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Elohym78
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Horhausen

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Insgesamt 408 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2017
Hagebölling, Carolin

Der Brief


ausgezeichnet

Ein Brief einer fast vergessenen Schulfreundin erreicht Marie in Hamburg. Doch es steht als Empfängeradresse Paris darauf. Der Inhalt des Briefes ist genauso merkwürdig, spricht er doch von einem Leben in Paris, einem Mann und einer Krankheit. Dabei lebt sie mit einer Frau zusammen in Hamburg und ist kerngesund. Marie wundert sich und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Einer Wahrheit, die sie und ihr Leben zu zerstören droht...

Das Cover zeigt Marie auf einer Brücke in Paris, wie sie sich selber entgegen geht. Ein milder Herbsttag und die Welt wirkt friedlich. Und doch ist das Bild beunruhigend, denn es zeigt das, was es nicht geben kann, nicht geben darf. Zwei Realitäten...

Carolin Hagebölling spielt gekonnt mit ihren Lesern. Auf der einen Seite hatte ich das Gefühl, dass ich einen packenden Krimi in der Hand hatte und auf der anderen Seite ist es eine Reise ins Ich. Wer von uns wünscht sich manchmal nicht zu wissen, wie es hätte sein können, wenn man an dieser Stelle nicht anders entschieden hätte? Jeder kennt die Zweifel. Mal nagen sie, mal wischt man sie zur Seite, denn es gibt in unserem Leben nur eine Richtung: Nach vorne. Doch Marie ist es möglich einen Schritt zur Seite zu machen und zu sehen, was geschehen wäre, wenn sie die Wunschreise nach Paris angetreten hätte, statt sie immer wieder aufzuschieben. Freude, Unsicherheit, Neugierde und Wahnsinn toben in ihr und jedes einzelne Gefühl konnte ich dank der intensiven Schilderung der Autorin absolut und bedingungslos nachvollziehen. Es war mir wirklich ein Leichtes, mich fallen zu lassen und an Maries Seite dem Mysterium auf die Spur zu gehen.
Im Mittelpunkt steht Marie und ihr Leben in Hamburg. Sie ist Journalistin und lebt mit ihrer großen Liebe Johanna zusammen. Ihr Leben ist schön und ausgeglichen. Bis zu dem Tag, an dem ein Brief ins Haus flattert und ihr Leben auf den Kopf stellt. Denn Marie lebt angeblich mit ihrer großen Liebe Victor in Paris und führt gemeinsam mit ihm eine erfolgreiche Galerie. Leben, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Und doch stehen sie auf der Basis, die Marie als Mensch ausmacht. Gerade deshalb fiel er mir so unglaublich leicht, Hagebölling ihre Geschichte abzukaufen. Maries Leben sind zwar verschieden, liegen aber beide im Bereich des Möglichen.
Ich fand es spannend zu sehen, was die Geschehnisse mit einer Seele anrichten können. Wie Neugierde in Verzweiflung umschlägt und sich der Wahnsinn auf leisen Sohlen anschleicht. Ich konnte mich diesem Sog nicht entziehen, das Buch nicht aus der Hand legen und las es in einem Rutsch durch.

Mein Fazit
Ein Buch über den Wunsch, den jeder von uns in sich trägt: Zu wissen, was wäre wenn...

Bewertung vom 24.09.2017
Shusterman, Neal

Die Hüter des Todes / Scythe Bd.1


ausgezeichnet

Die beiden Jugendlichen Rowan und Citra werden von dem ehrenwerten Scythe Faraday als Lehrlinge aufgenommen. Außergewöhnlich, denn noch nie hat ein Scythe zwei Lehrlinge genommen. Misstrauisch wird dies von den anderen der Zunft beäugt und in einem Konklave beschlossen, dass nur der bessere der beiden den Ring der Scythe erhalten darf. Der andere wird nachgelesen. Obwohl sich Rowan und Citra sehr zugetan sind, müssen sie in einen Wettstreit treten, den sie beide nicht gewollt haben und auch nicht wollen.

