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Bellis-Perennis
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Wien

Bewertungen

Insgesamt 1066 Bewertungen
Bewertung vom 30.09.2024
Lackner, Robert

Wie ein junger Anwalt Tausende Juden rettete


ausgezeichnet

Robert Lackner, Historiker und Projektleiter im Ludwig-Boltzmann-Institut in Graz. Als er für sein Buch „Camp Ritchie und seine Österreicher“ in verschiedenen Archiven recherchiert, entdeckt er den Namen des Wiener Rechtsanwaltes Willy Perl (1906-1998), der einer dieser Ritchie-Boys ist. Doch was er weiter über Willy Perl findet, ist erstaunlich und wird in diesem Buch der breiten Öffentlichkeit dargestellt.

Wer ist er nun dieser Willy Perl, den bislang kaum jemand kennt?

Willy Perl, ist als Sohn des Textilkaufmanns Rudolf Perl 1906 in Prag geboren, er studiert in Wien Jura und schließt sich der Ivria, einer jüdischen Selbstschutzorganisation an, da Wien als Hochburg der Deutschnationen gilt. Während seines Gerichtsjahres in der Wiener Leopoldstadt lernt er einige Mitglieder des Zionismus kennen. Diese Kontakte werden ihm dann später für sein doch sehr gewagtes Unternehmen nützen, dem eine unangenehme Begegnung mit dem damals noch unbedeutenden SS-Mann Adolf Eichmann und seiner Pistole vorangeht (S. 8).

Ab 1936 beginnt die illegale Einwanderung zunächst in kleinen Gruppen nach Palästina, das britisches Mandatsgebiet ist und nur wenige, ausgewählte Juden ins Land lässt. Wenig später organisiert Willy Perl Geld zur Auswanderung von vornehmlich jüdischen Geldgebern. Dass dann ausgerechnet das Deutsche Finanzministerium Devisen bereitstellt, um den verfolgten Juden eine Ausreise zu finanzieren, ist wohl ein kleiner Treppenwitz der Geschichte.

Doch die Schwierigkeiten beginnen erst: Visa, Schiffe sowie Verpflegung müssen beschafft werden. Dann kommen stehen wesentlich mehr Personen im Hafen als ausgemacht. Wen zurücklassen? Wen mitnehmen? Werden die Schiffe von den Briten aufgebracht? Müssen sie wieder umkehren oder können sie doch ihre Passagiere abliefern?
Das eine oder andere Mal wied Willy Perl von den Menschenschmugglern um das im Voraus bezahlte Geld gebracht.

Nachdem das „Unternehmen“ letztlich viel Erfolg hat und Willy Perl Tausende Juden retten kann, treten natürlich Konkurrenten und Neider aus den eigenen Reihen auf. Anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen, wird Perl ausgebootet. Zwar wird die von ihm aufgebaute Organisation von anderen fortgeführt. Doch wegen interner Querelen verpasst man die große Chance noch mehr jüdische Flüchtlinge zu retten.

Letztlich wird Willy Perl 1940 in Griechenland von der Gestapo verhaftet. Es gelingt ihm über Portugal nach Mozambik zu fliehen, wo er 1941 ein Visum nach Amerika erhält.

Nach dem Angriff auf Peral Harbour im Dezember 1941 tritt er in die US-Army ein und kehrt als „Ritchie Boy“ nach Europa zurück. Bei einem nicht autorisierten Ausflug nach Wien 1945 trifft er auf sein Frau Lore, die das KZ Ravensbrück überlebt hat wieder.

Erst sehr viel später, kurz vor seinem Tod werden Willy Perls Verdienste um die Rettung verfolgter Juden gewürdigt.

Meine Meinung:

Robert Lackner ist hier eine fesselnde Hommage an einem fast Vergessenen gelungen. Er arbeitet mit diesem Buch die wirklich bewegenden Jahre Perls von 1937 bis 1940 auf.

Die Zahlen, Daten und Fakten sind, wie es sich für einen Historiker gehört, penibel recherchiert! Ich finde ja die Chuzpe mit der Willy Perl sein Unternehmen startet sehr beeindruckend!

