Wundervoller Abschluss
„Kerze & Krähe“ von Kevin Hearne bildet den fulminanten Abschluss der Trilogie „Die Chronik des Siegelmagiers“ um Al MacBharrais und seine Gefährten. Es fällt schwer, sich von ihnen zu verabschieden.
Al will endlich das Rätsel seines Doppelfluchs lösen, der ihn zum Schweigen zwingt und ihn zwingt, zu schreiben statt zu sprechen. An seiner Seite stehen Buck Foi, der koboldhafte Querkopf, Nadia, die düstere Kampfseherin, und natürlich Gladys – gemeinsam meistern sie Chaos und Gefahren.
Doch es gibt dringendere Probleme als Als persönlichen Rachefeldzug: die blauen Schiffsversenker, Vampire auf Werwolfjagd, Morrigan, die flirtende Todesgöttin, und sogar die irdische Polizei. Das Tempo ist rasant, Action folgt auf Action, gewürzt mit Hearnes typischem Humor und Wortwitz. Wer Sprachspiele liebt, sollte das Original lesen – ich habe mich auch so prächtig amüsiert!
Die Reihe lebt von ihren Anspielungen und ist einzigartig, trotz klassischer Monster. Man muss ihren speziellen Humor mögen. Ich bin schon gespannt auf Hearnes nächstes Werk!
Moderne Unterhaltung
"Der Totengräber und die Pratermorde" von Oliver Pötzsch ist schon der 4. Teil der Totengräber-Serie, die ich von Beginn an mit Spannung verfolge.
Mit Leopold von Herzfeldt, von der Polizei und auch Augustin Rothmayer, dem Totengräber geht es diesmal auf den Wurstl-Prater in Wien. Dort wurde von einem großen Zauberkünstler in seiner Show seine Assistentin im Sarg zersägt. Das heißt, der Trick ging furchtbar schief.
Bei Ermittlungen im Milieu rund um die Schausteller stellt sich heraus, dass auch so einige der Frauen dort verschwunden sind, ohne Abschied und Wiederkehr.
Auch Julia, diesmal nicht an Leos Seite, ist als Reporterin wieder mit dabei. Sie hat sich ein neues Leben aufgebaut, aber auch dort geschieht so einiges spannendes.
Die Geschichte baut sich langsam auf, es gibt so einige Beteiligte und wird von Seite zu Seite spannender. Nach einiger Zeit wollte ich das Buch gar nicht mehr weglegen.
Man kann hier gut miträtseln, wer der Täter ist, wird dabei aber auch geschickt vom Autor auf falsche Spuren geschickt.
Das Finale ist total spannend gemacht, alles wird schlüssig erklärt.
Der Fall ist in sich abgeschlossen und einzeln lesbar. Da die Protagonisten aber sehr gut aufgebaut wurden, entgeht einem da sehr viel, wenn man nicht alle Teile gelesen hat. Auch hier gibt es nämlich so manche spannende Entwicklung. Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Fall des ungleichen Ermittlergespanns.
Vielschichtig
„Pearly Everlasting“ von Tammy Armstrong ist ein Roman, der noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Die Handlung führt uns nach New Brunswick im Jahr 1934, wo die 15-jährige Protagonistin allein nach Bruno sucht, einem Bären, der wie ihr Bruder aufwuchs.
Schon von Pearlys Geburt an begleiten wir sie und Bruno in einem abgelegenen Holzfällercamp. Der Vater ist Koch, die Mutter Heilerin – ein bescheidenes, doch würdevolles Leben.
Mädchen und Bär durchstreifen die Wälder, und die Naturbeschreibungen sind so eindringlich, dass sie tief berühren. Ebenso wird das harte Leben der Holzfäller, ihr Zusammenhalt und ihre Ängste, einfühlsam geschildert.
Als ein Mann, der sie drangsalierte, getötet wird, fällt der Verdacht auf Bruno. Pearly folgt ihm, und ihre Erlebnisse werden aus ihrer Perspektive erzählt. Parallel sucht Ansell, ein Freund Pearlys, nach den beiden und erlebt eigene Abenteuer.
Die Sprache des Buches ist poetisch, Pearlys Gedanken klar und direkt. Sie ist mutig, empathisch und steht zu ihren Überzeugungen. Besonders gelungen sind die Einblicke in Aberglauben und Rituale – der Tod ist stets präsent, auch für Pearly.
Starke Familiengeschichte
„Die Summe unserer Teile“ von Paola Lopez erzählt abwechselnd aus der Perspektive dreier Generationen von Frauen einer Familie. Jede kämpft mit eigenen Konflikten im Umgang miteinander – oft fehlen die Worte, Schweigen tritt an die Stelle von Dialog.