Das Coer zeigt eine Scythe, eine Hüter des Todes in all seiner unheimlichen Pracht. Halb in schwarz, halb in gold steht er für den Tod, die endgültige Beendigung des Lebens in einer Welt, in der es keinen Tod mehr gibt. Ich finde das Bild sehr gut zu Titel und Inhalt des Buches gewählt, da es eben nicht nur den grausamen Tod zeigt, sondern mit der Farbwahl auch Hoffnung widerspiegelt.

Neal Shusterman hat einen dunklen, beklemmenden Jugendroman geschaffen. Auf der einen Seite, spricht er von Hoffnung für die Zukunft, da alle Krankheiten besiegt worden sind, Gewalt und Krieg existieren nicht mehr und selbst der Tod wurde bezwungen. Und auf der anderen Seite von Hoffnungslosigkeit und Stagnation: Wonach strebt ein Mensch, der alles hat und dem keine Ziele mehr gesetzt werden können? Ich habe lange überlegt und versucht, mich in diese Welt hineinzudenken. Hineinzufühlen. Gelungen ist es mir nicht wirklich, denn für mich grenzt es an ein Horrorszenario, in einer Welt zu leben, in der das ewige Leben an der Tagesordnung steht, in der meine Handlungen von einem Computerprogramm überwacht werden, in der ich dick oder dünn, alt oder jung sein kann. Aber eins kann ich nicht, ein Individuum sein mit Träumen von einer Zukunft und Zielen, die zum Scheitern verurteilt sind.
Die Handlung ist Shusterman mitreißend und spannend gelungen. Die einzige Angst, die die Menschheit noch hat, ist die vor der Nachlese. Denn selbst wenn man sich umbringt, erreicht man nur einen todähnlichen Zustand, der in modernen Krankenhäusern geheilt werden kann. Außer man wird von einem Scythe nachgelesen, dann ist es endgültig. Doch wie diese Nachlese vonstatten geht, ist individuell: Während der eine eher einen privaten Rahmen sucht und den Auserkorenen Würde gibt, schlachtet der andere seine Opfer regelrecht ab. Was ist richtig?

Ich finde, dass in diese Serienauftakt das Augenmerk des Autors eher auf seinen Protagonisten liegt, als auf den Geschehnissen. Neal Shusterman schreibt zwar spannend, aber zugleich auch intensiv. Ich merke deutlich, dass er eine enge Bindung zu Rowan und Citra eingegangen ist und nicht irgendwelche Personen geschaffen hat; sondern Personen, die ihm am Herzen liegen. Mit eindringlichen Worten gibt er mir die Möglichkeit, beide näher kennenzulernen und ihre Beweggründe zu verstehen und nachzuvollziehen. Ich denke, dass er hiermit den Grundstock seiner Serie gelegt hat, auf der alles andere aufbauen wird.
Mit Rowan hat er einen harten, unbeugsamen Charakter geschaffen, der, egal was kommt, nicht an seiner Aufgabe zerbrechen kann. Rowan steht mit beiden Beinen fest im Leben, auch wenn er während seiner Ausbildung zum Scythe schier mörderische Erfahrungen machen musste. Doch er zerbricht nicht, sondern wächst an ihnen und sucht sich seinen eigenen Weg. Absolut bewundernswert und ich habe Rowan in mein Herz geschlossen.
Auch Citra ist eine Kämpferin. Während Rowan eher dunkel ist, ist sie das Licht. Auch eine Kämpferin, aber stets auf der Suche nach dem Guten. Nicht, dass Citra weich ist, sie ist auf ihre Art genauso unbeugsam und eisern wie Rowan, aber heller.
Durch ihre Gegensätzlichkeit lebt das Buch.

Mein Fazit
Ein Buch über den Tod. Aber mal ganz anders.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.09.2017
Naughton, Sarah J.

Ich soll nicht lügen


gut

Auf dem Weg zu ihrem im Sterben liegenden Bruder, lernt Mags Daniel auf dem Flug von Las Vegas nach London kennen. Beide fühlen sich zueinander hingezogen und halten lose Kontakt, während Mags die Ursachen um den vermeintlichen Selbstmord ihres Bruders Abe zu ergründen sucht. War es am Ende kein Selbstmord, sondern Mord? Doch wer kann zu so einer abscheulichen Tat in der umgebauten Kirche fähig sein, die für die Bewohner der letzte Zufluchtsort ist?

