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clematis

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Insgesamt 343 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2025
Nell, Tine

If You Stay Too Long / Resort Pureza Bd.2


ausgezeichnet

Sunny surft

Das Luxusresort Pureza auf Fuerteventura sucht eine Surfschule als Kooperationspartner. Niemand anderer als Sunny, die an der Rezeption nicht mehr glücklich ist, soll die Zusammenarbeit organisieren. Ein Kandidat besticht durch Nähe und Fachkenntnis, allerdings ist der Ansprechpartner ein sonderbarer Kerl. Um die Zusage zu bekommen, schlägt er Sunny vor, ein Liebespaar zu spielen, denn die sympathische Hotelangestellte schwärmt eigentlich für jemand anderen und möchte prüfen, ob ihr Traummann eifersüchtig wird.

Wie schön! Es geht wieder nach Fuerteventura, zurück zu lieben Menschen, die wir bereits kennengelernt haben. (Band 1 ist lesenswert, aber keine Bedingung für diesen 2. Band. Tine Nell erklärt kurz wesentliche Zusammenhänge. ) Nach Elana steht nun Sunny im Mittelpunkt und weiß keinen Rat, wie sie herausfinden soll, ob Dario in ihr mehr sieht als eine beste Freundin. Auch wenn ihr der Deal von Surflehrer Luca absurd vorkommt, stimmt sie zu und versucht verkrampft, die Verliebte zu mimen. Unterhaltsame und humorvolle Szenen, wunderschöne Landschaftseindrücke und ganz viel Urlaubsgefühl vermittelt Tine Nell mit dieser romantischen Geschichte, die einen sofort in ihren Bann zieht. Flüssige Dialoge, prickelnde Gefühle, Sonne und Surfen auf der richtigen Welle – das einzige Problem ist, was (oder wer) ist der Richtige? Nicht nur Sunny muss sich im Labyrinth ihrer Emotionen zurechtfinden, auch der Leser darf miträtseln, ob das Täuschungsmanöver nicht zu einem Platz zwischen den Stühlen und zu einem einzigartigen Flop führt.

Ein großartiger Roman, der mich mehr als nur einmal überrascht und den letzten Urlaub zumindest noch daheim am Balkon ein wenig verlängert. Ein lauschiges Plätzchen und ein Pfirsichcocktail wie von Mikas Bar – schon ist das Lesevergnügen perfekt!

Bewertung vom 22.09.2025
Stiefvater, Maggie

Grand Hotel Avalon (eBook, ePUB)


weniger gut

Das Beste geben

Weit abgelegen im nordamerikanischen Appalachengebirge befindet sich das bekannte Grand Hotel Avalon und Spa mit seinen vier Heilbädern. Nicht nur die Leiterin, June Porter Hudson, sondern auch alle Angestellten lesen ihren Gästen förmlich jeden Wunsch von den Augen ab. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor im Jahre 1942 müssen diese Gäste allerdings etwa dreihundert Internierten der Achsenmächte, vorwiegend Japaner, Italiener und Deutsche, weichen. June beweist ihr Geschick, erfüllt auch deren Forderungen und unterstützt gleichzeitig Personen, die ihrer Hilfe gegen die Kriegswirren bedürfen.

Zum Teil auf wahren Begebenheiten aufbauend, erzählt Maggie Stiefvater diesen Roman um eine Hotelleiterin, die zwischen Überwachung durch das FBI und anspruchsvollen Erwartungen der festgehaltenen Diplomaten hin- und hergerissen wird. Hinter dem ansprechenden Titelbild und der interessanten Kurzinfo zum Buch bleiben dann allerdings die Erwartungen zurück. Es ist schwierig, der Handlung zu folgen, gefühlsmäßig kommt und geht eine Fülle an Personen, dieses stete Durcheinander sorgt irgendwie nicht dafür, dass ein gleichmäßiger Lesefluss entsteht. Gut vorstellbar sind June und ihre Mannschaft, ihr Bestreben, immer das Beste zu geben, egal, ob übliche Hotelgäste oder zugeteilte Diplomaten im Hause logieren. Die Schwierigkeiten, abwechslungsreiche Menüs zu servieren angesichts der eingeschränkten Versorgungslage und der fehlenden Angestellten, die zu Kriegsdiensten einberufenen worden sind, ist verständlich und entspricht den historischen Tatsachen. Ein wenig undurchschaubar hingegen sind die Geheimnisse um das Süßwasser im und rund um das Hotel samt seinen heilenden Eigenschaften, mir als Leserin hat sich diese Kommunikation Junes mit den Wassern nicht verständlich offenbart. Etliche andere Figuren werden auch im Laufe der Kapitel nicht wirklich greifbar, zudem werden frühere Ereignisse nahtlos ins Geschehen eingearbeitet, wie z.B. Andeutungen zu Kohlenbergwerkszenen und deren Auswirkungen. Dadurch fällt es mitunter schwer, das Wesentliche im Auge zu behalten. Mich konnte der Schreibstil in diesem Roman leider nicht nachhaltig fesseln und auf die Geschichte fokussieren.

