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Petra Sch.
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Gablitz

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Insgesamt 576 Bewertungen
Bewertung vom 10.05.2023
Neumeyer, Christine

Der Kuss des Kaisers


sehr gut

Polizeiagent Pospischil ermittelt in seinem 2. Fall: eine Kopflose Leiche im Garten des Belvedere

Wien, Sommer/Herbst 1908: In der Modernen Galerie im Unteren Schloss Belvedere laufen die Vorbereitungen für die Ausstellung des aufsehenerregenden Bildes "Der Kuss" von Gustav Klimt", das für den Kaiser angekauft wurde, auf Hochtouren, als plötzlich eine Hand im Brunnen des Schlossgarten gefunden wird. War das ein Anschlag auf den Thronfolger Franz Ferdinand, der im Oberen Schloss Belvedere residiert? Oder doch nur ein unglücklicher Zufall?
Polizeiagent Pospischil und sein Kollege Dr. Frisch finden bald weitere Leichenteile in div. Brunnen der großen Gartenanlage; nur der Kopf fehlt.
Doch die Putzfrau der Modernen Galerie, Erna Kührer, erkennt in den Leichenteilen ihren Sohn Daniel.
Musste er aufgrund seiner Spielschulden sterben? Er hatte ja mit etlichen Leuten in Wien Streitereien und Probleme.

Ich habe mich über das Wiedersehen mit Pospischil und Frisch gefreut, dich ich bereits in "Der Offizier der Kaiserin" kennenlernen durfte. Pospischil ist behäbig und ruhig, und Frisch ist immer noch flink im Kopf und mit einer guten Kombinationsgabe.
Die herablassende Haltung der Mitarbeiter des Hofstaats des Thronfolgers und die heikle Ermittlung - denn es darf nichts nach außen dringen - erschweren die Arbeit.
Die Ermittlungen führen die beiden Polizisten zu verschiedenen Tatverdächtigen; und selbst als Leser - obwohl man die Lösung direkt vor Augen hat - erkennt man den Zusammenhang nicht.

Besonders gut haben mir die lebendigen Beschreibungen des Schlosses Belvedere, dessen beeindruckendem, prachtvollen Garten und der Modernen Galerie gefallen. Auch die Stimmung in der damaligen Bevölkerung über den alten und den zukünftigen Kaiser, und der Unmut über die Ausgaben für Ankäufe von teuren Bildern ("Der Kuss" kostete damals schon ein Vermögen), während viele Wiener Hunger leiden und auf engstem Raum zusammengepfercht leben mussten, liefern ein gutes Bild der damaligen Lebensverhältnisse.
Das Wien-Flair zeigt sich auch durch die Benutzung vieler österreichische Wörter. Oftmals sind Dialoge kurzzeitig im Wiener Dialekt. Hier wäre ein Glossar wie im anderen Band für deutsche Leser gut gewesen.

Ich freue mich schon auf einen weiteren Band der historischen Wien-Krimi-Reihe, mit ev. Frisch als Haupt-Ermittler; denn Pospischil überlegt ja, in Pension zu gehen.


Fazit:
Ein historischer Wien-Krimi mit dem tollen Schloss Belvedere und dessen wundervoller und prächtiger Gartenanlage als Schauplatz und viel Wien-Flair.

Bewertung vom 10.05.2023
Nikolay, Mona

Amsel, Drossel, tot und starr / Manne Nowak ermittelt Bd.2


sehr gut

gelungene Fortsetzung des Schrebergarten-Cosy-Crime

In der Berliner Schrebergarten-Kolonie "Rosenthal" brennt eine Laube - und darin das unsympathische Vorstandsmitglied Maik Reuter.
Der Vorsitzende der Kolonie, Schmittchen, ruft Manne Novak, Polizist in Rente, und Caro von Ribbek aus der Kolonie "Harmonie" zu Hilfe, denn diese betreiben nun offiziell eine Detektei.

Die Geschichte ist wieder sehr humorvoll geschrieben, und man hat oft ein Schmunzeln auf den Lippen. Schon allein die schrullige Art von Manne, der sich aber wegen der quirligen Caro langsam immer mehr öffnet, ist sehr unterhaltsam.
Aber ob Caro jemals noch einen grünen Daumen bekommen wird? Ich wage es zu bezweifeln ;) Naja, sie ist dafür super im Organisieren und Kombinieren.
Kommissar Lohmeyer vom LKA Berlin wird mal wieder als unfähig dargestellt und er ist wie immer griesgrämig und über das "Einmischen" von Manne und Caro nicht erfreut. Doch ohne ihn würde etwas fehlen.

