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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1164 Bewertungen
Bewertung vom 24.02.2025
Marlowe, Lara

Ein Glück, dass ich den Tod nicht fürchte


ausgezeichnet

Slawa Ukrajini - – Herojam Slawa

Heute jährt sich der 24. Februar, jener Tag, an dem Russland 2022 die Ukraine überfallen hat, zum dritten Mal.

Daher ist es eine passende Gelegenheit, dieses sehr interessante Buch von Lara Marlow vorzustellen. Die Autorin erzählt die bewegende Geschichte von Leutnant Julija Mykytenko, der knapp 30-jährigen Kommandeurin einer Drohneneinheit an der Front. Seit Beginn des Krieges kämpft sie im Donbas und befehligt die »Hellish Hornets«. Aus einer Reihe von langen Gesprächen via Video-Konferenzen entstand dieses Porträt.

Wer ist diese junge Frau, die täglich wie alle anderen Soldaten ihr Leben aufs Spiel setzt?

Julija Mykytenko, wird 1995 in Kiew geboren und studiert Sprachwissenschaften. Bereits während der Maidan Revolution ist sie Mitglied des Frauenkommandos und setzt sich für gewaltfreien Widerstand ein. Im Jahr 2016 tritt sie in die ukrainischen Armee ein und kämpft, nach zahlreichen Schwierigkeiten gemeinsam mit ihrem Ehemann gegen russische Truppen. Als sie bei einem russischen Bombardement ihr Ehemann getötet wird, fällt sie in eine Depression. Sie engagiert sich in einer Gruppe, die Kriegsveteranen betreut, um ihnen die Rückkehr ins zivile Leben zu erleichtern.

Als am 24. Februar 2022 abermals russische Truppen in der Ukraine einmarschieren, meldet sie sich freiwillig. Seitdem kämpft sie für die Freiheit ihres Landes.

Julija Mykytenko erzählt in elf Kapiteln von ihrem Alltag als Frau im Krieg. Sie erzählt von fehlender oder unpassender Ausrüstung, Splitterschutzwesten, die nur für Männer konzipiert sind und kaum einer Soldatin passen. Deshalb sterben zahlreiche Soldatinnen, weil ihnen die nicht passenden Schutzwesten keinen Schutz bieten. Sie erzählt von der Zermürbung langer Wochen in den Schützengräben, dem Umgang mit den schwierigen hygienischen Verhältnissen und der Kälte im Winter.

Julija Mykytenko spricht darüber, dass nicht alle mit Wolodymyr Selenskyj als Präsident einverstanden sind. Als sich ihr Vater aus Protest am 11. Oktober 2020 selbst anzündet und am 14. Oktober, dem Tag der Verteidigerinnen und Verteidiger, stirbt, antwortet der Präsident nicht auf ihr Schreiben.

Sie erzählt auch, dass es an manchen Tagen sehr schwer ist, nicht die Hoffnung zu verlieren. däUnd auch von ihrer schwersten Herausforderung: die Hoffnung nicht zu verlieren.

Wir erleben hautnah mit, wenn sie sich, um ihre Einheit zu schützen, mit ihrem dilettantisch agierenden Vorgesetzten anlegt. Wie sie einige ihrer Männer verliert.

Unermüdlich organisiert sie Crowdfunding-Kampagnen, um neue Drohnen sowie Ausrüstung kaufen zu können, denn nicht alles wird vom Staat zur Verfügung gestellt.

Dieses Buch hat mich tief berührt. Es ist ein außergewöhnliches Zeugnis von Mut und Courage sowie eine Hommage an das ukrainische Volk, das sich gegen einen übermächtigen Aggressor stellt. Leider sieht es aktuell so aus, als ob Trump der Ukraine die Unterstützung durch die USA und die NATO entzieht, weil er sich in seinem eigenen verqueren Weltbild, das sich nur wenig von dem Putins unterscheidet, verschanzt.

Der Titel stammt übrigens aus dem Gedicht „Glück“ von Wassyl Stus von 2017:

Ein Glück, dass ich den Tod nicht fürchte
und mich nicht frage, welches Kreuz ich trage.

