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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 17.07.2022
Mord in Babelsberg / Leo Wechsler Bd.4
Goga, Susanne

Mord in Babelsberg / Leo Wechsler Bd.4


ausgezeichnet

Ihr panischer Blick verriet, dass etwas nicht stimmte. »Kennen Sie moderne Kunst? Ich habe es in einer Illustrierten gesehen. Lauter bunte Flecken, wild durcheinander. Man kann nichts darauf erkennen, keine Menschen oder Häuser oder Landschaften. Nur diese Flecken.«

Berlin 1926. Der Wachtmeister, der von einer völlig panischen Passantin zu einem Tatort in einer feinen Wohngegend gezerrt wird, wird von dem Blutbad, das er erblicken muss, ebenfalls schockiert. Kommissar Leo Wechsler und sein Team übernehmen die Ermittlungen und suchen einen Täter, der eine junge Frau mit einer roten Glasscherbe ermordete.
Der Anblick der Leiche bedeutet noch einen ganz besonderen Schock für Leo, denn er hatte vor Jahren eine Beziehung mit ihr. Weil er verhindern will, dass man ihm den Fall entzieht, verschweigt er dies, auch seiner Frau Clara gegenüber. Probleme sind dadurch vorprogrammiert, aber es kommt noch übler, denn eine weitere Leiche wird gefunden, auf dieselbe Art ermordet. Diesmal jedoch ist der Tote ein Mann und niemand anders als ein gerade hoch gefeierter Starregisseur. Auch nach längerer Suche findet sich kein verbindendes Element zwischen den beiden Opfern und doch muss da etwas sein. Ein kniffliger Fall!

Ich mag diese Krimireihe und auch der vierte Fall konnte mich begeistern. Der Stil ist packend und flott lesbar, die Atmosphäre dicht und stimmig und Aufbau und Auflösung des Falls spannend und stimmig. Leo wirkt sympathisch und menschlich, eben weil er nicht alles völlig korrekt macht. Auch alle Nebenfiguren (Kollegen, Ehefrau, Schwester) wirken sympathisch und authentisch. Der Schauplatz vor Filmkulissen wirkte auf mich zusätzlich reizvoll.

Fazit: Wieder einmal ein toller und spannender Fall für Leo Wechsler. Diese Reihe verfolge ich gerne weiter.

Bewertung vom 29.06.2022
Kommissar mit Herz
Benede, Carlos

Kommissar mit Herz


sehr gut

»Als ich Alex zum ersten Mal begegnete, war er ein schmächtiger Knirps von elf Jahren. Ich war bereits seit einigen Stunden im Dienst, der Vormittag war ruhig verlaufen, keine besonderen Vorkommnisse. Bis die Leiterin unseres Kommissariats zur Tür hereinkam und mir und meiner Kollegin mitteilte, dass in der Nacht vom ersten auf den zweiten Mai ein Mord geschehen war, bei dem ein Kind „übrig geblieben“ sei. Wir sollten uns darum kümmern.«

Carlos Benede, selbst im Heim aufgewachsen, hatte schon immer einen besonders guten Draht zu Kindern und Jugendlichen. Beim Kommissariat für „Prävention und Opferschutz“ hat er täglich mit furchtbaren Schicksalen zu tun.
»Es vergeht kein Tag, an dem nicht wenigstens ein drastischer Fall von Gewalt gegen Schutzbefohlene gemeldet wird.«

An diesem besonderen Tag war es jedoch die Mutter des elfjährigen Alex, die von dessen Vater ermordet wurde. In der heimischen Wohnung, in Gegenwart des Jungen. Carlos Benede kümmert sich um Alex, zunächst rein beruflich, doch nach und nach wird das Vertrauensverhältnis zwischen beiden immer größer und intensiver. Als sich Alex irgendwann wünscht, dass Carlos sein Vater wird, geht er auch diesen Schritt mit und adoptiert den Jungen. Ein paar Jahre später wiederholt sich das Drama, diesmal ist es ein kleiner Junge, der „übrigbleibt“, nachdem sein Vater seine Mutter ermordete…