Die Handlung des Buches ist eher düster und beklemmend und deswegen wunderte mich die Farbgestaltung des Covers sehr. Der auf mich eher munter und lebendig wirkende Rotton, der ins lila changiert, zeigt ein Frauengesicht im Vordergrund, von kahlen Bäumen umfasst. Ich finde es nicht ganz so gut gewählt, da es mir einfach schwerfiel, einen Zusammenhang zwischen Inhalt und diesem Bild herzustellen.

Sarah J. Naughton hat eine Mischung aus packendem Thriller und nachdenklicher Reise ins eigene Ich geschaffen. Stellenweise packte mich die nervenaufreibende Spannung und dann wurde die Handlung nachdenklich. Diese Wechsel fand ich interessant, da die menschlichen Abgründe meist Thriller genug sind, auch wenn in der Wirklichkeit nicht viel geschieht und das meiste innerlich abläuft. Oft fragte ich mich, was tatsächlich geschehen ist und was dem kranken Gehirn eines Protagonisten entsprungen sein mag. Die Autorin bewegt sich an der Grenze zum Wahnsinn und bis fast zum Ende hin, erhält sie dies aufrecht.
Mag und ihr Bruder Abe haben sich nach ihrer verkorksten Kindheit auseinandergelebt und erst im Erwachsenenalter wieder zueinander gefunden. Auch wenn dieses Wiederfinden sich auf Weihnachtskarten beschränkte. Und trotzdem ist Mags sofort zur Stelle, als Abe im Koma liegt und eilt an seine Seite. Stück für Stück lernt sie ihn und sein Leben kennen. Seine Umgebung und was ihn bewegte. Abe führte ein gänzlich anderes Leben, als Mags und so fällt es ihr anfangs schwer, sich in ihn hineinzuversetzen und seine Beweggründe nachzuvollziehen. Doch Stück für Stück entblättert es sich. Und was darunter zum Vorschein kommt, ist menschlicher Dreck.

Die Charaktere verwirrten mich anfangs, da es mir sehr schwer fiel, auch nur annähernd eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Vielleicht war dies von Naughton beabsichtigt, vielleicht aber auch nicht. Ich konnte einfach nicht recht los lassen und mich auf die Untiefen des menschlichen Geistes einlassen, da sie einfach zu verstörend waren; Terror und Gewalt in dieser Form sind für mich einfach nichts. Deswegen trafen die Wendungen der Geschichte mich meist recht unvorbereitet.

Mein Fazit
Ein richtig böses Buch über die menschlichen Abgründe und ihre Folgen.

Bewertung vom 11.07.2017
Schiller, B. C.

Targa - Der Moment, bevor du stirbst / Targa Hendricks Bd.1


sehr gut

Als die ersten Mädchenleichen mitten in Berlin in Holzbooten über die Spree treiben, ist der Polizei schnell klar, dass ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Ein Serienmörder mit noch die dagewesener Brutalität, so dass sich die Sondereinheit K2 einschaltet. Die Ermittlerin Targa Hendricks soll dem Täter hautnah kommen und begibt sich auf eine Reise in die menschlichen Abgründe, aus der es fast kein Zurückkommen mehr gibt.


Das Cover ist in blutrot gehalten. Es zeigt die Ermittlerin Targa Hendricks in einer Rückansicht, wie sie vor einem Gebäude steht, das mehr im Schatten bleibt, als das wirklich zu erkennen ist. Den Inhalt des Buches spiegelt es für mich zwar nicht wieder, eher die innere Zerrissenheit Targas; ihre Unsicherheit, ihre Angst, was sie antreibt. Mir gefällt es!