Interessante Details aus der Zeit nach Pearl Harbor, detailliert recherchierte Einblicke ins Hotelgeschäft, die Handlung selbst allerdings bleibt etwas verwirrend. Schade.

Bewertung vom 22.09.2025
Römer, Lotte

Weihnachtsliebe auf den zweiten Blick


sehr gut

Rituale

Nach einem schweren Schicksalsschlag in ihrer Kindheit findet Hannah einfach keine Freude mehr an stimmungsvollen Weihnachtsritualen. Duftende Kekse backen, heimelige Zimmer schmücken, kitschige Lieder hören, das ist absolut nicht ihr Traum von der angeblich schönsten Zeit im Jahr, viel lieber zieht sie sich allein zurück und schaut sich mit Katze Lieschen irgendeinen Film an. Als sie mit ihrer Nichte Theresa am Christkindlmarkt auf eine Gruppe von teils schaurig maskierten Kramperln (Krampussen) trifft, ändert sie ihre Meinung. Denn während einer der Perchtenträger ihr mit der Rute ums Bein schlägt, ist ein anderer sanftmütig und hilfsbereit, wodurch ihr Interesse geweckt wird.

Einem sehr nahe gehenden Einstieg folgt eine einfühlsame Geschichte über Trauerarbeit, Familienglück, Liebe und Zusammenhalt. Interessante Details zu den in Bayern üblichen Perchtenläufen lassen diesen Brauch lebendig werden, die sorgfältig geschnitzten Larven und pelzigen Kostüme hat man aufgrund der detailreichen Beschreibungen rasch vor Augen. Sowohl in ihrer Freizeit als auch während der Arbeit in einer Bäckerei denkt Hannah darüber nach, welcher Mann sich wohl hinter der freundlichen Krampusmaske verborgen haben könnte. Ist es einer ihrer Stammkunden oder der Bekannte ihres WG-Mitbewohners? Es könnte aber auch der Larvenschnitzer sein oder der Anführer der hiesigen Pass (Perchtengruppe). Wie soll Hannah das nur herausfinden, denn plötzlich scheinen einige Männer mehr als nur höflich zuvorkommend zu sein.

Obwohl es in der Liebesgeschichte mehr knistern könnte, ist dieser Roman schön zu lesen. Tiefgründige Themen finden Platz im Geschehen, ohne zu dominant zu werden oder die glitzernde Weihnachtsstimmung zu trüben. Was bleibt, ist ein liebevoller Blick auf Brauchtum, Rituale und Selbstfindung. Kurzum, ein warmherziger Begleiter für die kommende Adventzeit.

Bewertung vom 18.09.2025
Bast, Eva-Maria

Emma und das Geheimnis des Diamanten / Der Schmuckpalast Bd.3


sehr gut

Hinaus in die Welt

Das Hause Cartier floriert, die Brüder Louis, Pierre und Jacques streben hinaus in die Welt, um London, New York und St. Petersburg zu erobern. Tatkräftig unterstützt werden sie von Schwester Suzanne, denn bei den Cartiers ergreifen auch Frauen das Wort. Wertvolle Edelsteine und das Glück der Liebe dominieren auch diesmal das Geschehen.