Bewertung vom 23.02.2025
Strohmeier, Martin; Yalçin-Heckmann, Lale

Die Kurden (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieses Buch schildert umfassend die Geschichte der Kurden vom 7. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Der Schreibstil ist sehr detailliert und zeigt die wechselhafte Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches wurde das Siedlungsgebiet der groteils nomadisch lebenden Kurden durch zahlreiche Staatsgrenzen durchtrennt. Ein staatenbildendes Volk der Kurden gibt es demnach nicht. Die Angst davor, sorgt bei jenen Staaten, in den Kurden leben, also in der Türkei, im Nahen Osten und Mittleren Osten, für Unterdrückung ihrer Sprache und Kultur. Manchmal scheint eine Autonomie in greifbarer Nähe zu sein, bis sich wieder zerschlägt.

Schon der häufig verwendete Begriff Kurdistan, der vielen von uns als 2. Buch von Karl May „Durchs wilde Kurdistan“ bekannt ist, ist irreführend. Dennoch verwendet das Autoren-Duo diese Bezeichnung der Einfachheit halber.

Das Autoren-Duo, Martin Strohmeier und Lale Yalçin-Heckmann nimmt uns in vier Abschnitten auf eine Reise nach Kurdistan mit, die uns durch die Türkei, Syrien, Libanon, Iran und Irak führt. Dabei kommen die Einmischungen ausländischer Mächte wie Großbritannien, die USA und die Sowjetunion (inklusive ihrer Nachfolgestaaten) zum Vorschein.

Sprachen und Kulturen
Geschichte der Kurden bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts
Die Kurden im 20. und 21. Jahrhundert
Wirtschaft und Gesellschaft am Beispiel Südost-Anatoliens

Eine ausführliche Einleitung sowie Erläuterungen, Landkarten und weiterführende Literatur ergänzen das überarbeitete und aktualisierte Buch, das inzwischen seine 6. Auflage erfahren hat.

Martin Strohmeier ist Professor für Türkische Sprache, Kultur und Geschichte an der University of Cyprus in Nikosia/Zypern. Lale Yalçin-Heckmann ist Ethnologin und Privatdozentin an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg.

Meine Meinung:

Gleich vorweg - das Buch ist auf Grund seines Detailreichtums nichts für Zwischendurch. Hier ist konzentriertes Lesen angebracht. Zudem ist der Schreibstil wissenschaftlich. Manchmal sind die notwendigen Erklärungen nicht ganz konsistent angeführt. Einerseits sofort in Klammer gesetzt, andererseits erst im Anhang erklärt.

Trotzdem hat mich das Buch über die Kurden gefesselt. Spannend zu lesen ist Sicht der jeweiligen Gruppe z.B. aus der Türkei oder dem Iran oder dem Irak.

Ich habe vor einiger Zeit das Buch „Die Kurden - Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion“ von Kerem Schamberger und Michael Meyen gelesen, das sich ebenfalls mit der aktuellen Situation der Kurden beschäftigt. Beide Bücher ergänzen sich sehr sehr gut.

Fazit:

Ein wichtiges Buch, das zum Verständnis der Lage der Kurden beiträgt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 23.02.2025
Bliesener, Kai

Hotel Silber - neue Zeit, alte Schuld


ausgezeichnet

Dass ausgerechnet im berüchtigten „Hotel Silber“, dem ehemaligen Sitz der Stuttgarter Gestapo, die neue Kriminalpolizei ihre Heimstatt haben soll, ist wohl ein Treppenwitz der Geschichte, denn noch wenige Tage vor dem Kriegsende haben die Schergen des NS-Regime Dutzende Menschen dort gefangen gehalten, gefoltert und ermordet.

