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MB
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Rösrath

Bewertungen

Insgesamt 443 Bewertungen
Bewertung vom 14.01.2023
Teuber, Klaus

CATAN Bd.1


gut

Mäßig! Ein Buch ist halt etwas anderes als ein Spiel und schreibt sich nicht mal ebend so 'spielend'... in einem Spiel sitzt man mit anderen um einen Tisch herum und hat zusammen Spaß! Ein Buch hingegen liest man eher für sich allein und Story und Schreibstil sollten einen gefangennehmen. Wenn ein Spielbrett, die Figuren und sonstwas aus Holz sind, ist das wunderbar... wenn aber ein so seitenreicher, als erster Teil angedachter historischer Roman, wie 'Catan' vom Spiele-Erfinder Klaus Teuber, derart 'hölzern' daherkommt - und damit meine ich den Schreibstil - dann ist das nicht gerade ein Qualitätsmerkmal. Mein Gedanke nach Abschluss des Wälzers war dann auch: "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" Natürlich ist die Geschichte gut - siehe Klappentext -, aber sie ist so nüchtern runtererzählt, dass nie richtig Spannung aufkommen will; ein guter Nebeneffekt: Es gibt seitenweise sehr viel Wissen über die Wikinger, Lebensstil, Zeitgeist etc. mitgeliefert, aber da lese ich dann lieber ein Sachbuch. In einem Historienschmöker aber möchte ich unterhalten werden. Aber bekanntlich ist ja alles auch eine Frage des persönlichen Geschmacks!

Bewertung vom 11.01.2023
Hansen, Thore D.

Taupunkt


sehr gut

Beste Unterhaltung, die nachdenklich stimmt! Thore D. Hansen hat ein mit 'Taupunkt' wichtiges Buch zur richtigen Zeit geschrieben; einen 'Klimaroman' - so der Aufdruck auf dem Buchcover; ist das jetzt ein neues Genre? Jetzt, nachdem ich die letzten Seiten gelesen habe, weiß ich warum: 'Taupunkt' ist kein Thriller, sondern ein realistisches Szenario, denn schließlich befinden wir uns mitten drin in einer gewaltigen Klimakrise. Der Autor beschreibt in seinem gut lesbaren Buch, wie sich durch eine gleichbleibende 'Schönwetterlage' die Temperaturen in der Republik derart zuspitzen, dass es zu extremer Trockenheit, zu Bränden und zu massiven Ausfällen in der Infrastruktur kommt. Er konstruiert mit seinen Figuren auch eine interessante Gemengelage: Da ist der Klimaforscher Tom, bekannt und erfolgreich, seine Tochter Miranda, die eher das private Glück sucht, da ist Toms großer Bruder Robert, Landwirt mit Alkoholproblem und Klimaleugner, und noch Roberts Tochter janne, die ihren Onkel Tom bewundert und selbst Klimaaktivistin ist. Dieses Konstrukt ermöglicht dem Roman sowohl, ein Drohszenario bezüglich des fortschreitenden Klimawandels aufzubauen, wie auch die Konsequenzen dieser sich zuspitzenden Lage unseres Planeten für das private Leben aufzuzeigen - der Riss, der Gesellschaft und Familien spaltet. Das Buch hat mich - das klingt jetzt vielleicht ein wenig zynisch - gut unterhalten, dabei aber auch betroffen und nachdenklich gemacht! Und deshalb ist es dann doch kein Thriller, sondern ein Klimaroman. Und der Autor hat eine Botschaft, nämlich dass wir unsere Zuversicht nicht verlieren dürfen... und endlich konsequent handeln müssen, was auch bedeutet, es nicht jeder Bevölkerungsgruppe recht machen zu können. Der Klimawandel erfordert eine Neuanpassung unseres Verhaltens.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2023
Roffey, Monique