An der Erfolg der Eltern und Großeltern knüpfen die vier ehrgeizigen Geschwister an. So unterschiedlich sie in ihrem Temperament auch sind, das Unternehmen ist in ihrer aller Leben ein zentraler Punkt und wird zum Glück auch von (fast) allen Ehepartnern unterstützt. So geht es hinaus in die Welt, erst London, dann New York werden auf entsprechende Geschäftstauglichkeit hin überprüft, aber auch Russland und Indien stehen am Reiseplan. Vielfältige Schauplätzte, Anekdoten aus dem Reich von Schmuck und Uhren und der Fluch, der auf dem Diamanten Bleu de France lastet, bereichern die Geschichte, wiewohl dem Diamanten etwas mehr Raum gewidmet hätte werden können. Beschwingt führt uns Eva-Maria Bast durch die Jahre und schaut mit uns direkt ins Wohnzimmer der einzelnen Cartiers.

Ein würdevoller Abschluss dieser interessanten Trilogie, welche einige Szenen zum Schmunzeln bereithält. Ich war gerne dabei.

Bewertung vom 16.09.2025
Hewitt, Kate

The Edelweiss Sisters


ausgezeichnet

Mut

Als Kinder 1934 noch fröhlich bei einem Gesangsbewerb, entwickeln die Eder-Schwestern Johanna, Birgit und Lotte wenige Jahre später ganz unterschiedliche Strategien, der aufstrebenden Nazi-Herrschaft in Salzburg zu begegnen. Während Johanna sich in einen Juden verliebt und Birgit für einen Bundeswehrsoldaten schwärmt, fühlt sich Lotte von Gott berufen, ins Benediktinerinnenkloster Nonnberg einzutreten. Bald sind alle drei Schwestern überzeugt davon, sich dem Hass und der Gewalt nicht zu beugen.

Locker und fröhlich beginnt dieser bewegende Roman, die Anzeichen für den bevorstehenden Krieg kann man aber schon zwischen den Zeilen wahrnehmen. Am Schauplatz Salzburg führt Manfred Eder eine Uhrmacherwerkstatt, lebt einfach sein Leben mit Frau und Töchtern. Aber als Kommunisten und Juden verfolgt werden, ist es aus mit der Ruhe, denn diesem Treiben mag er sich keinesfalls anschließen. Sein Lehrling Franz ist Jude, er muss schleunigst weg aus seinem Zimmer unter dem Dach, die Gefahr für Familie Eder wäre einfach zu groß.

Sehr eindringlich und fesselnd schildert Kate Hewitt diese Geschichte um Mut, Widerstand und Angst. Immer wieder geht es um Leben und Tod, um die Frage, wem man trauen darf und wer hinter den Fenstern lauert, um unerwünschte Personen zu denunzieren. Die Spannung steigt stetig, die Kriegsdramen und persönlichen Schicksale sind überaus lebendig und realistisch dargestellt, denn die Kapitel beleuchten jeweils die verschiedenen Blickwinkel von Johanna, Birgit und Lotte. Dadurch wird das Geschehen überlappend erzählt, sodass der Leser jeder der drei Schwestern gut folgen kann und keine Lücken entstehen. Wie es ein Krieg so mit sich bringt, sind Gräuel und Verzweiflung nicht zu vermeiden, auch der Roman beschönigt hier nichts!

Ein trauriges Buch, das aufzeigt, woran man sich in dunkelsten Zeiten klammern kann, wie der Glaube an Gott Kraft verleiht – jede Schwester folgt ihrer eigenen Strategie, jede sucht ihren Weg durch diese schreckliche Zeit und am Ende steht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ausgezeichnet, wenn auch nur schwer zu ertragen.

Bewertung vom 13.09.2025
Nell, Tine

If You Fly Too Far / Resort Pureza Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Liebe im Luxusresort


Elana verliert auf einen Schlag ihren Freund, ihren Job und ihr Dach über dem Kopf. Aufgrund einer Zeitungsannonce bewirbt sie sich kurzerhand als Fitnesscoach in einem Luxusresort auf Fuerteventura und kehrt schon wenig später Berlin den Rücken. Nach einem ärgerlichen Erlebnis auf der Fähre – aufgrund einer Doppelbuchung belegt ein Fremder ihre Kabine – ist es genau dieser Fiesling, der tags darauf Trainingsstunden bei ihr bucht.