Einer davon ist Paul Kramer, ehemaliger Polizist und Sozialist, der gerade noch mit dem Leben davon gekommen ist und daher von der US-Army prädestiniert ist, hier mitzuwirken. Natürlich sind Ideologie und Indoktrination nicht über Nacht verschwunden und die Entnazifizierungsverfahren sind mehr Schein als Sein. So trifft Paul Kramer wieder auf seine Widersacher und Peiniger, die alles daran setzen, sowohl ihn einzuschüchtern als auch ihre Verbrechen zu vertuschen.

So wird die Aufklärung des Mordes an Vera Wallner, die gemeinsam mit ihrer Familie fliehen wollte und verraten worden ist, die erste Bewährungsprobe für Paul Kramer.

Hilfe bei seiner Arbeit erhält Paul Kramer von Hilde, der Tochter eines eingefleischten Nazis, die sich von ihrer Familie lossagt, und als Schreibkraft bei der US-Army arbeitet.

Meine Meinung:

Autor Kai Bliesener lässt uns Leser in eine Zeit eintauchen, in der das Alte noch nicht wirklich weg ist und das Neue noch nicht Fuß gefasst hat. Doch wenn ich mit die aktuellen Nachrichten Nachrichten ansehe, scheint es, als hätte das ewig Gestrige nur einen Winterschlaf gehalten, um nun wieder sein böses Haupt zu erheben.

Sowie in Stuttgart das „Hotel Silber“ als Hauptquartier der Gestapo diente, war es in Wien das „Hotel Metropol“, das von 1938 bis 1945 als Haus des Schreckens bekannt war, mit dem Unterschied, dass es nach zahlreichen Beschädigungen durch alliierte Bombenangriffe im Jahr 1948 abgerissen worden ist. Die von Kai Bliesener penibel recherchierten und erschreckend realistisch beschriebenen Szenen haben sich so oder so ähnlich in allen anderen Städten des Deutschen Reiches abgespielt.

Das dunkle Cover mit dem imposanten Gebäude vermittelt schon ein beängstigendes Gefühl.

Fazit:

Diesem sauber aufgelösten, historischen Krimi gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.02.2025
Goldammer, Frank

Haus der Geister (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Als Kriminalrat Gustav Heller und sein Assistent Schrumm in die baufällige Villa der Witwe Adele Blumfeld gerufen werden, um zu überprüfen, ob es beim plötzlichen Tod von Adam Wilhelm Gust mit rechten Dingen zugegangen ist, wissen sie noch nicht, welche Abgründe sich hier auftun und Heller beinahe selbst das Leben kosten werden.

Gust ist, oder war vielmehr, Teilnehmer einer Séance bei Adele Blumfeld, die in Dresden als Medium bekannt ist. Während Heller keinen Augenblick an Geister glaubt, ist Schrumm ein wenig verunsichert, ob es nicht doch welche gibt. Dazu trägt der morbide Charme der großen Villa, in der die Blumfeld mit ihrer stummen und entstellten Dienerin Hermina lebt, bei. Beide scheinen mehrere Geheimnisse zu haben.

Als dann mehrmals das Gerücht vom „Roten Verlies“ auftaucht, und Adam Wilhelm Gust nicht der einzige Tote bleiben wird, beschließt Gustav Heller an einer Séance teilzunehmen

Meine Meinung:

Frank Goldammer ist mit diesem 2. Fall für Kriminal Gustav Heller und seinen Assistenten Schrumm ein fesselnder und komplexer Kriminalroman gelungen. Stellenweise läuft einem ein wohlig-gruseliger Schauer über den Rücken, obwohl schnell klar ist, dass die Erscheinungen in der Villa von Menschen gemacht sind.

Adele Blumfeld ist ein intrigante und abscheuliche Person, die nicht leicht zu überführen ist, zumal so manche höher gestellte Persönlichkeit Dresdens ihre Aktivitäten deckt. Blumfelds scheinbare Mildtätigkeit verdeckt nur die eigene Grausamkeit. Ich habe mich mehrmals gefragt, warum sie der stummen, 16-jährigen Dienerin, die weder Lesen und Schreiben kann, was mehrmals extra betont wird, nicht dasselbe beigebracht hat? Wollte sie Hermina künstlich im Ungewissen lassen?