Die Meerjungfrau von Black Conch


sehr gut

Märchenhaft - wahrlich märchenhaft. Trotz anfänglicher Skepsis - meine Befürchtungen, auch ausgehend vom Buchcover gingen in Richtung 'plakative Romantisierung' - hat mich "Die Meedrjungfrau von Black Conch" von Monique Roffey schnell gepackt und bis zur letzten Seite auch nicht wieder losgelassen. Und mir ist wieder einmal deutlich geworden, dass man sich nie nur am äußeren Schein orientieren sondern vielmehr unter die Oberfläche schauen sollte. Und wirklich gute Märchen transportieren wichtige Botschaften unter der Oberfläche - wie auch die "Meerjungfrau" (die im Buch stets als 'Meerfrau' bezeichnet wird). Der Klappentext beschreibt die Handlung: Fischer rettet Meerjungfrau, diese verwandelt sich an Land in eine begehrenswerte und eigensinnige Frau, die natürlich Anfeindungen ausgesetz ist, und in ihrem Versuch, einem Fluch zu entkommen und ein eigenes, neues Leben zu beginnen... (darf nicht zuviel verraten!). Die Themen unter der Oberfläche: Wandlung, Anderssein, Liebe, Außenseitertum, Gemeinschaft, Mann-Sein, Frau-Sein, Rassismus und Kollonialismus... und ohne erhobenen Zeigefinger... und das alles wunderbar geschrieben und dabei unterschiedliche Erzählformate nutzend. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 05.01.2023
Stevens, Nica;Suchanek, Andreas

Gequält / Rachejagd Bd.1


sehr gut

Schlafprokrastination ist eine mögliche Nebenwirkung des ersten Teils der Thriller-Reihe 'Rachejagd' des Autorenduos Nica Stevens und Andreas Suchanek. Zumindest ging es mir so, dass ich beim Lesen das dringende Bedürfnis hatte, die gut und schlüssig aufgebaute Story möglichst in einem Stück zuende zu bringen - und das auf Kosten meines Nachtschlafs! Mittellange Kapitel, keine unnötigen 'Nebengleise', eine ansprechende Sprache und - bewährter Pageturner-Trick - am Ende eines jeden Kapitels ein Cliffhanger. Und eines sei vorab verraten: Nichts ist so, wie es scheint und (obwohl die Geschichte am Ende in einem fulminanten Showdown ein Ende findet) auch die endgültige Aufklärung lässt auf sich warten, so dass der zweite Band der Rachejagd-Trilogie ein 'Muss' ist. Die Figuren sind gut gezeichnet und in ihrer Persönlichkeit und in ihrem Zusammenspiel nachvollziehbar; auch die etwas gewagte Konstruktion der Handlung geht auf: Der vermeintlich drei Jahre nach der Entführung von Anna und ihrer damaligen Freundin wiedergekehrte Täter hat einen außergewöhnlichen Plan, nämlich sich dafür zu rächen, dass der Journalistin Anna damals die Flucht aus seinen Fängen gelungen ist. Er hat einen sehr ausgeklügelten Racheplan entworfen; und er scheint der Polizei und Annas Jugendfreund Nick Coleman vom FBI stets einen Schritt voraus zu sein... Und dass es zuweilen auch etwas blutig zugeht, das deutet ja das Cover bereits an. Tolle Lektüre für ein verregnetes Wochenende!

