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allegra
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Insgesamt 295 Bewertungen
Bewertung vom 19.12.2012
Höftmann, Katharina

Die letzte Sünde / Kommissar Rosenthal Bd.1


gut

Inhalt

Eine sehr schöne, junge Frau wird erdrosselt an einer Sprachschule für Immigranten aufgefunden. Kriminalkommissar Assaf Rosenthal, ein Grenzsoldat, der erst kürzlich nach Tel Aviv gekommen ist, bearbeitet seinen ersten Fall. Bald zeigt sich, dass die tote Marina Koslovsky ein Doppelleben geführt haben muss. Sie hat für den Zuhälter Dudu Batito gearbeitet, der ein Nobelbordell führt und auch im Drogengeschäft mitmischt.

Nachdem Marinas Freier der letzten Woche alle ein Alibi haben und nicht sehr verdächtig erscheinen, vermutet Rosenthal, dass sich Dudu Batito Feinde unter den Drogenbossen gemacht haben könnte und die Ermordung seines „besten Pferdes im Stall“ als Warnschuss für ihn gelten könnte


Meine Meinung

Katharina Höftmann hat mit Assaf Rosenthal einen interessanten Charakter geschaffen. Er ist jedoch nicht gerade ein großer Sympathieträger. Er zeigt sich als typischer Macho und ist in meinen Augen schon fast Sex besessen. Seine Gedanken sind fast immer damit beschäftigt, ob er mit einer Frau ins Bett hüpfen könnte. Als er in einer Bar das berühmteste Fotomodell Israels trifft und die auch gleich die Nacht bei ihm verbringt, empfinde ich das schon als etwas aufdringlich und unglaubwürdig. Das Intermezzo bringt auch den Plot nicht wirklich voran, so dass man gut darauf verzichten könnte. In Assafs Freundeskreis gibt es eine Anhäufung von Homosexuellen, ebenso wird gekifft, was das Zeug hält. Vermutlich zeigt das das bunte und tolerante Tel Aviv. Ob das in diesem Ausmaß realistisch ist, kann ich nicht sagen. Als Zionist mit deutlich rassistischer Einstellung hat Assaf mein Herz natürlich auch nicht gerade erobert. Aber das ist auch durchaus interessant, weil diese Konstellation auch eine Entwicklung seines Charakters offen lässt.

Das Buch ist gespickt mit hebräischen Ausdrücken und Begriffen aus dem jüdischen Alltag. Da mir diese gar nicht geläufig sind, hätte ich unbedingt ein Glossar gebraucht. Ich habe den Inhalt zwar trotzdem verstanden, es fühlt sich aber einfach nicht so gut an, wenn man in vielen Bereichen außen vor bleibt. Da würde mich sehr interessieren, wie das Buch auf Juden wirkt.

Insgesamt ist der Krimi locker und flüssig geschrieben. Im ersten Drittel spürte ich einige sprachliche Unsicherheiten. Auch empfand ich den einen oder anderen Dialog als etwas aufgesetzt. Was mir sehr gut gefallen hat, sind die schönen Beschreibungen der einzelnen Quartiere. Ich habe richtig Lust bekommen, bei „Google Maps“ mit zu recherchieren. Auch die Einrichtungen der Wohnungen und Häuser konnte ich mir sehr gut vorstellen.
Die Aufklärung des Kriminalfalles selber verläuft sehr geradlinig und ich habe relativ bald eine Vermutung gehabt, wer der Täter sein könnte. Die Hinweise waren für mich nicht subtil genug gesetzt.


Mein Fazit

„Die letzte Sünde“ hat mir ein bisher unbekanntes Umfeld näher gebracht. Ich konnte etwas in die bunte Welt Tel Avivs reinschnuppern und habe etwas in den jüdischen Alltag hineinschauen können. Der eigentliche Kriminalfall war für mich leider nicht aufregend genug.