Es dauert eine geraume Zeit bis Heller hinter die Machenschaften der Blumfeld kommt. Seine ermittlungen wirken sich auch auf sein Familienleben aus.

Der Krimi ist spannend und besticht zur zahlreiche unerwartete Wendungen, die uns Leser dazu bringt, neue Theorien aufzustellen. Ich habe kurz an eine Zwillingsschwester von Hermina gedacht, doch die Auflösung ist so einfach wie komplex.

Gut gefällt mir, dass sich Kriminalrat Heller auch um seinen Assistenten Schrumm kümmert, der allen Anschein nach von seiner Zimmerwirtin übers Ohr gehauen wird.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem komplexen 2. Fall für Kriminalrat Gustav Heller 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.02.2025
Henríquez, Cristina

Der große Riss


gut

Große Bauvorhaben wie der Gotthardtunnel, der Suezkanal oder wie hier der Panamakanal, ziehen Abenteurer, Glücksritter und Verzweifelte an, die sich Arbeit und ein besserer Leben erhoffen. Nicht immer erfüllen sich die Erwartungen. Daher war ich sehr gespannt, wie das Thema umgesetzt würde.

Gleich vorweg, der Bau rund 82 km langen Wasserstraße, die derzeit durch Trumps Allmachtsfantasien wieder in aller Munde ist, wird meiner Meinung nach, nur am Rande berührt. Vielmehr legt Autorin Cristina Henriquez ihren Fokus auf mehrere Personen, die direkt und indirekt mit der Baustelle zu tun haben. Da ist zum Einen Omar, der Sohn eines Fischers, der im Morast arbeitet oder der Arzt, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Malaria auszurotten zu wollen und andererseits die beiden Frauen Lucille und Ada, die ihrem Schicksal aus Armut und gesellschaftlichen Konventionen kaum entrinnen können.

Anders als ich es von historischen Romanen rund um Großbaustellen kenne, gibt es kaum technische Detail zum Kanalbau, was mich ein wenig enttäuscht zurücklässt. Die Lebensgeschichten der Protagonistinnen und Protagonisten könnte überall spielen. Vorrangig wird der mühsame Alltag beschrieben, die Teilung der Gesellschaft in Besitzende und Mittellose sowie die untergeordnete Rolle der Frauen. Wie tief der Riss, der durch die Gesellschaft geht, zeigt die Episode als Ada Medikamente für ihre kranke Arbeitgeberin holen will und diese zunächst nicht erhält, weil sie als Arme erkennbar und als „Silberne“ nicht bedient wird.

Der Schreibstil ist gut zu lesen. Allerdings habe ich mich mit keinem der Charaktere so richtig anfreunden können. Gut herausgearbeitet ist der Konflikt zwischen Mittel- und Nordamerika herausgearbeitet sowie die Absiedlung ganzer Dörfer. Das kenne ich allerdings aus zahlreichen Geschichten von großen Bauvorhaben wie z.B. Stauseen in der Schweiz oder Italien.

Das Cover und der Titel sind gut gewählt. Vor allem der Titel kann mehrfach interpretiert werden. Der Riss in der Erdkruste, der zwei Meere miteinander verbindet, gleichzeitig aber die Gräben zwischen Mittel- und Nordamerika aufzeigt oder auch für die Spaltung der Gesellschaft steht.

Fazit:

Ein Roman, von dem ich etwas anderes erwartet habe, weshalb er nur 3 Sterne erhält.

Bewertung vom 13.02.2025
Sacher, Tom

Der Fotograf der Kaiserin (eBook, ePUB)


sehr gut

Das österreichische Kaiserhaus, allen voran Kaiserin Elisabeth und ihr Ehemann Kaiser Franz Joseph sowie dessen Brüder, ist immer einen historischen Roman wert.

