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hamburger.lesemaus
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Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 460 Bewertungen
Bewertung vom 11.12.2023
Neuhaus, Nele

Monster / Oliver von Bodenstein Bd.11


ausgezeichnet

MONSTER
Nele Neuhaus

Wow, war das spannend!
Ich habe das dicke Buch in nur drei Tagen durchgesuchtet und konnte es einfach nicht mehr aus der Hand legen.

Eine 16-Jährige wird tot aufgefunden. Das Mädchen wurde mit einem Schal erdrosselt. Schnell fällt der Verdacht auf einen afghanischen Asylbewerber. Dieser wurde gerade aufgrund einer Haftbeschwerde aus der Untersuchungshaft entlassen und dass, obwohl er als schuldig befunden und verurteilt wurde.
Die Kommissare Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff aus dem K11 werden mit dem Fall beauftragt. Doch als sie den jungen Afghanen vernehmen wollen, ist dieser unauffindbar.

Wenige Tage später läuft ein Mann einem jungen Ehepaar vors Auto und stirbt noch an der Unfallstelle. Er muss ohne Schuhe vor irgendetwas auf der Flucht durch den dichten Wald gewesen sein, denn sein Körper weist zahlreiche Blessuren und Hundebisse auf. Es stellt sich heraus, dass der Tote gerade vor ein paar Tagen aus dem Gefängnis entlassen wurde. Eingesessen hatte er, weil er bei einem Straßenrennen eine schwangere Frau überfuhr. Auch hier nimmt das Team Bodenstein/Kirchhoff die Ermittlungen auf. Es dauert nicht lange, bis sie ein Muster erkennen, dass riesige Wellen schlagen wird und bis in die Zeit der RAF zurückreicht.

Es geht um Flüchtlingspolitik, Rechtsprechung, Fremdenfeindlichkeit und Selbstjustiz. Brisant und hoch aktuell.

Auch der 11. Band des Ermittlungsduos von Bodenstein und Kirchhoff von Nele Neuhaus hat mir wieder sehr gut gefallen. Der Spannungsbogen war ab der ersten Seite gespannt und ließ bis zur letzten Seite nicht einmal nach und da kann ich auch über die wenigen Lektoratsfehler hinwegsehen, die sich hier eingeschlichen haben.

Fazit:
Packend, brillant und eine große Leseempfehlung für alle Krimifans!
5/ 5

Bewertung vom 09.12.2023
Baltscheit, Martin

Papa liest vor


ausgezeichnet

PAPA LIEST VOR!
Martin Baltscheit

Papa kommt von der Arbeit und liest ihr vor - jeden Abend, bis sie eingeschlafen ist und auch dann liest er einfach weiter. Er liest beim Frühstück und hört auch auf dem Weg zur Schule nicht auf. Dabei ahmt er die Stimmen vom Frosch bis zur Prinzessin nach.
Sein Vater hatte ihm nie vorgelesen, aber seine Mutter schon.
„Seitdem liest er. Jahr für Jahr. Tag für Tag. Buch für Buch."
Und seine Tochter liebt ihn dafür und denkt. „Wenn ich groß bin, lese ich zurück.“
Aber bis dahin genießt sie jede Minute mit ihm während ihrer gemeinsamen Lesezeit.


Was für ein liebes Buch. Auf 48 Seiten, mit offensichtlich wenig Text, hat Martin Baltscheit seine Liebe zu Büchern und dem Vorlesen zu Papier gebracht - eine wahre Liebeserklärung, an der sich viele Eltern ein Beispiel nehmen sollten!
Ganz besonders gut gelungen sind die Illustrationen des Autors, die meine Kinder wirklich zum Lachen gebracht haben. Mit diesen Bildern vervollständigt sich das Buch, animiert zu Fragen- und Antwortspielen - was für ein Kommunikationsgeschenk.
Gerne empfehle ich dieses Buch für Kinder ab 3 Jahren.
5/ 5

Bewertung vom 07.12.2023
Bomann, Corina

Wunderzeit / Waldfriede-Saga Bd.4 (eBook, ePUB)


sehr gut

WUNDERZEIT - Die Schwestern vom Waldfriede lV
Corina Bomann


Berlin, Zehlendorf 1948:
Im letzten Band der Waldfriede-Saga steht Lernschwester Christina im Vordergrund der Geschichte.

