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Jule
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München

Bewertungen

Insgesamt 212 Bewertungen
Bewertung vom 02.06.2025
Kloeble, Christopher

Durch das Raue zu den Sternen


sehr gut

Dieser Roman entwickelt einen Zauber, der sich langsam anschleicht und mich dann nicht mehr loslässt. Die Hauptfigur Arkadia, alias Moll, ist so liebevoll beschrieben, so voller Selbstbewusstsein und doch wieder sehr verletzlich, dass ich gar nicht anders kann, als sie ins Herz zu schließen. Von der Mutter verlassen, der Vater ist verletzt und überfordert. Doch Moll findet ihren Weg. Ihr Traum ist es, in einem Knabenchor zu singen. Und mit viel Mut, Zuversicht und Können beschreitet sie ihren Weg. Der Wunsch, dass sie ihre Mutter mit ihren Gesang stolz macht, treibt sie an. Neben der sehr ungewöhnlichen Geschichte, ist es vor allem der Schreibstil, der mich anspricht. Packend, lustig, aber auch voller Gefühl trifft der Autor genau den richtigen Ton. Er zeichnet eine Hauptfigur, mit der man kämpft, leidet, lacht und träumt. Jeder Satz passt und die Geschichte trifft mitten ins Herz. Ein Höhepunkt in diesem Lesejahr.

Bewertung vom 25.05.2025
Dunlay, Emily

Teddy


weniger gut

Ich hätte dieses Buch mit dem wunderschönen Cover wirklich sehr gern gemocht. Ich habe es mehrfach versucht. Kapitel für Kapitel, aber ich komme einfach nicht in die Geschichte hinein. Ich muss leider sagen, dass mich Teddy und ihr Leben in Rom überhaupt nicht interessieren. Der Funke springt nicht über. Obwohl ich Rom und das Dolce Vita liebe und sehr gern in die Welt einer Botschaftergattin mit allen Höhen und Tiefen eingetaucht wäre, fasziniert mich das Setting und auch die Handlung nicht. Teddy ist eine schöne Frau in den besten Jahren, nicht unsympathisch und stellenweise auch witzig. Aber typisch amerikanisch. Ihr Ehemann ist dafür umso unsympathischer. Kalt, gefühllos. Die Geschichte der beiden gleitet an mir vorbei. Der Schreibstil packt mich nicht. Einige Abschnitte habe ich überflogen, da sie recht langatmig erzählt waren. Wirklich schade, da ich mir sehr viel versprochen hatte. Aber für mich passt es einfach nicht.

Bewertung vom 23.05.2025
Mommsen, Janne

Das Licht in den Wellen


gut

Ein bewegtes Leben, eine starke Frau, tolle Schauplätze und eine fast unglaubliche Geschichte. Inge wandert kurz nach Kriegsende nach New York aus. Warum kann man erahnen, bleibt aber bis kurz vor Schluss verborgen. Dort schafft sie einen Aufstieg von der Küchenhilfe zur Spitzenköchin. Es macht Spaß die junge Frau, die erst noch ein wenig zaghaft ihren Weg sucht und mehrfach die Rückfahrkarte gebucht hat, auf ihren Weg zu begleiten. Das Leben in New York, das in großem Kontrast zu ihrem Leben auf der kleinen Nordseeinsel steht, ist toll eingefangen. Alles scheint möglich. Auch die anderen Charaktere sind gut gezeichnet. Doch der amerikanische Traum kann schnell wieder vorbei sein. Doch Inge gelingt es immer wieder Fuß zu fassen. Der Schreibstil ist bildhaft und fängt die Menschen, die Landschaft, die Stimmung gut ein. Was mich etwas wundert, allen Freunden von Inge gelingt der rasante Aufstieg. Das erscheint mir nicht ganz realistisch. Aber das Buch macht definitiv Lust auf eine Reise nach New York und an die Nordsee. Das Cover ist auch sehr schön gestaltet, wobei ich mir Inge ganz anders vorgestellt habe, als die Dame, die mich etwas an Sophia Loren erinnert. Ein schöner, bewegter Roman über eine starke Frau.