Meine Güte, was habe ich diesen Mann bewundert. Seinen Mut, sein unglaubliches Engagement, seine tiefe Herzlichkeit. Er selbst macht am Liebsten überhaupt kein Aufheben um sein Handeln, ihm ist einfach nur wichtig, nicht wegzuschauen und auf sein Bauchgefühl zu vertrauen. Dieses Buch erzählt seine Geschichte, in einfachen, aber berührenden Worten.
Von seiner „Familie“ im Heim, den Nonnen, die ihm und seinen Heimgeschwistern viel Liebe gaben. Von der Suche nach seinem beruflichen Weg, der ihn erst relativ spät zur Polizei brachte. Wie er dort am normalen Job fast verzweifelte, bevor er dann im Kommissariat für „Prävention und Opferschutz“ seinen Platz fand. Den er vor einigen Jahren wieder aufgab, um sich ganz der Gründung einer Jugendhilfeeinrichtung zu verschreiben, die sich speziell der „Problemkids“ annimmt, die kein anderes Heim mehr will.
Und natürlich geht es immer wieder um seine beiden Jungs, um ihre Geschichte, ihr Trauma und den Weg zurück ins Leben. Alex kommt dabei häufig zu Wort und berichtet selbst über seine Gefühle. Das war so berührend, ich mochte das Buch nicht aus der Hand legen.

Fazit: Ein sehr berührender Blick auf einen großartigen Mann, der eigentlich immer „nur“ auf sein Herz und seinen Bauch hört.

»Ich bin sicher kein Held. Ich bin ein glücklicher Mensch. Ich habe zwei wunderbare Söhne, ich bin Vater von vielen.«

Bewertung vom 27.06.2022
Der Angstmann / Max Heller Bd.1
Goldammer, Frank

Der Angstmann / Max Heller Bd.1


ausgezeichnet

»Eine Frau ist ermordet worden. Eine furchtbare Tat. Wirklich grässlich. Jemand hat sie … aufgeschnitten…«
»Kannst du etwas tun?«
Heller schnaubte leise. »Keine Leute, kein Benzin, keine Blitzlichtbirnen, keine Zeit.«

Dresden, im November 1944. Kriminalinspektor Max Heller jagt einen Serienmörder, der in einem Umfeld von furchtbaren Bombenangriffen, Zerstörung und Verzweiflung auf denkbar schlimmste und blutigste Art junge Frauen zu Tode quält.
Doch wie soll man halbwegs vernünftig ermitteln, wenn es an allem fehlt und sämtliche Mitarbeiter als letztes Aufgebot an die Front geschickt werden? Wenn der Vorgesetzte seinen Posten durch seine Mitgliedschaft bei der SS erhalten hat? Wenn man niemandem trauen darf? Und wenn man selbst täglich um das eigene Überleben kämpfen muss?

Puh, ein Wohlfühlkrimi war das ganz und gar nicht. Gemeinsam mit Max Heller durchlebt der Leser einen Alptraum aus Bombenterror, Naziherrschaft und grausamer Morde eines Psychopathen. Das Ergebnis ist sehr intensiv, blutig und düster.

Max Heller erscheint als Sympathieträger. Er ist nicht in der Partei, dass er seinen Beruf ausüben darf, verdankt er seinem Kampfeinsatz im 1. Weltkrieg und von seinen Vorgesetzten wird er kritisch beäugt. Aktiv leistet er keinen Widerstand, versucht jedoch, seine Arbeit ordentlich und so menschlich wie möglich zu machen. Innerlich fühlt er sich zerrissen, in der Gesamtdarstellung wirkt er sehr authentisch. Er hat eine Ehefrau und zwei Söhne an der Front, über deren Schicksal er nichts weiß. Irgendwie weitermachen und überleben scheint sein Motto zu sein. Mich berührte das sehr.

Fazit: Sehr spannend, intensiv, blutig und düster. Der Protagonist wirkt sehr authentisch, ich werde diese Reihe weiterverfolgen.

