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carola1475

Bewertungen

Insgesamt 207 Bewertungen
Bewertung vom 21.08.2021
Cordes, Vera

Ich hätte da was für Sie


ausgezeichnet

Tipps und Tricks für die Gesundheit

Meine besten Tipps, selbst erprobt … bei körperlichen Beschwerden … für Kopf und Seele … zum Vorbeugen und Wissen

von Vera Cordes, seit mehr als 20 Jahren Medizinjournalistin und Moderatorin des NDR-Gesundheitsmagazins „Visite“.

Ihr Buch soll Hilfe zur Selbsthilfe sein und schildert vielseitige, teilweise erstaunliche Tipps und Tricks für verschiedenste Beschwerden. Alle Empfehlungen sind einfach umzusetzen, haben keine Nebenwirkungen und können zu Linderung oder sogar Heilung führen. Frau Cordes vermittelt Ihr Wissen überzeugend und glaubhaft, sie wendet ihre Tipps selbst im Alltag an und hat ihre Wirksamkeit überprüft. Auch indem sie mich als Leser/in direkt anspricht, schafft sie schnell eine Vertrauensbasis.

Die Wirkungsweise alter Hausmittel, interessante, auch historische medizinische Fakten und neuere Forschungsergebnisse werden verständlich und informativ beschrieben. Anekdoten aus dem Familien- und Bekanntenkreis machen das Buch darüber hinaus unterhaltsam. Das Layout überzeugt durch bunte, anschauliche Zeichnungen und farblich abgesetzte Tipps, Zusammenfassungen und Erläuterungen und auch das handliche Format des Buchs ist ein Pluspunkt. Das Sachregister am Ende des Buchs ist das i-Tüpfelchen auf einem überzeugenden kleinen Ratgeber.

Ich habe viel Neues gelernt und werde einige von Frau Cordes' persönlichen Empfehlungen unbedingt ausprobieren.

Bewertung vom 20.08.2021
Höflich, Sarah

Heimatsterben


ausgezeichnet

Eine bedrohliche Alternative

Das Cover ist ein Hingucker mit dem verfaulten Apfel - der trotz seiner Berechtigung im Kreislauf des Lebens zuallererst Ekel erzeugt - und dem unterschiedlichen Druck der Titel-Buchstaben. Da steht nicht nur Heimatsterben, sondern auch Heimat erben, schwarz umrahmt wie eine Trauerkarte! Eigentlich folgt das Erben auf das Sterben, aber auch das geerbte kann verkümmern und sterben, wenn die Erben es so weit kommen lassen... Eine großartige, aussagekräftige Gestaltung von Cover und Titel, wie ich sie selten erlebt habe.

Nach dem Tod ihrer Großmutter Tilde bemüht sich die freigeistige Journalistin Hanna, dem letzten Wunsch der Matriarchin nachzukommen, die Familie zusammenzuhalten, ist jedoch schnell überfordert mit dem Spagat zwischen Loyalität dem konservativen Schwager gegenüber, der tatsächlich mit seiner nationalistischen BürgerUnion neuer deutscher Regierungschef wird, und ihrer persönlichen Integrität.

Die zahlreichen Mitglieder der großen Familie Ahrens verkörpern die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten und politischen Überzeugungen, und gekonnt verknüpft die Autorin Familiengeschichte und politisches Geschehen. Hilfreich besonders zu Beginn der Lektüre ist der Familien-Stammbaum vorne im Buch.

Die Autorin schildert ausgesprochen spannend, wie schnell moralische und demokratische Grenzen überschritten werden und eine ungute Entwicklung eine Eigendynamik bekommt und eskaliert, wenn entsprechende Voraussetzungen gegeben sind und dass ein einzelner Akteur das dann nicht mehr aufhalten kann, selbst wenn er wollte.
Die Ereignisse spielen sich 2023 ab und Sarah Höflich zeichnet ein vielschichtiges Bild der immer stärker werdenden Rechten bis zum Faschismus, wie auch der Beweggründe der Protagonisten. Es gibt nicht nur Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse - auch die Übeltäter haben ein Gewissen, über das sie sich aber hinwegsetzen...