Leider ist es diesmal etwas chaotisch, und auch der Fall ist nicht ganz so spannend wie im ersten Teil.
Es ist jedoch wieder sehr unterhaltsam, Manne und Caro dabei zu verfolgen, wie sie nach und nach immer mehr Geheimnisse aufdecken und deren Puzzleteile Stück für Stück zusammensetzen.

Schön finde ich den Plan der Kleingartenanlage Rosenthal in der vorderen Buchklappe; so kann man die Wege von Caro und Manne gut nachvollziehen, man weiß, wo Maiks Laube gebrannt hat und hat die Örtlichkeiten noch besser vor Augen.


Fazit:
Wieder ein humorvoller Fall mit Caro und Manne; aber leider nicht ganz so spannend wie Teil 1 und diesmal auch etwas chaotisch.

Bewertung vom 07.05.2023
Eliopoulos, Christopher;Meltzer, Brad

Jede*r kann die Welt verändern! - Ich bin Martin Luther King Jr.


sehr gut

wichtige Persönlichkeiten kindgerecht dargestellt

Die Reihe "Jede*r kann die Welt verändern" vom Verlag Egmont Bäng stellt wichtige Persönlichkeiten aus der Weltgeschichte kindgerecht, leicht verständlich, mit bunten Illustrationen und teilweise im Comic-Stil vor.
In diesem Buch geht es um Martin Luther King jr., der für die Gleichstellung von Schwarzen in den 1950er und 60er Jahren in den USA gekämpft hat.
Zum ersten Mal hat er die Rassentrennung kennengelernt, als er zur Schule kam. Es ist für ein Kind auch schwer verständlich, plötzlich nicht mehr mit den bisherigen Freunden spielen zu dürfen und auf eine andere Schule gehen zu müssen. Daher wurde er Priester und hat zum gewaltlosen Widerstand aufgerufen.
Es ist total faszinierend zu sehen, wie Martin Luther King jr. seine schwarzen Mitmenschen dazu auffordern konnte, gewaltfrei gegen die Diskriminierung zu protestieren. Dass sie dann tatsächlich ein Jahr nicht Bus gefahren sind, weil sie die Sitze für weiße Menschen freigeben mussten und dies ungerecht fanden, finde ich unglaublich. Und traurig, dass es SOO lange gedauert hat, eine erste kleine Veränderung zu bewirken.

Sehr wichtig finde ich hier die Message des Buches, und eben jene von Martin Luther King jr. selbst: dass man gewaltfrei viel erreichen kann und dass nur dies der richtige Weg ist.
Selbstverständlich kommen auch Martins berühmte Worte vor, und am Ende des Buches gibt es einen kurzen Zeitstrahl, der nochmal die wichtigsten Stationen aus seinem Leben aufzeigt.

Das Buch ist quadratisch und handlich, hat seitenfüllende färbige Illustrationen; und Texte im Comic-Stil wechseln sich mit kurzem, einfachen Fließtext ab, was auch sehr gut für Erstleser geeignet ist.
Weniger gefällt mir die immer gleichbleibende Darstellung von Martin Luther King jr. So wird er auch als Kind mit Bart und Anzug gezeichnet, und seine Größe ist gleichbleibend - so ist er als Erwachsener ebenfalls noch sehr klein und sieht neben anderen Personen wie ein Kind aus. Das ist etwas irritierend und verstörend; allerdings hat die so in den Büchern jeweils dargestellte Person großen Wiedererkennungswert, da sie in jeder Lebensphase eben genau gleich aussieht.


Fazit:
Eine Reihe, die mit vielen bunten Bildern und teilweise im Comic-Stil, wichtige Persönlichkeiten aus der Weltgeschichte kindgerecht vorstellt.