Alle drei sind leidenschaftliche Wissenschaftlerinnen: stark, neugierig, eigenständig. Doch ihre Beziehungen bleiben brüchig. Ljudmila, die Großmutter, flieht im Krieg aus Polen in den Libanon und wird Pionierin der Chemie. Daria, ihre Tochter, studiert Medizin in Deutschland, doch der Kontakt zu Mutter und später auch zu ihrer eigenen Tochter Lucy reißt ab. Lucy, in Berlin für Informatik begeistert, begibt sich spontan auf Spurensuche nach Polen.
Das Buch fesselt durch seine vielschichtigen Charaktere und ihre lebendigen Lebenswege. Die Erzählweise überzeugt mit klugen Wendungen, doch manche Themen bleiben etwas oberflächlich – hier wünschte man sich mehr Tiefe. Dennoch: absolut lesenswert!
Wandern in Schweden
"Der Weg" von Rebecca Russ ist ein Thriller, den ich wegen der Kulisse gerne lesen wollte. Ich mag Bücher über Wanderungen, Hiking und auch Roadtrips sehr gerne, deshalb musste dieser unbedingt sein.
Zwei beste Freundinnen machen sich auf den Weg nach Schweden, auf den bekannten Kungsleden-Wanderweg, sie wollen einen guten Abschnitt davon erwandern. Es ist ein Geschenk zur Hochzeit von Nicki an Julia.
Doch man merkt sehr schnell, dass mit der Freundschaft nicht alles stimmt. Die beiden Mädels haben lange nicht miteinander gesprochen und als Julis nach einem Sturm im Zelt erwacht, ist sie alleine. Allerdings ist hier einiges nicht so, wie es scheint.
Mir gefallen die Beschreibungen der Landschaft, des Weges und der zunehmenden Bedrohung sehr, das ist gut gemacht.
Auf einer Ebene werden Ausschnitte aus einem Tagebuch gezeigt, die eine Beziehung beschreiben, die letztendlich einige Wendungen nahm, man kann hier nicht mehr schreiben, ohne etwas vorwegzunehmen.
Leider war mir bei der Geschichte fast von Beginn an klar, worauf alles hinauslaufen wird, das fand ich sehr schade.
Trotzdem würde ich diesen Thriller empfehlen, denn er ist gut und spannend geschrieben, die Wanderung ist sehr gut dargestellt und diesen Teil habe ich auch wirklich sehr genossen.
Alles Träume
„Nachtlügen“ von Lisanne Surborg handelt von einer Frau, die als Nachtalb lebt. Nachtalben sind keine bösen Wesen, doch sie benötigen menschliche Träume zum Überleben. Daher stehlen sie nachts einen Traum und hinterlassen stattdessen einen Albtraum.
Isra leidet unter Schuldgefühlen, weil in einem ihrer Albträume ein Mensch starb – ein Vorfall, der sie besonders belastet.
Sie lebt in einer WG und arbeitet abends in einem Varieté. Ihre Mutter ist längst verstorben, zum Vater hat sie keinen Kontakt. Ihre einflussreiche Großmutter, eine wichtige Figur in der Alben-Gesellschaft, meidet sie ebenfalls.
Die Handlung ist fesselnd, besonders die Darstellung der Alben und ihrer Fähigkeiten. Auch die Albträume sind oft originell beschrieben.
Allerdings fand ich Isra als Hauptfigur wenig sympathisch. Ihr Verhalten zerstörte viel, und sie hielt Freunde auf Distanz. Als ein weiterer Traumtod passiert, beginnt sie zu recherchieren.
Die Geschichte ist gut strukturiert, mit etwas Längen, aber auch unerwarteten Wendungen.
Der Schreibstil passt perfekt zum Buch, und die kleine Romanze bleibt dezent im Hintergrund.
Das Buch hat mir Freude bereitet – und keine Albträume verursacht.
Erschreckend nah
"Reset" von Peter Grandl ist ein großartiger Thriller. Er ist aktuell und von Brisanz, so nahe an der Wahrheit, dass er beängstigend wirkt. Er ist von der ersten Seite an spannend und intelligent aufgebaut.
Wir erleben hier mit, wie die Welt, wie wir si kennen, zusammenbricht. Nicht langsam, sondern schnell und knallhart. Alle Computer, Handys und digitalen Geräte haben ihr eigenes Ziel. Sie zeigen den Menschen nicht die Wahrheit, sondern erschreckend echte Fake-Nachrichten. So echt, dass ihnen oft geglaubt wird. Das hat erschreckend schlimme Konsequenzen. Sehr schnell eskaliert hier die Situation weltweit und umfassend. Dargestellt wird das geschickt an Einzelschicksalen.