Bewertung vom 22.06.2022
Die Rechenkünstlerin (eBook, ePUB)
Glaesener, Helga

Die Rechenkünstlerin (eBook, ePUB)


sehr gut

»Schreibt Ihr eigentlich nur, oder könnt Ihr auch lesen?«
»Ich schreibe, lese und begreife es.«

Carlotta ist eine hochintelligente junge Frau, die Mathematik ist ihre Leidenschaft. In der heutigen Zeit wäre sie vermutlich Professorin, aber im Jahr 1389 beschränkt sich ihre Tätigkeit an der Universität Heidelberg auf die Versorgung der Scholaren. Wenn sie nicht gerade kocht oder sonstigen leidigen Haushaltspflichten nachgeht, versinkt sie mit Vorliebe in mathematischen Problemen oder schreibt als kleiner Nebenverdienst wissenschaftliche Texte ab.

Der Tod ihrer Freundin Zölestine stellt sie jedoch vor völlig neue Herausforderungen. Angeblich hat die junge Frau Selbstmord begangen, was sich Carola überhaupt nicht vorstellen kann. Als sie dann auch noch an der aufgebahrten Leiche verdächtige Würgemale entdeckt, ist sie sicher, dass Zölestine ermordet wurde. In einer Zeit, in der eine intelligente Frau höchst einfach aus dem Weg geräumt werden kann, indem man sie der Hexerei bezichtigt, macht sie sich mutig an die Nachforschungen. Unterstützt von einem geheimnisvollen Magister, der selbst eine unheilvolle Begabung hat, sich mit ranghohen Persönlichkeiten anzulegen…

Bücher dieser Art lese ich selten. Dabei finde ich die historischen Hintergründe oft hochinteressant und versinke gern in früheren Zeiten, nur sind mir diese Romane oft zu schwülstig und kitschig. Das trifft auf dieses Buch hier zum Glück nicht zu, ich konnte gut in die Geschichte eintauchen und mit Carlotta und dem Magister mitfiebern. Beide waren mir sehr sympathisch, herrlich unangepasst, mit einem Dickschädel, Intelligenz und Mut. Der Magister zeichnet sich zudem durch einen scharfzüngigen, trockenen Humor aus.

Natürlich ahnt man beim Lesen, dass sich zwischen den beiden eine Beziehung entwickelt, zu meiner großen Erleichterung verzichtete die Autorin jedoch auf ausschweifende Romantik und als einmal eine entsprechende Passage kam, war sie so schön und anrührend geschrieben, dass sie mir richtig ans Herz ging. Spannend wird es außerdem und die Auflösung des Falls ordentlich knifflig und gefährlich.

Fazit: So mag ich historische Romane. Eine starke und intelligente Frau, Spannung und wohldosierte, nicht kitschig werdende Romantik.

Bewertung vom 08.06.2022
Das schwarze Band / August Emmerich Bd.4
Beer, Alex

Das schwarze Band / August Emmerich Bd.4


sehr gut

»Den beiden Fräulein da drin wäre es wohl auch lieber gewesen, alles wäre beim Alten geblieben.«

Wien, im Juli 1921. Immer noch ist die Not in der Bevölkerung groß und nicht wenige Menschen beschreiten im Überlebenskampf illegale oder gefährliche Wege. Kriminalinspektor August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter stehen vor den Leichen zweier jungen Frauen, denen einer dieser Wege möglicherweise den Tod gebracht hat. Natürlich machen sich die beiden engagierten Ermittler sofort an die Arbeit, werden jedoch übel ausgebremst, als Emmerich zu einer Schulung zur Verbesserung seiner Umgangsformen abkommandiert wird.
Winter ermittelt nun allein, was in Kürze lebensgefährlich für ihn wird. Und Emmerich merkt schnell, dass es in der Kadettenschule für ihn nicht nur um gutes Benehmen geht. Ein übles Komplott ist im Gange, mit blutigen und weitreichenden Folgen…

Ich mag diese Reihe sehr, habe die Vorgängerbände gelesen und auch dieser hier konnte mich wieder begeistern. Die bedrückende Atmosphäre im damaligen Wien wird sehr intensiv beschrieben, die enormen sozialen Missstände und Ungerechtigkeiten machen mich regelmäßig wütend.