Das Autorenpaar Barbara und Christian Schiller haben einen packenden, spannenden und brutalen Thriller geschaffen, der unter die Haut geht. Besonders gut hat mir die Mischung aus den Abgründen des Mörders und seiner Taten und der Ermittlungsarbeit gefallen. Der Übergang ist nahezu fließend, da sich die Ermittlerin Targa so dermaßen gut in den Täter hineinversetzen konnte, dass es schon unheimlich war.
Auf der einen Seite ist der Hochschuldozent Falk Sandman. Von Anfang an stand er als Täter fest, der Polizei fehlten jedoch die Beweise. Um an diese zu gelangen, wird die Ermittlerin Targa Hendricks auf ihn angesetzt, da sie sich am besten in die Abgründe der menschlichen Seele hineindenken kann. Denn Targa hat nicht dieses Empfinden von Liebe und Freundschaft, Geborgenheit und Sicherheit, das ein normaler Mensch empfindet und ähnelt damit auf unheimliche Weise Sandman, der in ihr auch sofort eine verwandte Seele entdeckt. Den Autoren ist es meisterhaft gelungen, die morbide Faszination des Todes zu vermitteln. Automatisch möchte ich mich abgestoßen fühlen, aber dann konnte ich mich dem Sog des Bösen doch nicht entziehen. Dabei ist es nicht so, dass die Opfer entwürdigt oder bloß gestellt werden, auch der Tod ist nicht ekelig, sondern es geht eher eine subtile Gewalt aus. Sandman gelingt es junge Frauen in seinen Bann zu ziehen, aber auch ältere. Er weiß, welche Knöpfe bei einem Menschen zu drücken sind, damit dieser sich selbst aufgibt, ihm bedingungslos hin gibt. Bedingungslos bis hin zum Tod.
Alle Opfer müssen einen qualvollen Erstickungstod erleiden. Ein Tod, der vor lauter Grausamkeit mir besonders nah geht, da für mich das Ersticken an Brutalität nicht zu überbieten ist.

Auf der anderen Seite ist die Ermittlerin Targa Hendricks, die so etwas wie Gefühle nicht kennt und gerade deswegen auf mich sympathisch wirkt. Sie schiebt dies darauf, dass sie als Baby ausgesetzt wurde. Während ihre Schwester Yella erfroren ist, hat sie nur einen Zeh und ihre gesamten Gefühle eingebüßt. Denkt sie, denn ganz so kalt wie sie gerne wäre, ist Targa nicht. Ich bin fast geneigt zu glauben, dass ihre Pflegemutter recht hat und sie ein sehr emotionaler Mensch ist. Targa ist definitiv eine Protagonistin, die ich sehr gerne noch näher kennenlernen möchte, denn ich habe das Gefühl, dass es noch etwas zu entdecken gibt. Ihre Eigenheiten sprechen mich, auch wenn Ermittler mit merkwürdigen charakterlichen Schwächen eigentlich nicht ganz mein Ding sind.

Mein Fazit
Ein packender Thriller, der Lust auf mehr macht!

Bewertung vom 01.07.2017
Wilke, Jutta

Roofer


sehr gut

Nasti und Alice sind die besten Freundinnen. Obwohl oder gerade weil sie so grundverschieden sind. Als Nasti den Roofer Trasher und seine Clique kennenlernt, bleibt Alice nur mitziehen, oder gehen. Die illegalen Gebäudeklettereien sind Alice nicht nur zuwider, gleichzeitig machen sie ihr Angst. Das Spiel mit dem Tod ist nicht ihre Welt. Und dann geschieht tatsächlich ein folgenschweres Unglück.


Das Cover zeigt die Skyline von Frankfurt in deren Mittelpunkt der Roofer Trasher fast schwerelos hängt. Es passt sehr gut zu Titel und Inhalt des Buches, da es die komplette Thematik widerspiegelt.


Jutta Wilke hat einen interessanten Jugendroman geschrieben, der mich fesselte. Dies erstaunte mich, da ich eigentlich nicht so der Fan von Gebäudekletterein bin und das Thema eher überflüssig finde, wie jegliche mutwillige Verschwendung von Leben. Wozu diesem - in meinen Augen - Unsinn auch noch eine Plattform bieten? Die Autorin stellte jedoch nicht die Illegalität in den Vordergrund und was es für ein toller Kick ist sein Leben aufs Spiel zu setzen, sondern erschaffte ganz im Gegensatz, einen gefühlvollen, intensiven Roman. Einen Roman über die erste Liebe, Freundschaft und die schwere Zeit des sich Selbstfindens und Erwachsenwerdens. Wilke geht nicht mit erhobenem Zeigefinger oder gar mahnend, verurteilend auf die Kletterszene los, sondern schildert, was die Jugendlichen antreibt. Und das berührend und authentisch.

