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Brombeere

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Insgesamt 238 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2022
Vogt, Judith C.;Vogt, Christian

Schildmaid


sehr gut

Worum geht es?
Ein Schiff, beinahe nur mit Frauen, sticht in See um nichts geringeres als Ragnarök zu verhindern.

Worum geht es wirklich?
für einander einstehen, Selbstbestimmung und Freiheit

Lesenswert?
Ja, in meinen Augen ein wirklich gutes Buch. Es ist nicht nur die Tatsache, dass es hier um ein von Frauen geführtes und gesteuertes Boot geht. Das wäre zu wenig. Es sind so viele kleine feine und wunderbare Szenen, die in diesem Buch vorkommen.
Das große Ganze, nämlich die Reise mit dem Boot, ist recht klassisch abenteuerlich. Die Reisenden besuchen mehrere Stationen, bis sie final einen letzten Kampf austragen müssen. Soweit ist das erst einmal nichts neues. Muss es aber auch nicht. Ich finde, der Reiz dieses Buches besteht darin, dass es eben altbekannte Elemente und moderne Elemente miteinander verbindet.
So auch die Erzählweise. Zu Beginn gleicht die Geschichte, die Art des Erzählens, einer sagenhaften Struktur. Viele Namen und sehr kurze Abschnitte stellen die handelnden Figuren vor. Wer - wie ich - sich mit dieser Art des Erzählens schwer tut: Sie ändert sich im Laufe der Zeit. Und ihr müsst euch nicht alle Namen merken. Im Verlauf der Handlung versteht man, wer relevant ist. Auch, wenn man zu Beginn etwas überfordert ist. Später ist der Erzählstil dann „bekannter“ und man kann sich eher auf die Handlung konzentrieren. Viele „nordische“ Begriffe lassen das ganze stimmungsvoll werden. Hierzu findet man auch ein Glossar am Ende des Buches.
Wirklich positiv ist mir aufgefallen, wie viel Repräsentation es in diesem Buch gibt. Möglicherweise also Achtung, Spoiler: Es ist egal ob man gehörlos ist, Gebärdensprache spricht oder eine Kriegerin of Colour ist. Ob man starke Regelschmerzen hat, ob man überhaupt eine Gebärmutter hat. Man kann Mutter sein oder keine Mutter sein oder die Mutter eines toten Kindes. Man kann Ehefrau, Witwe, lesbisch oder bi sein. Man kann trans sein oder genderfluid. Man kann hart und stark sein, oder gefühlvoll und emotional. Oder mehreres zeitgleich. Es finden sich einfach unterschiedliche Menschen zu dieser Reise zusammen, die alle unter der patriarchalen Struktur leiden und die für ihre Selbstbestimmung eintreten. Dabei gehen die beiden Autor*innen damit wohlwollend um, ebenso wie die Besatzung. Überforderung in der Rolle der Mutter, toxische Beziehungen, toxische Männlichkeit und Erwartungshaltungen - all das spielt hier eine Rolle.
Vielleicht ist die Handlung an sich nichts grundlegend neues. Das macht aber nichts. Ich finde es großartig, wie hier gezeigt wird, dass bei Fantasy und historischer Fantasy Diversität möglich ist. Und zwar ohne Drama, sondern eben ganz normal. Nichts, aber auch gar nichts, geht von der Spannung und dem Weltenbau verloren, nur weil man eine diverse Gruppe hat!

Bewertung vom 14.03.2022
Vigan, Delphine

Die Kinder sind Könige


gut

Umsetzung nicht überzeugend.

Worum geht es?
Mélanie präsentiert sich, ihre Familie und vor allem ihre zwei kleinen Kinder im Internet, sichtbar für Millionen Follower. Bei einem Versteckspiel taucht ihre Tochter Kimmy, bekannt und geliebt, dann nicht wieder auf.