Bewertung vom 12.12.2012
Ludwig, Stephan

Zorn - Vom Lieben und Sterben / Hauptkommissar Claudius Zorn Bd.2


sehr gut

Im Laufe dieses Krimis werden die beiden Ermittler Zorn und Schröder weiter ausgebaut. Zorn, den die Sehnsucht nach Maline zeitweise richtig verzehrt, zeigt immer mehr weiche Seiten seines Charakters. Auch in seiner Beziehung zu Schröder. Allerdings schafft er es nach wie vor nicht wirklich, seine Gefühle und Bedenken in Worte zu fassen und versteckt sich hinter einer stellenweise recht schroffen Fassade. Schröder ist gegen außen nicht so die harte Nuss wie Zorn und ordnet sich fast durchgehend unter, mit einer Ausnahme, wo er sich weigert eine Aufgabe auszuführen. Weshalb er das tut, wird am Ende des Buches aufgelöst. Auch Schröder schafft es nicht, sich jemandem anzuvertrauen und macht seine Probleme mit sich selber aus.

Mir gefällt sehr gut, dass beide Figuren eine Entwicklung durchleben. Jeder birgt ein Geheimnis in seiner Seele, das sich auf seine Stimmung und sein Verhalten auswirkt. Auch die Staatsanwältin Frieda Borck zeigt menschliche Regungen. Trotz ihrer kühlen Professionalität zeigt sie sich in diesem Band auch als eitel und ihrer Weiblichkeit bewusst. Das Intermezzo mit einem zugezogenen Ermittler hätte ich jetzt nicht gebraucht, aber vielleicht hat das Techtelmechtel ja eine Fortsetzung. Die Figur des Ermittlers wäre auf jeden Fall interessant genug.

Die Aufklärung des Mordfalles ist sehr spannend und nachvollziehbar beschrieben. Die Morde sind recht blutig, überhaupt enthält der Krimi recht viele Szenen von brutaler Gewalt. Ich bin eigentlich recht hart gesotten, aber an zwei Stellen habe ich auch etwas quer gelesen, weil ich mir die Pein der Opfer einfach nicht so genau vorstellen wollte. Es war schon spät am Abend, und so was belebt meine Träume in unerwünschter Weise.

Das Buch besteht aus drei Teilen, die insgesamt in 35 Kapitel von sehr unterschiedlicher Länge unterteilt sind. Zwischendrin sind kursiv und in Kleinbuchstaben gedruckte kurze Gedichte, die vermutlich den Gedanken des Täters entsprechen oder Tagebucheinträge darstellen. Ich konnte sie nicht immer einordnen und habe sie meistens erst im Nachhinein verstehen.

Wie beim ersten Teil empfand ich, dass manche Figuren etwas überzeichnet sind. Sie haben aber an Menschlichkeit und Konturen gewonnen. Schröder ist für mich eigentlich die Hauptfigur. Er ist mir wirklich ans Herz gewachsen und ich will auf jeden Fall wissen, wie es mit ihm weitergeht.

Der Sprachstil von Stephan Ludwig sagt mir sehr zu. Er verwendet genau die richtige Mischung auf Text und Dialog und setzt auch genügend Abschnitte, so dass die Lektüre auch möglich ist, wenn man in der Bahn sitzt oder sonst etwas gestört wird.

Da ich den ersten Teil auch gelesen habe, kann ich nicht wirklich beurteilen, wie wichtig es ist, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Der Kriminalfall an sich stellt eine abgeschlossene Geschichte dar, aber die Charaktere sind einem natürlich vertrauter, wenn man ihre Vorgeschichte kennt.

Bewertung vom 12.12.2012
Orth, Stephan;Blinda, Antje

Sorry, wir haben uns verfahren - Kurioses aus der Bahn


sehr gut

Dieses Hörbuch beinhaltet eine Sammlung von Lustigem, Skurrilem aber auch wiederum Erstaunlichem von und mit der Deutschen Bahn. Die meisten Beiträge scheinen von Bahnreisenden an „Spiegel Online“ geschickt worden zu sein und die Autoren Stephan Orth und Antje Blinda haben diese Beiträge gesammelt und geordnet.
Neben „vertrackten Versprechern“ bei Durchsagen oder „Denglischsprachige“ Auskünfte enthält die CD aber auch historisch interessante Statements, die bei der Einführung der Bahn den Zeitgeist mitgeprägt haben. Mit der Bahn fuhr man laut einigen Spezialisten geradewegs in die Hölle. Witzig sind auch die Beschreibungen der Mitreisenden, die das halbe Abteil olfaktorisch am Inhalt ihrer Tupperdosen teilhaben lassen.
Besonders gut haben mir die Anekdoten und Geschichten gefallen, in denen couragierte Bahnmitarbeiter echt Humor gezeigt haben beziehungsweise unkompliziert und am Rande der Legalität gehandelt haben, so dass Fahrgäste doch noch ihr Ziel erreichten.