Dass Willy Perl für seinen Mut in den Zeiten des Terrors von den eigenen Leuten angefeindet worden ist, ist wirklich beschämend. Die Rolle diverser anderer jüdischer Fluchthelfer wäre noch zu hinterfragen und vermutlich Thema für ein anderes Buch. Aber, wie heißt es so schön? Neid musst du dir verdienen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das diese dramatischen Jahre in Will Perls Leben eindrücklich beschreibt und ein wichtiges Stück Zeitgeschichte ist, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.09.2024
Martin, William

Dezember 41


ausgezeichnet

Nachdem die kaiserliche Japanische Armee am 7. Dezember 1941 völlig überraschend Pearl Harbor angegriffen hat, tritt die USA unter Präsident Roosevelt am 11. Dezember in den Weltkrieg ein. Bodentruppen nach Deutschland werden noch nicht entsandt.

Während die amerikanische Welt die Augen auf das Kriegsgeschehen in Europa und auf den Pazifik richtet und gleichzeitig in den USA Kommunisten jagt, übersehen die Behörden, absichtlich oder nicht, dass antidemokratische und antisemitische Kräfte in Amerika um sich greifen. Vor allem in Hollywood wollen viele die einflussreichen jüdischen Filmemacher loswerden. Wie schon in der Vergangenheit gibt es mehrere Verschwörer, die ein Attentat auf den amtierenden Präsidenten planen. Einer von ihnen ist der Deutsche Martin Browning, der auf seiner Reise von Hollywood nach Washington, eine blutige Spur hinterlässt. Ihm auf den Fersen sind der FBI-Agent Carter sowie der schlecht bezahlte Lektor in Hollywood Kevin Cusack, ein Spion, der sich eigentlich zur Ruhe setzen will.

Und was spielt Vivian, die aussieht wie Marlene Dietrich und gerne Schauspielerin sein möchte, für eine Rolle?

Wird im Weißen Haus der Weihnachtsbaum in hellem Glanz erstrahlen?

Meine Meinung:

Es dauert ziemlich lange bis alle Mitwirkenden vorgestellt worden sind. Nicht immer ist die Rolle, die sie hier spielen von Beginn an klar, denn es gibt Agenten und Doppelagenten. Es scheint, als wäre die zukünftige Attentäter den Behörden immer einen Schritt voraus.

Sehr gut ist das politische Umfeld in den USA dargestellt. Der Angriff auf Pearl Harbour trifft die USA am falschen Fuß, weshalb die Gegner von Franklin D. Roosevelt ihn gerne ersetzen wollen. Den einen reicht es, ihn abzusetzen, die anderen wollen ihn gleich töten. Mord an einem Präsidenten ist ja in Amerika nicht gar so selten (wie man auch aktuell sieht) und Feinde hat Roosevelt genug. Vor allem die amerikanischen Nazis, die ihn und seine Politik hassen, üben für den Ernstfall.

Interessant finde ich den Schwenk nach Hollywood, wo wir einigen Schauspielerinnen und Schauspielern begegnen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen.

So erleben wir mit, wie der fiktive Kevin Kusack am 8. Dezember 1941 aus der Fülle von eingesandten Büchern und Manuskripten, soeben eines lesen muss, das wenig später ein Welterfolg werden sollte: Es handelt sich um das bislang unproduzierte Theaterstück Everybody Comes to Rick’s (Jeder geht in Ricks Bar) von Murray Burnett und Joan Alison aus dem Jahr 1940. Der reale Lektor heißt Stephan Karnot und prophezeit dem „anspruchsvollen Kitsch“ ein großes Potential. Er wird auch Humphrey Bogart für die Hauptrolle vorschlagen. Der Titel des Films ist „Casablanca“.

Das Cover ist gut gelungen, denn man sieht das Weiße Haus durch das Zielfernrohr eines Scharfschützen.

Manche Stellen hätten für meinen Geschmack ein wenig gekürzt werden können, aber das ist jammern auf hohem Niveau-

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Thriller, der durch ein gutes Setting und viel Spannung besticht, 5 Sterne.

Bewertung vom 29.09.2024
Trinkaus, Sabine

Henriette - Ärztin gegen alle Widerstände (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Sabine Trinkaus erzählt in diesem historischen Roman die Geschichte von Henriette Hirschfeld-Tiburtius (1834-1911), der ersten niedergelassenen Zahnärztin in Deutschland.