Bewertung vom 07.05.2023
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


ausgezeichnet

das beeindruckende Leben der Hedy Lamarr

Hedy Lamarr kannte ich bisher nur als wunderschöne Frau und Hollywood-Schauspielerin. Dass sie auch Erfinderin war, war mir bisher tatsächlich nicht bekannt.
Marie Benedict erzählt die Geschichte der außergewöhnlichen Wienerin Hedwig Kiesler, die als Hedy Lamarr Weltberühmtheit erlangt hat, in einem spannenden, emotionalen und mitreißenden Roman; und zwar die Jahre 1933 bis 1942.
Man erfährt über ihr Leben in Wien, dass sie anfangs eigentlich gar nicht wusste, dass sie jüdisch ist, und was das überhaupt bedeutet. Daher auch ihre Ungläubigkeit, dass sie von den Na*zis überhaupt als Jüdin eingestuft wird, weil sie das eben nicht richtig lebt.
Als sie ihren Mann, den reichen Waffenfabrikanten Fritz Mandl kennen- und liebenlernt, ist man zu Beginn voller Freude mit ihr, obwohl sie seinetwegen ihre Theaterkarriere aufgibt (aufgeben muss).

Die Geschichte ist so lebendig und mitreißend geschrieben, und auch sehr emotional. Man leidet mit Hedy mit, als sich Fritz als immer größerer Tyrann herausstellt, und sie dann sogar in der Villa einsperrt. Auch wenn es goldener Käfig ist und es ihr - im Gegensatz zum Großteil der Wiener Bevölkerung - an nichts fehlt.
Als sie ein Gespräch mit Fritz und Hitler belauscht, und sie nicht einmal ihrer Mutter davon erzählt - auch wenn sie ein leider schlechtes Verhältnis zu ihr hatte - war ich irgendwie von ihr enttäuscht. Vielleicht hätte sie tatsächlich viele Menschen retten können. Aber sie hat sich selbst gerettet und 1937 ist es ihr dann endlich im 2. Versuch gelungen zu fliehen. Über England in die USA. Wo sie dann zur berühmten Hollywood Schauspielerin Hedy Lamarr wurde.

Aufgewühlt hat mich das wohl damals typische Verhalten, dass Frauen nur schön zu sein hatten; und ihnen von den Männer an der Macht nichts zugetraut wurde.
So war es auch, als Hedy ihre Schuld etwas minimieren wollte, und das Problem der nicht steuerbaren Torpedos lösen wollte und gemeinsam mit ihrem guten Freund George Antheil ein Funksteuersystem erfunden hat, und dieses auch patentieren lies. Doch die US-Army hat es nicht angenommen, denn es wurde ja von einer Frau erfunden, und eine Frau kann so etwas selbstverständlich nicht.
Wie es in Wahrheit war, weiß man natürlich nicht, aber die Autorin hat die Schauspielerin und deren Freund sehr schüchtern und zurückhaltend dargestellt. Warum sind sie nicht stärker aufgetreten? Oder sie hätten doch zumindest betonen können, dass die Hauptarbeit von George gemacht wurde; vielleicht hätte die Army diese Technik dann verwendet, und der Krieg hätte früher vorbei sein können? Man weiß es nicht...

Doch es gab auch einige kleine Dinge, die mich gestört haben, da sie nur gestreift oder nicht genau ausgearbeitet waren - zB, als Hedy ihre Mutter aus Wien retten und in die USA holen wollte. Nachdem sie ihr so zwiegespalten gegenübergestanden ist, hat man Streitigkeiten erwartet. Doch ihre Mutter wurde mit keinem Wort erwähnt. Bis man irgendwann später so nebenbei erfahren hat, dass sie nach England fliehen konnte und gar nicht direkt in die USA.
Trotzdem war ich begeistert von dieser Romanbiografie, die mich so mitreißen konnte.


Fazit:
Eine sehr berührende, emotionale und mitreißende Romanbiografie, die die Lebensjahre von 1933 bis 1942 der berühmten Hedy Lamarr, die als Hedwig Eva Maria Kiesler in Wien geboren wurde, beleuchtet.

Bewertung vom 29.04.2023
Jordan, Jack

Die Herzchirurgin


sehr gut

Was wiegt stärker? Mutterliebe oder der Hippokratische Eid?

Anna Jones ist erst vor kurzem von London aus der Stadt in ihr neues Haus gezogen und arbeitet als Herzchirurgin im dortigen Krankenhaus.
Eines Tages wird sie für die Operation des Politikers Ahmed Shabir eingeteilt, was natürlich alles geheim ist; denn niemand soll wissen, dass der angehende Premierminister ein Herzleiden hat.
Doch irgendjemand wusste davon, denn zwei Tage zuvor ist Annas Nachbarin tot, und ihr 9jähriger Sohn Zack verschwunden, ihr Haus mit Kameras verkabelt.
Und Anna bekommt ein Ultimatum gestellt: entweder sie lässt Shabir auf dem OP-Tisch sterben (natürlich so, dass es wie ein natürlicher Tod aussieht), oder ihr Sohn stirbt. Ebenso, wenn sie auffliegt.