Wieviele von den Histörchen wirklich wahr sind oder von den Einsendern ausgeschmückt wurden, lässt sich natürlich nicht sagen. Die ein oder andere Übertreibung dürfte schon dabei sein, es ist ja doch im Moment gerade „in“ sich über die Bahn aufzuregen oder lustig zu machen. Es wäre aber zu schön um wahr zu sein, man könnte denken, dass das alles ja übertrieben ist, weil so eine CD ja alle möglichen Unglaublichkeiten vereint. Das geht leider nur so lange bis man selber wieder mal mit der Bahn zu tun hat und schon der Kauf eines simplen Tickets in eine unglaublich komplizierte und teure Angelegenheit ausartet. Wenn man dann noch auf dem Bahngleis steht und der gebuchte Zug gar nicht oder mit eklatanter Verspätung fährt, bleibt einem wirklich nur noch der Humor.

Ich konnte wunderbar lachen mit dieser CD. Es ist aber nicht so, dass ein Gag den anderen jagt. Es hat auch eher informative Passagen drin und einige der Pointen hat man natürlich auch schon anderswo gehört. Die CD ist mit Bahntypischen Hintergrundgeräuschen untermalt. Die Sprecher wechseln sich ab, so dass es sich eher wie ein Hörspiel anhört.

Was ich schade finde ist, dass die Kapiteleinteilung nicht auf der Verpackung oder in einem Booklet steht, so dass man sich leichter einen Überblick verschaffen könnte, beziehungsweise einzelne Jokes leichter finden würde, wenn man sie jemandem vorspielen möchte, ohne die ganze CD zu hören. Bei einem Verkaufspreis von 14,99 € für 69 Minuten Unterhaltung müsste das schon möglich sein. Ansonsten ist das ein lockeres, lustiges Hörerlebnis, das bestimmt manchen Reisenden über seinen Ärger hinwegtrösten kann. Ich empfehle der Bahn, zusammen mit den Fahrgastrechteformularen auch gleich einen Gutschein für diese CD zu verteilen, damit die Wut der verschwitzen oder verfrorenen Reisenden schneller verraucht.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.12.2012
Raabe, Marc

Schnitt


ausgezeichnet

Im Prolog, der 1979 spielt, begibt sich ein Junge in den verbotenen Bereich im Keller seines Wohnhauses. Er wurde nachts durch einen lauten Streit seiner Eltern geweckt und begibt sich in seinem Lieblingsschlafanzug mit Luke Skywalker auf der Brust ins „Labor“. Ein Raum im Keller, in den nur sein Vater Zutritt hat. Was der kleine Gabriel da sieht, prägt ihn für sein ganzes Leben. Sein Vater hat in seinem Labor eine für den damaligen Stand sehr fortgeschrittene Video/Fernseh-Ausstattung. Die Bilder, die Gabriel in einem Video sieht, sind für die Seele des kleinen Jungen sehr verstörend. Noch schrecklicher ist die Szene, die er kurz danach in seinem Elternhaus erleben muss, so dass er eine Amnesie erleidet und anstelle der Erinnerungen die Stimme von Luke Skywalker tritt, die ihn von da an fortwährend begleitet. In der alles verändernden Nacht verliert er seine Eltern und kann nur knapp mit seinem kleinen Bruder David aus seinem brennenden Elternhaus fliegen. Gabriel führt kein einfaches Leben. Er ist schwer traumatisiert und muss jahrelang in der Psychiatrie behandelt werden. Erst mit 40 Jahren führt er ein relativ normales Leben. Er arbeitet in einer Security-Firma in der Objektbewachung und wohnt zusammen mit seiner Freundin Liz, einer erfolgreichen Filmjournalistin. Zu seinem Bruder David, der bei einem Fernsehsender arbeitet und ein Kollege von Liz ist, ist der Kontakt abgebrochen.