Henriette ist die dritte Tochter eines Pastors auf Sylt, die nachdem, ihr Vater auf Grund einer Intrige seinen Posten und damit den Wohnsitz verloren hat, mit knapp 19 Jahren den wesentlich älteren Conrad Hirschfeld, den Sohn eines wohlhabenden Gutsbesitzers heiraten muss. Sie erhalten ein bäuerliches Anwesen zur Pacht. Doch Conrad Hirschfeld ist entpuppt sich als schwerer und gewalttätiger Alkoholiker, der das Gehöft binnen dreier Jahre in den Bankrott treibt.

Sehr ungewöhnlich für diese Zeit, verlässt Henriette ihren Mann und zieht zu ihrer Freundin Friederike nach Berlin, wo sie eine Stelle als Gesellschafterin annimmt, obwohl sie kaum über nennenswerte Bildung verfügt. Ihr Vater hat es für nicht notwendig erachtet, ihr mehr als ein wenig schreiben und lesen beizubringen, was sie für sehr ungerecht gehalten hat.

Schon in ihrer Kindheit wird sie von Zahnschmerzen geplagt und als sie den amerikanischen Zahnarzt Abbott in Berlin aufsuchen muss und sie von den Ärztinnen Elizabeth und Emiliy Blackwell liest, reift in ihr der Wunsch, Zahnärztin zu werden. Doch dafür muss sie 1867 nach Amerika gehen, denn in Preußen werden Frauen erst 1908 zum Medizinstudium zugelassen.

Natürlich gibt es auch am Pennsylvania College of Dental Surgery zahlreiche Hindernisse und Widerstände, die Henriette mit Beharrlichkeit überwindet. Sie kehrt nach Berlin zurück und öffnet ein zahnärztliches Atelier, das recht schnell bekannt wird. Zu ihren Patientinnen (sie behandelt nur in Ausnahmefällen Männer) zählen die deutsche Kronprinzessin und deren Kinder.

Spät, aber doch findet sie auch ihr privates Glück mit dem Militärarzt Dr. Carl Tiburtuis (1834-1910) und wird Mutter zweier Söhne. Gemeinsam mit ihrer Schwägerin Franziska Tiburtius, die 1871 in der Schweiz Medizin studiert, eröffnet Henriette eine Praxis für Arbeiterfrauen in Berlin-Mitte, die später zu einer Poliklinik wird.

Meine Meinung:

Sabine Trinkaus verquickt die Fakten dieser interessante Lebensgeschichte, der Henriette Hirschfeld Tiburtius sehr geschickt mit den damals historischen Gegebenheiten. Sie lässt Henriette schon in jungen Jahren gegen die Benachteiligung der Mädchen und Frauen rebellieren. Sie, die intelligent und wissbegierig ist, darf nicht Latein oder Mathematik lernen, sondern muss zahlreiche Servietten und Taschentücher mit Monogrammen und Mustern besticken. Eine Arbeit, der sie nichts abgewinnen und deren Sinn sie nicht versteht.

Ausführlich sind die Schwierigkeiten in Amerika dargestellt, denen sie auf dem College begegnet. Die Mär vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem alles gelingt, ist schnell ausgträumt.

Trotzdem hat Henriette neben ihrer Willensstärke und Beharrlichkeit auch Glück, was aber ihre Leistungen nicht schmälern soll. So ist ihre Freundin aus Jugendtagen, die anfangs ein wenig oberflächlich wirkende Friederike durch ihre Kontakte und Verbindungen eine große Stütze.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der sich mit einer außergewöhnlichen Frau des 19. Jahrhunderts beschäftigt, 5 Sterne.

Bewertung vom 29.09.2024
Vybiral, Ursula

easy eating - Keine Angst vor den Wechseljahren


sehr gut

„easy eating - Keine Angst vor den Wechseljahren“ ist der dritte Teil einer Reihe rund um das körperliche Wohlbefinden. In diesem Band widmet sich Autorin Ursula Vybiral dem Thema Veränderungen des weiblichen Körpers während der Wechseljahre und wie frau damit umgehen soll und kann.

Dazu hat sie zahlreichen Expertinnen und Experten aus der Medizin gezielt Fragen gestellt, die auch für medizinische Laien verständlich beantwortet werden. Dabei werden auch höchst intime Fragen, wie Sex in den Wechseljahren besprochen

In 29 Kapiteln werden die unterschiedlichsten Themen abgehandelt. Man merkt, dass Ursula Vybiral eine Ernährungsberaterin und Abnehmexpertin ist, denn das richtige Abnehmen, das Gewicht-halten sowie Ernährungstipps inklusive 100 Rezepte nehmen hier großen Raum ein.