Man kann sooo gut mit Anna mitfühlen, besonders als Mutter. Selbstverständlich will man sein Kind retten, das ist doch das Allerwichtigste! Doch natürlich ist für sie als Ärztin auch der Hippkratische Eid, dem sie sich verpflichtet hat, wichtig. Wobei ich seltsam fand, dass sie tatsächlich die Gründe für und wider abgewogen hat.
Und ihre psychische Krankheit, sich ständig sämtliche Körperbehaarung auszureißen, ist sehr befremdlich.

Krankenschwester Margot, Annas Assistentin im OP, die jede Menge Schulden hat und alle Kollegen und Kolleginnen beklaut, ist ein egoistischer und seltsamer Charakter.
Doch sie hat Bauernschläue und bei der OP bemerkt, dass Anna sich eigenartig verhält und sie deshalb genau beobachtet - und will nun daraus Geld schlagen, um endlich aus ihrer Schuldenspirale rauszukommen.

Und dann ist da noch die Ermittlerin Rachel Conaty, die ein schweres Trauma aus der Vergangenheit mitschleppt und genau spürt, dass mit dem Sohn von Anna etwas nicht stimmt; und sich in den Fall verbeißt.

Die Geschichte wird aus Sicht dieser 3 Frauen erzählt, jeweils in ich-Form. An der Überschrift erkennt man die erzählende Person, inkl. Datum und Uhrzeit. Trotzdem fiel es mir manchmal schwer umzuswitchen und mich neu in die Figur einzudenken, eben weil alle 3 in ich-Form erzählen.
Die Figur der Rachel und deren Verbissenheit macht es spannender; wenn jemand Anna ständig im Genick sitzt und sie Gefahr läuft, jederzeit auffliegen zu können. Denn ihre Tat darf natürlich nicht entdeckt werden, wenn sie ihren Sohn jemals wiedersehen will.
Warum die Geschichte aber ausgerechnet im Jahr 2019 spielt, hat sich mir nicht erschlossen.

Der Autor fasziniert mich jedenfalls - Er hat es nämlich geschafft, derart unsympathische Protagonistinnen zu erschaffen, die alle auf verschiedene Arten totale Wracks sind, und man trotzdem wie gebannt das Geschehen und deren Handeln verfolgt.
Auch eine packende Schreibweise und der rasche Wechsel der Erzählungen aus Sicht der Herzchirurgin Anna, ihrer pleiten Assistentin Margot und der traumatisierten Polizistin Rachel lässt einen nur so durch das Buch fliegen.
Die Auflösung war... naja... ein klein wenig an den Haaren herbeigezogen (nach meiner behüteten Ansicht) - aber wer weiß, vielleicht gibt es diese raue Gewalttätigkeit und die Motive dafür in Millionenmetropolen ja wirklich.


Fazit:
Unsympathische Protagonistinnen, aber eine packende Schreibweise und kurze Kapiteln peitschen einen durchs Geschehen. Deshalb gibt es trotz einer mMn etwas an den Haaren herbeigezogenen Erklärung und teilweise konstruiert erscheinenden Geschichte 4 Sterne.

Bewertung vom 25.04.2023
Adam, Lea

Stigma


sehr gut

Rache für missbrauchte Frauen? brutaler Thriller, nichts für schwache Nerven.

In Hamburg wird eine Männerleiche gefunden: mit einem schwarzen Plastikmüllsack und einem Kabelbinder erstickt; die Augen rausgetrennt.
Kurz darauf noch ein Toter. Die selbe Vorgehensweise, nur diesmal die Ohren abgeschnitten.
Geht ein neuer Serientäter um?

Die Kriminalermittlerin Jagoda "Milo" Milosevic und ihr Partner Vincent Frey gehen der Sache nach und entdecken grausame Details aus den Leben der Toten, die einen Grund für die Ermordung darstellen: diese Männer haben Frauen Gewalt angetan. Ist es ein Serientäter, der die Gewalttaten gegenüber Frauen rächt?
Die Darstellungen sind oft sehr brutal, es ist also nichts für schwache Nerven.