Worum geht es wirklich?
Sichtbarkeit, Druck und Privatsphäre

Lesenswert?
Nein, trotz super interessantem und wichtigen Thema konnte mich die Umsetzung nicht begeistern. Was hat mir gefallen? Der Aufbau der Geschichte war gut gewählt in verschiedenen Jahrzehnten und somit verschiedene Sicht auf Präsentation in der Öffentlichkeit. Und auch die Wahl der Protagonistinnen fand ich gut: Einmal Polizistin Clara und dann Influencerin Mélanie. Der Roman deckt dabei viele verschiedene Themenbereiche ab. Das Erwachsenwerden, der Wunsch nach Sichtbarkeit, der Einfluss der Eltern, dann später wird die Geschichte zu einem aufregenden Kriminalfall. Dessen abruptes Ende hat mich ein wenig überrascht und war mir zu schnell. Weiterhin interessant waren die verschiedenen Layouts, die Einbindung von Polizeiverhören und -sichtungen. Sprachlich angenehm lesbar, bei der mir vorliegenden Auflage jedoch noch Rechtschreibfehler enthalten. Übersetzung wirkt manchmal hölzern bzw. Worte sehr eingedeutscht.
Das Thema ist wie erwähnt interessant und notwendig.
Nicht gefallen haben mir die Charakterdarstellungen. Beide Frauen meiner Meinung nach sehr einseitig beschrieben. Bzw. Mélanies Job als Influencerin wird eher ins lächerliche gezogen. Die Tatsache, dass sie zum Beispiel unter Druck stehen wird, weil sie das gesamte Familieneinkommen verdient und gar nicht so einfach Werbeverträge ablehnen kann, bleibt unerwähnt. Natürlich darf man das Prinzip kritisieren, den Konsum. Aber es nur einseitig zu betrachten ist für mich keine gute Lösung. Zeitgleich werden die Männer, die Kritik an ihr üben, eher heldenhaft dargestellt. Sie werden nicht hinterfragt. Ihre Methodik auch nicht.
Der Fall des verschwundenen Kindes wurde dann sehr abrupt gelöst, die Kapitel danach habe ich als unrealistisch und nicht zur Zeit passend empfunden.
Alles in allem hatte ich das Gefühl, die Autorin will ein wichtiges Thema besprechen, kennt sich aber inhaltlich nur damit aus, was man als außenstehende Person sieht und glaubt. Es wirkt nicht in die Tiefe recherchiert. Es ist eher ein Fingerzeig auf all die, die ihre Kinder dem Internet preisgeben.

Bewertung vom 14.03.2022
Park, Sang Young

Love in the Big City


gut

interessant aber verwirrend

Worum geht es?
Eine zeitlang ziehen Young und Jaehee gemeinsam los, beide auf Männerjagd. Ihre Erfahrungen tauschen sie dann in ihrer heimlichen WG aus. Doch Jaehee wird heiraten und Young bleibt alleine in dem ehemals gemeinsamen Partyleben zurück.

Worum geht es wirklich?
Finden, Verzeihen und Sehnsüchte.

Lesenswert?
Jein, manches hat mir mehr und manches weniger gefallen. Wie schon im Klappentext angedeutet, folgt man Young und Jaehee in ihrer wilden Lebensphase, bis Jaehee eines Tages an einem Mann hängen bleibt. Young jedoch ist weiterhin ziellos auf der Suche, scheint immer wieder zu finden und dann doch wieder zu verlieren. Darum geht es den größeren Teil des Buches, für den Jaehee und die Anfangssituation dann recht irrelevant sind. Es geht um Familie, Arbeit, das Leben in Südkorea, das Leben als schwuler Mann. Es geht um versteckte Liebe und Orte der offensichtlichen Zuneigung und darum, wie auch seine Liebhaber unterschiedlich mit ihrer Sexualität umgehen. Finde es schade, dass die Freundschaft nur so einen kurzen Teil des Buches thematisiert wird. Das hatte ich anders erwartet.
Beide Protagonist*innen könnte ich auch nach der Lektüre nicht einordnen, wie sie wirklich sind, was ihren Charakter ausmacht.
Das Buch ist gut zu lesen, bestimmte Redewendungen sind verständlich ins Deutsche übersetzt und man bekommt einen ziemlich guten Eindruck vom Leben in Südkorea. Bezogen auf Arbeit, Freundschaft, Liebe und Gesundheit. Von daher auf jeden Fall eine lohnenswerte Lektüre.
Eher schwer habe ich mich mit den ständigen Zeitsprüngen von Kapitel zu Kapitel getan, die nie mit einer Jahreszahl oder Einordnung beginnen und die man daher versuchen muss in Youngs Lebens-Timeline einzuordnen. Was mir oft nicht gelungen ist und ich daher mehrmals verwirrt von den Handlungen war. Hat zumindest mein persönliches Leseempfinden gestört und dafür gesorgt, dass ich mich nicht richtig in die Handlung einfinden konnte oder es als spannend empfinden konnte. Es waren eher lose aneinander gereihte Eindrücke und Begebenheiten.
Durch diese fehlende Struktur habe ich auch Young charakterlich nicht verstehen können, weil ich kaum erkannt habe welche Eigenschaften zu dem jungen Mann und später zu dem älteren gehört haben.
Das Buch war interessant zu lesen, der Aufbau und Umgang mit Zeitsprüngen haben mir jedoch gar nicht gefallen.