Das Buch ist sehr gut strukturiert und muss nicht von vorne bis hinten durchgeackert werden. Man kann das eine oder andere Kapitel zunächst einmal getrost auslassen und später lesen. Gut gefällt mir, dass bei den beigezogenen Experten die Kontaktdaten angegeben sind, so dass man diese Fachleute im Bedarfsfall auch kontaktieren kann.

Das Buch kann helfen, bei auftretenden Beschwerden einerseits die richtigen Fragen zu stellen und andererseits das passende Fachgebiet der Medizin auszuwählen.

Fazit:

Ein übersichtliches Buch über die komplexen Veränderungen des weiblichen Körpers während der Wechseljahre. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 26.09.2024
Lagrange, Pierre

Finstere Provence / Commissaire Leclerc Bd.11


ausgezeichnet

Dieser 11. Krimi rund um Albin Leclerc & seinen Mops Tyson stellt den ehemaligen Polizisten vor ernste Probleme. Nachdem ein Wanderer tot im im Stausee gefunden wird und noch nicht klar ist, ob Fremdverschulden vorliegt, erhält Leclerc Drohbriefe, die mit „Ténebrés“ also Finsternis unterzeichnet sind. Nicht, dass er solches nicht schon gewöhnt wäre, scheint es der Verfasser diesmal ernst zu meinen.

Leclerc, der sich ja bekanntlich in aktuelle Kriminalfälle einmischt und sie auch noch erfolgreich löst, muss nun in eigener Sache recherchieren, denn der unbekannte Briefschreiber fordert Albin zu einem gefährlichen Vabanque-Spiel heraus. Der Einsatz: Albins Familie.

Leclerc weiß, dass er als Vater versagt hat und will nun, spät aber doch, seine Tochter Manon und seine Enkelin Clara vor den Gefahren des Lebens beschützen. Daher sieht er in jedem Mann, der sich der geschiedenen Manon nähert, einen potenziellen Feind. Ihr zuliebe geht er sogar zu einer Sitzung mit einer Familientherapeutin.

Diesmal gewährt im der Chef de Police sogar fast freiwillig Zugang zu alten Akten und es wäre nicht Leclerc, wenn er nicht ähnlich gelagerte Fälle finden würde.

Meine Meinung:

Autor Pierre Lagrange schafft es wieder, einen spannenden Krimi zu verfassen, bei dem wenig so ist wie es scheint. Geschickt werden uns Lesern einige mögliche Verdächtige präsentiert. Doch der Groschen fällt bei Albin recht spät, fast zu spät.

Letztlich siegt das Licht über die Finsternis, allerdings nicht ohne eine ziemlich brenzlige Situation für Manon und Albin.

Die Krimis um Albin Leclerc laufen zwar immer nach einem bestimmten Schema ab, aber trotzdem ist es fesselnd zu lesen, was Albin alles anstellt, um Akteneinsicht zu bekommen.

Der Schreibstil ist gewohnt locker und die Frotzeleien zwischen Albin und Matteo, der dem rechten Lager von Marine Le Pen nahesteht, lassen uns Leser immer wieder schmunzeln. Und ja, das geliebte Boule-Spiel darf auch nicht fehlen. Auch die schöne Landschaft der Provence mit ihren Wanderwegen spielt diesmal eine besondere Rolle.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem persönlichsten Fall für Albin Leclerc 5 Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2024
Kern, Doris

Wurzeln und Knollen


ausgezeichnet

In diesem Buch stellt uns Kräuterexpertin Doris Kern die wohltuende Wirkung von 20 unterschiedlichen Pflanzen wie von A wie Alant und Z Zichorie vor. Diesmal widmet sie sich den Wurzeln und Knollen dieser Pflanzen. Manche davon wie die Karotte oder Zwiebel ist aus unseren Küchen nicht wegzudenken, daher sind sie fast immer vorrätig.

In 90 Rezepten zeigt sie die heilenden Kräfte die in den unterirdischen Teilen der Pflanzen stecken. Es lohnt sich daher, diesen Pflanzenteilen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Ob als Tee, Tinktur, Umschlag, Salbe oder Räuchermischung - die Heilkraft der Wurzeln und Knollen lässt sich einfach für Körper und Seele anwenden.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem farbenfrohen Buch, das uns in die Welt der heilenden Wurzeln und Knollen einführt, 5 Sterne.

