Benutzer
Benutzername: 
Tintenwelten

Bewertungen

Insgesamt 529 Bewertungen
Bewertung vom 29.04.2023
Matthies, Moritz

Da ist was im Busch / Erdmännchen Ray & Rufus Bd.7 (MP3-Download)


sehr gut

Nachdem der Erdmännchen-Clan im Wald ein neues Zuhause gefunden hat und dort plötzlich sogar das Sagen hat, lassen die nächsten Probleme nicht lange auf sich warten. Denn die neue Rangordnung gefällt nicht allen Waldbewohnern, vor allem eine altbekannte Rotte Wildschweine macht Stress. Schließlich wird es Rufus zu bunt und er schlägt eine Demokratie vor, doch davon haben weder Pelztiere noch Federvieh jemals etwas gehört. Als dann auch noch drei sibirische Braunbären durchs Gehölz brechen ist endgültig Schluss mit lustig.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Erdmännchen Ray erzählt. Dieser ist seinem Clan gegenüber loyal, für seine Familie und Freunde würde er alles tun. Er ist überall beliebt und für seine legendären Partys bekannt. Sein Bruder Rufus ist das unübertroffene Superhirn des Clans, er kann sogar lesen, ein Smartphone bedienen und saugt jede Information auf wie ein Schwamm. Ein bisschen überheblich wirkt er allerdings schon, wenn er sich mal wieder im Glanz seiner Genialität sonnt. So hat jeder einzelne Charakter seine Besonderheiten und amüsanten Charakterzüge. Schade ist, dass wir auf ihren menschlichen Freund Phil nahezu komplett verzichten müssen.

Auch wenn die Bücher noch so unterhaltsam daher kommen, handelt es sich (zumindest bei diesem Teil und seinem Vorgänger) um Gesellschaftssatiren, die wichtige und aktuelle Themen aufgreifen: Flüchtlinge und Migration, Misstrauen, Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit und Hass. Sie schlagen also definitiv einen ernsthafteren Ton an als die Bände 1-5. Insgesamt wirkt dieser 7. Band aber deutlich positiver als sein Vorgänger, denn es wird sich ja zumindest um eine Demokratie und Einigkeit bemüht. Das Ende scheint zwar vermeintlich ulkig, ist aber gleichermaßen irgendwie traurig. Es zeigt: die Medaille hat immer zwei Seiten, es kommt letztendlich auf die Perspektive an.

Ich möchte euch die Reihe vor allem als Hörbuch wärmstens empfehlen! Christoph Maria Herbst erweckt die Tiere gekonnt zum Leben: jeder Charakter erhält seine eigene Stimme, was alleine schon schreiend komisch ist. Grade diese Umsetzung lässt die Geschichte garantiert doppelt so amüsant daher kommen als sie sowieso schon wäre.

Bewertung vom 26.04.2023
Tramountani, Nena

The Way We Melt / Hungry Hearts Bd.3


sehr gut

Die Geschichte um die Inhaber-Familie des Sterne-Restaurants Prisma geht weiter: Der „verlorene“ älteste Bruder und Sohn kehrt zurück. Nicolas hat seine Heimat vor Jahren verlassen, um als Fotograf Karriere zu machen. Er stößt allerdings nicht nur auf Begeisterung und Wiedersehensfreude. Vor allem sein Bruder Julian nimmt es ihm übel, dass er die Familie im Stich gelassen hat. Und auch Darcy hat ihm nicht verziehen, dass er damals geflüchtet ist, weil er sich eingesperrt gefühlt hat. In Goldbridge, in seiner Familie und bei ihr… Als die alten Gefühle für ihn wieder aufflammen, wird ihr klar, dass sie sich von ihm fern halten muss, um ihr Herz zu schützen.

Die Geschehnisse werden aus den Perspektiven beider Protagonisten erzählt, ihre Gefühle und Gedanken wirken authentisch und nachvollziehbar. Es wird wieder sehr emotional und ist teilweise ziemlich schmerzhaft zu lesen. Wir lernen Darcy von einer ganz anderen Seite kennen. In den anderen Bänden schien sie stets stark, reflektiert, hilfsbereit, lebensfroh und humorvoll zu sein. Das ist sie alles natürlich auch, doch hinter dieser Fassade sieht es zusätzlich noch ganz anders aus. Nicolas kannten wir bisher ja nur vom Hören-Sagen, weil er für seinen Job um die ganze Welt gereist ist und jetzt erst zurück kommt. Seine Mitmenschen können ihn schon für überheblich, von sich selbst überzeugt und ignorant halten, doch wir erleben sein wahres Innenleben und erkennen wie zerbrochen er wirklich ist. Mir hat gefallen, dass Darcy und Nicolas beide so kreativ sind. Alles rund um seine Fotografie, ihre Collagen und das gemeinsame Foodstyling hat mich sehr interessiert.