Die Handlung und die Protagonisten sind untrennbar miteinander verknüpft. Im Mittelpunkt stehen die Freundinnen Nasti und Alice. Alice wächst behütet auf, auch wenn ihr Leben nur auf den ersten Blick perfekt wirkt; ihr Vater ist verstorben und mit dem neuen Mann ihrer Mutter kommt sie nicht zurecht. Alice leidet sehr unter der Situation Zuhause und die Freundschaft zu Nasti ist ihr Anker, ihr Kraftgeber und Motivator.
Nasti lebt alleine mit ihrer Mutter in einem sozialen Brennpunkt. Ihre Mutter findet es toll, dass ihre Tochter sich mit jemandem angefreundet hat, der in ihren Augen besser gestellt ist. Nasti sieht dies nicht, sondern hat ihr Augenmerk einzig auf dem Menschen Alice. Sie ist ihr Ruhepol, sie erdet sie und gibt ihr Halt. Beide Mädchen ergänzen sich.
Als Nasti in die Clique der Roofer gerät, bröckelt die Freundschaft, was Alice nur allzu bewusst ist. Trotzdem kämpft sie vermissen um das, was ihr wichtig, was ihr eine Herzensangelegenheit ist. Dieser Kampf ging mir sehr nah und berührte mich. So sehr, dass selbst die Liebesgeschichte zwischen Nasti und Trasher in den Hintergrund trat. Außerdem fällt es mir sehr schwer, diese bedingungslose Liebe nachzuvollziehen. Diesen unglaublichen Druck, den sich die Jugendlichen, und vermutlich auch viele Erwachsene, mittlerweile aussetzen, um die vermeintliche Liebe ihres Lebens an sich zu ketten. Aber wie schon erwähnt, mein persönliches Augenmerkt hing an der Freundschaft.

Mein Fazit:
Ein Buch über grenzenlose Freiheit und enge Konventionen. Grandios umgesetzt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.05.2017
Hogan, Ruth

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge


ausgezeichnet

Nach ihrer gescheiterten Ehe findet Laura in Anthony Peardew und seinem Haus Padua nicht nur einen Job, der ihr das Leben rettet und finanziert, sondern auch Freundschaft, eine Zukunft und ein Zuhause. Laura arbeitet als Mädchen für alles, kümmert sich liebevoll um den alternden Schriftsteller Anthony, kocht für ihn, führt den Haushalt und erledigt seine Korrespondenz. Nach seinem Tod, bricht eine Welt für Laura zusammen, doch neben seinem Vermögen und Padua, hinterlässt Anthony ihr so viel mehr: Eine Aufgabe und eine Zukunft.

Das Cover zeigt eine aufgeklappte goldene Taschenuhr; der Titel des Buches umrahmt selbiges, was ich eine sehr nette Idee finde. Mich hat das Bild sofort angezogen und neugierig auf den Inhalt des Buches gemacht, ohne genau sagen zu können, warum im Speziellen. Ich finde es einfach schön und ansprechend.

Ruth Hogan fing mich mit ihren sanften Worten ein. Sie schreibt fast zärtlich und spinnt ihre Geschichte in einen weichen Kokon ein, der schütz, behütet und die teils grausame Wirklichkeit filtert und nicht ganz so hart erscheinen lässt. Sie schildert das Leben Anthony Peardews unglaublich berührend und mitreißend. Zu keiner Zeit fiel es mir schwer, den Handlungen und daraus resultierenden Gefühlsempfindungen zu folgen.