Ähnlich ergeht es Emmerich, dessen eigene finanzielle Notlage noch dadurch verschärft wird, dass er sich nach dem Tod seiner Lebensgefährtin um ihre drei Kinder kümmert. Vermutlich könnte er es im Beruf einfacher haben und Karriere machen, wenn er angepasster wäre. Ist er aber nicht. Mir ist er mit seiner zornigen und direkten Art mittlerweile ans Herz gewachsen, er wirkt in dieser korrupten Welt wie einer der wenigen ehrlichen Charaktere.
Winter mag ich ebenfalls sehr, mit seiner höflichen Art tut er sich in gewissen Kreisen allerdings schwer. Ich habe ordentlich mit ihm gezittert, wie er wohl den Alleingang überstehen wird. Es wird wieder mächtig spannend!

Fazit: Wieder einmal ein spannender Band dieser Reihe. Intensive Atmosphäre, interessante Charaktere – hier lese ich gern weiter.

»Haben Sie noch irgendwelche Ratschläge für mich?«
»Tu einfach immer genau das Gegenteil von dem, was du normalerweise tun würdest.«

Bewertung vom 31.05.2022
Irisches Verhängnis / Grace O`Malley Bd.1
O'Brien, Hannah

Irisches Verhängnis / Grace O`Malley Bd.1


sehr gut

»Diese verdammte irische Familie! … So sind sie hier. Loyalität ist alles. Um Gottes willen nur nichts offen aussprechen!«

Einige Jahre lang war die Polizistin Grace O’Malley in Dänemark tätig, nun kehrt sie nach Irland zurück und übernimmt die Leitung des Morddezernats in Galway. Gleich ihr erster Fall verlangt ihr alles ab, denn die junge Frau, die ermordet aufgefunden wurde, zählte diverse einflussreiche Persönlichkeiten zu ihrem Bekanntenkreis. Für Grace, der ihr Neustart in Irland nicht leicht gemacht wird, eine knifflige Situation. Die sich noch mehr verschärft, als es zu weiteren Opfern kommt.
Auch privat hat Grace Sorgen. Ihr Verhältnis zu ihrer Tochter, die bei ihrem Bruder und dessen Ehefrau lebt, ist nicht ungetrübt. Wie überhaupt ihr gesamtes Verhältnis zu ihrer Familie. Und dann verschwindet ihre Tochter auch noch…

Dieser Krimi konnte mich nicht sofort packen, entwickelte aber im Lauf der Handlung einen immer größeren Reiz. Das liegt zum einen an dem Fall, der sich anspruchsvoll und ungewöhnlich präsentiert und zum anderen an einigen irischen „Besonderheiten“. Neben den Landschaftsbeschreibungen, die eine tolle Atmosphäre schafften, war ich beispielsweise überrascht zu lesen, welch große Bedeutung die Familie dort hat. Einschließlich aller negativen Aspekte, die man sich dabei vorstellen kann, wie beispielsweise Verlogenheit, Totschweigen von Problemen oder Begünstigung und Korruption. Gezielt spielen mächtige Familien ihren Einfluss aus, auch Grace gehört zu einer solchen Familie. Man merkt schnell, wie sehr auch der aktuelle Fall dadurch beeinflusst wird.

Mit Grace selbst konnte ich allerdings nicht so richtig warm werden, einige Aspekte ihres Charakters erschließen sich mir nicht. Möglicherweise erhält man in den Folgebänden (dies ist ja der erste der Reihe) weitere Einblicke in ihre Vergangenheit, die das Verständnis erhöhen können. Wer komplizierte Charaktere mag, wird hier fündig.

Fazit: Anspruchsvoller Krimi mit toller Atmosphäre und interessanten Hintergründen.