Alleine, ohne Familie, hatte Christina sich bis nach Berlin durchgeschlagen. Ihr Vater und Bruder waren im Krieg gefallen. Als die Russen auf dem Vormarsch waren, schickte ihre Mutter sie mit dem letzten Konvoi, der Ostpreußen verließ, aus der Stadt - für sie selbst war kein Platz mehr. Doch unterwegs passierte Schreckliches und Christina wurde verletzt in das Krankenhaus Waldfriede eingeliefert. In Schwester Hanna fand sie eine Vertraute und fast so etwas wie eine Ersatzmutter.
Christina, die seit dem Vorfall unter einem schweren Trauma leidet, durfte im Waldfriede als Haushaltshilfe bleiben.
Jetzt, 2 Jahre später, beginnt sie eine Lehre zur Krankenschwester.

Der Krieg ist seit 3 Jahren beendet, doch man spürt die Nachwehen überall. Es mangelt an Lebensmitteln und Materialien - der Schwarzmarkt blüht und die Preise dort sind verheerend.
Als die Deutsche Mark gegen den Willen der Sowjetunion eingeführt wird, riegeln diese Berlin ab. Die Alliierten reagieren mit einer Luftbrücke. Im Minutentakt landen Flugzeuge, sogenannte „Rosinenbomber“, am Flughafen Berlin Tegel und versorgen die Stadt mit Lebensmitteln, Kohle und benötigten Materialien.
Hier am Flughafen Tempelhof arbeitet der Mechaniker Peter, den Christina durch einen Zufall kennenlernt. Noch ahnt er nicht, dass sein größter Traum mit ihren Wünschen nicht kompatibel ist. Ob sie trotzdem eine gemeinsame Zukunft haben, müsst ihr selber herausfinden.

Auch dieses Mal ist es Corina Bomann sehr gut gelungen, Fiktion mit wahren Begebenheiten zu vereinen - ein wirklich guter Abschluss der Waldfriede-Saga.
Das Buch lässt sich zügig lesen, das Ende ist stimmig und alle Geschichten sind zu Ende erzählt.
Auch wenn ich jedem empfehlen würde, die anderen Bände vorab zu lesen, bin ich mir sicher, dass man dieses Buch auch verstehen und mögen würde, ohne deren Vorgänger gelesen zu haben.
Gerne empfehle ich dieses Buch, sowie jeden einzelnen vorherigen Band denjenigen, die fesselnde, jedoch seichtere Geschichten mögen.
4/ 5

Bewertung vom 04.12.2023
Nordquist, Lina

Mein Herz ist eine Krähe


ausgezeichnet

MEIN HERZ IST EINE KRÄHE
Lina Nordquist

„Die Sonne schien durch das Fenster und wärmte Tone Amalies Locken. Aber niemand wird satt davon, dass man ihm über den Kopf streicht.“ (S. 82)

Norland um 1900:
Unni, Ehemann Armod und Sohn Roar fliehen aus Norwegen. Hätte Unni nicht fliehen können, wäre sie wegen Hurerei und mehrfachen Mordes ins Irrenhaus gekommen. Doch die Flucht gelang ihr und so suchen sie ein neues Zuhause - in einem anderen Dorf, wo keiner etwas von ihrer Geschichte weiß.
In Schweden finden sie mitten im Wald eine unbewohnte Kate. Der Waldbauer lässt sich diese in Raten mit Feld- und Waldarbeit bezahlen. Das Schicksal meint es jedoch mit der jungen Familie nicht gut, zumal der Sommer sich dem Ende neigt und der Vorratsschrank nicht mehr aufgefüllt werden kann. Unni und Armod kämpfen ums Überleben.

70 Jahre später beerdigt Kåra gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter Bricken ihren Schwiegervater Roar.
„Schließlich wurde er aus der Kate getragen, aber die Lücke, die er hinterließ, nahmen sie nicht mit.“ (S. 167)
Jetzt sind sie allein in dem Haus, wo Roar einst mit seiner Mutter Unni, Armod und seinen zwei Schwestern lebte. In der Kate, wo sich nicht nur Verrat und Mord zutrug, sondern vieles mehr..