Das Buch ist in zwei Erzählstränge gegliedert. Auf der einen Seite wird das Leben des Verlegers Bomber und seiner Assistentin Eunice geschildert, über mehrere Jahrzehnte. Diesen Teil fand ich eher lebendig und aufregend. Vermutlich gelang Hogan dies dadurch, dass die Einspieler kurz und knapp waren und oft Jahre übersprungen wurden. Um ehrlich zu sein, habe ich lange gebraucht, um den Bezug zu Mr. Peardew zu sehen. Im Nachhinein war es natürlich sofort klar und ich musste über meine Naivität schmunzeln. Ruth Hogan hatte mich mit ihrem Schreibstil so gefesselt, dass ich partout keine Lust verspürte, den Geschehnissen gedanklich vorzugreifen und dann vielleicht in eine völlig falsche Richtung zu laufen.
Auf der anderen Seite geht es um das Leben in Padua und seine Bewohner. Nach dem Tod seiner geliebten Ehefrau sammelt Anthony Peardew alle möglichen und unmöglichen Sachen: einen Knopf, einen Regenschirm, eine Keksdose mit der Asche eines Verstorbenen, ein Puzzleteil und vieles mehr. Für mich besonders waren die kleinen Einschübe der Geschichten zu den verlorenen Gegenständen. Eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte. Laura, Freddy der Gärtner und Sunshine leben in Padua wie in einer Blase und sind froh darüber. Denn nur in Padua kann die grausame Wirklichkeit sie nicht berühren und bedrohen. Doch irgendwann wird es Zeit, auch der Wirklichkeit Raum zu bieten und einen Schritt in diese Richtung zu wagen.

Mein Fazit
Ein wundervolles Buch. Ich fand es nicht nur unglaublich angenehm zu lesen, sondern es berührte mich auch.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.04.2017
Haruf, Kent

Unsere Seelen bei Nacht


ausgezeichnet

Als Addie an Louis Tür klopft, ahnen die beiden nicht, was Addie damit in Gang setzt. Sie unterbreitet Louis einen merkwürdigen Vorschlag: Da beide nachts nicht schlafen können, könnten sie die Nächte gemeinsam verbringen. Reden und für den anderen da sein. Louis willigt ein und schnell werden die beiden Rentner Freunde und Seelenverwandte, die endlich ungetrübten Schlaf finden. Wenn da nicht die Nachbarschaft wäre, die sich über die beiden das Maul zerreißt.

Das Cover zeigt eine gelbe Hauswand mit einem blauen Fenster. Sonnenbeschienen, spiegelt es den dunklen Nachthimmel wieder. Auch wenn dies ein Wiederspruch in sich ist, wirkt es genauso auf mich. Denn durch die Anwesenheit des jeweils anderen, werden die düsteren Schatten verdrängt. Sie sind nicht länger Angst einflößend, sondern ganz im Gegenteil, man teilt und genießt sie.

Kent Haruf hat ein Werk geschaffen, das mich bewegte. Tief bewegte und mir immer noch die Tränen in die Augen treibt. Selten habe ich ein Buch gelesen, dass mit so viel Liebe, Innigkeit und tiefem Verständnis geschrieben worden ist. Mit einer Liebe zum Leben, die ihres gleichen sucht. Ich denke, dass jeder von uns sich schon mal alleine gefühlt hat und deswegen die beiden Protagonisten verstehen kann. Aber wer von uns hat aktiv etwas dagegen unternommen? Die wenigsten. Denke ich zumindest. Ich für meinen Teil bin kein Mensch, der einfach einen anderen ansprechen würde, wie Addie es getan hat. Ich bewundere dies aus tiefstem Herzen, kann aber auch die verstehen, bei denen Neid aufkommt, dass sie es nicht gewagt haben, diesen Weg zu gehen. Louis Reaktion finde ich bemerkenswert, dass er die Sache offen angehen möchte und sie sogar beenden will, um Addie zu schützen. Aus beiden spricht neben einem großen, einsamen Herz, auch Mitgefühl für den anderen. Beide kennen nur ein Ziel: Wohlgefühl für den anderen erzeugen, ohne auf sich selber Rücksicht zu nehmen.
Louis und Addie erzählen sich in den langen, schlaflosen Nächten ihr Leben und wie sie zu den Menschen geworden sind, die sie heute sind. Ihre Wünsche, Hoffnungen und Träume für die Zukunft. Nach und nach entwickelt sich neben den Gesprächen eine innige Freundschaft. Ich fand es unglaublich schön, an diesem intimen Moment teilhaben zu dürfen, als die Freundschaft sich entwickelte.
Haruf hat uns ein ruhiges Buche geschenkt, das von Liebe und Verständnis, Hoffnung Träumen spricht, kurz ein Buch, welches das Leben widerspiegelt.