Der flüssige, bildhafte Schreibstil hat mich schnell gefangen genommen, der anhaltend hohe Spannungsbogen ließ mich das Buch kaum aus der Hand legen. Die Charaktere sind authentisch und realistisch beschrieben.
Glaubwürdig wird eine mögliche nahe Zukunft in Deutschland entworfen, die erschreckend und bedrohlich ist.

Ich empfehle das Buch allen gesellschaftspolitisch Interessierten, aber auch Lesern, mit einer Vorliebe für Familiengeschichten oder auch für Dystopien.

Ich gratuliere Sarah Höflich zu diesem grandiosen Romandebüt.

Bewertung vom 14.08.2021
Turner, A. K.

Tote schweigen nie / Raven & Flyte ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Ein neues Ermittler-Dream-Team

Das Cover ist farblich und haptisch sehr schön gestaltet und passt zum Thema, es gefällt mir mit seinen organischen bunten Formen.

Cassie Raven ist Sektionsassistentin und auch optisch eine ganz besondere junge Frau, sie ist tätowiert, gepierced und bevorzugt einen Gothic-Look. Sie ist sehr mitfühlend und spricht mit den Toten und empfängt manchmal eine letzte Schwingung der Verstorbenen, eine Veränderung in der Atmosphäre, eine vage Information zum Tod der Person.

Als unerwartet ihre verehrte Mentorin Mrs. E auf ihrem Sektionstisch liegt, ist Cassie schockiert und fragt sich, woran die erst 50-jährige plötzlich gestorben ist. Sie erhält keine Antwort und auch die Sektion ergibt keine Anhaltspunkte. Damit eine umfassendere forensische Autopsie angeordnet wird, benötigt Cassie die Hilfe der zunächst steifen, unnahbaren Polizistin Flyte.
Zusammen mit der hartnäckigen Beamtin gelingt es der scharfsinnigen Cassie, nicht nur das Rätsel um den Tod ihrer Lehrerin zu lösen.
Dieser Auftaktband der neuen Forensik-Krimireihe ist stimmig und spannend bis zum Ende.

Sektionen und die Arbeit in der Leichenhalle werden detailliert, aber immer respektvoll und sachlich geschildert, die Autorin vermittelt medizinisches Wissen, wo es angebracht ist. Der Schreibstil ist flüssig, locker, bildhaft und sehr angenehm zu lesen.
Nicht nur die außergewöhnlichen Protagonistinnen werden authentisch und glaubwürdig beschrieben, auch viele andere Akteure werden zu lebendigen und teilweise ganz besonderen Charakteren.

Cassie Raven und Phyllida Flyte sind ein starkes und originelles Team, die beiden haben Gemeinsamkeiten und ergänzen sich andererseits. Ich wurde großartig unterhalten, freue mich auf den zweiten Band der Reihe und empfehle das Buch jedem Krimileser, der neugierig auf außergewöhnliche Charaktere ist und sich für Forensik interessiert.

Bewertung vom 02.08.2021
Kleindl, Reinhard

Die Gottesmaschine


gut

zu viel gewollt

Weihbischof Lombardi reist in ein abgelegenes Kloster, um dort Sébastien zu treffen, den Ziehsohn eines Freundes. Sébastien ist nicht nur Mönch, sondern auch Wissenschaftler und arbeitet mit Hilfe eines Supercomputers an der Erforschung der Geheimnisse der Schöpfung.
Lombardi findet jedoch nur die Leiche Sébastiens und versucht zusammen mit der Physikerin Amirpour herauszufinden, warum der junge Mann sterben musste und welche Entdeckung er vor seinem Tod gemacht hat.