Bewertung vom 25.09.2024
Lindinger, Michaela

Wallis Simpson


ausgezeichnet

Die österreichische Historikerin und Autorin Michaela Lindinger ist bekannt dafür, sich mit kontroversiellen Frauen der Geschichte zu beschäftigen. Diesmal hat sich in diesem 9. Band der Serie „Reihenweise kluge Frauen“ einer Frau gewidmet, der man die Eigenschaft „klug“ nicht unbedingt zuordnen würde: Wallis Simpson (1896-1986). Bauernschlau vielleicht, berechnend, zielstrebig, intrigant und manipulativ jedenfalls.

In vier großen Abschnitten, die in viele kleine Kapitel unterteilt sind, geht die Autorin den Spuren der Person Wallis Simpson, die 1896 als Bessiewallis Warfield in Pennsylvania, geboren und nach dem Tod des Vaters in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen wird, und später als meistgehasste Frau der Welt gilt, nach.

Wir steigen im ersten Kapitel in das Leben von Wallis Simpson und Edward, kurz nach seiner Abdankung als König im Dezember 1936 ein. Er muss England auf Druck der königlichen Familie und des Parlaments verlassen, reist nach Österreich, wo er als Gast der Baronin Rothschild in deren Schloss wohnt. Auf Grund der gültigen Gesetze muss er getrennt von Wallis auf deren Scheidung von Ernest Simpson warten und geht der Gastgeberin recht bald gehörig auf die Nerven.

Im zweiten Kapitel erhalten wir Einblick in die frühe Lebensgeschichte von Wallis sowie in ihre Herkunft in Amerika, ihre Ehen sowie ihre Kunst, Freundinnen die Männer auszuspannen inklusive. Hier erfahren wir, dass Wallis wahrscheinlich mit einer Störung der Geschlechtsentwicklung (DSD) zur Welt gekommen sein dürfte, was ihr extrem androgynes Aussehen bewirkt hat und ihr extrem große, männlich anmutende Hände beschert hat. Edward hingegen hat kaum Bartwuchs und wird in der Army wegen seiner fehlenden Brusthaare (damals der Inbegriff der Männlichkeit) gehänselt.

Das dritte Kapitel beschäftigt nicht nur die Klatschpresse mit dem akkurat von Wallis geplanten Zusammentreffen mit Edward sondern auch mit dem späteren Eheleben der beiden. Nach der Abdankung, die Wallis aller Zukunftsträume als „Königin“ beraubt, wird am 3. Juni 1937 geheiratet. Doch nicht wie von Wallis gewünscht mit Hunderten Gästen in Westminster Abbey, sondern im allerkleinsten Kreis ohne Edwards Familie. Eigentlich hat Wallis das Interesse an Edward schon längst verloren. Sie gibt sich mit anderen Männern ab und demütigt den ehemaligen König auch in aller Öffentlichkeit. Dass er sich das alles gefallen lässt, lässt auch tief blicken. Es scheint, als wäre er ihr hörig gewesen.

Das vierte und letzte Kapitel beschreibt Wallis Leben als Witwe und ihr einsames Sterben.

Michaela Lindinger, die schon Biografien über Hedy Lamarr, Elisabeth Petznek und Marie Antoinette geschrieben hat, versteht ihr Handwerk. Penible Recherche fördert bislang nicht oder wenig Bekanntes zu Tage. So erfahren wir, dass beide kaum jemals ein Buch gelesen haben, wenig gebildet sind (Was bei einem Mann, der einst Herrscher über das Britische Empire war, doch ein wenig befremdlich wirkt.) und politische Ansichten zum Besten geben, die dem Britischen Königshaus die Grausbirnen aufsteigen lässt (und damit ist nicht nur die Anbiederung an Nazi-Deutschland gemeint). Immerhin, der Ex-König strickt, um seine Nervosität zu beruhigen. Leider erfährt man nicht ob es Socken oder Pullover geworden sind. Vermutlich weder noch.

Die Autorin versucht aus den ihr zu Verfügung stehen Queller herauszufinden, was diese Frau antreibt. Angst vor einem Leben im Mittelmaß oder gar Armut? Übersteigertes Geltungsbedürfnis? Obwohl sich Michaela Lindinger Wallis Simpson sehr sachlich nähert, ist das Wesen dieser Frau nicht ganz zu erfassen.