Bewertung vom 14.03.2022
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1


sehr gut

Worum geht es?
Mrs Potts badet gerade nackt in der Themse als sie glaubt einen Schuss zu hören. Doch die Polizei glaubt nicht, dass jemand in Gefahr ist und so beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln.

Worum geht es wirklich?
Zusammenhalt, Gier und Neugierde.

Lesenswert?
Ja, wunderbar unterhaltsam. Als die Polizei sich dem Fall nicht wirklich annimmt, beginnt Mrs Potts zu ermitteln und bekommt dabei nach kurzer Zeit Hilfe von zwei anderen neugierigen Frauen aus dem Dorf. Alle drei fand ich wunderbar sympathisch dargestellt mit einigen skurrilen Eigenschaften. Kam mir jedoch nie übertrieben oder unangenehm vor, stattdessen halten sie gut zusammen und bringen ein bisschen Schwung in Dorf und Ermittlungen, auch wenn sie sich nicht immer Freunde machen und ihre Handlungen nicht immer ausreichend durchdenken. So entstehen einigen lustige Situationen.
Nicht nur die Figuren, sondern das ganze Dorf war lebendig dargestellt, man lernt mehrere Dorfbewohner*innen kennen und wer mit wem zusammenhängt. Mittendrin immer die drei neugierigen Frauen, die gerne mal mit der Tür ins Haus fallen.
Der Fall an sich ist spannend, die Morde werden so unblutig wie möglich geschildert. Die Auflösung war nichts völlig neues, was ich nicht schon einmal so gelesen habe. Hat mich aber nicht gestört, ich habe mich wirklich gut unterhalten gefühlt und ein bisschen mitgerätselt und Überlegungen angestellt. Das Ende war mir ein wenig zu dramatisch, ansonsten war alles aber in sich stimmig und gut gemacht.
Sprachlich ist mir nichts besonderes aufgefallen, lässt sich gut lesen und ist an einigen Stellen wirklich lustig, ansonsten einfach positiv unauffällig. Cover ist stimmig zum Inhalt und auch der Klappentext ist treffend verfasst.
Dieses Buch scheint der erste Band einer geplanten Reihe zu sein, man kann ihn jedoch ganz gut als Einzelband lesen.
Alles in allem habe ich genau das bekommen, was ich erwartet habe: Spannende und humorvolle Unterhaltung.

Bewertung vom 20.02.2022
Prose, Nita

The Maid / Regency Grand Hotel Bd.1


weniger gut

schlechter als erwartet

Worum geht es?
Zimmermädchen Molly entdeckt einen toten Gast in dessen Suite und wird kurz danach selbst verdächtigt.

Worum geht es wirklich?
Lügen, den eigenen Platz in einem Gefüge und Ordnung.