Während eines Einsatzes nachts erreicht ihn ein verzweifelter Anruf seiner Freundin, die gerade in einem Park überfallen wurde. Sie scheint schwer verletzt zu sein. Gabriel ruft Notrufzentrale an und rast so schnell er kann zum Ort des Geschehens. Dort ist bereits die Polizei mit einer Leiche, aber es handelt sich um einen unbekannten Mann. Liz ist verschwunden. Aufgrund seiner schwierigen Vergangenheit wird Gabriel verdächtigt, den Mann umgebracht zu haben. Gabriel nimmt Kontakt zu seinem Bruder David auf, der die Krankenhäuser nach Liz absucht. Keine Spur. Liz wurde entführt. Damit beginnt eine rasante Jagd, bei der klar wird, dass Gabriel seiner Freundin nur helfen kann, wenn er sich an die Schreckensnacht vor 29 Jahren erinnert.

„Schnitt“ war für mich der Herbstschocker dieses Jahres. Ich habe diesen beklemmenden und spannenden Thriller innert weniger Tage gelesen. Er ist in einer sehr eingängigen, angenehm zu lesenden Sprache verfasst. Max Raabe erzählt seinen Thriller in der Gegenwart, was einen als Leser direkt am Geschehen teilnehmen lässt. Die handelnden Personen, die in einer überschaubaren Zahl vorkommen, sind anschaulich beschrieben. Die Hauptfiguren sind glaubhaft charakterisiert. Mit Gabriel, der von der inneren Stimme von Luke Skywalker getrieben wird, ist ihm eine ganz tolle Figur gelungen.
Die einzelnen, anfangs noch verworrenen Handlungsstränge sind sorgfältig angelegt und werden im Laufe der Geschichte entwirrt und aufgelöst. Es gibt kaum Nebenschauplätze, die am Ende nicht eine Rolle spielen würden und ich denke, dass man das Buch nach ein paar Jahren auch gut ein zweites Mal lesen kann, weil es nicht nur von der Frage des Täters getrieben wird, sondern viele Details, die man vielleicht überliest, am Ende doch eine Bedeutung haben.

Mein Fazit:

Max Raabe ist ein Autor, von dem wir bestimmt noch mehr zu lesen bekommen. Vielleicht ist es noch zu früh von einem neuen Stern am deutschten Thrillerfirmament zu sprechen. Aber zumindest eine Sternschnuppe ist da aufgegangen und ich hoffe, dass sie nicht zu schnell verglühen wird. Ich hätte gerne mehr davon.

Von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung für Thrillerfans mit einer Vorliebe für psychologische Feinheiten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.12.2012
Faber, Dietrich

Der Tod macht Schule / Henning Bröhmann Bd.2


sehr gut

In diesem Krimi schimmert der „Comedian“ im Autor immer wieder durch. Die Mitglieder des Vereins um den Kindergarten „Schlumpfloch“ stellen wunderbar komische Typen dar, die einem in nicht ganz so aufdringlicher Weise, durchaus auch in Vereinen, Schulen und Kindergärten begegnen können. Immer wieder Grund zum Schmunzeln bietet natürlich auch der Hund Berlusconi und vor allem sein ungeplanter Nachwuchs. Den Praktikanten, der sich in reifen Jahren zum Thrillerautor berufen fühlt, habe ich etwas überzeichnet empfunden. Mit zunehmender Recherche-Erfahrung bei der Polizei lässt er erste Kapitel seines Buches einstreuen, die durchaus den Krimi auflockern. Aber sie sind dermaßen schlecht geschrieben, was natürlich gewollt ist, dass es einen schon nervt. Hingegen sehr gut gefallen hat mir, wie Faber mit Hilfe des E-Mail Verkehrs zwischen Melina und ihrer besten Freundin, sowohl eine ganz andere Perspektive des Familienlebens im Hause Bröhmann aufzeigt als auch die Beziehung zu ihrem Freund beleuchtet und die Geschehnisse an der Schule aus Schülersicht darstellt. Der Stil in diesen Abschnitten ist erfrischend und zeigt, dass der Autor sein Ohr nahe an Jugendlichen hat.

Im Laufe der zweiten Hälfte wird das Buch zunehmend ernsthafter. Der Fokus verschiebt sich von Klamauk in Richtung Beziehungen zwischen den Protagonisten und Ermittlungen im Umfeld der Schule. Ohne mit dem Zeigefinger auf Fehlverhalten zu zeigen, macht man sich beim Lesen Gedanken, in wie weit man selber auch Schuld auf sich lädt, wenn man an seinem Arbeitsplatz oder im Alltag Missstände duldet und deckt, nur weil man nicht unbequem sein möchte. Die Aufklärung der Verbrechen geht in eine sehr unerwartete Richtung und lässt einen schon mal innehalten, weil einem die Sorgen und Nöte der Beteiligten durchaus nicht unbekannt sind, vor allem wenn man Kinder im Schulalter hat.