Diese Biografie passt in ihrer Aufmachung bestens zu den acht anderen Lebensgeschichten dieser Reihe. Das doch ein wenig schrille Rot des Covers mit dem Porträt im weißen Lichtkegel weckt gleich das Interesse. Dutzende Fotos, unter anderem das kompromittierende mit Hitler, sowie ein ausführliches Quellenverzeichnis ergänzen das als Harcover ausgeführte Buch.

Fazit:

Gerne gebe ich der Biografie dieser eigenartigen Frau, die für das Britische Königshaus bis über ihren Tod hinaus eine Persona non grata ist, 5 Sterne.

Bewertung vom 25.09.2024
Wolf, Klaus-Peter

Der Weihnachtsmannkiller Bd.1


ausgezeichnet

Ann Kathrin Klaasen, von den meisten nur AKK genannt, schwört ihr Team darauf ein, die Weihnachtsmänner, die allerorts kleine Geschenke verteilen, im Auge zu behalten, denn in den letzten acht Jahren sind 12 Weihnachtsmänner verschwunden oder tot aufgefunden worden. Und eben wird wieder einer vermisst und ein Drohbrief aufgetaucht.

Nur Polizeidirektorin Elisabeth Schwarz kann der Soko Weihnachtsmann-Killer so rein gar nichts abgewinnen, obwohl AKK die Fakten gut aufbereitet auf den Tisch legt.

Während AKKs Mann KHK Frank Weller und Kollege KHK Rupert in die Rolle des Weihnachtsmannes schlüpfen, dürfen wir Leser in den Kopf des Täters sowie in dessen Tiefkühltruhe schauen, in der neben Dutzenden Packungen von Fischstäbchen auch tiefgekühlte Weihnachtsmänner gelagert werden. Daher sind wir Leser den Ermittlern immer einen kleinen Schritt voraus.

Auch einen eigenen Adventkalender hat sich der Mörder gebastelt. Noch sind nicht alle Türchen besiedelt.

Meine Meinung:

Ich gestehe, ich kann die Vorweihnachtszeit mit Glühwein, Weihnachtsmann und lautstarkes Weihnachtsliedergedudel (Wham!) überhaupt nicht leiden, weil die angeblich stillste Zeit des Jahres und das friedliche Fest im Kreis der Familie bei uns zu Hause alles andere als friedlich war. Allerdings geht mein Kindheitstrauma nicht soweit, dass ich Weihnachtsmänner ermorden würde. Einen Kurzkrimi, bei dem Weihnachtsmänner den Tod finden, habe ich allerdings auch schon geschrieben.

Wir Serienjunkies, die schon einige oder alle Teile der AKK-Krimis bzw. die Undercovermissionen von Rupert kennen, wissen um die Stärken, Schwächen und Macken der Teammitglieder bestens Bescheid. So sind die außerehelichen Affären Ruperts Legion und mit seinen derben oft unpassenden Sprüchen sowie seinem Alkoholkonsum fällt er immer wieder aus dem Rahmen. Auch diesmal verpasst er den eigentlichen Showdown, weil er sich mit Schnaps zugedröhnt hat und verschläft.

Schmunzeln musste ich, wie der Täter die Weihnachtsmänner im Ort dazu bringt, sich lächerlich zu machen, indem sie sich bis auf die Unterwäsche ausziehen, das Kostüm verbrennen und anschließend das Videos von sich im Internet zu posten.

Für alle jene, die keine Lust auf Weihnachtskitsch haben, ist dieser Krimi genau richtig. Der zweite, nicht ganz ernst gemeinte Weihnachtskrimi erscheint am 25. September 2024.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, der mich sehr gut unterhalten hat, 5 Sterne.

Bewertung vom 24.09.2024
Nohant, Gaëlle

All die gestohlenen Erinnerungen


ausgezeichnet

Die (fiktive) Französin Irène Martin lebt schon über zwanzig Jahre in Hessen und arbeitet beinahe ebenso lange in den (realen) Arolsen Archives, die als International Tracing Service (ITS) kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges gegründet worden ist, um jenen Menschen, die der NS-Terror verschleppt und ermordet hat, zu gedenken bzw. Überlebenden Auskunft über das Schicksale von deren Verwandte zu geben. Auch Daten zu den Millionen Displaced Persons, die nach dem Krieg in Europa herumirrten, sind hier dokumentiert. Spät, aber doch, gelingt es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Licht ins Dunkel der Geschichte zu bringen und manchmal können auch Gegenstände dieser Personen, die im Archiv aufbewahrt werden, an Hinterbliebene zurückgegeben werden.