Diesmal liegt der Fokus allerdings auf Lieselliesel, der jungen Kammerdienerin der Kaiserin, die sich gemeinsam mit dem Hoffotografen Viktor Angerer, plötzlich und ungewollt im Mittelpunkt einer Agenten-Krimi-Posse befindet

Lieselliesel ist eine Bauernmagd aus Bayern, die Kammerdienerin, die es am steifen Wiener Hof, wo jeder sein eigenes Süppchen kocht und penibel darauf achtet, den Herrschenden zu gefallen, nicht ganz einfach hat. Sie soll, da des Lesens und Schreibens unkundig, einen geheimen Brief an Franz Josephs Bruder Ludwig, das schwarze Schaf des Clans, überbringen. Was wohl so Geheimes darin steht, wenn sich Agenten des Geheimdienstes unbedingt dieses Schreibens bemächtigen wollen? Es scheint, als schrecke man auch vor einem Mord und willkürlichen Verhaftungen nicht zurück.

Meine Meinung:

Tom Sacher ist ein Pseudonym von Michael Seitz, von dem ich bereits einige Krimis gelesen habe. Deshalb war ich recht neugierig, wie er einen historischen Roman rund um Kaiserin Elisabeth, die ja schon mehrere Meter Bücherregale füllen, angeht. Die Idee, diesmal das schwarze Schaf der Familie Habsburg, Erzherzog Ludwig, genannt Luziwuzi, in den Mittelpunkt zu stellen, hat mir sehr gut gefallen.

Die Geschichte spielt atkuell im Jahr 1882 in Mayerling, in jenem Jagdschloss, das wenige Jahre später, nämlich 1889, Kulisse der sattsam bekannten Tragödie rund um Kronprinz Rudolph werden wird, den wir hier genauso treffen wie Baronin Helene Vetsera und ihr Tochter Mary.

Lieselliesel und Angerer wissen phasenweise nicht, wem sie noch vertrauen können, denn beide sind mit den Usancen im höfischen Intrigantenstadel nicht so vertraut.

Die Charaktere sind fein herausgearbeitet, wobei die Lieseliesel mit ihrem frechen Mundwerk besonders heraussticht. Sehr gut kommt die Scheinheiligkeit und Bigotterie zum Vorschein, die man unter dem Satz „Du darfst alles machen, nur erwischen lassen, darfst dich nicht!“ zusammenfassen kann.

Der Schreibstil ist durchaus humorvoll. So nennt die Kaiserin ihren Mann „Eselchen“ (angeblich wegen seines grauen Backenbartes), er wiederum tituliert sie als „Engelchen“. So wirklich viel hat man sich nicht zu sagen.
Gut gelungen ist das durchgängige Sprechen in der dritten Person, also das „Erzen“. Das muss man als Autorin/Autor erst einmal durchhalten. Ander Personen wie die bayerische Bauernmagd Lieseliesel dürfen im heimischen Dialekt reden und der Schauspielerin Mina Pick werden jiddische Worte in den Mund gelegt.

Fazit:

Ein historischer Roman, der aufzeigt, dass auch im österreichischen Kaiserhaus nicht immer alles eitel Wonne war. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 12.02.2025
Dirsus, Marcel

Wie Diktatoren stürzen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Als Milizionäre am 8. Dezember 2024 die Einnahme von Syriens Hauptstadt Damaskus verkünden, ist eine langjährige Diktatur kollabiert. Während über dem Palast von Bashar al-Asad dunkle Rauchwolken hochstiegen, feierte am anderen Ende von Damaskus eine Menschenmenge die Flucht des verhassten Diktators. Vor der fahnengeschmückten Umayyaden-Moschee tönt es aus einem Lautsprecher:

«Wir verkünden euch den Sieg der großen syrischen Revolution! Der Sieg nach dreizehn Jahren Geduld und Opfer!»

Die bange Frage, die sich zahlreiche Minderheiten und vor allem die Frauen stellen ist: Was kommt danach? Eine Demokratie, wie wir sie aus West- und Mitteleuropa kennen, vermutlich nicht.

Ist der Fall des Diktators wirklich überraschend? Wieso geschieht der Fall meist abrupt? Und weshalb ist das brutalste Regime der Welt (Nordkorea) nach 77 Jahren immer noch an der Macht?