Lesenswert?
Nein, obwohl es durchaus unterhaltsam war. Hinter dem Buch verbirgt sich meiner Meinung nach eine ganz andere Geschichte, als man auf Grund des Klappentextes erwarten konnte. Dieser klingt ja erst einmal gut und auch das Cover und die Werbung fand ich durchaus ansprechend.
Ich fand jedoch weder, dass Molly ermittelt hat, noch dass es sonderlich cosy oder humorvoll ist.
Molly, die wirklich sehr sympathische Protagonistin, hat einen Sinn für Ordnung und eine scharfe Auffassungsgabe. Wie ich gelesen habe, hat sie wohl autistische Züge, kann Redewendungen nicht deuten, ist an vielen Stellen naiv weil sie Menschen glaubt und gut in ihrem Job weil sie jede Kleinigkeit akkurat hinterlassen möchte. Die „lustigen“ Szenen entstehen also nur dadurch, dass Molly Dinge nicht interpretieren kann und Menschen beim Wort nimmt, diese sie dann ausnutzen und für ihre eigenen Ziele missbrauchen. Während Molly gutgläubig folgt und nichts schlechtes ahnt. Das finde ich in keiner Weise unterhaltsam, sondern eher schwer zu ertragen. Des weiteren ist Mollys familiärer Verlust einer engen Person ein durchgängiges Thema, das nicht nur angeschnitten wird und ich kann mir vorstellen, dass das für manche Leser*innen triggernd wirkt - worauf allerdings nicht hingewiesen wird.
Molly stellt keine aktiven Ermittlungen und Befragungen an. Vielmehr ist sie öfters in den richtigen Momenten präsent, Menschen erzählen ihr Details (weil Molly ihnen ja vertraut) und schicken sie von A nach B wodurch sie neue Erkenntnisse gewinnt. Die sie dann allerdings nicht deuten kann. Glücklicherweise gibt es im Laufe der Handlung doch noch wohlwollende Menschen, die ihr helfen und diese Puzzlestücke zusammenfügen können. Ansonsten geht es viel um Mollys Ordnungsliebe und den erwähnten Verlust.
Die anderen Charaktere bleiben sehr einseitig und sind nur Randfiguren.
Sprachlich flüssig, aber nichts besonderes. Hörbuch ganz wunderbar gesprochen!
Das Ende dieses Buches fand ich überraschend und nicht stimmig. Zusammen mit den nicht erfüllten Erwartungen an den Inhalt war diese Lektüre somit enttäuschend und ich würde das Buch nicht empfehlen.

Bewertung vom 20.02.2022
Hausmann, Romy

Perfect Day


sehr gut

spannend und verstörend.

Worum geht es?
Anns Vater wird als Mörder von zehn Mädchen festgenommen und Ann setzt alles daran, seine Unschuld zu beweisen.

Worum geht es wirklich?
Festhalten, Wahrheiten entdecken und Hoffnung.

Lesenswert?
Ja, eine spannende Suche mit vielen Wendungen im Fall. Dies ist mein erstes Buch der Autorin, daher kann ich keine Vergleiche zu den ersten Büchern ziehen. Ich fand die Situation, von der dieses Buch ausgeht und den Ablauf spannend gestaltet, die Perspektive ungewöhnlich (aus den Augen der Tochter eines mutmaßlichen Mörders) aber reizvoll. Generell konnte ich Ann bis zuletzt nicht wirklich fassen und deuten, aber das ist vielleicht auch absichtlich so gewollt. Über die anderen Personen erfährt man zwar auch Details, es reicht aber nicht für einen wirklichen Eindruck in ihre Persönlichkeit.
Schreibstil war angenehm und die unterschiedlichen Perspektiven und Zeitsprünge formen den Fall schön interessant und dennoch erfährt man nie zu viel. Spannung wird meiner Meinung nach stets aufrecht gehalten und sei es auch nur durch Wendungen, die immer wieder passieren. Allerdings - in meinen Augen glücklicherweise - keine Fitzek’schen Wendungen, die oftmals völlig abstrus wirken. Hier fand ich die Dosierung gut gewählt.
Das Thema ist kein leichtes und so manche Kapitel finde ich auch nur schwer ertragbar, aber irgendwie war auch das gut umgesetzt und nicht zu sensationsgierend.
Mit der Auflösung, dem Ende, der Begründung hadere ich ein wenig. Hat mir dann nicht ganz so zugesagt.
Alles in allem fand ich dieses Buch aber lesenswert und habe Interesse an weiteren Büchern der Autorin.