Bewertung vom 02.01.2023
Häusler, Martin

Gezählte Tage


sehr gut

"Gezählte Tage" von Martin Häusler wagt ein höchst interessantes Gedanken-Experiment: Was wäre gewesen, wenn John Lennon, (ein) Kopf der Beatles, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und seine Seele für den Erfolg an 'das Biest' verkauft hätte? Was wäre gewesen, wenn er mit diesem Pakt, geschlossen im Alter von zwanzig Jahren, bereits seine Ermordung mit 40 Jahren vorherbestimmt hätte? Die einzelnen Kapitel begleiten John Lennon von den Anfängen in Hamburg, über die Erfolge der Beatles bis hin zur Trennung der Band und dem Start seiner Solo-Karriere. Einiges ist Geschichte, anderes Fiktion - und man muss schon Kenner der Biographien sein, um dies immer genau voneinander unterscheiden zu können. Aber schließlich hat ein Roman ja nicht die Absicht, die Wahrheit zu verkünden. Wenn wir an John Lennon denken, denken wir v.a. an 'Imagine' und 'Give Peace a chance' - aber niemand ahnt, dass John auch im Namen eines 'himmlischen Auftrags' unterwegs ist - nämlich das Gute in der Welt zu stärken und ein Gegengewicht zum Bösen zu sein. Wir erfahren, dass die Beatles nicht immer ganz so brav waren wie man meint, wir erfahren einiges über die Stimmungen in der Band, wir bekommen einen Einblick in die Trennungsphase der Band und in die nicht immer spannungsfreie Beziehung zwischen John und Paul; wir erleben John als innerlich zerissene Persönlichkeit auf der Suche nach einem Leitstern und nach sich selbst, als Drogengebraucher und -missbraucher; wir bekommen Einblick in seine Liebesbeziehung zu Yoko Ono und May. Die Stärke des Buches ist eindeutig die Idee! Um das romanhafte deutlicher herauszustellen, hätte ich mir mehr Fantastik gewünscht und eine tiefere Ausleuchtung der Personen. Gelungen ist der Roman immer dann, wenn er sich Zeit nimmt für Dialoge und innerpsychische Prozesse - weil genau das den Unterschied macht zu einer Biographie. Aber wer sich als Leser auf das 'Gedanken-Experiment' einlässt, der wird durch ein schönes Leseerlebnis belohnt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.12.2022
Wait, Rebecca

Meine bessere Schwester


ausgezeichnet

Ein großer Lesegenuss! Der britischen Schriftstellerin Rebecca Wait ist mit ihrem dritten in Deutschland veröffentlichten Werk "Meine bessere Schwester" etwas ganz Großes gelungen - ein Roman, den man nur schwer aus der Hand legen kann, in dem die einzelnen, durchaus längeren Kapitel und Erzählperspektiven gut miteinander verknüpft sind. Ich muss sagen, dass der Titel des Originals ("I'm sorry you feel that way") es weit besser auf den Punkt bringt, was den Inhalt der Geschichte betrifft. Die Story startet mit der Beerdigung von Tante Katy, die über mehrere Jahre an einer Schizophrenie erkrankt war; anlässlich der Beerdigung kommt es zum Zusammentreffen der Familie und sehr schnell wird klar - da stimmt so einiges nicht. Wie geht's dann weiter? Einen breiten Raum nehmen die Kindheits- und Jugendjahre der zweieiigen Zwillings-Schwestern Alice und Hanna ein, sowie die Geschichte von Mutter Celia; hinzukommen der etwas ältere Bruder Michael und der eher mit seinem Job verheiratete Vater. Über 500 Seiten hinweg beschreibt Rebecca Wait mit psychologischer Rafinesse, die Schwierigkeiten der einzelnen Figuren mit den Anforderungen des Lebens klar zu kommen, in Beziehung zu anderen zu treten, Freundschaften zu finden, überhaupt Beziehungen einzugehen, die eigenen Emotionen zu managen. (Die ewige Frage: Wie viel vom eigenen Leben der Autorin steckt da drin?) Niemand ist in diesem Szenario perfekt, es wird 'viel gescheitert' und jede Figur hat ihren ganz eigenen Kampf mit sich selbst und seiner Rolle. Und selbstverständlich bleibt es nicht bei der Vorgeschichte zum Eröffnungskapitel 'Beerdigung' - der geneigte Leser erfährt auch, wie es weitergeht; und eines sei verraten - die Figuren entwickeln sich. Ich habe schon lange keinen Roman mehr gelesen, der einen derart differenzierten Einblick in unterschiedliche Seelenleben gewährt. Hut ab!