Bewertung vom 19.05.2025
Deya, Claire

Eine Welt nur für uns


sehr gut

Dieser feine Roman braucht etwas Muße, er erschließt sich erst nach und nach, offenbart seinen Zauber hinter einer zunächst rauen Schale. Die Szenerie könnte kaum kontrastreicher sein, vor der wundervollen Kulisse der Cote d‘Azur säubern Minenräumer die Strände. Einer von ihnen ist Vincent, geflohener Kriegsgefangener, der seine verschwundene große Liebe sucht. Gemeinsam mit deutschen Gefangenen durchkämmen die Franzosen Zentimeter für Zentimeter den Sand. Eine gefährliche Arbeit, bei der die Grenzen zwischen Freund und Feind verschwimmen. Neben dem geheimnisvollen Vincent gibt es Fabien, der ebenfalls die Schatten der Vergangenheit vergessen will. Die Figuren sind sehr fein gezeichnet, egal ob Franzose oder Deutscher. Auch Randfiguren sind sehr facettenreich. Neben den Minenräumern berührt mich insbesondere die Geschichte von Saskia, einer Jüdin, die dem Lager entkommen ist, aber ihre gesamte Familie verloren hat. Ihr Schicksal ist so bewegend beschrieben, die Grausamkeiten und Demütigungen auch nach dem Ende des Krieges machen mich sprachlos. Anfangs hatte ich etwas Probleme, die Personen und insbesondere die Vergangenheit nachzuvollziehen, doch Seite um Seite zieht mich die subtile Spannung in ihren Bann. Was ist mit Ariane geschehen? Das Thema der verminten Strände war mir neu, die gefährliche Arbeit Seite an Seite mit dem ehemaligen Feind und Besatzer erscheint mir unvorstellbar. Anfangs empfand ich die sehr detaillierte Beschreibung der verschiedenen Minen als etwas überfordernd, aber auch das gehört zum Gesamtbild. Der Schreibstil ist sehr fein und elegant. Dabei entsteht dennoch eine große Nähe zu den Figuren. Das Nachwort sollte ebenfalls unbedingt gelesen werden, da es noch einige Beziehungen zur Autorin und Idee des Romans herstellt. Ein gefühlvolles Buch über die Nachkriegszeit, das aber den Fokus gezielt anders setzt und damit überzeugt.

Bewertung vom 12.05.2025
Clarke, Lucy

The Surf House


sehr gut

Ich war wirklich neugierig auf den neuen Thriller von Lucy Clarke. Cover, Setting und Kurzbeschreibung sind schon mal top. Doch nachdem ich eher durchwachsene Erfahrungen mit Büchern der Autorin gemacht habe, wollte ich mich nicht zu früh freuen. Hier passt aber wieder alles. Der Nervenkitzel springt über. Die Figuren sind jung, sportlich und suchen die Freiheit in einer Aussteiger-Bucht in Marokko. Surfen, chillen und das Leben genießen. In diese vermeintliche Idylle stößt unerwartet Bea. Ehemaliges Modell, die nach einem Verbrechen in der Hauptstadt dringend eine Zuflucht sucht. Die faszinierende Marnie nimmt sie in ihrem Boutique-Hostel auf. Doch nach und nach zeigen sich Risse in der Fassade. Ein Amerikaner kommt auf der Suche nach seiner verschwundenen Schwester nach Marokko und es entspinnt sich ein Katz-und-Maus-Spiel bei dem fast jeder der Bewohner etwas zu verbergen hat. Die Mischung aus Surfer-Leben und Urlaubsidylle, dazu eine Prise Lust und Liebe und die wirklich sehr hoch gehaltene Spannung machen hier den Reiz aus. Die letzten Kapitel bergen einige Überraschungen und die ein oder andere Figur entpuppt wirklich unerwartete Züge. Nach dem für mich sehr überzeugenden „No Escape“ wieder ein Thriller der Spaß macht und mit einigen Wendungen überzeugt.