Bewertung vom 20.02.2022
Persson Winter, Fredrik

Der Gräber


gut

Hätte gut werden können.

Worum geht es?
Jedes Jahr am 6. November gräbt er sich in den Keller seiner Opfer und verschleppt sie. Dann taucht ein Manuskript für einen Thriller auf, der diese Mordserie behandelt. Ist es Fiktion? Realität? Wer hat es geschrieben?

Worum geht es wirklich?
Um Wahnvorstellungen, Belastungen durch Erwartungen und Bestrafung.

Lesenswert?
Nein, war nur eine akzeptable Zwischendurchlektüre, die eher enttäuscht hat. Cover und Klappentext sind ansprechend und haben meine Neugierde geweckt. Als Leser*in ist man in mehrere Erzählstränge involviert. Da gibt es zum einen die Geschichte rund um das Manuskript, das dem Verlag die Rettung bringen könnte. Allerdings geht es darum um die unaufgeklärte akute Mordserie. Aber das kann ja nur Fiktion sein - entscheiden die Mitarbeiter*innen des Verlags. Die andere Perspektive ist aus Sicht der ermittelnden Kommissarin, die mit dem Fall betraut ist und die entsetzt ist, als es zu einer Veröffentlichung des Buches kommt. Und dann ist da noch die Perspektive des Gräbers, der seine Taten beschreibt.
Eigentlich alles ganz spannend gemacht, aber die (in meinen Augen) künstlichen Dramen um die beteiligten Personen und ihre Entscheidungen finde ich eher übertrieben, als das sie für charakterlichen Tiefgang sorgen. Somit sind mir die Figuren trotz teilweise intimer Details fremd geblieben.
Die Handlung war zu Beginn noch recht spannend, irgendwann verhärtet sich jedoch der Verdacht und man wartet nur noch auf eine konkrete Erklärung. Die wiederum finde ich nicht ausgearbeitet genug, denn irgendwann beinhaltet das Buch immer mehr Horrorelemente und Geschichten von übernatürlichen Ereignissen. Das hat dem Ganzen einfach eine andere Richtung gegeben, als ich vom Klappentext erwartet habe und gefiel mir nicht. Für mich war das einfach nicht stimmig.
Zu den ganzen Ermittlungen und der Mordserie kommen dann noch Beziehungsproblematiken und Eifersucht (und Triggerwarnung: Kinderwunsch) hinzu, die meiner Meinung nach für eine unnötige emotionale Dramatik gesorgt haben und einfach ausgeschlachtet wurden.
Recht interessant hingegen fand ich das ganze Thema im Verlag, wie mit solch einem Manuskript umgegangen werden soll und wo wirtschaftliche Interessen des Verlags überwiegen. Das war gut gewählt und interessant gemacht.
Zusammenfassend: Wenn man einen spannenden Einzelband lesen möchte, ist man hier möglicherweise genau richtig. Vielleicht sollte man dabei aber nicht zu viel erwarten und auch für absurde Handlungsverläufe offen sein.

Bewertung vom 20.02.2022
Vida, Vendela

Die Gezeiten gehören uns


sehr gut

Zwei ungleiche Freundinnen.

Worum geht es?
Nur die beiden Freundinnen Eulabee und Maria Fabiola kennen die Küsten und Wellen so gut, bezwingen das Meer gemeinsam. Doch an einem Punkt trifft Eulabee eine Entscheidung gegen ihre Freundin und muss mit den Konsequenzen leben.

Worum geht es wirklich?
Freundschaft, Lügen und Verlust.