Marcel Dirsus zeigt in diesem Buch, wovon es abhängt, dass eine Alleinherrschaft implodiert. Dazu hat er akribisch geforscht und unter anderem mit Anführern von Revolutionen, mit Rebellen und Soldaten auf der ganzen Welt Gespräche geführt.

In den folgenden zehn Kapiteln gewährt er seinen Lesern einen Blick in das Innere der Machtstrukturen von Diktaturen. Gleichzeitige erklärt er, welche Faktoren den Sturz eines Diktators auslösen.

Einleitung: The Golden Gun
Die Tretmühle des Diktators
Der Feind im eigenen Haus
Das Militär schwächen
Rebellen, Waffen und Geld
Feinde im In- und Ausland
Wer schießt, verliert
Keine andere Option
Vorsicht vor dem, was man sich wünscht
Wie man Diktatoren stürzt

Anhand von Beispielen aus der Gegenwart und der Geschichte entwickelt er eine Systematik, die es erlaubt, den Mechanismus der Macht zu verstehen.

Für Diktatoren gibt es kaum Ausstiegsszenarien: Macht oder deren Verlust, der häufig mit Exil oder Tod endet. Dass ein autoritärer Machthaber gefangen genommen wird wie Saddam Hussein oder Slobodan Milosevic, kommt eher selten vor. Beide wurden unter anderem wegen Völkermords vor Gericht gestellt. Hussein verurteilt und hingerichtet. Milosevic erlebt das Ende des Prozesses nicht mehr.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem interessanten Sachbuch, das sich eingehend mit dem Sturz von Diktaturen beschäftigt, 5 Sterne.

Bewertung vom 11.02.2025
Lehmann, Astrid

Nur ein kurzer Sommer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dem frisch gebackenen Arzt Helmut, der mit der deutschen Wehrmacht die französische Küstenstadt Vannes besetzt und der jungen Französin Anne-Marie, der Helmut das Leben rettet, als sie droht, bei der Geburt ihrer Tochter zu sterben, ist - wie der Titel schon unheilvoll verkündet - nur ein kurzer, gemeinsamer Sommer beschieden. Zunächst scheint das Leben in der besetzten Stadt seinen gewohnten Gang, mit einigen Einschränkungen, weiter zulaufen. Helmut versorgt gemeinsam mit einer Klosterschwester Kranke im Kloster und macht wenig Unterschied zwischen Deutschen, Franzosen oder Juden. Für ihn sind es kranke Menschen. Doch als eine Krankenschwester, die eine überzeugte Anhängerin des NS-Regime ist, die Macht im Krankenhaus übernimmt, ändert sich so gut wie alles. Als sich Helmut weigert, ausschließlich Deutsche zu behandeln, wird er kurzfristig an die Ostfront versetzt.

Gleichzeitig erleben wir, wie Helmuts kleiner Bruder, der sechsjährige Emil, ständig im Schatten seines abwesenden Bruders steht. Seine Eltern bewirtschaften im Schwarzwald einen abgelegenen Bauernhof. Nichts kann er seiner enttäuschten Mutter recht machen, die die schwere Arbeit kaum bewältigt. Der blinde Ehemann ist ihr wenig Hilfe.

Es kommt, wie es kommen muss: Helmut kehrt nicht aus dem Krieg zurück. Der tote Sohn wird überhöht und der lebende vernachlässigt.

Als dann der erwachsene Emil im Keller der mütterlichen Wohnung einen Karton mit Briefen von Helmut findet, macht er sich auf, um in Vannes nach Anne-Marie zu suchen.

Meine Meinung:

Dieser Roman ist, wie Autorin Astrid Lehmann im Nachwort schreibt, von den Aufzeichnungen und Erinnerungen ihrer Eltern und Großeltern inspiriert worden.

Die Geschichte beschreibt das Leben in einer unmenschlichen Zeit, in der Liebe zwischen Menschen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit verboten ist.