Die Ermittlungen reichen von einer Selbsthilfegruppe für missbrauchte Frauen bis hin in die höchsten Kreise.
Gerade als Frau kann man hier besonders mitfühlen, und noch dazu, wenn die Männer - aus welchen Gründen auch immer- ihrer Strafe entgehen und 'fröhlich weitermachen', kann man die Rache nachvollziehen. Auch wenn Mord natürlich nie eine Lösung sein darf.

Die beiden Ermittler harmonieren perfekt; die Figur der Milo kam mir jedoch von Anfang an bekannt vor, da es eine ähnliche Ermittlerin in einer anderen Thriller Reihe gibt - das hat mich aber nicht gestört.
Denn Milo ist wirklich taff; sogar als sie selbst bedroht wird, will sie unbedingt der Gerechtigkeit genüge tun und den Fall aufklären. Sie hat auch einen guten Instinkt, eine ausgezeichnete Kombinationsgabe und immer den richtigen Riecher.

Wer der Täter ist, hat mich dann tatsächlich nicht erstaunt, auch wenn die Geschehnisse in eine andere Richtung hätten deuten sollen; der komplette Hintergrund dazu hat mich andererseits überrascht.
Am Ende kommt es jedoch zu einem überraschenden Ereignis, das mir persönlich leider gar nicht gefallen hat.
Trotzdem würde ich mich freuen, mehr von Milo zu lesen.


Fazit:
Eine unkonventionelle Hamburger Polizistin, die zu einem Thema ermittelt, das leider immer aktuell und brisant sein wird. Nichts für schwache Nerven.

Bewertung vom 24.04.2023
Maly, Beate

Die Kinder von Schönbrunn / Schönbrunn-Saga Bd.2


ausgezeichnet

wunderschöne Fortsetzung der Schönbrunn-Saga

"Die Kinder von Schönbrunn" ist die Fortsetzung von "Die Frauen von Schönbrunn", die ab dem Frühling 1924 spielt und in der es nun um Emmas Schwester Greta geht, die mit ihrer 6jährigen Tochter Gisela bei Emma und ihrem Mann lebt. Gretas Mann Gustav ist sechs Jahre nach Kriegsende noch immer verschollen, Greta kann ihn aber nicht loslassen und trauert immer noch; sie lebt nicht richtig, sie funktioniert nur.
Bis sie eines Tages beim Spaziergang durch den Schlossgarten Schönbrunn auf Melanie trifft, die zum Infoabend zur Erzieherinnenschule hetzt. Da ihr Melanie sympathisch ist, geht sie einfach mit, ohne zu wissen, was sie dort erwartet.
Melanies mitreißende Art, die sehr sympathisch rüberkommt, kann auch Greta davon überzeugen, dass es etwas Gutes ist, die neue gewaltfreie Erziehung, die von den Sozialdemokraten verbreitet werden will.
Durch den Besuch der Schule und der Arbeit im Kinderheim, welche beide von Michael Brenner geleitet werden, bekommt Greta wieder Freude am Leben.

Greta habe ich als eine anfangs traurige, aber trotzdem starke Frau empfunden, die das Beste für ihre Tochter will und ihre Familie sehr liebt. Toll fand ich, dass sie zu ihren Überzeugungen steht, v.a. was das Politische betrifft. Sie findet viele Gedanken der Sozialdemokraten gut, v.a. auch die gewaltfreie und fördernde Erziehung von Kindern, will sich denen aber nicht unterwerfen; sprich: nicht in die Partei eintreten.

Dass es nach der Kaiserzeit ein Kinderheim im Schloss Schönbrunn gab, war mir neu. Diesen geschichtlichen Teil fand ich total faszinierend und kann mir gut vorstellen, dass es damals genau so war: die heimatlosen Kinder wollte man fördern, um diese somit später in die Gesellschaft integrieren zu können (und nicht wie die bisherige Erziehung, die dann 'Spezialfälle' aus den Kinder gemacht hat).
Allerdings - und ich denke das ist eher typisch männlich - es wird nur aufs Wesentliche geschaut: die Befriedigung der Grundbedürfnisse. Es gibt genug und gutes Essen, jeder hat einen Schlafplatz, und auf die Bildung in der Schule wird geachtet. Jedoch nicht, dass die Kinder sich auch wohlfühlen sollen. Dass sie Individuen sind und auch so zu behandeln. Das alles bringt Greta liebevoll in das Leben der Heimkinder.
Hier ist besonders Ferdl hervorzuheben, der einen schwierigen Charakter hat und 'aufmüpfig' und gewaltbereit ist, und der nur durch Gretas fürsorgliche Zuwendung seine Gewaltbereitschaft nach und nach reduziert.