Bewertung vom 19.05.2022
Affenhitze / Kommissar Kluftinger Bd.12
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Affenhitze / Kommissar Kluftinger Bd.12


ausgezeichnet

»Ehrlich, Klufti, hätt ich gleich wissen können, dass dein Spezialeinsatz als Personenschützer wieder in einer Katastrophe endet.«

Es hätte ein so großer Tag werden sollen! Zahlreiche Gäste, Prominente, reichlich Medienvertreter und der Ministerpräsident höchstpersönlich haben sich in einer Tongrube im Ostallgäu eingefunden, weil dort ein vermutlich für die Menschheitsgeschichte bedeutender paläontologischer Fund gemacht wurde. Finden tun sie jedoch noch etwas anderes, nämlich die Leiche eines der beteiligten Wissenschaftler. Eindeutig ermordet.

Eine Hitzewelle sucht das Allgäu heim und Kluftinger weiß gar nicht, was er zuerst tun soll. Noch immer muss er den Polizeipräsidenten vertreten und sich durch einen Wust präsidialer Aufgaben kämpfen. Gleichzeitig natürlich auch den aktuellen Mord aufklären, wobei er sich nicht nur mit der Thematik der Ausgrabungen auseinandersetzen muss, sondern auch mit einer obskuren Sekte, die in irgendeiner Weise involviert sein könnte.

Und auch privat ist bei ihm eine Menge los. Sein Sohn und die Schwiegertochter haben für Kluftis heißgeliebte Enkeltochter eine Tagesmutter engagiert, der er jedoch nicht über den Weg traut und es als Mission auffasst, sie zu überwachen. Gleichzeitig stresst ihn seine Erika enorm, weil sie nämlich brutal unter seinen Sachen ausgemistet hat, um diese auf einem Flohmarkt für den guten Zweck zu verkaufen.
Verzweifelte Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Und da seine Kollegen ohnehin ständig über ihn und seine mangelnden Kenntnisse in Sachen Social Media lästern, zieht Klufti jetzt alle Register. Er meldet sich bei Facebook an und nimmt Flugstunden mit einer High-Tech-Drohne…

Was hatte ich einen Spaß! Ich hatte mich sehr auf den neuen (mittlerweile zwölften) Fall für Kommissar Kluftinger gefreut und wurde nicht enttäuscht. „Affenhitze“ bietet einen guten Mix aus ordentlichem Krimi und gelungener Unterhaltung. Schön ist, dass manche Situationen zum Schreien komisch sind und obwohl es immer wieder größere Abschnitte aus Kluftis Privatleben gibt, die Krimihandlung darunter nicht leidet. Da wird vernünftig ermittelt, verhört und recherchiert. Es gibt ein paar spannende Stellen und die Auflösung ist stimmig. Außerdem lernt man zusammen mit dem begeisterten Kult-Ermittler ein bisschen was über die tatsächlich im Allgäu stattfindenden Ausgrabungen.

Fazit: Hier stimmte wieder alles, der neue Fall für Klufti konnte mich wieder begeistern.

Bewertung vom 08.05.2022
Grave - Verse der Toten / Pendergast Bd.18
Preston, Douglas;Child, Lincoln

Grave - Verse der Toten / Pendergast Bd.18


ausgezeichnet

»Das Herz wurde von einer Besucherin des Friedhofs heute Morgen gegen Viertel vor acht gefunden. Um halb elf wurde die Leiche einer Frau … entdeckt, rund fünfzehn Kilometer südlich vom Friedhof. Das Herz war ihr herausgeschnitten worden. Die Polizei Miami Beach bearbeitet noch den Tatort, aber eines wissen wir bereits: Das Herz des Opfers ist dasjenige, das auf dem Grab gefunden wurde.«