Astrid Lehmann gelingt es durch mehrere Perspektivenwechsel die Spannung stetig zu steigern. Mir war von Beginn an bewusst, dass Helmut und Anne-Marie kein Happy-End beschieden ist. Die Story wird aus der Sicht von Helmut. Anne-Marie und Emil geschrieben, so dass sich dem Leser eine runde, wenn auch tragische Geschichte enthüllt. Sehr gut ist der Zwiespalt, in dem sich sowohl der junge als auch der erwachsene Emil befindet.

Die Geschichte lässt sich sehr gut und flüssig lesen. Die Charaktere sind sorgfältig herausgearbeitet.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der in einer unmenschlichen Zeit spielt, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.02.2025
Izquierdo-Hänni, Daniel

Gefährliches Wasser (eBook, ePUB)


sehr gut

Vicente Alapont, ehemaliger Polizist der Policia Nacional und nunmehriger Taxifahrer, kann das Ermitteln nicht lassen. Autor Daniel Izquierdo-Hänni lässt ihn nun zum dritten Mal in Valencia ein Verbrechen aufklären.

Es beginnt relativ harmlos mit einem Einbruch in der Altstadt, den Alapont aufklären soll. Recht bald wird klar, dass dahinter mehr als steckt. Wird es Vicente Alapont gelingen, den Täter, der ganz Valencia in Angst und Schrecken versetzt, rechtzeitig zu entlarven?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist mein erster von Daniel Izquierdo-Hänni und hat eine aktuelle Brisanz. Denn es geht um Wasser. Zu wenig davon ist für Mensch, Tier und Landwirtschaft eine tödliche Bedrohung genauso wie zu viel davon, wie die Überschwemmungskatastrophe von 1957 und jene Ende Oktober 2024 beweisen.

Mit Vicente Alapont hat der Autor einen sympathischen Ermittler geschaffen, der eigentlich von Mord und Tozschlag genug hatte und deshalb seinen Dienst bei der Policia Nacional quittiert hat. Mit ein bisschen Abstand findet er nun wieder Gefallen am Ermitteln, zumal er sich nicht unbedingt streng an die Regeln halten muss.

Fazit:

Mir hat dieser Krimi, der auch leise ernste Töne enthält, sehr gut gefallen. Daher gibt es 4 Sterne. Bei Gelegenheit werde ich die beiden Vorgänger nachlesen.

Bewertung vom 09.02.2025

Spargel & Erdbeeren (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ich kann es jedes Jahr kaum erwarten, bis die Spargel- und Erdbeersaison beginnt. Nachdem ich am Stadtrand von Wien, nahe den Spargel- und Erdbeerfeldern wohne, habe ich es zu den erntefrischen Köstlichkeiten nicht allzu weit. Deshalb bin ich immer auf der Suche nach Anregungen, wie ich Spargel & Erdbeeren auf den Teller bringen kann.

Dieses Kochbuch von Gräfe & Unzer hat mich nicht enttäuscht. Allerdings haben sich einige Rezepte, die weder mit Spargel noch mit Erdbeeren in Zusammenhang stehen, hineingeschmuggelt (z. B. Karotten/Möhren-Muffins, Topfenknödel mit Rhabarberkompott oder gebackene Hollerblüten).

Ausprobieren werden ich jedenfalls die Parmesansuppe (S. 15), Spargeltempura (S. 33), Kartoffel-Spargel-Curry (S. 37) sowie die Hähnchenbrust mit Spargelfülle (S. 65) allerdings ohne Erdäpfelpüree ausprobieren. Der Spargelsalat mit Erdbeeren (S. 127) vereint beides und klingt köstlich. Das Erdbeer-Tiramisu schmeckt hoffentlich besser als das Bild aussieht (S.136). Der auf Seite 140 abgebildete Klassiker Erdbeer-Biskuit-Schnitte hat schon lange den Eingang in unsere Küche gefunden.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Kochbuch, das Lust sowohl auf Spargel als auch auf Erdbeeren macht, 5 Sterne.