Die Pärchen aus den ersten beiden Bänden nehmen ebenfalls wieder großen Anteil, vor allem Julian (auch als Darcys bester Freund) und seine Freundin Tori. Es ist schön zu sehen, wie es mit allen weiter geht. Auch die Familiengeschichte nimmt auf dramatische und emotionale Art und Weise ihren Lauf.

Es geht unter anderem um psychische Erkrankungen und daraus resultierende Panikattacken. Weitere Themen können in der Triggerwarnung nachgelesen werden, die ihr am Ende des Buches findet. Diese enthält Spoiler. Wie in den Vorgängern wird auch hier Liebe nicht als Allheilmittel dargestellt, was ich gut und richtig finde. Therapie spielt dementsprechend eine Rolle.

Ich liebe nach wie vor das Setting: ein idyllisches Hafenstädtchen am Meer, wo jeder jeden kennt und alle füreinander da sind. Das familieneigene Restaurant befindet sich in einer Grotte direkt am Strand. Da kommt Urlaubsfeeling auf.

„The way we melt“ ist ein würdiger Abschluss der Hungry Hearts Trilogie. Ich habe viel über psychische Erkrankungen, Abhängigkeiten, Traumata und deren Folgen lernen können. Alle drei Liebesgeschichten waren gefühlvoll und etwas ganz besonderes.

Bewertung vom 15.04.2023
Schüttler, Alina

Reyna


sehr gut

Wir schreiben das Jahr 2075. Eine Pandemie hat den Großteil der Menschheit in Zombies verwandelt. Auch der Klimawandel hat der Welt ganz schon zugesetzt. Jedes Jahr werden 11 Absolventen der Militärakademie in Cyborgs umgewandelt - eine grausame Prozedur, die sie alle Erinnerungen und ihre Menschlichkeit kostet. Anschließend werden sie ausgeschickt, um gegen die Zombies zu kämpfen und damit die verbliebenen Überlebenden zu schützen.

Die 20jährige Reyna lebt in Delaville, der letzten Stadt der Menschen. Ihr Vater ist der Präsident und gleichzeitig ein Tyrann. Nach außen wahrt er den Schein der perfekten Familie, doch hinter verschlossenen Türen sieht das ganz anders aus. Die Beziehung zwischen seiner Tochter und einem sogenannten Ausgestoßenen ist ihm ein Dorn im Auge und so wundert es eigentlich niemanden, dass Levin für die Umwandlung ausgewählt wird. Und dennoch bricht für das Paar eine Welt zusammen. Reyna will ihren Freund unbedingt retten und schließt sie sich deshalb den Rebellen an.

Reyna ist eine starke Protagonistin, die sich von ihrem Vater trotz der möglichen Folgen nichts gefallen lassen will. Die Geschichte ist aus ihrer Sicht geschrieben und ich konnte ihre Angst, ihre Verzweiflung und ihre Wut gut nachvollziehen. Die Verbindung zu Levin war von Anfang an vertraut und dennoch schmerzhaft, weil beide ja wissen, was ihm wahrscheinlich bevorsteht. Ich mochte auch die Nebencharaktere, Linn, Molly und Kenneth sind mir aber am sympathischsten. Trotzdem hätte ich gerne über alle etwas mehr erfahren, so blieben sie leider ein wenig blass.

Auch wenn ständig etwas passiert und der Spannungsbogen stets recht hoch ist, muss ich sagen, dass mir alles ein bisschen zu „einfach“ und reibungslos abgelaufen ist. Da hätte es noch einiges an Konfliktpotenzial gegeben. Ich konnte manches Verhalten auch nicht verstehen. Die Herangehensweise war manchmal doch reichlich naiv, um nicht fast zu sagen dumm. Sie kennen ein Problem, nehmen es als gegeben hin und tun einfach nichts dagegen. What?! Das ist mir vor allem in einem nicht unbedeutenden Fall aufgefallen und hat mich ziemlich gestört. Oder sie stellen sich einer richtig gefährlichen Situation, die sie locker hätten umgehen können, weil… ja, warum eigentlich?!