Eine gruselige Mordserie erschüttert Miami. Der Täter tötet junge Frauen, entnimmt ihnen die Herzen und legt diese auf den Gräbern anderer jungen Frauen ab. Allesamt Selbstmörderinnen, wie die Ermittlungen ergeben. Darüber hinaus scheint es aber keine Gemeinsamkeiten bei den Opfern zu geben und die Gefahr ist groß, dass der Täter sein grausiges Werk fortsetzt. Ein Fall für Special Agent Pendergast, der sich begeistert aufmacht, um seine Spezialdisziplin, die Jagd auf Serienmörder, auszuüben. Einziger Wermutstropfen dabei: Sein neuer Vorgesetzter nötigt ihm einen Partner auf…

Dieser Fall war wieder ganz nach meinem Geschmack. Pendergast kann sein Können zeigen und hat dabei wieder einige sehr coole Auftritte. Besonders gefiel mir aber, dass er einen ganz „normalen“ Serienmörder sucht und sich mal nicht mit den zahlreichen Problemfällen der eigenen Verwandtschaft herumschlagen muss. Der Krimi hat außerdem alles, was ich mir so wünsche: Eine spannende Handlung, interessante Charaktere, eine passende Auflösung und dazwischen einige unterhaltsame Momente. Außerdem mag ich Pendergasts neuen Partner, Special Agent Coldmoon. Ein sympathischer Typ, der sicher noch für einige Überraschungen gut ist.

Dieser Band ist der mittlerweile 18. aus der Reihe, ich liebe sie alle. Pendergast ist ein sehr spezieller Charakter, ein hochintelligenter, arroganter und charismatischer Einzelgänger, der in seinem Beruf höchst erfolgreich ist, dabei aber gleichzeitig gefürchtet aufgrund seiner absolut unkonventionellen Vorgehensweisen. Diesen Band hier könnte man aber tatsächlich ohne weitere Vorkenntnisse lesen.

Fazit: Pendergast ohne Familienprobleme, einfach nur auf der Jagd nach einem Serienkiller. So mag ich’s am liebsten.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.05.2022
Der Kirmesmörder - Jürgen Bartsch
Schleheck, Regina

Der Kirmesmörder - Jürgen Bartsch


gut

Serienmörder erschüttern immer. Wenn ihre Opfer Kinder sind, ist das Entsetzen noch größer. Mich interessieren dabei stets die Hintergründe, Details zu den Taten und den Ermittlungen und – ganz wichtig – die Auseinandersetzung mit den Motiven des Täters. Was treibt ihn an, was legte in seinem Gehirn den Sicherungsschalter um? Hätten seine Taten verhindert werden können? Was wurde im Umfeld falsch gemacht?

Jürgen Bartsch entführte, quälte, missbrauchte und ermordete in den Jahren 1962 - 1966 vier Jungen. Der jüngste war gerade mal 8 Jahre alt und er selbst zu diesem Zeitpunkt auch erst 15. Dieser Punkt und der Aspekt, dass ich (geboren in den 1960er Jahren) fast in der Nachbarschaft aufwuchs, steigerten mein Interesse an diesem Buch. Ein reines Sachbuch zum Thema hatte ich bereits gelesen, nun war ich auf die Umsetzung als „biographischer Kriminalroman“ gespannt.

Die Autorin lässt in ihrem Buch diverse Menschen aus Jürgen Bartsch Umfeld berichten, auch seine Opfer kommen zu Wort. Das ist interessant und gibt ganz ordentliche Einblicke in Kindheit und Jugend des Täters. Auch seine Vorgehensweise, weshalb die Opfer ihm vertrauten und welch furchtbares Schicksal sie dann erwartete, wird deutlich.

Alles ist sehr leicht lesbar und bei den Schilderungen werden die Analysen gleich mitgeliefert. Ein Punkt, der mich manches Mal störte, speziell wenn die erzählenden Personen einfache Menschen ohne große Bildung sein sollten. Ich bin selbst in einer Arbeitergegend im Ruhrgebiet aufgewachsen – so hat da keiner gesprochen! In Sachen Realismus gab es dadurch einen dicken Punktabzug.