Lesenswert?
Ja, auch wenn ich zu Beginn noch nicht so angetan war. In kurzen Kapiteln begleitet man die beiden jungen Mädchen Eulabee und Maria Fabiola, ihre Clique und ihren Schulalltag. Als Eulabee eine Entscheidung trifft, mit der Maria Fabiola nicht einverstanden ist, verändert sich plötzlich alles und Freundinnen werden zu Fremden.
Ich habe mich zu Beginn mit der Sprache irgendwie schwer getan, fand dies im Verlauf aber dann doch sehr angenehm und gut gemacht. Zudem gibt es immer wieder Situationen, bei denen diskriminierendes oder missbräuchliches Verhalten geschildert werden. Diese Szenen waren dann für die Handlung aber nicht relevant und/oder wurden nicht richtig eingeordnet. Sondern einfach als Gegebenheit hingenommen. War beim Lesen eher schwierig zu ertragen. Dann werden noch banale Informationen eingestreut (wie etwa zur Wiederherstellung der Jungfräulichkeit), die einfach falsch sind, aber aus mir nicht erklärlichen Gründen erzählt werden müssen. Wirkte an einigen Stellen eher so, als sollten diese Szenen Aufregung erhaschen. (Konkret zu diesem Beispiel meine ich damit, dass diese paar Sätze zu dem genannten Thema nichts für die Handlung beitragen, außer dass sie ohne Richtigstellung wiedergeben, dass es bei Frauen Jungfräulichkeit gibt und diese „durch Zunähen der Vagina“ wieder hergestellt werden kann. Warum muss man so eine Behauptung wiedergeben? Selbst wenn es vielleicht ein gängiger Gedanke zu dieser Zeit war.)
Die hier erzählte Geschichte ist keine neue, hat man so schon mehrmals gelesen. Zeitgleich ist es gut erzählt, wie das Konstrukt der Freundschaft und einer Clique zu bestimmten Konsequenzen führen und was bei Missachtung dieser stillen Regeln passieren kann.
Obwohl ich an einigen Textstellen etwas auszusetzen habe und es wie gesagt auch nichts neues war, fand ich die Geschichte wirklich gut erzählt, soghaft beschrieben, fand die eingebauten Nebenhandlungen gut und habe mich schlussendlich dann doch gut unterhalten und emotional berührt gefühlt. Daher würde ich dieses Buch empfehlen.

Bewertung vom 10.02.2022
Williams, Jen

Der Herzgräber


gut

Spannend mit einigen Schwächen.

Worum geht es?
Heathers Mutter hat sich umgebracht und als ihre Tochter den Nachlass sortiert, fallen ihr Briefe in die Hände. Briefe von einem inhaftierten Serienmörder. Heather begibt sich auf die Suche danach, wie ihre Mutter wirklich gewesen ist. Während eine neue Mordserie beginnt.

Worum geht es wirklich?
Abhängigkeit, Familie und Spurensuche.