Die Erzählung steigert sich kontinuierlich, wird immer komplexer und auch spannender. Aber blasse und wenig authentische Charaktere, hölzerne Dialoge, gelegentlich eine sprachlich ungeschickte Wortwahl, ein einfacher, nicht immer flüssiger Schreibstil mit manchmal umständlichen Beschreibungen beeinträchtigen nicht nur den Lesefluss, sondern auch die Freude am Buch.
Erst gegen Ende des Romans wird klar, dass Lombardis Orientierungslosigkeit im Kloster auch Sinnbild für ihn selbst ist. Schade, dass seine Verunsicherung in Bezug auf seinen Glauben und auch seine Zukunft nicht eher thematisiert wird, das hätte dem Protagonisten mehr Tiefe verliehen. Nur vage Andeutungen haben leider dazu geführt, dass mein Interesse an der Person im Lauf des Buches eher nachgelassen hat.

Es werden sehr viele Themen angesprochen, dadurch zerfleddert jedoch die Erzählung und manche Aspekte werden nicht wieder aufgenommen und weitergeführt, sondern enden in Sackgassen. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Auch die kurzen Kapitel, die das ganze Buch über mit Cliffhangern enden und oft auch den Schauplatz wechseln, unterbrechen eher den Lesefluss als die Spannung zu steigern.

Die verschiedenen angesprochenen Versuche, Gottes Existenz oder auch Nicht-Existenz zu beweisen, sowie ganz allgemein die wissenschaftlichen Teile des Buchs zeigen, dass der Autor Wissen auf spannende Weise vermitteln kann. Das reicht aber nicht für einen Thriller.
Das Cover ist gut gewählt, aber den Titel finde ich missverständlich, er weckt falsche Erwartungen. Genau so die „Schlagzeile“ auf dem hinteren Cover (Wer nach Gott sucht, wird den Tod finden) – das ist inhaltlich nicht zutreffend.

Zugute halten kann ich dem Buch, dass ich viel gelernt habe, auch über die katholische Kirche, ich hab viel nachgelesen über Physik und Mathematik und auch über Kirchenkritiker.

Bewertung vom 31.07.2021
Bott, Ingo

Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1


ausgezeichnet

Unkonventionell und sehr unterhaltsam

Strafverteidiger Dr. Anton Pirlo wird zum Sündenbock und verliert seine Anstellung in einer angesehenen großen Kanzlei. Nach einigen Tagen voller Selbstmitleid und Alkohol nimmt er einen neuen Fall an, der von den Indizien her aussichtslos erscheint. Damit nicht genug, nehmen auch noch seine Brüder Kontakt zu ihm auf, Clan-Mitglieder, von denen er sich sein ganzes Erwachsenenleben fern gehalten und derentwegen er sogar einen anderen Namen angenommen hat.

Selbstironisch, temporeich und spannend erzählt der Autor, selbst erfahrener und erfolgreicher Anwalt, die Geschichte des charismatischen Protagonisten und seiner neuen Co-Anwältin. Details aus dem Privatleben der beiden und die Schilderung der umfangreichen anwaltlichen Arbeit halten sich in diesem Justizkrimi angenehm die Waage. Sehr interessant waren für mich die realitätsnah beschriebene Arbeitsweise der Strafverteidiger in ihrer Wohnzimmerkanzlei, die verschiedenen Arten der Informationsbeschaffung und der Ablauf an den Verhandlungstagen bei Gericht.

Die Protagonisten sind glaubwürdig und authentisch beschrieben, auch die anderen Charaktere werden einfühlsam und lebensnah geschildert, nur die Tatverdächtige in Untersuchungshaft bleibt für mich auf Distanz, vielleicht ist das aber auch beabsichtigt, Herr Dr. Bott?
Auch das treffend eingefangene Düsseldorfer Lokalkolorit hat mich oft schmunzeln lassen. Genau so isset!

Das Cover zeigt ein zersplittertes Bild von Pirlo und zielt vielleicht auf seinen familiären Hintergrund ab. Es gefällt mir nicht, ist aber passend. Die optische Ähnlichkeit zum Autor halte ich für einen augenzwinkernden Marketing-Gag.
Ingo Bott hat einen unkonventionellen und doch gut lesbaren stimmigen Schreibstil, er verwendet oft kurze Sätze, die auch durch Kommata getrennt funktionieren würden, aber so das Tempo erhöhen. Den Lesefluss haben sie für mich nicht beeinträchtigt.
Jedes Kapitel beginnt mit einer Datums- und Ortsangabe, was sinnvoll ist, da der Roman nicht chronologisch erzählt wird. Darüber hinaus ist jedes Kapitel betitelt mit (mindestens) einem wichtigen, zusammenfassenden Schlagwort - unkonventionell und ein Wiedererkennungsmerkmal.