Zwei weitere Fragen stellten sich mir. Weshalb fehlen bei all diesen Berichten komplett die Perspektiven des Täters und der Ermittler? Und weshalb wurden sämtliche Namen leicht abgewandelt? Da wurde beispielsweise aus Peter Paul, aus Ulrich Uwe und aus dem Rechtsanwalt Bossi ein Herr Busse. Es steht doch „biographisch“ dran und die Geschehnisse sind öffentlich bekannt, weshalb also diese Abwandlungen? Ich frage mich dann unwillkürlich, an welchen Punkten womöglich noch abgewandelt wurde. Es wäre gut gewesen, wenn die Autorin im Anhang kurz die tatsächlichen Geschehnisse skizziert und in diesem Zusammenhang ihre Änderungen aufgeführt hätte.

Grundsätzlich arbeitet das Buch gut heraus, was Jürgen Bartsch in früher Kindheit alles angetan wurde. Gleichzeitig ist das Mitgefühl für seine Opfer groß, mir tun sie unendlich leid, während gleichzeitig Zorn aufkommt. Wut auf die Menschen, die durch ihr Verhalten dazu beitrugen, dass aus einem als fröhlich und unkompliziert beschriebenen Kleinkind ein menschliches Ungeheuer wurde. Sie hätten mit auf die Anklagebank gehört.

Fazit: Guter Ansatz, aber mir fehlt in der Umsetzung Tiefe und ein größeres Maß an Realismus. So sehr ich Krimis mag, hier lese ich besser noch ein weiteres Sachbuch.

Bewertung vom 30.04.2022
Knochenarbeit / Tempe Brennan Bd.2
Reichs, Kathy

Knochenarbeit / Tempe Brennan Bd.2


ausgezeichnet

»Wozu brauchen Sie mich?«
»Offensichtlich ist es ein ziemlich starkes Feuer. Wenn es Leichen gibt, dürften die stark verbrannt sein. Vielleicht nur noch kalzinierte Knochen und Zähne. Es könnte eine schwierige Bergung werden.«

Tempe Brennan ist forensische Anthropologin und die Frau für die wirklich schweren Fälle. Wenn von einer Leiche nur noch wenig übrig ist oder eine normale Bergung ohne Zerfall nicht möglich ist, dann muss sie ran. Man kann also sagen, dass sie so schon so einiges gesehen hat und nicht leicht zu erschüttern ist, doch der Fall, der in diesem niedergebrannten Haus beginnt, wird sie an ihre Grenzen bringen…

So etwas lese ich sehr gerne, die Arbeit von forensischen Anthropologen fasziniert mich. Was aus kümmerlichen menschlichen Überresten mit ausgefeilten Methoden herausgearbeitet werden kann, fesselt mich jedes Mal aufs Neue. Noch nie zuvor las ich jedoch so präzise und detaillierte Schilderungen, da wird von den Vorarbeiten zur Bergung bis zu den letzten Auswertungen jeder Schritt genau ausgeführt. Die Autorin ist vom Fach, macht im Grunde beruflich genau das, was sie hier ihre Protagonistin tun lässt. Sie weiß, wovon sie schreibt und das merkt man. Womöglich werden andere dies als langatmig empfinden, aber bei mir kommt diese Reihe sofort auf meine Leseliste!

Was man aber sagen muss: Ganz klar ist das hier nichts für empfindliche Leser. Der Fall, der in Quebec und North Carolina spielt und in dessen Zentrum eine obskure Sekte steht, fährt alles auf, was man sich in Sachen Grausamkeit vorstellen kann. Da werden weder Schwangere, noch Säuglinge oder Haustiere verschont. Ganz eindeutig kein Wohlfühlbuch. Man darf auch nicht auf flotte Sprüche und unterhaltsame Abschnitte hoffen. Tempe ist nicht komplett abgebrüht, manche Dinge gehen ihr mehr als an die Nieren, verfolgen sie regelrecht im Schlaf. Das macht sie sehr menschlich und sympathisch.

Fazit: Sehr spannend und voller detaillierter Schilderungen. Heftig, aber faszinierend.