Bewertung vom 27.12.2022
Winter, Solomonica de

Das Gesetz der Natur


gut

Die Reise zum roten Berg... und dann? In einhundertfünfundsiebzig Kapiteln führt uns die junge Autorin Solomonica de Winter zum Buch der Bücher. Eine Reise über 6oo Seiten, hineingelegt in eine Welt, die Jahrzehnte nach der unseren gekommen ist. Eine nicht näher beschriebene Katastrophe hat offensichtlich die Menschheit extrem ausgedünnt; die Überlebenden haben sich (wohl auf dem amerikanischen Kontinent) in ‚Nationen‘ organisiert; daneben gibt es die ‚Nichtzugehörigen‘, die sich in marodierende Banden zusammengeschlossen haben. Und es gibt die Mutanten, die offensichtlich katastrophenbedingt ‚Genveränderten‘; die Mutanten sind aber offensichtlich als Bedrohung empfunden und bis auf die Protagonistin Gaia Marino alle getötet worden. Gaia, am Rande ‚der Gesellschaft‘ lebend ist durch einen Lehrer / Leser und durch einen Jäger / Kämpfer ausgebildet worden und hat offensichtlich einen zunächst nicht näher beschriebenen Auftrag zu erfüllen – die letzten Bücher zu finden. Zudem ist Gaia schwanger und trägt die Hoffnung auf Zukunft in sich. Die 600 Seiten rasen von einem Abenteuer zum nächsten; Gaia geht unterschiedliche Allianzen ein und ist permanent damit beschäftigt für sich zu klären, ob sie nun eine Gute oder eine Böse sei, weil sie auf ihrem Weg so viele getötet hat. Da das Werk auf drei Teile angelegt ist, bleibt es am Ende unbefriedigend und lässt die Lesenden mit vielen Fragen zurück. Ich muss aber eines sagen, der Schreibstil der Autorin hat mich dann doch in ihre Fantasy-Geschichte hineingezogen… und insgesamt hat es auch etwas sehr Archaisches… wobei ja niemand weiß, ob wir nach der drohenden großen Weltkatastrophe wieder im Mittelalter beginnen, simplen Glaubenssystemen anhängen und gegeneinander mit Bogen, Schwert und Speer ins Feld ziehen. Allerdings deutet die gegenwärtige Weltlage ja auch ohne die ganz große Katastrophe in genau diese Richtung.

Bewertung vom 21.12.2022
Pulley, Natasha

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit


gut

Was wäre wenn? In einem Science-Fiction-Roman hätte wohl ein Zeitreiseportal im Mittelpunkt der Handlung gestanden. Hier aber sind es zwei Säulen im Meer, nahe bei einem Leuchtturm, bei deren Durchquerung sich ein Sprung in eine andere Zeit ereignet. Natasha Pulley hat sich für ihren Fantasy Roman grob gesprochen zwei Zeiten ausgesucht - das ausgehende achtzehnte und Beginn des neunzehnten Jahrhunderts sowie das ausgehende neunzehnte und Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts; damit hat sie einen historischen Zeitraum ausgewählt, der durch radikale Umwälzungen in Technik und Gesellschaft wie auch durch kriegerische Auseinandersetzungen geprägt ist, Zeiten also, welche jahrhundertealte Gewissheiten erschüttert haben. Wer den Klappentext gelesen hat, fragt sich sicher, ob die Story der art packend ist, dass man das Buch kaum aus den Händen legen kann... und ob es Joe Tournier gelingen wird, die Person zu finden, die ihm den Brief aus der Vergangenheit geschrieben hat... Und ob es vielleicht Konsequenzen für die Gegenwart hat, wenn man in der Vergangenheit etwas verändert: "Ich glaube, es gibt da inzwischen eine ganze Menge Treibgut zwischen den Zeiten. Und das bleibt wohl nicht ohne Auswirkungen." Wir erleben den Protagonisten immer wieder sehr verwirrt... und genauso ist es mir beim Lesen auch hin und wieder ergangen. Fazit: Unterhaltsam. Ich reise mal schnell zwei Jahre in die Zukunft und schaue mal, was sich Natasha Pulley für ihren nächsten Roman hat einfallen lassen ;-))