Das dystopische Setting hat mir gut gefallen. Das Worldbuilding ist zwar nicht besonders umfangreich, was bei diesem Einzelband aber auch nicht unbedingt notwendig ist, da hätte es sicher mehrere Teile benötigt. Die trostlose und bedrückende Atmosphäre in der Stadt und der Wüste kommt auf jeden Fall gut rüber. „Reyna - verlorene Welt“ wird Fans von Zombies und postapokalyptischen Szenarien in seinen Bann ziehen.

Bewertung vom 11.04.2023
Kledtke, Simon A.

Sarania


sehr gut

Ein tyrannischer Herrscher, ein grausamer Krieg, eine Prophezeiung, die alles verändert.

Zwei Helden, zwei Abenteuer, zwei Schicksale.

Der 15-jährige Benalir ahnt nicht, dass der Besuch eines nahe gelegenen Dorfes erst der Beginn einer gefährlichen Reise für ihn sein wird. Als Sohn eines Schmieds führt er ein bescheidenes und dennoch glückliches Leben. Das ändert sich allerdings schlagartig als er plötzlich zum Gejagten wird. Zudem wird ihm die Aufgabe auferlegt, einen übermächtigen Gegner zu Fall zu bringen.

Um den Kontinent Sarania und dessen Bewohner vor der Bedrohung durch den Schattenfürsten Zorano zu schützen, hat es sich der junge Magier Sacerak zum Ziel gemacht den abtrünnigen Hexenmeister aufzuspüren und zu vernichten. Denn die beiden verbindet mehr als nur die Befähigung zum Wirken von Magie.

Benalir ist naiv, unerfahren und absolut nicht kampferprobt, also im Prinzip völlig unvorbereitet für seine Mission. Ich kann seine Ängste und Unsicherheiten daher sehr gut nachvollziehen. Dass er sich in wenigen Tagen den Schwertkampf und das Bogenschießen nahezu selbst beibringt und sich dann sogar jahrelang ausgebildeten Kriegern gegenüber ebenbürtig fühlt, halte ich dann allerdings doch für etwas übertrieben, aber okay.

Sacerak erweist sich als sehr geheimnisvoller und undurchsichtiger Charakter. Bei ihm weiß man letztendlich nicht so richtig woran man ist. Wir erhalten ein paar Einblicke in seine Vergangenheit, was zumindest bei mir Fragen bezüglich seiner wahren Beweggründe aufgeworfen hat.

Die beiden Protagonisten sind interessant gestaltet und ich bin gespannt ob und wann sie aufeinander treffen werden. Es gibt natürlich noch zahlreiche andere Charaktere über die wir einiges durch einen allwissenden Erzähler erfahren. Dadurch verfügen wir immer über einen höheren Wissensstand als die Figuren. Das ein oder andere Mal musste ich deswegen wirklich schmunzeln. Ich hätte mir allerdings mehr weibliche Charaktere gewünscht. Es gibt letztendlich nur ein oder zwei erwähnenswerte und diese bleiben leider eher blass.

Das umfangreiche Worldbuilding hat mir gut gefallen. Wir treffen auf verschiedene Völker: unter anderem Zwerge, Waldelfen, Meermenschen und Löwenmenschen. Am Ende des Buches finden wir außerdem eine Karte zur besseren Orientierung. Besonders ist auch, dass der Autor eine eigene Sprache für die Sarania-Saga erdacht hat. Es gibt sogar ein Glossar mit Grundlagen der milunischen Grammatik, diverse Vokabeln und Redewendungen. Richtig toll!

Eine Empfehlung für Fantasy-Leser, die schon Herr der Ringe und Harry Potter mochten.

Bewertung vom 02.04.2023
Dutter, Andreas

Starlight in Our Dreams / Zodiac Love Bd.1


sehr gut

Der 19-jährige Österreicher Felix liebt Astrologie über alles. Ganz untypisch für sein introvertiertes Fische-Wesen hat er sich tatsächlich getraut ein Auslandsstudium in Irland zu beginnen. Er ist begeistert von seiner Mitbewohnerin, seinen Kollegen bei seinem Nebenjob und der Atmosphäre des Colleges. Hier will er ein neues Leben beginnen und endlich er selbst sein. Doch dann trifft er immer wieder auf den Medizin-Studenten Owen, dessen arrogante, abweisende und schroffe Art ihn zunehmend einschüchtert. Dieser nimmt seine Begeisterung für Astrologie überhaupt nicht ernst und so fordert Felix ihn zu einer Wette heraus: Owen soll verschiedene Sternzeichen daten und Felix wird vorhersagen, wie die Dates laufen. Top, die Wette gilt!