Dieser Justizkrimi der etwas anderen Art hat mich bestens unterhalten, er ist witzig, spritzig, spannend und ich freue mich auf den zweiten Fall für Pirlo.

Bewertung vom 24.07.2021
Kunrath, Barbara

Wir für uns


ausgezeichnet

So ist das Leben

Das Cover ist in freundlichen warmen Farben gehalten. Die abgebildeten geschwungenen stilisierten Pflanzen finden sich auch zum Auftakt jedes der fünf Teile des Romans - eine schöne Gestaltung des Buchs.
Die Erzähl-Perspektive wechselt kapitelweise zwischen den beiden Protagonistinnen, die Kapitel der jüngeren Frau sind aus der Ich-Perspektive geschrieben, von ihr erfährt der Leser mehr Gedanken und Gefühle, während die ältere Protagonistin oft ihre Vergangenheit reflektiert. Mir gefällt dieser Rhythmus beim Lesen.

Der Roman erzählt von der durch einen Zufall entstehenden Freundschaft zwischen zwei sehr unterschiedlichen Frauen, der 41-jährigen schwangeren Josie, die sich für oder gegen das Kind entscheiden muss, und da ist die siebzigjährige Kathi, gerade Witwe geworden und ratlos, was sie mit dem Rest ihres Lebens anfangen soll.

Beide akzeptieren die andere bedingungslos, sie unterstützen einander und ermutigen sich gegenseitig, zum jetzigen Zeitpunkt das zu tun, was sie wirklich für sich wollen. Neben dieser Freundschaft werden nach und nach die Erfahrungen geschildert, die beide Frauen in ihren Familien gemacht haben:
die Konstellationen innerhalb einer Familie sind kompliziert und können verletzen und das ganze weitere Leben auf vielfältige Art und Weise beeinträchtigen. Die Autorin spricht hier viele unterschiedliche Themen an, die jede/n von uns im Laufe des Lebens beschäftigen oder auch konfrontieren können.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, die Autorin schreibt lebendig, zugewandt und herzlich, beschreibt sowohl Charaktere als auch Ereignisse authentisch und realitätsnah. Besonders mit Josie fällt die Identifikation leicht, viele Leserinnen werden sich in diesem Roman wiederfinden können.

Die Botschaft kommt an: lebe im Jetzt, sei mutig und trau Dich, Deine Träume wahr werden zu lassen, es ist nie zu spät.

Bewertung vom 10.07.2021
Beckett, Simon

Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1


ausgezeichnet

Beckett bleibt sich auch mit der neuen Thriller-Reihe treu

Jonah Colley ist Mitglied einer bewaffneten Spezialeinheit der Londoner Polizei. Seine Arbeit ist sein Lebensinhalt, mehr ist da kaum, er ist ein gebrochener Mensch seit sein vierjähriger Sohn vor 10 Jahren verschwand. Auch zu seinem ehemals besten Freund Gavin, ebenfalls Polizist, hat er seit Jahren keinen Kontakt mehr. Nun ruft ihn Gavin abends an und bittet verzweifelt um Hilfe. Als Jonah um Mitternacht am verabredeten Treffpunkt, einem verlassenen Lagerhaus, vergeblich auf Gavin wartet und sich auf die Suche nach ihm begibt, beginnt ein Albtraum, der ihn schwer verletzt im Krankenhaus aufwachen lässt.

Jonah wird von der Polizei verhört und verdächtigt, er wird nicht an den Ermittlungen beteiligt und stellt eigene Nachforschungen an, anfangs langsam und mühselig, durch seine Verletzungen sehr gehandicapt und während des ganzen Buchs weiter gesundheitlich sehr angeschlagen.