„Ein Haus wird schrecklich still, wenn die Freude auszieht. (S. 276)

Lina Nordquist lässt Unni und Kåra zu Wort kommen. Abwechselnd erzählen sie ihre Geschichten, die sich teilweise überlagern. Immer tiefer tauchen wir in deren Leben und Geheimnisse ein, bis wir im letzten Kapitel vor dem großen Ganzen stehen.
Schwere Kost, unglaublich gut aufgebaut, ein Debüt in feinster Sprache erzählt.
Für mich ein absolutes Jahreshighlight, dem ich eine große Leserschaft wünsche.
5+/ 5

Bewertung vom 29.11.2023
Auster, Paul

Baumgartner


ausgezeichnet

BaUmGArTnEr
Paul Auster

Was habe ich mich auf den neuen Paul Auster gefreut! Jetzt ist er da und endlich hat das Warten ein Ende!

Sy Baumgartner ist emeritierter Professor der Literatur. Seine große Liebe und Ehefrau Anna hat er vor zehn Jahren bei einem Badeunfall verloren.
Wie überwindet man so einen Schicksalsschlag von einem innig geliebten Menschen?
Erst einmal gar nicht. In lähmender Lethargie versuchte Sy einfach nur den Tag hinter sich zu bringen. Dieser Zustand hielt an, bis er das bis dahin heilige Refugium seiner Frau Anna sichtete: Ihr Arbeitszimmer. Dort fand er ihre unveröffentlichten Gedichte, die er zu einem Buch zusammenstellte. Nur durch diesen Schatz fand Sy ganz langsam zurück ins Leben und sogar zu einer neuen Liebe.

Im Mittelpunkt des Buches steht die Trauer Sys.
Indem er uns Texte seiner Frau vorliest, erfahren wir mehr über Annas Vergangenheit und später auch über das junge Paar/Ehepaar Baumgartner selbst.
Später, ab der Mitte des Buches, ist Sy dann im Mittelpunkt. In poetischer Sprache hören wir seine Herkunftsgeschichte an und lauschen Erinnerungen an Freunden und Bekannten - ab und zu schweift er ein wenig ab und kommt wieder auf Anna zu sprechen.
Außerdem begegnen wir weiblichen Personen mit dem Nachnamen Auster - das lässt darauf schließen, dass ein Teil der Handlung autobiografisch ist.

Wunderbar! Es ist wieder ein typischer Auster (Gott sei Dank!).
Das Buch lebt von seinem leicht melancholischen Erzählstil - ein zartes Buch über einem Mann, der in der letzten Lebensperiode angekommen ist und von einem Autor geschrieben, der leider selbst an Krebs erkrankt ist.
Gute Besserung Paul Auster und eine große Leseempfehlung von mir an alle Auster-Fans und diejenigen, die unaufgeregte und gutgeschriebene Texte schätzen.
4½/ 5

Bewertung vom 27.11.2023
Robben, Jaap

Kontur eines Lebens


ausgezeichnet

KONTUR EINES LEBENS
Jaap Robben

Auf zwei Zeitebenen erzählt Robben die bewegende Geschichte von Frieda Tendeloo:

- Wir treffen Frieda in ihrem frischbezogenen Zimmer im Altenheim. Ihr Mann Louis, der all die Jahre viel gesünder war als sie selbst, war ganz unerwartet gestorben. Er hatte sich die letzten Jahre liebevoll um Frieda gekümmert - sie gewaschen und gepflegt, da sie selbst auf einen Rollator angewiesen ist. Ab da war es unvermeidlich: Frieda musste in ein Altenheim umziehen. Ihr Sohn Tobias und seine schwangere Frau Nadine unterstützten sie bei der Wohnungsauflösung.
Doch jetzt mit der Lebensveränderung wandern ihre Gedanken immer öfter in ihre Vergangenheit und treffen wieder auf Otto, einen Mann, in den sie sich vor ihrer Ehe mit Louis verliebte und der sie damals tief verletzte.

- Die junge Frieda verliebt sich Hals über Kopf in den verheirateten Otto. Sie erfährt durch ihn ihre ersten sexuellen Erfahrungen und Liebe. Als sie ungewollt schwanger wird und sie ihren Eltern beichten muss, dass Otto sie nicht heiraten wird, verstößt ihre katholische Familie sie. Frieda steht ganz alleine vor einem riesigen Problem.