Ein solcher Gegenstand, um den es in diesem historischen Roman geht, ist ein abgeliebter Pierrot, der, wie ein Medaillon, Irène bei ihren Recherchen unter anderem bis nach Polen führt. Auf der Suche nach dem früheren Besitzer der Stoffpuppe begegnet sie in den Datenbanken nicht nur Opfern der Shoa, sondern auch Tätern. Dabei muss sie feststellen, dass auch der frühere Leiter des Archivs seinen Anteil an den dunklen Jahren der deutschen Geschichte hat.

Wenn nun Hinterbliebene ausfindig gemacht worden sind, oder jene von sich aus die Archive kontaktieren, ist genau abzuwägen, wie ihnen die Ergebnisse der Nachforschungen präsentiert werden sollen.

Meine Meinung:

Sehr einfühlsam und dabei doch eindrücklich beschreibt Gaëlle Nohant die Arbeit in den Archiven. Für die Menschen wie die fiktive Irène Martin, die dort arbeiten und forschen, ist dies nicht nur Beruf sondern Berufung, denn er gehört schon sehr viel Mut und Liebe dazu, sich mit den Schicksalen jener Menschen, die der Moloch der Nazis verschluckt hat,zu beschäftigen. Genau wie Irène habe ich mich zunächst gewundert, dass einige Datenbanken streng geheim und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Als dann die Rolle des früheren Direktors bekannt wird, ist alles klar.

Auf die Frage, warum und wie sie sich auf ihrer Suche den vermissten Personen nähert, antwortet Irène:

„Der Instinkt und die Geduld. Ich verbringe wahnsinnig viel Zeit damit, an die Menschen zu denken, die ich suche.
Tag und Nacht. während ich laufe, beim Autofahren. Mein Sohn wirft mir das oft genug vor. Immer sind meine Ermittlungen in einer meiner Gehirnwindungen präsent. Ich folge meinen Intuitionen, ich überprüfe sie, um herauszufinden, ob sie standhalten. Ich versuche die Spuren miteinander zu verbinden, und die meiste Zeit ist das ziemlich beschwerlich. Und dann spüre ich unvermittelt, dass ich eine heiße Spur habe. Das ist dann ein ganz besonderes Brennen.“

Und genau dieses Brennen, das Irène spürt, kann man auch beim Lesen erleben. Dieser historische Roman liest sich fesselnd, auch wenn die eine oder andere Schilderung von den Gräueln der NS-Schergen schwer zu verkraften ist. Obwohl ich schon mehrere Meter Bücher zu diesem Thema gelesen habe, erfahre ich doch wieder etwas Neues.

Die Erzählweise, jedes Kapitel ist mit wiederkehrenden Namen wie Eva, Wita, Elsie, Teodor, Lazar, Myriam oder Allegra überschrieben, finde ich sehr interessant. Für mich ist jedes Kapitel ein Puzzleteil, das sich ausführlich mit jener Person des Namens beschäftigt. Zusammengesetzt ergeben diese Mosaiksteinchen ein Gesamtbild.

Kaum ist eine Frage halbwegs beantwortet, tauchen aus diesen Antworten neue Fragen auf. Wie ein Spinnennetz ergeben sich neue Spuren, die nicht immer zum Ziel führen, sondern auch in diverse Sackgassen oder zunächst unbedeutenden Nebenschauplätzen enden. Hier den Überblick zu bewahren, ist die große Kunst der Mitarbeiter des Arolsen Archives. Eine Schwierigkeit bei dieser Arbeit ist es auch, die noch vorhandenen Quellen richtig in den historischen Kontext einzuordnen. Denn, als klar wird, dass der Krieg verloren ist, wird ja angeordnet, so viele Dokumenten wie möglich, zu vernichten, um keine Beweise über ihre Gräueltaten den Siegermächten zu überlassen. Außerdem habe sich zahlreiche Nazis geschickt ihre eigenen Legenden gebastelt, um nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Ein besonders abstoßendes Kapitel in der ohnehin schon grausamen Geschichte des NS-Staates, bildet die Entführung von blonden, blauäugigen - also arisch aussehenden - Kindern aus den annektierten Gebieten, um sie in Familien überzeugter Nazis aufwachsen zu lassen. Dieses Kapitel der deutschen Geschichte ist noch nicht zur Gänze erforscht. Wie viele von diesen zwangsadoptierten Kindern, die vor allem aus Polen stammen, ist bis heute nicht genau bekannt, da man hier alle Spuren ziemlich gut verwischt hat.