Bewertung vom 25.04.2025
Oetker, Alexander

Es kann so schön sein, das Leben


sehr gut

Dieser sonnige Ratgeber bringt eine Saite in mir zum Klingen. Die Sehnsucht nach Langsamkeit, Wärme, Genuss und Geselligkeit. Der Autor nimmt mich mit auf eine Reise nach Portugal, Italien, Spanien, Griechenland und natürlich Frankreich. Überall hat Genuss, und nicht nur der kulinarische sondern der Lebensgenuss, eine höhere Bedeutung als in Deutschland. Ja, auch dort ist nicht alles perfekt, es gibt Probleme, Konflikte und Sorgen, aber ein wenig mehr Leichtigkeit würde uns oft gut tun. Mir tut bereits die Lektüre dieses Buches gut und entführt mich auf eine Gedankenreise. Was wäre wenn? Und selbst fürs Daheimbleiben liefert Alexander Oetker einfach umsetzbare Tipps für das Dolce Vita Gefühl. Langsam gehen anstatt durchs Leben zu hetzen. Mit Genuss und Freude essen und trinken. Zeit fürs Einkaufen und Kochen zu nehmen. Oder auch einfach mal nichts zu tun und zu warten. Momente bewusst wahrnehmen, sich selbst Gutes tun. Darauf kommt es an. Ja, nicht alles lässt sich immer umsetzen und auch für mich sind nicht alle Kapitel gleichermaßen relevant. Aber es geht um das Grundgefühl. Mir hat dieses Buch ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, mich nachdenken lassen und den ein oder anderen Ratschlag werde ich sicher beherzigen. Und das, obwohl ich eigentlich keine Ratgeber-Leserin bin. Diesen habe ich mit Genuss gelesen.

Bewertung vom 16.04.2025
Höflich, Sarah

Maikäferjahre


gut

Dieser berührende Roman erzählt die Geschichte der Geschwister Anni und Tristan in den letzten Kriegsmonaten und kurz danach. Anni muss mit ihrer kleinen Tochter aus dem zerbombten Dresden fliehen. Dabei hilft ihr Adam, Ausnahmegeiger und Jude, der von Annis Vater versteckt wurde. Tristan stürzt als Pilot eines Kampfflugzeuges über England ab und wird von Rosalie im Krankenhaus gesund gepflegt. Die beiden verlieben sich, doch müssen sich vielen Anfeindungen stellen. Die beiden Handlungsstränge werden im Wechsel erzählt, was den Lesefluss und die Spannung hochhält. Die Figuren sind einnehmend und ich folge ihnen gern. Insbesondere die letzten Kapitel finde ich sehr bewegend. Sie lassen auf eine Fortsetzung hoffen, da beide Perspektiven für mich noch nicht zu Ende erzählt sind. Darüber würde ich mich sehr freuen. Dennoch muss ich sagen, dass ich mir nach dem Roman „Heimatsterben“ der Autorin etwas mehr erhofft hat. Dieser hat mich mit seiner Brisanz und Aktualität gepaart mit der Familiengeschichte sehr beeindruckt. Bei „Maikäferjahre“ passt soweit alles, aber irgendwie fehlt mir das Besondere, der Stachel bzw. das Kritische.

Bewertung vom 14.04.2025
Moore, Georgina

Die Garnett Girls


weniger gut

Ich muss zugeben, dass ich mich etwas schwergetan habe. Das wunderschöne Cover verspricht eine Familiengeschichte, Sommer, Leichtigkeit und sicher auch die ein oder andere Differenz zwischen den Frauen. Doch die Beziehungen in diesem Roman sind durchweg schwierig, negativ aufgeladen und berühren mich nicht. Die Figuren sind starke Charaktere, aber auch hier springt der Funke nicht über. Ich kann mich in keine der Personen hineinversetzen. Die geschilderten Konflikte reichen weit zurück und belasten die Familie, doch ich finde keine emotionale Beziehungen. Ab der Mitte des Buches wirkt auch das Cover nicht mehr luftig und unbeschwert, sondern die Frauen stehen isoliert, einsam. Der Schreibstil hat mir gefallen, aber dennoch bleibt mir das Buch seltsam fremd.