Alles verloren, Neuanfang, das kennt man doch schon? Und trotzdem ist If You Fly Too Far ein einzigartiges Leseerlebnis, das uns mitnimmt auf die schöne, ruhige Kanareninsel Fuerteventura. Elana ist bestens ausgebildet und verfügt zudem über ausreichend Erfahrung, um sich für das Luxusquartier Pureza zu qualifizieren. Keine amourösen Abenteuer mit den Gästen, das ist das oberste Gebot und klingt für Elana unproblematisch, wer will nach einer großen Enttäuschung so schnell wieder etwas von Männern wissen? Da ahnt sie allerdings noch nicht, dass Adrian sich regelmäßig in ihren Trainingsplan eintragen lässt und eigentlich gar nicht so unsympathisch ist, wie er anfangs gewirkt hat. Aus Blicken und zufälligen Berührungen wird langsam mehr, das schlechte Gewissen ringt mit dem Verlangen. Tine Nell versteht es, die prickelnden Momente in Worte zu fassen und Stimmung ebenso wie Gefühle plastisch darzustellen. Nicht nur die Hauptfiguren Elana und Adrian wecken einen sympathischen Eindruck, auch Sunny und Dario von der Rezeption muss man einfach ins Herz schließen. Die Kulisse Fuerteventuras mit endlosen Sand- und Lavastränden, geheimnisvollen Höhlen und malerischen Fischerdörfern bezaubert ebenso wie das Luxusresort mit seinen exklusiven Gästen, die sich nicht nur über kratzige Handtücher beschweren, sondern gar nach geschälten Weintrauben verlangen. Man sieht, Tine Nell verpackt ein gehöriges Maß an Humor in diese schöne Geschichte und lässt Urlaubsflair unter der Sonne aufkommen.

Selbst wer noch nie die Kanaren besucht hat, wird schnell lebendige Bilder vor Augen haben und gebannt mitverfolgen, wann Elana als Vertragsbrüchige entlarvt wird. Im Grunde ist dieser Roman in sich abgeschlossen, aber die erfreuliche Botschaft lautet: Es gibt alsbald eine Fortsetzung – nach unterhaltsamen Stunden auf Fuerteventura freue ich mich natürlich sehr darauf.

Bewertung vom 13.09.2025
Beerwald, Sina

Die Sylt-Schwestern - Schicksalhafte Stunden (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wie Ebbe und Flut

Westerland auf Sylt, 1931: So unterschiedlich wie Ebbe und Flut, aber dennoch ohne einander nicht vorstellbar, so sind die Schwestern Clara und Jella. Verstimmt hat Jella vor zehn Jahren ihrer Heimat Sylt den Rücken gekehrt, um nun an Mutters Sterbebett zurückzukommen. Während sie in Berlin als Tänzerin aufgetreten ist, hat die jüngere Clara den Bürgermeister geheiratet, im Familienrestaurant mitgearbeitet und schließlich die Mutter gepflegt. Deren letzter Wunsch allerdings scheint unerfüllbar, sollen die Schwestern doch gemeinsam das Nobelrestaurant Strandperle weiterführen. Die eine möchte einen Nachtclub gründen, die andere ein Büchercafé einrichten – wer wird sich durchsetzen? Oder wirft die Weltwirtschaftskrise ohnehin alle Pläne über den Haufen?

Mit viel Liebe zum Detail und akribischen Feinheiten zur Geschichte Sylts geht es knapp hundert Jahre zurück in der Zeitrechnung. 1931, ein Sommer, von dem man sich viel verspricht, eine Weltwirtschaftskrise, deren Vorboten nicht von allen ernst genommen werden. Mittendrinnen begegnen wir Clara und Jella Jansen und deren schwerkranker Mutter Hedda. Alle drei haben höchst unterschiedliche Wünsche, den gemeinsamen Nenner findet man nicht einmal dann, wenn es um das Fest zum 50jährigen Jubiläum der Strandperle geht. Clara will etwas Traditionelles, Jella eine ausgelassene Party und Hedda fürchtet sowieso, den Tag gar nicht mehr zu erleben.

Malerische Bilder von Sylt umgeben die bestens charakterisierten Figuren dieses Romans. Clara entspricht voll und ganz dem Weltbild einer braven Ehefrau, die sich über einen Haushalt mit Toaster, Bügeleisen und elektrischem Gänserupfer (!) freut und kaum auf die Idee kommt, dass ihr Mann ihr nicht nur Materielles, sondern auch so etwas Abstraktes wie Liebe schenken könnte. Ganz anders denkt Jella, sie tanzt und feiert bis spät in die Nacht und möchte sich keinesfalls an einen Ehemann binden. Auf humorvolle Art und Weise bringt uns Sina Beerwald die beiden Schwestern näher, aber auch das engere familiäre Umfeld und den Jugendfreund Marius, der offenbar von beiden Damen entzückt ist. Viel zu schnell vergeht der aufregende Sommer auf Sylt und es bleiben noch Fragen offen.