Der interessierte Leser kann hier durchaus Parallelen zu den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine entdecken.

Fazit:

Mit diesem eindrucksvollen historischen Roman hat Gaëlle Nohant die akribische Arbeit der Arolsen Archives vor den Vorhang geholt. Gerne gebe ich diesem Buch eine Leseempfehlung und 5 Sterne!

Bewertung vom 23.09.2024
Preis, Robert

Die rauen Nächte von Graz


ausgezeichnet

Charlotte hat gemeinsam mit den Kindern Armin Trost endgültig verlassen. Nur Zeus, der Berner Sennenhund ist bei ihm, als er bei einem Spaziergang beobachtet, wie ein Bündel aus einem weißen Lieferwagen geworfen wird. Als er Nachschau hält, entdeckt er eine schwer verletzte unbekannte Frau, die wenig später im Krankenhaus stirbt. Beinahe gleichzeitig verschwindet die junge Freundin von Balthasar Gierack, seinem ehemaligen Vorgesetzten und aktuellen Todfeind. Blöderweise ist sie noch dazu die Tochter eines hochrangigen Politikers. Daher erteilt man höheren Ortes, entgegen Gieracks Willen, dem Einzelgänger Trost den Auftrag, den Mörder bzw. die Vermisste zu finden. Das ehemalige Team von Armin Trost ist auch nicht untätig und ermittelt unter anderer Leitung und größter Geheimhaltung ebenfalls. Das führt dazu, dass man in Trosts Wohnung eine Kommandozentrale einrichtet und alle Ermittler, Trost inklusive, verkabelt sind und Decknamen haben. So wird Trost zum „Schwarzen Mandl“ und Anne Lemberg zur Schöcklhex.

Als dann noch eine junge Frau verschwindet, sieht Armin auch seine Nachbarin, die Schauspielerin Eva Schön, in Gefahr. und flugs dichtet im Gierack ein Gspusi mit der Schauspielerin an.

Es wäre kein Krimi von Robert Preis, wenn sich nicht auf den letzten Seiten die mystische Stimmung in einem gewaltigen Showdown entladen würde.

Meine Meinung:

Ich kenne ja Armin Trost schon seit seinem ersten Fall und beobachte gespannt seine Entwicklung. Obwohl er immer wieder durch riskante Alleingänge sein Leben und seine Gesundheit gefährdet, schafft er eine nahezu 100% Ausklärungsquote, was ihm den Hass und Neid von Balthasar Gierack, einträgt. Dabei schmückt er sich dann gerne mit Trosts Erfolgen. Während Gierack ein geschniegelter Schreibtischtäter ist und seine italienischen Schuhe nicht schmutzig machen will, legt Trost keinen Wert auf irgendwelchen Komfort. Und auch die Beweihräucherung durch Politiker oder Medien sind Trost zuwider. Das Rampenlicht überlässt er gerne Gierack. Bezeichnend für Gieracks Charakter ist, dass er Trost ein Gspusi mit der Nachbarin andichtet, ohne auch nur einen realen Beweis zu haben. Er manipuliert damit Anne Lemberg, die nach wie vor Gefühle für Trost hegt. Gierack selbst ist natürlich Ehemann und Vater, kann aber die Finger von ziemlich jungen Frauen nicht lassen. Ob ihm demnächst endlich einmal einer auf die Finger klopft?

Für alle jene, die erst jetzt in die Reihe einsteigen, ist vieles nicht ganz klar. Es ist für das Verständnis von Armin Trosts Charakter bzw. seine oft eigenartig anmutenden Handlungen hilfreich, die Vorgängerbände zu kennen. Unbedarfte Leser könnten sonst den Eindruck haben, Trost stolpere nur durch seine Ermittlungen.

Robert Preis schafft es immer wieder, tief in die Abgründe der menschlichen Seele einzutauchen. Dabei nimmt er auch Anleihen bei steirischen Sagen und Mythen. Diesmal spielen die Raunächte, also jene Zeit zwischen 21. Dezember und 6. Jänner, und die Wilde Jagd eine große Rolle.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem durchaus spannenden 9. Fall für Armin Trost 5 Sterne.