Dass auch ein Pferdegestüt vorkommt, das für die positive Entwicklung der Heimkinder von Belang ist, hat mir natürlich besonders gut gefallen.
Und auch eine Prise Romantik kommt vor, die die Geschichte noch authentischer macht.


Fazit:
Wundervolle und emotionale Fortsetzung der Schönbrunn-Saga mit einer starken Protagonistin, dem neuen Gedanken der Kindererziehung, vielen geschichtlichen Details und einer Prise Romantik.

Bewertung vom 24.04.2023
Blum, Charlotte

Der Tote im Kurhaus / Fräulein vom Amt Bd.2


sehr gut

Das Fräulein vom Amt ermittelt in ihrem 2. Fall auf dem Ägyptenball

Baden-Baden, 1924. Im Kurhaus wird die Oper "Aida" aufgeführt mit anschließender Premierenfeier, auf der jedoch der Tenor ermordet aufgefunden wird - mit einer Requisite aus dem beliebten Nil-Thema, die sämtliche Räumlichkeiten zieren, erschlagen.
Die Telefonistin Alma Täuber war auch zu Gast auf der Feier, da ihre Freundin Emmi Wolke die Feierlichkeit mit der Blumendekoration ausgestattet hat. Deren eifersüchtiger Freund wird zum Hauptverdächtigen, da Emmi mit dem Tenor geflirtet hat. Doch Emmi weiß: August war es bestimmt nicht! Sie überzeugt Alma, wieder zu ermitteln, da sie eine hervorragende Kombinationsgabe hat, die ich schon im ersten Teil sehr mochte.

Doch in diesem Band kommt die Spannung leider etwas zu kurz; und auch über einige Dinge habe ich mich gewundert - v.a. die Frage, warum der künstlerische Leiter ein einziges originales Artefakt zwischen lauter Repliken beim Ägyptenball zur Dekoration benutzt hat?

Doch ansonsten wird man wieder durch die gute Zusammenarbeit von Alma und Emmi unterhalten; das Private kommt nicht zu kurz (Almas Gefühle zu Kriminalkommissar Ludwig Schiller werden stärker) - hier bekommt man jedoch sehr gut die innere Zerrissenheit vieler Frauen zur damaligen Zeit vor Augen geführt: sich für die Liebe (also Ehe und das damit verbundene Verbot zur Arbeitsausübung) entscheiden - oder doch für einen erfüllenden Job? Ich bin wirklich froh, in der heutigen Zeit zu leben.
Dann bekommt man natürlich auch hautnah und immer wieder die nahende Bedrohung durch die Nationalsozialisten mit; und die damalige Vernarrtheit auf alles, was mit Ägypten zu tun hat (nicht nur Mumien, auch Kunstraub, Mumienparties und der Irrglaube von Mumienstaub als Allheilmittel), sowie die Eifersüchteleien und Dramen Backstage eines Opernensembles.


Fazit:
Historischer Cosy Crime in der Kurstadt Baden-Baden mit viel Ägypten-Flair und zwei taffen Mädels vom Amt, der sehr gut unterhält, jedoch nicht ganz an den ersten Band herankommt.

Bewertung vom 22.04.2023
Clarke, Lucy

One of the Girls


sehr gut

interessante psychologische Charakterstudie: wer lügt, wer betrügt, wer tötet?

Ein Junggesellinnenabschied auf einer (fiktiven) griechischen Insel deckt nach und nach die Geheimnisse der Teilnehmerinnen auf - bis es außer Kontrolle gerät und jemand stirbt.
Mir hat der ständige Perspektivwechsel der Protagonistinnen in kurzen Kapitel sehr gut gefallen - so bleibt die Spannung aufrecht, und man erfährt immer neue Details der Frauen. Und muss sich aber auch immer fragen: erzählen alle die Wahrheit?
Die Haupt-Protagonistin ist natürlich die Braut, Lexi. Sie war mir ein bisschen zu farblos und hatte zu wenig Tiefe, aber sie ist eigentlich die einzige, die einem von Anfang bis Ende gleichbleibend sympathisch ist.
Ihre beste Freundin und Trauzeugin Bella ist für meinen Geschmack einfach nur anstrengend. Sie ist laut, drängt sich immer in den Mittelpunkt, will alles bestimmen. Und stößt mit ihrem Verhalten die anderen oftmals vor den Kopf und verletzt sie.
Ihre Lebenspartnerin Fen ist natürlich auch mit dabei. Diese ist anfangs eher im Hintergrund und gewinnt mit der Zeit immer mehr an Stärke.
Die Schwester des Bräutigams, Eleanor, ist eine schüchterne und zurückgezogene Person, die dem Verlust ihres Verlobten noch verarbeiten muss.
Dann ist da noch Robyn, die Freundin aus Schultagen, die mit Lexi und Bella ein Dreier-Gespann war, die sich jedoch auseinandergelebt und aus den Augen verloren haben.
Und Ana, die neue Freundin von Lexi aus dem Yogastudio.