Mein Fazit
Aus jeder einzelnen Seite des Buches tropft Herzblut. Ein wunderschönes Buch, das mich noch sehr lange begleiten wird.

Bewertung vom 15.04.2017
Lunde, Maja

Die Geschichte der Bienen / Klima Quartett Bd.1


ausgezeichnet

2098 China
Tao, eine Mutter mit Angst um ihren kranken Sohn Wei-Wen, den die chinesische Regierung ihr und ihrem Mann Kuan weggenommen hat. Sie sind im Ungewissen, was er hat und vor allem, wo er überhaupt ist.


2007 USA
George, ein Imker dem alle Bienenstöcke aufgrund einer unbekannten Seuche eingehen. Von heute auf morgen sind sie einfach spurlos verschwunden. Keiner weiß warum. Keiner weiß wohin, aber die Seuche bekommt einen Namen.


1895 England
William, ein Mensch der sich die Erforschung der Bienen als Lebensziel gesetzt hat. Seine größten Hoffnungen in seinen Sohn und Stammhalter erfüllen sich nicht. Aber er hat noch Töchter. Doch an den Rückschlägen droht er zu zerbrechen.



Das Cover ist in einem warmen Beige-Ton gehalten. Am Rand liegt eine verstorbene Biene. Auf mich wirkt es auf der einen Seite trostlos und doch komischerweise voller Hoffnung. Denn Bienen sind Schwarmtiere und wenn eine fehlt, fällt das nicht weiter ins Gewicht. Oder ist dies der Beginn eines Massensterbens? Zusammen mit dem Klapptext hat es mich sehr angesprochen und neugierig auf das Buch gemacht.

Genau kann ich es nicht beschreiben, oder den Finger darauf legen, was Maja Lunde in mir auslöst, aber mit ihren Worten berührt und fesselt sie mich an ihr Werk. Sie schreibt ruhig und trotzdem unheimlich spannend, bewegend und aufregend.
Lunde schildert drei Menschen, die auf den ersten Blick überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Nicht nur durch Jahrhunderte sind sie getrennt, auch durch Kontinente und Lebensweise. Die einzige Verbindung und zugleich der rote Faden, der sich durch das Buch zieht, ist ihre Liebe zu den Bienen, oder vielmehr das Leben und Leiden, was diese unglaublichen Tiere verursachen.
Am Anfang des Buches war mir Tao mit ihrer Familie am sympathischsten. George fand ich relativ nichtssagend und mit William wurde ich nicht warm. Überraschenderweise änderten sich meine Vorlieben immer wieder und im Nachhinein betrachtet, sind mir alle Protagonisten sehr ans Herz gewachsen, keiner ist mehr unwichtig, denn sie hängen wie eine Eisenkette untrennbar zusammen.
Eine Handlung an sich, gibt es meiner Meinung nach nicht. Das Buch wird durch die Charaktere getragen und das mit einer Liebe und einem Herzblut, das ihres Gleichen sucht. Sucht einer in dem Buch Fröhlichkeit und Unbeschwertheit, sucht er definitiv vergebens. Merkwüridgerweise wirkt es aber alles andere als schwermütig oder traurig. Ganz im Gegenteil! Lunde schießt ein Feuerwerk an Lebendigkeit, ab Mut in die Zukunft und Wille zum Weitermachen ab. Mich hat es unglaublich berührt, Einblick in das Leben Taos, Williams und Georges nehmen zu dürfen und ja, sie wurden zu Vorbildern für mich. Auch wenn alles in Scherben liegt, gibt es immer einen Grund zum Weitermachen.

Mein Fazit
Ein bewegendes, ein schönes und zugleich nachdenklich stimmendes Buch. Ich liebe jede Seite!