Vom fulminanten Beginn an ist der Leser mitten im Geschehen, stößt mit Jonah an seine physischen und psychischen Grenzen und teilt seine Erinnerungen an Theo und dessen Verschwinden vor 10 Jahren und daran, wie es zum Bruch mit Gavin kam.

Der Thriller ist vielschichtig und atmosphärisch dicht, sehr geschickt konstruiert. Mit Jonah gewinnt auch der Leser allmählich immer mehr Erkenntnisse, überraschende Wendungen halten die Spannung durchgehend hoch und den Leser gefesselt. Wozu auch der düstere, intensive und flüssig zu lesende Schreibstil beiträgt.

Aus dem schockierenden Showdown geht Jonah nach langer Rekonvaleszenz psychisch gestärkt hervor. Er scheint ein wenig neuen Lebensmut zu finden, was dem vom Schicksal gebeutelten sympathischen Protagonisten von Herzen zu wünschen ist, und ich freue mich auf ein Wiedersehen im zweiten Band der Reihe.

Bewertung vom 20.06.2021
Faber, Henri

Ausweglos


gut

Rasant und unerwartet

Nach Jahren hat der Ringfingermörder wieder zugeschlagen – doch diesmal gibt es einen überlebenden Zeugen, ein Mann namens Noah. Er lebt mit seiner Frau Linda in der Nachbarwohnung des Mordopfers. Von Anfang an haben es die beiden bei den Ermittlungen hauptsächlich mit Elias von der Kripo Hamburg zu tun, der vor Jahren die damals ergebnislose Untersuchung leitete.

Die Handlung wird aus der Sicht von 4 Charakteren beschrieben, die alle mit mehr oder weniger großen psychischen Problemen zu kämpfen haben. Das hat es für mich schwierig gemacht, die Glaubwürdigkeit der Personen zu beurteilen. Mehr als einmal habe ich gedacht „kann das sein, wie ist das möglich?“. Darüber hinaus wird ausschließlich in der Ich-Form erzählt. Das fand ich anstrengend, da jeder Protagonist gedanklich hauptsächlich mit seiner eigenen schwierigen Lage beschäftigt ist und vom Geschehen her wenig passiert. Die Handlung entwickelt sich nicht, sondern „springt“ zur nächsten Szene. Das Erzähl-Tempo ist hoch, aber da mit jedem Kapitel der Erzähler wechselt, geriet für mich der Lesefluss oft ins Stocken.

Gegen Ende gibt es einen wirklich überraschenden Twist, der alle meine bisherigen Überlegungen über den Haufen geworfen hat. Mehr dazu kann ich nicht ausführen, ohne zu spoilern,

Das Cover ist auffallend gestaltet, optisch und auch haptisch gelungen. Der Schreibstil ist sehr angenehm, flüssig zu lesen, bildhaft und lebendig.

Ich vergebe wegen des starken Twists, des durchaus vorhandenen Kopfkinos und des guten Schreibstils wohlwollende 3 Sterne. Für mich war das Buch allerdings nichts.

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Bewertung vom 19.06.2021
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1


ausgezeichnet

alt und noch immer auf Zack

Jeden Donnerstag beschäftigen sich die vier Mitglieder des Donnerstagmordclubs mit unaufgeklärten alten Verbrechen. Zum Club gehören die sanftmütige Joyce, ehemalige Krankenschwester, die scharfsinnige Elizabeth, von der angenommen wird, dass sie Geheimdienstagentin war, der streitbare Ron, ehemaliger Gewerkschaftsführer, und der analytische Ibrahim, Psychiater im Ruhestand.
Die Herrschaften leben in der Luxus-Seniorenresidenz Coopers Chase im englischen Kent.

Als ein Miteigentümer der Anlage ermordet wird, beginnt der Donnerstagsmordclub zu ermitteln, die Senioren beweisen Köpfchen und schrecken auch nicht davor zurück, ihr Alter und scheinbare Gebrechen einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen.