Wow, was für eine intensive Geschichte. Heute kann man sich kaum vorstellen, wie ledige, schwangere Frauen damals als Aussätzige behandelt wurden. Unfassbar! Traurig! Erschütternd!
Mich hat das Buch von Anfang an sehr berührt und ich kann mich den vielen Lobeshymnen auf dieses Buch einfach nur anschließen.
Etwas verwirrt hat es mich, das der Autor ein Mann ist. Wie kann ein Mann so viele intime Dinge und Gedankengänge über eine Frau wissen?
Diese Frage kann ich jetzt nicht beantworten, muss ich ja auch nicht, es ist ihm auf jeden Fall sehr gut gelungen.

Fazit:
Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann, ein Highlight, große Leseempfehlung!
5+/ 5

Bewertung vom 23.11.2023
Schirach, Ferdinand von

Regen


sehr gut

REGEN
Ferdinand von Schirach

„[…] Ambivalenz. Das ist das Schlüsselwort unserer Zeit: Ambivalenz. Es ist heute nicht mehr möglich, etwas zu sagen, ohne sofort das Gesagte wieder in Frage zu stellen. Ambivalenz - das ist der Kern unserer sich ständig verfeinernden Zivilisation.“ (S. 31)

Unser Protagonist wurde zum Schöffen berufen. Doch dieser fühlt sich nicht in der Lage, dieser Berufung nachzukommen. Nicht, dass er es nicht könnte, weil er zum Beispiel gerade verhindert oder krank sei. Nein, Schöffe zu sein bedeutet über andere Menschen zu urteilen, Recht zu sprechen, und es setzt eine Kompetenz voraus - eine Kompetenz, die er als langweiliger Schriftsteller nicht hat, so meint er.
Und so reflektiert unser Protagonist sein Leben und kommt vom Höckchen auf Stöckchen: Er erzählt von Hemingway, den griechischen Göttern, bleibt bei einem Frühstück mit Tiffany und erklärt uns den wahren Grund, warum viele Tropenstrände weiß sind, bis hin zu Willy Brand.
Es ist ein wahrer Erguss, der über uns einhergeht - erzählt, wie wir es von Ferdinand von Schirach gewohnt sind, in einer sachlichen, vollkommenen und schlichten Sprache.
Die Zeilen über die Ambivalenz im Leben, der Part mit den Papageifischen und dem Cabrio sowie die 80/20%-Variante haben mich vortrefflich unterhalten, dabei muss erwähnt werden, dass die Geschichte nur 57 Seiten umfasst. Anschließend ist noch ein großartiges Interview mit dem Autor abgedruckt, dass man aber auch online finden würde.

Fazit:
Klare Worte gepaart mit trockenem Humor, das Buch ein wenig zu kurz, dennoch wunderbar!
4/ 5

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.11.2023
Gneuß, Charlotte

Gittersee (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

GITTERSEE
Charlotte Gneuß

Gittersee, DDR 1976:

„Das hätten sie gleich erzählen müssen, jetzt ist es Beihilfe zur Republikflucht.“

Eigentlich wollte Karins Freund sie zum Wochenendausflug mitnehmen. Aber die 16-jährige Karin traute sich nicht, ihren Vater um Erlaubnis zu fragen. Niemals hätte er sie mit Paul und seinem Freund über das Wochenende zum Zelten gelassen. Schließlich muss sie sich ja um ihre kleine Schwester kümmern - und Oma zur Hand gehen - und ihrem Vater Gesellschaft leisten. Alles wie immer.
Doch dann kommt es ganz anders: Paul kommt von dem Wochenendausflug nicht zurück - er ist in den Westen geflohen.
Und ganz plötzlich ist Karin im Mittelpunkt der Stasi. Diese glaubt ihr nicht, dass sie von der Flucht ihres Freundes nichts wusste. Immer stärker wirkt die Staatssicherheit auf das junge Mädchen ein, bis ihr ganzes Leben aus den Fugen gerät.