Es arbeiten jetzt eine Gruppe von Menschen zusammen, aus verschiedenen Ländern und Bereichen, um zu ermitteln, die besten ihrer Bereiche.
Diese Personen begleiten wir jetzt auf ihrem weiteren Weg und das ist total spannend gemacht. Es sind ja auch Menschen, die beschrieben werden und jeder von ihnen hat auch sein persönliches Problem zu tragen. Die Protagonisten wirken echt und lebensnah.
Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, die Kapitel sind kurz und lesen sich gut.
Das Buch ist erschreckend nah an der Realität geblieben, alles wirkt vorstellbar und man hat nach der letzten Seite so einige Themen zum nachdenken. Es bleibt im Kopf.
Ein bewegendes Leben
„Vor hundert Sommern“ von Katharina Fuchs erzählt eine Familiensaga über vier Generationen, zugleich spiegelt es Deutschlands politische Wendepunkte wider.
Drei Protagonistinnen tragen die Handlung: zwei in der Gegenwart und eine aus vergangener Zeit.
Elisabeth, die Großmutter, zieht ins Seniorenheim, während ihre Tochter Anja und Enkelin Lena ihre Berliner Wohnung für den Verkauf räumen.
Dabei entdecken sie Erinnerungsstücke, Fotos, Briefe – und eine Pistole.
Sie ermutigen Elisabeth, ihre Vergangenheit zu teilen, die eng mit Clara verknüpft ist, der Tante und ehemaligen Wohnungsbesitzerin.
Es folgt eine packende, teils tragische Geschichte aus der Weimarer Republik bis zur NS-Machtergreifung.
Auch Anjas und Lenas Gegenwartserlebnisse behandeln relevante Themen wie Mobbing, Antisemitismus, Tierschutz und Klimakrise – fast zu viele auf einmal.
Besonders beeindruckend war Claras Lebensweg: eine Frau, die sich immer wieder vom Patriarchat befreite und mutige Entscheidungen traf. Ihr Berlin-Alltag jener Jahre, nicht nur politisch, war faszinierend.
Der Roman liest sich langsam, da die Haupthandlung oft unterbrochen wird, was nicht allen Figuren zugutekommt – einige wirken blass.
Das Ende, das generationenübergreifendes Schweigen bricht, überzeugte, denn solche Tabus bestehen oft, bis es zu spät ist.
Gutes Buch, etwas lang
"Die Fletchers von Long Island" von Taffy Brodesser-Akner erzählt eine jüdisch-amerikanische Familiensaga, die mit der Entführung des wohlhabenden Geschäftsmanns Carl Fletcher in den 1980ern beginnt. Obwohl die Situation glimpflich endet, prägt sie die Familie nachhaltig. Der Erzählstil ist leichtfüßig und humorvoll, aber trotz guter Lesbarkeit wirkt die Handlung stellenweise langatmig. Besonders die drei Kinder stehen im Fokus: Ihr Reichtum schützt sie nicht vor Identitätskrisen oder der Suche nach dem eigenen Platz im Leben. Am faszinierendsten sind die unbewusst weitergegebenen Traumata, die über Generationen wirken. Insgesamt ist das Buch unterhaltsam und lehrreich, aber mit 200 Seiten weniger wäre es definitiv straffer gewesen.
Trotzdem habe ich aus dem Buch so einiges für mich mitgenommen und kann die Lektüre auch empfehlen.
Ein anderes Leben
„Ein ungezähmtes Tier“ ist nicht mein erstes Buch von Joël Dicker, aber das erste, das ich komplett als Buch gelesen habe – als Hörbuch verlor ich oft den Faden. Diesmal klappte es besser.
Die Geschichte folgt Sophie und Arpad, einer scheinbar perfekten Familie in einem Glashaus bei Genf: reich, attraktiv, glücklich. Parallel dazu gibt es einen Bankraub in der Stadt.
Der Roman springt gekonnt zwischen Zeiten, Orten und Figuren hin und her, klar markiert und gut zu verfolgen. Die Nebenfiguren sind faszinierend, und mit jedem Kapitel offenbaren sich neue Facetten der Protagonisten – wie ein Puzzle, das sich langvoll fügt.
Auch wenn man die Richtung erahnt, bleibt es spannend mit unerwarteten Wendungen. Nicht alles wirkt logisch, und die Charaktere haben ihre Macken und Geheimnisse, doch nichts ist, wie es scheint.
Mir hat das Buch gefallen, auch wenn es nicht Dickers stärkstes Werk ist.
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