Da mir der hessische Dialekt sehr fremd ist, habe ich anfangs etwas Mühe gehabt mit dem „Lokalkolorit“. Aber entweder, es kam im Laufe des Buches weniger Dialekt vor oder ich habe mein Sprachvermögen in diese Richtung verbessert. Ich konnte auf jeden Fall das Buch gegen Ende sehr viel flüssiger lesen als am Anfang.


Mein Fazit

Mit diesem Buch hat Dietrich Faber nicht nur einen Regiokrimi aus Oberhessen vorgelegt, der die dortige Krimilandschaft sicher positiv bereichern wird. Er hat gleichzeitig geschafft, dass mir das Lachen im Halse stecken blieb und das schaffen Autoren selten.

Auch wenn mir der Praktikant auf den Wecker gegangen ist und die ein oder andere Figur oder Situation für meinen Geschmack etwas zu sehr überzeichnet ist, so habe ich dieses Buch trotzdem sehr genossen und mit den Beteiligten mit gelitten. Die Aufklärung des Falles empfand ich spannend und sie war für mich unerwartet. Von mir eine Leseempfehlung mit 4 Sternen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.11.2012
Seibel, Klaus

Zehntausend Augen / Ellen Faber Bd.1


gut

Inhalt

Klaus Seibel lässt in seinem Debüt eine Bedrohung aus der Cyberwelt vor dem inneren Auge des Lesers auferstehen. Ein Bombenattentäter bedroht und terrorisiert eine ganze Stadt. Und nicht nur das. Es gelingt ihm, die Polizei dazu zu zwingen, dass er bei den Ermittlungen hautnah dabei ist. Die Dienstgespräche werden auf Video aufgenommen und gleich ins Internet gespeist, so dass die ganze Welt live mitverfolgen kann, wenn sich der Erpresser bei der Polizei meldet. Es geht ihm besonders um eine Polizistin: Ellen Faber. Sie ist recht jung, attraktiv und sehr erfolgreich. Er scheint unheimlich viel über sie zu wissen. Da er äußerst geschickt vorgeht und alle möglichen technischen Tricks verwendet, um keine Spuren zu hinterlassen, tappt die Polizei im Dunkeln.

Meine Meinung:

Als bewusste Nutzerin des Internets bilde ich mir ein, sehr vorsichtig mit meinen Daten umzugehen und nicht zuviel von mir und meinen Lieben preiszugeben. Dennoch musste ich mir bei der Lektüre dieses Buches ein paar mal an die Nase fassen und zugeben, dass bei mir auch noch einiges im Argen liegt und ein professioneller Hacker mich vermutlich auch ganz schön fertig machen könnte. In diesem Kriminalroman, der eigentlich zu Beginn recht viele Thrillermerkmale aufweist, wird die Berliner Polizei so richtig vorgeführt und das Leben Hunderter bis Tausender Berliner immer wieder bedroht.

Etwa in der Mitte des Buches verrät der Autor dem Leser sowohl die Identität des Täters als auch sein Motiv. Das fand ich etwas zu früh. Man kann als Leser dann nur noch mit beobachten, wie die Polizei und die Protagonistin Ellen Faber mit der verfahrenen Situation umgeht. Aber der „Thrill“ der Ungewissheit ist leider dann weg.

In dem Buch gibt es mehrere Stellen, die mir inhaltlich zu derb geraten sind. Das Buch spricht vermutlich eher Männer an. Ellen wird vom Täter vor der Öffentlichkeit in verschiedene Hinsicht bloßgestellt. Teilweise vermittelt das durchaus eine gewisse Spannung, an manchen Stellen wäre es aber schlicht nicht nötig gewesen und ist in meinen Augen nur peinlich.

Von der sprachlichen Gestaltung her, wirkt das Buch auf mich etwas selbst gestrickt. Es ist in korrektem Deutsch geschrieben und auch formal in Ordnung. Aber es ist einfach etwa so geschrieben, wie ich oder irgendeine beliebige Person eine Geschichte aufschreiben würde. Ich bevorzuge etwas mehr an sprachlicher Ausgestaltung.