Osman beschreibt das alles mit leichtem, humorvollem Schreibstil, aber auch weise und einfühlsam. Ein großes Lob gebührt auch der Übersetzerin Sabine Roth. Wortwitz und britischer Humor bleiben auch im deutschen erhalten.
Die Senioren haben viel Lebenserfahrung und können auf schöne, aber auch auf traurige Momente zurückblicken, die Richard Osman behutsam und mitfühlend schildert. Die Charaktere Bernard, Stephen und Penny machen Trauer, Angst vor Demenz, dem Sterben oder der Einsamkeit anschaulich deutlich. Hier erweist sich der Autor auch als nachdenklicher Erzähler.

Alle Protagonisten werden authentisch beschrieben, sie werden zu Bekannten, fast Freunden, und auch die Polizisten werden lebensnah charakterisiert, die Ermittlungsarbeit glaubhaft geschildert, Neben dem britischen Humor und dem Charme kommt die Spannung nicht zu kurz. Ermittler wie Leser stehen vor ungeklärten Fragen und auch durch Joyce' regelmäßig eingeschobene Tagebucheinträge und die kurzen Kapitel bleibt der Spannungsbogen erhalten.
Dieser Krimi bietet eine sehr gelungene Mischung aus durchaus komplexer Handlung und Spannung und ich freue mich auf den nächsten Band der Reihe.

Bewertung vom 14.05.2021
Golz, Manuela

Sturmvögel


ausgezeichnet

Das Leben einer großartigen kleinen Frau

Emmy wird 1907 auf einer kleinen Nordseeinsel geboren, ist mit 14 Jahren unversorgte Waise und wird als Dienstmädchen nach Berlin geschickt, wo sie den Rest ihres Lebens auch wohnen bleibt.
Sie erlebt zwei Weltkriege mit, verliert einige geliebte Menschen im Laufe ihres Lebens und bleibt doch immer lebensfroh, sich selbst treu und gibt niemals auf. Wie ein Sturmvogel passt sie sich den Umständen an und findet in jedem schweren Sturm eine Zuflucht, einen Heimathafen.

Das Buch beginnt in Emmys 87. Sommer und blickt auf verschiedene Zeiten ihres Lebens zurück, angefangen von dem harten arbeitsreichen Leben als Kind auf der Insel, über ihre Ankunft in Berlin, wo alles neu und aufregend für sie ist, ihr schwieriges Leben als junge Ehefrau und Mutter, Tod, Zerstörung, Leid und Not des Zweiten Weltkriegs, bis zum bescheidenen, zufriedenen Leben als Rentnerin mit liebevollem Kontakt zu ihren Kindern.
Der Leser erfährt, wie der langwierige Schuldenabbau in der kleinen Inselgemeinde funktioniert und was für eine revolutionäre Neuerung die Eröffnung des Wannsee-Badebetriebs war. Ich fand auch das sehr interessant.

Emmy kennt keine Probleme, nur Herausforderungen, sie kann sich auch an kleinen Dingen freuen, macht einen Schritt nach dem anderen, ist klug, pragmatisch und geradeheraus. Vor allem hat sie Herzensbildung: sie weiß schon früh, dass am Ende des Lebens nur die gelebte Liebe zählt, „die Stunden, in denen wir geliebt wurden und in denen wir geliebt haben“ (S. 243).
Ihre Großmutter hat die Autorin zu „Sturmvögel“ inspiriert und Manuela Golz ist es gelungen, ihr (und damit auch vielen anderen Frauen, die ähnliches erlebt haben) ein großartiges und lesenswertes Buch zu widmen. Warmherzig, liebevoll, authentisch und humorvoll beschreibt sie die Protagonistin und auch alle anderen Charaktere werden ausnahmslos lebendig und glaubwürdig geschildert.
Das Cover ist einfach gestaltet, aber zum Thema passend. Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig, ich habe mit gelacht und mit getrauert, und die Spannung um das „Kellergeheimnis“ bleibt bis zum Schluss erhalten und erfährt eine überraschende und unerwartete Auflösung.

Ich habe das Buch sehr gern gelesen und kann es uneingeschränkt jedem empfehlen, der sich für die deutsche Geschichte des letzten Jahrhunderts und für Biographien interessiert.