Lesenswert?
Ja, aus mehreren Gründen schon. Dennoch fand ich die Handlung an einigen Stellen eher schwach. Ein richtiger Hingucker ist auf jeden Fall schon einmal das Cover und der Klappentext macht Lust auf mehr.
Williams schreibt spannend und beginnt in mehreren Zeitsträngen eine wirklich spannende Geschichte zu erzählen. Ausgehend vom Nachlass ihrer Mutter, mit der sie kaum Kontakt hatte, beginnt Heather zu recherchieren und immer tiefer in der Vergangenheit zu wühlen. Obwohl recht viele Figuren vorkommen, kann man beim Lesen gut den Überblick behalten und möchte definitiv wissen, wie es weiter geht. Williams kann einzelne Situationen sehr szenisch und beeindruckend schildern und wahlweise Ekel, Grusel oder Spannung hervorrufen. Das hat definitiv für viel Lesespaß gesorgt und mich wirklich gut unterhalten. Sprache bzw. Übersetzung haben zwar schön zu dieser Geschichte gepasst, allerdings sind mir ein paar Flüchtigkeitsfehler aufgefallen.
Die Figuren fand ich generell interessant und auch lebendig dargestellt. Mich gestört, dass mehrfach die Männer, mit denen Heather in Kontakt tritt, nach „ihrem Typ Mann“ geurteilt werden. Zudem finde ich es unnötig, jemand anhand seiner Größe direkt als unfähigen lächerlichen Mann einzuordnen. Mit Heather habe ich die meisten Probleme, weil ich ihre Reaktionen nicht nachvollziehbar finde. Ihre Emotionalität in manchen Situationen fand ich irgendwie toll, aber ihre Ignoranz gegenüber der sich anbahnenden Gefahr (Natürlich bleibe ich in dem Haus, aller Zeichen zum Trotz. Natürlich betrinke ich mich auch noch. Natürlich renne ich alleine im Dunkeln in den Wald, während draußen vielleicht ein Mörder umgeht.) war nur schwer ertragbar und wirkte in meinen Augen recht unrealistisch. Ihre Recherchen, ihre Art der Ermittlung, empfand ich ebenfalls als gekünstelt. Dadurch dass die Protagonistin so gestellt in ihren Handlungen wirkte und auch die Plothandlung/Aufklärung irgendwann nach „zu viel“ wirkte, hat mich das Buch im Laufe der Handlung eher enttäuscht. Bei den Entwicklungen wurde das atmosphärische immer weniger und gefühlt musste auf jede schockierende Erkenntnis noch eine drauf gesetzt werden, um eine maximale Handlung zu erreichen. Finde ich nicht nötig, das Buch hätte mehr Potential gehabt.
Alles in allem ganz gute Unterhaltung, aber leider nicht so toll, wie ich zu Beginn dachte.

Bewertung vom 10.02.2022
Aydemir, Fatma

Dschinns


ausgezeichnet

berührend und mitreißend.

Worum geht es?
Als Hüseyin überraschend verstirbt müssen sich die anderen Familienmitglieder mit sich selbst, mit den anderen und mit ihrem Leben auseinander setzen.

Worum geht es wirklich?
Familie, eigene Wege und Schmerz.

Lesenswert?
Absolut, ein wundervolles Buch. Alles beginnt mit Hüseyins spontanem Tod in der frisch erworbenen Istanbuler Wohnung, während der Rest der Familie noch in Deutschland weilt. Zur Beerdigung reist nun aber die ganze Familie an - oder sollte es zumindest.
Die Vergangenheit und eigene Entscheidungen haben bei den Familienmitgliedern Wunden hinterlassen und die Familie ist sehr brüchig. Nach und nach wird jede*rm der fünf anderen Mitglieder ein Kapitel gewidmet und man erfährt die Hintergründe. Alle fünf sind grundverschieden, haben identische Situationen anders erlebt und interpretiert und anders verarbeitet.
Es gab wirklich keine Perspektive, die mich nicht gepackt hat, die mich nicht hat schlucken lassen, die nicht nach meinem Herz gegriffen hat. Nach jedem Kapitel habe ich damit gerechnet, dass ich die kommende Perspektive nicht nachvollziehen kann oder mir die Person im Mittelpunkt unsympathisch sein wird. Und dann war einfach alles so berührend, so aufwühlend und so mitreißend.
Ich habe Aydemirs Schreibstil sehr genossen, fand die Art des Erzählens interessant, gut lesbar und passend. Sie hat wunderbar lebendige Protagonist*innen geschaffen voller Leben und Emotionen. Sehr faszinierend, wie man auf nicht vielen Seiten Personen so viel Leben einhauchen kann, soviel Gefühl vermitteln kann und anhand weniger ausgewählter Szenen so lebendige Charaktere erzeugen kann. Vieles wird nicht ausgesprochen, nur angedeutet, viel Feinheit schwingt in den einzelnen Kapiteln mit.
Die große ganze Geschichte empfand ich als stimmig und interessant, fand die kurzen Einblicke in die unterschiedlichen Leben sehr authentisch.
Es ist schwierig in Worte zu fassen, was dieses Buch auslöst. Es ist schön und auch oft berührend, es birgt viel Trauer und schmerzt beim Lesen oftmals. Und dennoch (oder deshalb?) habe ich dieses Buch sehr gerne gelesen, mich davon fesseln lassen und kann es wirklich empfehlen.