Das Buch stellt eine reale Bedrohung anhand eines Erpressers mitten in Berlin dar. Vieles, vielleicht sogar alle Tricks, die der Täter anwendet sind technisch möglich. Dennoch kommt mir die ganze Handlung nicht sehr glaubwürdig vor, weil die Personen teilweise überzeichnet sind. Bis zuletzt konnte ich nicht mit der Hauptperson mitfühlen, weil ihre Handlungen für mich oft nicht nachvollziehbar sind.

Mein Fazit

Der Krimi ist vom Ansatz her sehr interessant und auch beängstigend. Die Handlung wird von einigen interessanten Charakteren bestritten. Da der Täter samt seines Tatmotivs schon etwa in der Hälfte des Buches bekannt ist, fehlte es mir in der zweiten Hälfte etwas an Spannung und Ungewissheit. Die Hauptfigur blieb mir leider bis zum Schluss recht fremd, so dass ich gefühlsmäßig nicht wirklich einen Zugang zum Buch gefunden habe.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.10.2012
Rhodes, Kate

Im Totengarten / Alice Quentin Bd.1


ausgezeichnet

Alice Quentin wird von der Polizei als klinische Psychologin hinzugezogen, um den Straftäter Morris Cley einzuschätzen, da er in den nächsten Tagen entlassen wird. Obwohl DCI Don Burns Morris für sehr gefährlich hält und ihm unterstellt, dass er bei IQ-Tests absichtlich falsch geantwortet hat, schätzt Alice Quentin Morris als nicht gewalttätig ein. Morris Cley, der mit dem Ehepaar Benson befreundet war, das in einem Heim mehrere Kinder gequält und umgebracht hat, kann in die Freiheit entlassen werden.

Kurze Zeit später stößt Alice beim Laufen durch Zufall auf ein totes Mädchen. Da die Art und Weise wie die Leiche zugerichtet ist, die Handschrift der Bensons trägt, ist Morris Cley gleich unter Verdacht.

Als eine weitere Leiche mit den gleichen Kennzeichen neben dem Bus von Alices Bruder Will aufgefunden wird und Will verschwunden ist, wird auch er zum Verdächtigen. Gleichzeitig erhält Alice Drohbriefe und wird deshalb in einem Hotel unter Polizeischutz gestellt. Erschwert wird die Situation dadurch, dass Will schwer psychisch krank und drogenabhängig ist.

Da der Krimi in London spielt und ich diese Stadt liebe, habe ich die Lektüre ganz besonders genossen, weil ich mir unter den Schauplätzen jeweils ein Bild machen konnte. Die Hauptfiguren Alice Quentin und ihre Freundin Lola sind sehr lebensecht charakterisiert. Das Buch ist in der Erzählweise der 1. Person geschrieben, was den Leser unmittelbar am Geschehen beteiligt.

Ich habe mit Alice gelitten, die die psychischen Probleme ihres Bruders kannte und selbst als Psyhologin daneben stehen und zuschauen musste, wie es ihm schlecht ging. So hat sein Leiden den Verlauf der gesamten Ermittlungen sehr stark mitbestimmt.

Alice hat vermutlich infolge ihrer schwierigen Kindheit gewisse Probleme mit Beziehungen. Sie wird einerseits als sehr leidenschaftlich dargestellt, hat aber dann wiederum Probleme, wenn ihr jemand zu nahe kommt. Deshalb hatte ich etwas Mühe, mich in sie herein zu versetzen, als es im Umfeld der Polizei mit einem Mann förmlich in der Luft knisterte. Ihre Reaktionen waren mir nicht immer nachvollziehbar.

Die Spannung im Buch wird aufrecht gehalten durch die über Alice schwebende Bedrohung und Wills psychischen Zustand. Allerdings fließt die Handlung ohne große Höhepunkte in Richtung Auflösung, die dann relativ plötzlich und für meinen Geschmack etwas zu ruhig daher kommt. Ich bin nicht der Fan von großen unglaubwürdigen „Showdowns“, aber hier war es mir doch etwas zu ruhig und den Täter hatte ich leider auch ziemlich bald erraten.