Felix ist homosexuell, doch er hat sich nie akzeptiert gefühlt. Seine Familie schämt sich für ihn, in der Schule wurde er beschimpft und gemobbt. Deswegen ist er auch heute noch sehr unsicher, traumatisiert und hat Angst, seine Sexualität offen zu zeigen.

Owen ist sehr auf seine Karriere fixiert, er studiert Medizin aus ganz bestimmten und privaten Gründen und blockt daher jede Nähe konsequent ab.

Wir begleiten Felix und Owen bei der Überwindung kleiner und großer Hindernisse auf dem Weg zu ihrem perfect match, was wirklich sehr emotional ist, denn Angstattacken, Flashbacks, Homophobie, Krankheit, Verlust und Trauer spielen eine große Rolle. Manchmal wird er sogar ein bisschen geheimnisvoll und „düster“.

Mich hat vor allem auch der Bezug zur Astrologie überzeugen können: das war mal was ganz anderes und durch die vielen Informationen vor allem zu Beginn der Kapitel konnte ich noch viel lernen.

Es ist eine humorvolle und ebenso herzerwärmende wie schmerzhafte Male-to-Male-Romance, die unter die Haut geht. Ich freue mich schon auf den nächsten Teil, in dem es um Felix’s Kollegen Quinn gehen wird.

Bewertung vom 01.04.2023
Wimmer, Wiebke

Kill Your Beast (eBook, ePUB)


sehr gut

Monas Mutter war Britta Hannak, berüchtigte Rock-Berserkerin und unbestritten die beste Drummerin aller Zeiten. Doch die Schattenseiten des Showbusiness haben sie letztendlich das Leben gekostet. Ihre Karriere als Rockstar und der frühe Tod haben viel Leid über die Familie gebracht, daher will Mona auf keinen Fall so werden wie sie. Sie versucht mit aller Kraft den Groove zu unterdrücken, den sie offensichtlich geerbt hat. Doch irgendwann kann sie ihre Bestimmung nicht mehr verleugnen.

Die Ereignisse werden aus der Sicht von Protagonistin Mona erzählt, die nach einem einschneidenden Erlebnis in der Kindheit beschlossen hat nie mehr zu trommeln und weder mit ihrem Vater, noch irgendjemandem sonst je wieder über ihre Mutter zu sprechen. Wie sehr ihr das schadet merkt man schnell. Denn sie hat den Rhythmus einfach im Blut und diesen zu verdrängen bringt ihr ganzes Leben aus dem Takt. Sie entwickelt nervöse Ticks, eckt überall an und wird dadurch zur Außenseiterin. Das ändert sich erst als sie Ole kennenlernt, durch den sie sich langsam öffnen und selbst akzeptieren kann. Und dabei steht tatsächlich nicht unbedingt eine Liebesgeschichte im Vordergrund.

Auch wenn sie mir hauptsächlich sehr Leid tat, wurde sie mir zunehmend unsympathisch, denn sie verhält sich immer wieder ziemlich gemein, ungerecht und undankbar. Sie wird immer besser darin Lügenkonstrukte aufzubauen, die zwar eigentlich zum Schutz anderer gedacht sind, aber trotzdem. Ihre Gefühle, Ängste und Wünsche kamen allerdings sehr gut rüber, da gibt es schließlich so einiges zu verarbeiten. Zum Ende hin macht sie eine riesige (zum Glück recht positive) Entwicklung durch.

Ich muss aber zugeben, dass es mir ein Rätsel ist, wie ein 17jähriges Mädchen wirklich absolut keine Ahnung von Rockmusik, weltbekannten Songs oder Sänger:innen haben kann. Auch wenn es zuhause kein Radio gibt und dort nur klassische Musik gehört wird, hat man doch zumindest in der Schule oder bei Freunden (die es früher gab) mal was aufgeschnappt..

Ich mag die Playlist, welche alle Songs aufgreift, welche Mona im Buch begegnen.

Wir erhalten außerdem einige Einblicke ins Schlagzeug spielen und trommeln. Es werden vor allem die negativen Aspekte des Showbusiness aufgezeigt: Druck, Erwartungshaltungen, Abhängigkeiten, mangelnde Privatsphäre, Alkohol- und Drogenkonsum.

Es ist eine ebenso humorvolle wie berührende und emotionale Geschichte über Herkunft und Familie, Freundschaft, Vergebung und der grenzenlosen Liebe zur Musik. Manchmal muss man eben erst aus dem Takt kommen, um die eigene Melodie zu finden.