Charlotte Gneuß hat es wunderbar verstanden, den grauen Alltag in der DDR, das gegenseitige Misstrauen und die tägliche Leier des Staates über die Vorteile des Sozialismus und die Nachteile des Kapitalismus herauszuarbeiten.
Der Schreibstil der Autorin ist speziell und gefiel mir außerordentlich gut.
Für mich als Wessi wirkt diese DDR-Geschichte sehr authentisch und deshalb spreche ich gerne eine Leseempfehlung aus.
4½/ 5

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.11.2023
Öziri, Necati

Vatermal


ausgezeichnet

VATERMAL
Necati Öziri

„Ich werde diese Geschichten aufschreiben, dir und meinen beiden Halbbrüdern. Damit sie wissen, dass sie noch einen Bruder und auch eine Schwester hatten, damit sie erfahren, wem ihr Vater nie Vater war, damit sie schätzen lernen, wie viel Zeit und Liebe sie von dir bekommen.“ (S. 20)

Arda liegt mit einer Autoimmunhepatitis im Krankenhaus und weiß nicht, ob er dieses lebend verlassen wird.
Er schreibt seine Lebensgeschichte für seinen Vater auf, für einen Menschen, an den er fast keine Erinnerungen hat. Dieser hatte seine Familie ohne ein Wort des Abschieds vor Jahren verlassen. Dieses Ereignis hat nicht nur sein Leben geprägt und dramatisch verändert, sondern auch das der Mutter Ümran und Schwester Aylin. Zwei Frauen, die nie einen besonderen Draht zueinander hatten und seit frühester Kindheit immer im Streit lagen.

„[…] wird mir klar, dass ich schon immer der Klebstoff war, der meine Mutter und meine Schwester zusammengehalten hat.“ (S. 83)

Dabei wollte doch seine Mutter alles besser machen. Besser als ihre eigene Mutter, die ihre Kinder damals nach dem großen Erdbeben einfach bei der schrecklichen Tante in der Türkei zurückließ und sie erst Jahre später nach Deutschland nachholte.
Doch so gut ihre Vorsätze auch waren, das Leben kam für Ümran anders.

Wow, was für ein großartiges Debüt!
Ümrans, Ardas und Aylins Leben in Rückblicken erzählt, ist feinfühlig, traurig, authentisch und bewegend. Ganz besonders gut gefielen mir die wechselnden Erzähler-Perspektiven.
Ein Buch, das mich sehr berührt hat und zu Recht auf der Shortlist 2023 stand - aber leider nicht gewonnen hat.
Von mir gibt es eine große Leseempfehlung.
5/ 5

Bewertung vom 15.11.2023
Kennedy, Louise

Übertretung


ausgezeichnet

ÜBERTRETUNG
Louise Kennedy

Ach, an dieser Stelle muss die wunderschöne Covergestaltung des Steidl-Verlags einmal erwähnt werden. Diese Leineneinbände sind einfach wunderschön und ein wahrer Hingucker! ❤️📓 #coverliebe und #schockverliebt

Nordirland 1975:
In Belfast eskalieren die Troubles: Jeden Tag explodieren Bomben, Autos brennen und unschuldige Zivilisten werden ermordet. Protestanten und Katholiken sind Feinde und töten sich gegenseitig.
In diesen Unruhen lebt die katholische Grundschullehrerin Cushla Lavery inmitten einer Vorstadt, die überwiegend von Protestanten bewohnt ist.
Hier betreibt ihr Bruder Eamonn den Pub, den einst seine Mutter Gina führte. Er versucht sich bedeckt zu halten - unauffällig zu sein und am besten seine Konfession zu verschweigen. Doch seine Mutter und Schwester halten sich nicht an seine Regeln:
Gina trinkt - und das schon zum Frühstück und hat im Anschluss ihre Zunge nicht immer unter Kontrolle.
Doch das große Sorgenkind ist seine unverheiratete Schwester. Sie lässt sich mit einem verheirateten Protestanten ein. Doch damit nicht genug. Als der kleine katholische Davy von den Klassenkameraden gemobbt wird, setzt sie sich für ihn ein und das wiederum hat verhängnisvolle Folgen …

Louise Kennedy hat das Leben in Nordirland, in den 70er-Jahren, die verheerende Wohnungssituation, die Verzweiflung der Menschen, gepaart mit Ausweg- und Arbeitslosigkeit sowie der allgegenwärtigen Angst der Bürger vor Attentaten, unglaublich gut dargestellt. Brutal, ergreifend und eindringlich sind ihre Schilderungen - ich hatte das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Langsam baut die Autorin die Spannung auf, bis sie zum Ende kaum noch auszuhalten ist.
Ein sehr gutes Buch, das ich euch unbedingt empfehlen möchte.
4½/ 5