Und so erfährt man immer mehr und mehr Details aus dem Leben der jungen Frauen, Geheimnisse und Lügen fügen sich Puzzlestück für Puzzlestück zusammen, die teilweise richtig überraschen! Und man erlangt Erkenntnisse über Geschehnisse aus der Vergangenheit, die das Handeln und Verhalten der Charaktere bis in die Gegenwart bestimmen. So kann man als Leser dann auch das Verhalten einiger Personen besser nachvollziehen, aber nicht immer gutheißen.

Teilweise war es etwas langatmig, weil sich einiges wiederholt hat, anderes nur am Rande angeschnitten wurde, und man als Leser natürlich ständig darauf wartet, wann endlich die "versprochene" Leiche präsentiert wird: welche der jungen Frauen wird es sein, und wer ist die Täterin; was ist das Motiv? Dadurch bin ich beim Lesen etwas ungeduldig geworden und hätte am liebsten vorgeblättert. Die Leiche gibt es nämlich erst ziemlich am Schluss, aber das hat auch einen Sinn so.
Und die Autorin hat es super geschafft, einen in die Irre zu führen und mit Plottwists zu überraschen.


Fazit:
Eine interessante psychologische Charakterstudie unter der heißen griechischen Sonne mit einigen Längen. Auch die Leiche hätte früher in Erscheinung treten können ;) Allerdings hat mich die Auflösung dann total überzeugen können.

Bewertung vom 21.04.2023
Tschische, Roland Werner

Vienna's Secrets


sehr gut

rasanter, brutaler und fesselnder Wien-Thriller

Der gutbetuchte Andorian van Anders betreibt in Wien eine Detektei. Den Auftrag nach der Suche einer seit einer Woche vermissten Tochter, Ariane Bergmüller, übernimmt er gemeinsam mit der Kommissarin Daniela Friedmann, die gemeinsam grauenvolle Machenschaften aufdecken.
Es ist so unfassbar schrecklich, aber aktuell, denn Menschenhandel und illegale Prostitution kommen leider immer noch und überall auf der Welt vor. Leider auch in unserem schönen Wien.

Eine rasante Schreibweise und viel direkte Rede peitschen einen durch das Geschehen, welches sehr oft sehr brutal ist - nichts für schwache Nerven!
Die Charaktere sind lebendig dargestellt, mit Ecken und Kanten. Das menschliche Miteinander zwischen Andorian und seiner Assistentin Isa ist besonders spannend zu verfolgen.
Fesselnd ist die Flucht der jungen Maria und wie und wo sie sich verstecken konnte. Man fiebert richtig mit. Hierbei ist die alte Hedwig meine Lieblingsfigur geworden, sie ist taff, empathisch, hilfsbereit und sehr, sehr mutig.
Auch die Auflösung, wer der Dämon ist, und natürlich das 'übliche' Motiv Geldgier ist authentisch und macht auch vor den höchsten Kreisen nicht halt.

Mir persönlich hat natürlich besonders gut gefallen, dass in der Geschichte viele Orte vorgekommen sind, die ich kenne und die Wege gut nachvollziehen konnte. Und dass auch mein Nachbarort eine große Rolle spielt (ich habe beim nächsten Durchfahren gleich nach dem Haus geschaut, in dem sich die junge Frau versteckt hatte ;)


Fazit:
Ein erschütterndes, aber leider immer noch aktuelles Thema in einem rasanten und brutalen Thriller mit viel Wien-Kolorit verpackt. Ich würde mich über ein Wiedersehen mit dem außergewöhnlichen Privatdetektiv und der starken Kommissarin freuen.