Bewertung vom 06.04.2017
Katzenbach, John

Die Grausamen


gut

Die beiden Polizisten Marta Rodriguez-Johnson und Gabriel Dickinson stehen kurz vor dem Ende ihrer Karriere, als sie die neue Abteilung Cold Cases übernehmen. Sie haben nur noch diese eine Chance, nicht den Dienst unehrenhaft quittieren zu müssen. Mit wenig Elan, aber viel Druck von oben machen sie sich an die Arbeit und finden durch Zufall einen merkwürdigen Zusammenhang zwischen vier ungelösten Mordfällen und dem Verschwinden eines jungen Mädchens. Doch je mehr die beiden nachfragen, desto gefährdeter wird ihr eigenes Leben.

Das Cover ist schwarz und zeigt ein riesiges Spinnennetz benetzt mit Regentropfen, auf denen sich das Licht bricht. Auf den ersten Blick dachte ich, dass es alles kleine Augen sind, die mich beobachten und erst bei genauerem Hingucken wurde mir klar, dass es eben besagte Regentropfen sind.

John Katzenbach ist für harte und packende Thriller bekannt und jedes Buch habe ich bisher nicht gelesen, sondern verschlungen. Als ich dieses interessante Coverbild sah und den Klapptext gelesen hatte, war mir sofort klar, dass ich dieses Buch einfach lesen musste. Leider wurde ich relativ schnell auf den Boden der Tatsachen zurück geholt, denn bei dem vorliegenden Werk handelt es sich meiner Meinung nach nicht um einen Thriller, sondern um einen Kriminalroman. Mir fehlt die Spannung, die Schnelligkeit und ja, auch die Brutalität, die in meinen Augen einen Thriller ausmachen völlig. Dafür ist es eben ein Krimi. Verwinkelte Ermittlungen, viel Laufarbeit für die Polizisten, immer wieder andere Ermittlungsansätze und Denkarbeit. Hier findet eine Befragung statt, dort taucht plötzlich ein neues Indiz auf, was der Ermittlung eine neue Richtung und auch Schwung verleiht. Ein wenig fühlte ich mich an die Fernsehserie erinnert, die ich recht gerne geguckt habe. Mich hätte es nicht verwundert, wenn Tessa plötzlich, vielleicht in eine Traum, zu Marta oder Gabe gesprochen hätte.

Die beiden Protagonisten konnten mich nicht begeistern. Sie wirkten durchaus authentisch und ich konnte auch eine Beziehung zu ihnen aufbauen, ihre Entscheidungen nachvollziehen und mich in sie hineinversetzen, aber sympathisch waren sie mir einfach nicht. Beide haben durch einen Schicksalsschlag ihr Leben nicht mehr im Griff. Leider. Ich fände es so schön, wenn endlich mal ein Ermittlerduo seine Arbeit aufnehmen würde, dass nicht durch eine Tragödie geprägt wurde. Natürlich hat jeder von uns sein Päckchen zu tragen, aber müssen es wirklich immer so dramatische Schicksalsschläge sein? Ich finde es sehr schade, dass auch ein so bekannter und beliebter Autor auf dieser Mitleidswelle reitet, um seine Charaktere wichtiger zu machen, als sie eigentlich sind. Auf mich wirkten beide wie zwei in den Achtzigern stehen gebliebene alte Knochen, die noch nicht mit der Zukunft harmonieren können. Vor allem, wenn sich Marta Rodriguez-Johnson nach dem Ende einer Befragung stets noch einmal zu dem Befragten umdrehte und noch eine Frage stellte, drängte sich mir der Vergleich zu Columbo auf.
Auch wenn mir beide Protagonisten nicht sympathisch sind, beobachtet ich ihre Entwicklung gerne und mit Spannung. Während Marta und Gabe am Anfang des Buches beide depressiv, in sich gekehrt und dem Leben negativ gegenüber standen, bekommen sie nach und nach den Lebensmut zurück. Sie bekommen eine neue Perspektive und finden, jeder für sich, wieder einen Weg, nach vorne zu schauen und ihr Leben in Angriff zu nehmen. Um ehrlich zu sein ist die Entwicklung der beiden spannender zu beobachten, als die Handlung. Für mich persönlich zumindest.

Mein Fazit
Das Buch konnte mich nicht fesseln, da für mich für einen Thriller zu wenig Action vorhanden war.