Auffallend an dem Buch ist das schöne Cover. Auf türkisgrünem Hintergrund ist eine Libelle zu sehen, deren Konturen an den Flügeln ausgeschnitten sind. Auf der ersten Seite ist das komplette Bild der Libelle, so dass man von außen auf die Flügel sieht und diese fast eine Art 3D-Effekt ergeben. Im inneren Bild ist die Libelle umgeben von vielen Stecknadeln, was einen sehr interessanten Effekt ergibt. Allerdings haben weder die Libelle noch die Stecknadeln einen direkten Zusammenhang mit der Handlung.

„Im Totengarten“ ist der erste Teil einer Serie. Die Hauptfiguren sind für mich interessant und gut eingeführt. Der Verlauf der Handlung war spannend, aber für meinen Geschmack etwas zu ruhig. Ich hatte nach gut zwei Dritteln mal einen Gedanken, wer der Täter sein könnte und das hat sich auch so herausgestellt. Dennoch ist am Ende nicht alles wirklich schlüssig, so dass für mich sind noch Fragen offen geblieben sind, die vielleicht im zweiten Teil beantwortet werden.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.10.2012
Vosseler, Nicole C.

Das Herz der Feuerinsel


ausgezeichnet

Zwei junge Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen sich auf einem Schiff während der Überfahrt von Amsterdam in die holländische Kolonie Java. Jacobina, Tochter eines reichen Bankkaufmanns, tritt eine Stelle als Hauslehrerin an während Floortje voller Erwartung ist, einen reichen Ehemann zu finden. Die Reise geht vorerst für beide nach Batavia.

An der Seite Jacobinas und Floortjes lernt der Leser völlig unterschiedliche Seiten des Lebens in einer holländischen Kolonie kennen. Einerseits erlebt man die betörende Landschaft mit ihren duftenden und farbenfrohen Blumen, andererseits blickt man in menschliche Abgründe infolge zuvielen Luxus, der auch mal in Dekadenz umkippt.

Die Überfahrt der beiden Protagonistinnen Jacobina und Floortje ist im Jahre 1882 angesiedelt. Aus der Geschichte wissen wir, dass Ende August 1883 der Vulkan Krakatau ausgebrochen ist, der sich auf einer Inselgruppe zwischen Java und Sumatra befindet, jeweils etwa 50 km von der Küste entfernt. Ein Ereignis, das die Welt, aber natürlich auch das Leben der Menschen in diesem Roman tief geprägt hat.

Die Personen dieses Romans sind so weit ich mich erinnere durchwegs fiktiv, sie sind aber dem Leben historisch verbürgter Menschen nachempfunden. Die Autorin hat sehr viele Informationen aus der holländischen Kolonialgeschichte im Buch verarbeitet, so dass man ein sehr anschauliches Bild der Landschaft gewinnt sowie der sozialen Gepflogenheiten unter den Menschen. Das betrifft sowohl die Mitglieder der holländischen Gesellschaft als auch die einheimischen Menschen und das Zusammenspiel der Herrschaften mit ihren Angestellten. Die sozialen Probleme im Milieu der Prostiuierten sind sehr gut herausgearbeitet ohne aufdringlich zu wirken. Um dem Leser einen bleibenden Eindruck zu verschaffen, stellt Nicole C. Vosseler auf ihrer Homepage viel Bildmaterial und Informationen zur Verfügung. Damit kann man richtig schön in die Geschichte eintauchen.

Die Autorin schreibt in ihrem Nachwort, dass sie mit diesem Buch die Bilder des Tsunamis an Weihnachten 2004 verarbeitet hat, anhand eines Unglücks aus der Vergangenheit in der Region. Vorne im Buch ist eine Karte Javas und Sumatras abgedruckt, auf der man gut nachvollziehen kann, wie sich die Explosionen des Krakatau auf die Region ausgewirkt haben.

Die Szenen kurz vor und nach dem Ausbruch sind sehr packend, aber auch gefühlvoll beschrieben. Man fiebert und leidet mit den Beteiligten mit, sieht die zerstörte Landschaft förmlich vor seinem inneren Auge und riecht die alles einhüllende Asche in der Luft.

