung vom 14.11.2024
Scharrenberg, Philipp

Offiziell verrufenes Buch


sehr gut

Stilistische Vielfalt

Philipp Scharrenberg ist preisgekrönter Kabarettist. In dem Buch 'Offiziell verrufenes Buch' präsentiert er seinem Publikum der lesenden Sparte über viele Jahre gesammelte Geschichten, Gedichte aber auch Dialoge, in denen er das Zeitgeschehen unter die Lupe nimmt und mit Wortwitz und philosophischer Herausforderung aufarbeitet. Er gibt seine Meinung zu grotesken, politischen, alltäglichen, herausfordernden, erheiternden Begebenheiten ab, die er geistreich und wortgewandt verpackt. Darunter verstecken sich Gedankenblitze mit Nachhall.
Wer möchte, der kann einen Teil des Dargebotenen auch über einen Audiolink genießen. Hier setzt der Autor sein humoristisches Können ein und bezaubert durch Sprachgeschicklichkeit mit verblüffenden Pointen.

Bewertung vom 14.11.2024
Edinger, Verena

Alles Sisi


ausgezeichnet

Lebensstationen der letzten Kaiserin von Österreich-Ungarn – Sisi

Die legendäre Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, auch genannt Sisi, wird in der Biografie 'Alles Sisi – Die Kaiserin in Infografiken' von Verena Edinger, veröffentlicht vom Carl Ueberreuter Verlag, in einem modernen, eher ungewöhnlichen Format präsentiert. In den vier Leseabschnitten sind drei dem Leben und Wirken der Persönlichkeit aus dem 19. Jahrhundert gewidmet. Hier wird ihre Widersprüchlichkeit als Person des öffentlichen Lebens herausgestellt, ihre Pflichten, die im Widerspruch zu ihren Neigungen wie das Reisen und ein ausgeprägtes Körperbewusstsein standen, aber auch ihre gesundheitliche Instabilität, sind in auf das Wesentliche reduzierten Texten und gestalterisch hochwertigen Informationstafeln festgehalten. Der letzte Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Vermächtnis und Mythos einer Frau, die durch legendäre Verfilmungen wie mit Romy Schneider und Karl-Heinz Böhm so manches Herz höherschlagen lies und die Augen mit Tränen der Rührung füllten. Es werden aber auch ihre Möglichkeiten herausgestellt, die sie hatte als junge moderne Frau in einer Vorreiterrolle beispielhaft sich zu zeigen.
Das Buch ist grafisch hochwertig gestaltet mit Farben, die Sisis Stimmungsbild als Erwachsene widerspiegeln. Es ist sogleich informativ als auch grafisch ansprechend gemacht.

Bewertung vom 10.11.2024
Kuckart, Judith

Die Welt zwischen den Nachrichten


sehr gut

Kantinengespräche und noch mehr

Judith Kuckart legt mit ihrem Roman 'Die Welt zwischen den Nachrichten' einen autofiktionalen Roman vor, der beim Lesen etwas mehr Aufmerksamkeit verlangt. Neben den Berichten zu privaten und den politischen Ereignissen ihrer Zeit gibt es die zwölf Kantinengespräche in einem Opernhaus zwischen Judith und Eva K., einer der Erzählerin lange bekannten Frau. Rückblicke wirft sie auf ihre Familie, aber auch auf das Leben zwischen RAF-Terrorismus, Ölkrise mit Sonntagsfahrverbot und Mauerfall.
Der Roman ist ein Nachdenken über die Vergangenheit mit dem Wunsch Antworten darauf zu finden, was sie als Persönlichkeit im Hier und Jetzt ausmacht.

Bewertung vom 10.11.2024
Lenze, Ulla

Das Wohlbefinden


sehr gut

Schicksalhafte Begegnungen

Ulla Lenze präsentiert in ihrem Generationenroman 'Das Wohlbefinden' eine Geschichte, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts beginnt und bis in die heutige Zeit hinein reicht und in ihrer Erzählform zwischen den Zeiten und den Personen stetig wechselt. Die Autorin erzählt vor dem historischen Hintergrund der Lungenheilanstalt in Beelitz-Heilstätten vom Zusammentreffen der erkrankten und auf Genesung hoffenden Anna, die hellseherische Fähigkeiten besitzt und damit eine gewisse Faszination auf Johanna ausübt, die Frau eines Arztes ist und dem Sanatorium einen Besuch abstattete. Es entwickelt sich eine ambivalente zwischenmenschliche Beziehung zwischen den beiden Frauen, die Johanna gewinnbringend für sich nutzte und einen vielfach beachteten Roman schreiben und veröffentlichen konnte. Jahre später, bereits als eine Frau im hohen Alter, lässt sie das Verhältnis zu Anna zu Papier bringen, welches ihrer Enkelin Vanessa, die sich auf Wohnungssuche befindet, ausgehändigt wird.
Dieser Roman überzeugt durch seine flüssigen, lebendigen Schreibstil, der Spannung aufbaut und über weite Erzählstränge beibehält.
Ich gebe sehr gern meine Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.11.2024
Buque, Dr Mariel

Break the Cycle


sehr gut

Basiswissen über Traumata

Dr. Mariel Buqué ist Psychologin. Sie beschäftigt sich mit dem Trauma, das generationsübergreifend vererbt wird und einen störenden Einfluss auf das eigene Wohlbefinden ausüben kann. In ihrem Buch 'Break the Cycle' geht sie darauf ein wie ein Trauma überhaupt entsteht, wie es weitergegeben wird in der Familie und welchen Einfluss die Umgebung hat. Es besteht die Möglichkeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, in dem man sich dem Thema stellt und familiäre Wunden offenlegt. Zahlreiche Übungsbeispiele werden als Hilfe zur Selbsthilfe mitgegeben.
Der Schreibstil ist verständlich und klar. Allerdings muss man sich etwas mehr Zeit nehmen beim Lesen oder besser beim Durcharbeiten des Textes, um sich intensiv mit den neu gewonnenen Erkenntnissen auseinanderzusetzen, diese gründlich zu verarbeiten, um schließlich einen Mehrwert für sich zu erhalten.

Bewertung vom 09.11.2024
Mouton, Nina;Mouton, Eva

Echte Selbstfürsorge ist eine radikale Entscheidung für dich selbst


ausgezeichnet

Auseinandersetzung mit echter Selbstfürsorge

Nina Mouton legt mit ihrem Buch ''Echte Selbstfürsorge ist eine radikale Entscheidung für sich selbst' einen Ratgeber vor, der es in sich hat. Es ist kein leichter Lesestoff für einen vergnüglichen Nachmittag, sondern eher ein Blick hinter die Kulissen des eigenen Ich`s, der aufwühlend, vielleicht sogar verwirrend sein kann, aber zu ungeahnten Erkenntnissen führt. Kleine Verletzungen, die sich im Laufe der Zeit zu großen mentalen Hindernissen ausweiten können, werden näher beleuchtet und Wege aufgezeigt zu mehr Wohlbefinden. Das ist ein gewaltiger Prozess, der Zeit und Geduld erfordert, schließlich Wissenszuwachs bereithält und eine Veränderung im Blick auf die uns umgebenden Dinge frei macht.
Das Sachbuch besticht durch eine liebevolle, thematisch strukturierte Gestaltung mit vielen praxisnahen Übungsbeispielen. Kleine farbige Bilder und grafische Elemente lockern den Text wohltuend auf. Der Schreibstil ist angenehm und leicht zu lesen.