Bewertung vom 09.04.2025
Godfrey, Rebecca;Jamison, Leslie

Peggy


gut

Peggy Guggenheim hat mich schon immer fasziniert. Förderin von Kunst und Künstlern, exzentrisch, eine Diva. Dieser Roman zeigt auch eine andere Seite von Peggy. Der Leser begibt sich auf eine Reise in ihre Kindheit und Jugend in New York, die sehr vom Verlust des Vaters geprägt ist. Sie scheint diese Tragödie ihr ganzes Leben mit sich zu tragen, spricht selbst von einem Fluch. Für meinen Geschmack nimmt der erste Teil der Schulzeit und des Erwachsenwerdens in New York etwas zu viel Raum ein. Ich kann mich in diesem Teil nur schwer in die Figur, in die Familie einfühlen. Mit ihrem Umzug oder Aufbruch nach Paris ändert sich das schlagartig - die Figur wird nahbarer, die Handlung interessanter und auch der Schreibstil packender. Vielleicht liegt es auch daran, dass das Buch von zwei Autorinnen geschrieben wurde. Die Zeit in Paris, das Leben der Boheme und ihre Ehe sind sehr gut eingefangen. Ihr Charakter offenbart sehr viele Facetten - auf der einen Seite die starke, extrovertierte Frau, die auf Partys und in der Kunstwelt glänzt. Auf der anderen Seite die schwache Ehefrau, die sich den Grausamkeiten ihres Mannes ergibt. Das hat mich überrascht. Erst mit dem Umzug nach Südfrankreich scheint sie sich mehr und mehr zu emanzipieren. Die enge und liebevolle Beziehung zu ihrer Schwester Benita ist sehr berührend erzählt. Die letzten Kapitel sind etwas kurz. Ich hätte mir deutlich mehr von ihrer Zeit in Venedig gewünscht. Das finde ich etwas schade. Dennoch ein interessanter und überraschender Roman über eine faszinierende Frau.

Bewertung vom 27.03.2025
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


ausgezeichnet

Dieser Roman hat eine Kraft, die mich staunen lässt. Die Lebensgeschichte von Mimo Vitaliani und Viola Orsini ist so berührend erzählt, dass ich nach der Lektüre erst einmal innehalten muss. Mimo, in Armut geboren, kleinwüchsig, aber mit einem unglaublichen Talent gesegnet, wird zu einem der begehrtesten Bildhauer Italiens. Sein Weg vom Hilfsarbeiter, der Schlägen und Pöbeleien ausgesetzt ist, zu einem Künstler, der von Kirche und Politik umschwärmt wird, ist hart, oft grausam und voller Steine. Die Beschreibung der Wanderjahre in Florenz, von der Handwerksbank über die Kneipen und Spelunken der Stadt ist sehr bildhaft. Einige Jahre verdingt er sich als Zwergendarsteller in einem Zirkus, bis eine Laune des Schicksals oder auch politische Fäden ihn auf die Überholspur katapultieren. Viola, eine Frau, die nicht in die Zeit passt - unangepasst, überaus intelligent, neugierig und mutig. Sie träumt vom Fliegen und muss sich doch den Konventionen ihrer Zeit beugen. Immer wieder verlieren und begegnen sich die beiden wieder. Ihre Freundschaft ist wie ein Band - mal eng und anschmiegsam, mal wie ein dünner Faden, mal zum Zerreißen gespannt. Der Roman ist auch eine Zeitreise durch das Italien von 1900 bis in die 80er Jahre. Ein sattes, langes, volles Leben voll Entbehrungen und Kämpfen, aber auch tiefer Gefühle. Dabei ist die Geschichte an keiner Stelle trivial oder rutscht ins Schnulzige ab. Der Ton ist bei aller geschilderten Härte zart und elegant. Die Charaktere sind ungemein gut eingefangen. Auch Violas Brüder, die Zwillinge im Dorf, die Wegbegleiter Mimos - jeder hat seinen Platz und ist an genau der richtigen Stelle. Die ersten Seiten brauchte ich etwas, um mich in das raue Leben in Italien zu Beginn des 20. Jahrhunderts einzufinden, aber spätestens als Viola das erste Mal auftritt, ist es um mich geschehen. Ein wirklich berührender, eindrucksvoller Roman, den ich noch sehr lange in meinem Herzen tragen werde. Absolute Leseempfehlung.