Für mich war dieser Roman ein sehr eindrückliches Leseerlebnis. Die Charaktere sind sehr liebevoll gezeichnet mit ihren Fehlern und Schwächen. Selbstverständlich knistert nicht nur der drohende Vulkanausbruch in der Luft, sondern es spitzt sich auch die eine oder andere Liebesgeschichte zu, aber es ist beim Lesen irgendwie immer klar, dass die Geschichte keine Lösung durch ein einfach gestricktes „Happy End“ haben wird. Es passieren durchaus auch sehr traurige Dinge, die dem Buch Glaubwürdigkeit verleihen. Nicht zuletzt flößt der Roman einen gesunden Respekt vor den Naturgewalten ein.

Als in einem exotischen Land angesiedelter historischer Liebesroman, ist das Buch dem Genre „Love & Landscape“ zu zuordnen. Nicole C. Vosseler hat sich mit der Herausarbeitung der historischen Begebenheiten sehr viel Mühe gegeben, dass der Schmöker bestimmt auch für viele Fans historischer Romane ein Genuss ist.

Bewertung vom 16.10.2012
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Später Frost / Ingrid Nyström & Stina Forss Bd.1


sehr gut

Ein Schmetterlingsforscher wird in seinem Glaushaus mitten im Wald tot aufgefunden. Die Leiche scheint arrangiert zu sein. Rechtsmedizinische Untersuchungen lassen vermuten, dass Balthasar Melchior Frost zu Tode gefoltert wurde. Stina Forss, die aus Berlin stammt und wegen ihrem schwedischen Vater, der erkrankt ist, nach Schweden zurückkehrt arbeitet mit Ingrid Nyström und einem Team zusammen. Der polizeilichen Ermittlungsarbeit kommt eine große Bedeutung im Buch zu, eine Vielzahl von Personen ist beteiligt. Die Spuren führen in die Vergangenheit nach Israel.

Ich fand die Ausgangslage dieses Debüts sehr interessant. Es kommt zu einigen unerwarteten Wendungen. Die Personen sind sowohl, was das Team der Polizei betrifft als auch das Umfeld des Opfers sehr interessant gewählt. Die Vielzahl der Protagonisten fand ich allerdings etwas erschlagend. Von Zeit zu Zeit wird geschickt zum Beispiel beim Schreiben eines Berichts die bisherige Aufklärung wiederholt, was mir eine sehr große Hilfe war.
Allerdings sind einige Themenkreise angeschnitten, auf die man vielleicht hätte verzichten können. Bei einem ersten Band zu einer Serie möchten die Autoren natürlich möglichst breit in ihre neu kreierte Welt um die Serienhauptfiguren vorstellen. Aber zum Teil hätte es vielleicht gut getan, nicht alles aufs Mal zu präsentieren. Cliffhanger sind schön und gut, aber mancher ist dann doch nicht so spannend, dass ich deswegen die Fortsetzung lesen möchte. Dafür waren mir einige für die Aufklärung des Mordfalls sehr relevante Punkte zu wenig genau ausgeführt, was das miträtseln erschwert hat.

Die Handlungsorte sind sehr anschaulich beschrieben, so dass man einen guten Eindruck der Region gewinnen kann. Sowohl die schwedische Landschaft als auch ein Abstecher nach Jerusalem haben mir sehr gut gefallen. Etwas Probleme verschaffte mir die Person der Stina Forss. Sie trägt Probleme mit sich herum, wie das bei Ermittlern häufiger der Fall ist, denkt man an Indridasons Erlendur oder Ian Rankins Inspecor Rebus. Ich frage mich aber, ob das bei einer jungen Polizistin, die zudem aus dem Ausland kommt, nicht etwas dick aufgetragen ist. Mit illegalem Waffenbesitz, Affinität zu Alkohol und anderen Drogen usw. ist man bei der Polizei nicht so nachsichtig. Das fand ich etwas unglaubwürdig und wäre für die Handlung nicht nötig gewesen.


Ich habe mich bei der Lektüre dieses Krimis sehr gut unterhalten gefühlt, ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich wirklich mehr davon lesen möchte. Ich hatte bei diesem Buch das Gefühl, das ich oftmals bei Büchern von Autorenduos habe. Irgendwie fehlt es mir etwas an Seele.


Ich würde diesem Buch gerne 3,5 Sterne geben, da das nicht geht runde ich mit dem Debütbonus großzügig auf 4 Sterne auf.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.