Bewertung vom 20.12.2022
Kattilathu, Biyon

Spaziergang zu dir selbst


gut

Spazierengehen mal anders. In der Tat - das Buch muss man wohl mit dem Herzen lesen, wie es der Autor im Vorwort empfiehlt - dann kann es ein persönlicher Gewinn sein! Liest man es aber mit dem Verstand, so mag man denken: Tausendmal gehört - ein Schuss Küchenpsychologie, eine Prise Philosophie und als Beilage die Weisheiten diverser Kulturen... das ganze reingepackt in einen Spaziergang durch einen Wald. Wer mit dem Verstand liest, der wird das Buch nach den ersten Seiten zuklappen und (zumindest vorläufig) ins Regal stellen, bis er dann das Gefühl bekommt, er sollte vielleicht doch nochmal reinschauen, weil da ja auch viel Wahres geschrieben steht. Und mit dem Herzen lesen heißt ja auch, sich einzulassen, sich Zeit zu nehmen, die Dinge auf sich wirken zu lassen... halt wie auf einem Spaziergang durch die Natur. Dabei immer wieder eine Rast einzulegen (nach jedem Kapitel), weil ja ansonsten auch die Rastlosigkeit droht (dieser vielbeklagte Zeitzustand... der ja vielleicht ganz besonders den Verstand-Leser kennzeichnet). Der Autor nennt die Dinge beim Namen. Der Verstand-Leser wird sie als total banal bewerten. Der Herz-Leser wird diese Einfachheit lieben - vielleicht ist die Einfachheit ja ein Gesetz der Natur... deshalb ja auch dieser Gedankengang... ich meine natürlich 'Spaziergang'. Zu jeder der 7 Etappen des Spaziergangs kann man ein kleines Video anschauen und dem Autor zuhören, wie er uns mitten in einem Wald eine Lehrstunde in Lebenskunst gibt. Da fing dann mein Verstand tatsächlich wieder an, zu bewerten... achtsamer sein, den Weg als Ziel betrachten, sich nicht vergleichen, loslassen lernen, seine Herzensmenschen nicht vergessen, seinem inneren Kind begegnen und über die Liebe zu sich selbst endlich Heimat finden...
Trotz alledem: Der Lebensratgeber ist nett aufgemacht, man kann sich zu "challenges" aktivieren lassen (da merkt man den Motivationstrainer) und bekommt Nachdenkaufgaben. Jetzt musst du dich entscheiden: Herz oder Verstand?

Bewertung vom 16.12.2022
Mathieu, Nicolas

Connemara


sehr gut

Mathieu macht den Unterschied! Auch in seinem neuen Roman "Connemara" hat es der französische Autor aus Nancy einmal mehr geschafft, dass ich ein Buch nicht mehr aus den Händen legen wollte. Dies aber weniger, weil er über die gut 400 Seiten hinweg einen fortlaufenden Spannungsbogen kreiiert, sondern vielmehr wegen der Präzision seiner Beschreibungen, wegen seiner sehr direkten und präzisen Sprache. Und weil bei Nicolas Mathieu immer auch alles politisch ist, ist sein Kernthema die Begegnung zweier sozialer Schichten, die sich in Person des ehemaligen Eishockeyspielers Christophe und der erfolgreichen Hélene: Christophe aufgewachsen in einem kleinen Ort, dort verblieben, eher Vertreter der unteren Mittelschicht, ausgestattet mit einem eher klassischen, männlichen Rollenverständnis und Hélene, zwar mit Christophe zur Schule gegangen, aber Karriere gemacht, in die Nähe von Nancy gezogen und in die obere Mittelschicht aufgestiegen. Und es lässt sich schon relativ früh ahnen, dass das, was die beiden anfänglich füreinander attraktiv macht, bereits den Kern das Scheitern enthält. Im Groben teilt sich die Handlung in zwei Zeitebenen, die Jugendjahre und die Zeit der Wiederbegegnung der Erwachsenen, beide beziehungsenttäuscht und (mäßig) auf der Suche, am 'Vorabend' der Wahl des neuen französischen Präsidenten Emmanuell Macron. Zwei Milieus, die sich begegnen, zwei Menschen die zwar neugierig aufeinander sind, den Sex miteinander zelebrieren, am Ende aber in ihrem Liebesversuch wegen zu großer Unterschiede scheitern - eine französische Liebesgeschichte halt! Das Ende der Beziehung kann man wohl kaum besser beschreiben: "Sie wechseln noch ein paar Worte, ein Küsschen, das Gespräch endet, und er tritt aufs Gaspedal, das Herz in Scherben."