Bewertung vom 28.03.2023
Henry, Christina

Der Geisterbaum


sehr gut

In einer abgelegenen Kleinstadt werden zwei Mädchenleichen gefunden und doch wird sich niemand in ein paar Tagen mehr daran erinnern können… Auch der 14jährigen Lauren ist sofort klar, dass der Fall nie gelöst werden wird, schließlich ist auch der Mord an ihrem Vater immer noch ungeklärt. Warum musste ihr Vater sterben? Wie kann es sein, dass die Bewohner einer ganzen Stadt vergessen, dass immer wieder Mädchen verschwinden? Und welche Rolle spielt der berüchtigte Geisterbaum dabei?

Wir erleben einen allwissenden Erzähler und somit verschiedene Sichtweisen, so dass wir immer mehr wissen als Protagonistin Lauren und dennoch selber weiter im Dunkeln tappen. Ich habe bis zum Ende gerätselt, wer oder was tatsächlich hinter allem steckt. Spannend! Ganz besonders in Herz geschlossen habe ich Laurens kleinen Bruder David.

Es handelt sich hier um Fantasy-Horror mit einem Hauch von Krimi-Elementen. Übernatürlich, düster, gruselig, brutal, blutig und beängstigend. Das ist nichts für schwache Nerven. Neben den offensichtlich ernsten Themen, spielen auch Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Slut-Shaming eine Rolle. Der Schreibstil ist gewohnt fesselnd und mitreißend. Ich freue mich auf weitere schaurige Geschichten von Christina Henry.

Bewertung vom 21.03.2023
Kowalski, Kate

Die geflohene Geschichte


sehr gut

Worte haben große Macht, das weiß jeder in Kapitolo, der sogenannten Stadt der Figuren. Hier können erdachte Figuren lebendig werden, in dem sie aus der Fantasie-Welt in die Realität übertreten. Warum und unter welchen Bedingungen das geschieht, weiß niemand so genau. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass Figuren den Menschen gefährlich werden können. Daher muss jeder, der des Schreibens mächtig ist, seine Fingerabdrücke und eine Speichelprobe abgeben. Anhand derer kann eine Figur seinem Schöpfer zugeordnet werden, denn dieser haftet letztendlich für die Taten seiner Figuren.

Kate hatte nie Probleme mit ihren Figuren, umso geschockter ist sie, als die Polizei sie plötzlich aufsucht: eine ihrer Figuren soll einen Mord begangen haben! Um ihre Karriere zu retten und mögliche strafrechtliche Konsequenzen so gering wie möglich zu halten, begibt sie sich auf die Suche nach ihrer Figur. Dabei stößt sie auf einige Geheimnisse und wandelt außerdem auf den Spuren einer Vergangenheit, die sie bisher mehr oder weniger erfolgreich verdrängt hat.

Kate Kowalski ist nicht nur Autorin dieses Buches, sondern gleichzeitig auch die Protagonistin. Es handelt sich also im Prinzip um eine fantastische Biografie. Sie berichtet von einem Verbrechen, das angeblich eine ihrer Figuren begangen haben soll, von dem damit einhergehenden Medienspektakel und ihrer Suche nach der Wahrheit. Wir tauchen auch rund 100 Seiten in ihre Vergangenheit ein, was wirklich sehr spannend war.

Mir hat die Idee rund um Kapitolo und das Lebendig-werden von Figuren unheimlich gut gefallen. Traurig fand ich jedoch den radikalen Umgang mit ihnen. Sie werden gejagt, eingefangen und zurück in ihre Buchwelten geschickt. Nicht selten werden sie dabei verletzt oder schlimmeres. Und das, obwohl noch lange nicht alle Figuren straffällig werden. Einige fliehen sogar aus ihrer eigenen Geschichte, denn sind wir mal ehrlich: nicht jeder Figur ergeht es in Büchern gut. Daher suchen sie oft jemanden, der ihnen ein besseres Ende schreiben kann. Und dennoch sind die Angst, die Vorurteile und der Hass ihnen gegenüber groß.

Das Worldbuilding ist ziemlich umfangreich, es gibt sogar ein eigenes Justizsystem für Figuren und ihre Schöpfer. Aufgrund dessen konnte ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, warum so viele Autoren das Risiko eingehen mit nicht unerheblichen Strafen belegt zu werden. Autoren drohen hohe Bußgelder oder sogar Gefängnisstrafen für Taten, die sie eigentlich nicht selbst begangen haben.

„Die geflohene Geschichte“ ist ein Genre-Mix aus Urban-Fantasy, Krimi und Biografie-Anteilen, der mich insgesamt überzeugen und unterhalten konnte. Für Buchliebhaber definitiv eine Empfehlung.