Mit historischen Persönlichkeiten wie Hans Albers oder Marlene Dietrich auf Sylt, das hat schon was. Zudem hat mich die Geschichte der beiden Schwestern bestens unterhalten. Bald erscheint die Fortsetzung „Stürmische Tage“, auf die ich mich jetzt schon freue. Leseempfehlung.

Bewertung vom 12.09.2025
Morris, Heather

Schwestern der Freiheit (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Drei Jahre und sieben Monate

Die japanische Armee übernimmt 1942 Singapur, wer kann, flieht. Auch Musikerin Norah Chambers und Krankenschwester Nesta James (zwei reale Charaktere) begeben sich an Bord der HMS Vyner Brooke und setzen ihre Hoffnung auf eine rechtzeitige Flucht Richtung Australien. Diese wird aber schon bald durch Fliegerbomben zunichte gemacht, die Überlebenden werden auf indonesischen Inseln interniert. Drei Jahre und sieben Monate dauert das Martyrium unter japanischer Aufsicht.

Chronologisch geht Heather Morris bei ihren detaillierten Beschreibungen vor, lehnt sich dabei sehr genau an Berichte von Überlebenden und deren Angehörigen an. Das brennende Singapur ist Ausgangspunkt, weiter geht es durch verschiedene Lager bis hin zur Befreiung im September 1945. Schnörkellos und mit bedrückender Sachlichkeit erzählt Morris im Präsens, wodurch eine ganz besondere Atmosphäre im Roman entsteht. Obwohl Verletzungen – durch Abseilen vom Schiff, Schwimmen im Mangrovengebiet und später physische und psychische Gewalt durch die Aufseher im Lager – allgegenwärtig sind, findet sich immer irgendwer, der Zuversicht und Trost spendet, auch wenn die Lage hoffnungslos scheint. Insbesondere die Tätigkeit der australischen Krankenschwestern, aber auch aller anderen Kriegsgefangenen wird von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Die Geschichte zeigt einmal mehr, wie groß der Zusammenhalt in einer erzwungenen Gemeinschaft sein kann, wenn jeder aufgrund seiner Fähigkeiten und Stärken seinen Teil beiträgt, wie lindernd die Musik wirkt. Aber auch zu welchen Grausamkeiten Menschen leider fähig sind, wird offenbar. Drei Jahre und sieben Monate unter den beschriebenen Bedingungen sind unvorstellbar, völlig verständlich, dass die vierundzwanzig (von über sechzig) Krankenschwestern bei ihrer Rückkehr nach Perth als Heldinnen gefeiert worden sind.

Ein Roman nach einer wahren Geschichte – unfassbar, was damals passiert ist. Leseempfehlung für all jene, die den Zweiten Weltkrieg nicht nur unter den Gesichtspunkten von Nazis und Konzentrationslagern in Europa näher beleuchten möchten.

Bewertung vom 11.09.2025
Kölpin, Regine

Mehr Lametta für Oma (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Weihnachten allein

Feline lebt noch nicht lange in Tjarkswarf an der Nordsee, zudem kleidet sie sich bunt, hat orangerot gefärbte Haare und spricht mit Wildtieren, wie zum Beispiel mit Rehbock Martin, den sie gesundgepflegt hat. Hinter vorgehaltener Hand wird sie gar als Hexe bezeichnet. Der Einzige, der gerne mit ihr plaudert, ist der Postbote Hajo, aber auch der verhält sich eigenartig und sieht ob seines langen Bartes wie der Weihnachtsmann aus. Jedenfalls steht beiden ein Weihnachtsfest ganz allein bevor. Doch da lernen die achtjährigen Zwillinge Jelda und Jonte Feline näher kennen und schmieden einen Plan.

Heiter geht es ins Friesenland, detailliert gezeichnete Figuren sorgen für beste Unterhaltung und eine entzückende Geschichte in der aufregenden Weihnachtszeit. Auch wenn Feline und Hajo Außenseiter sind, schließt man sie rasch ins Herz, so wie es auch die neugierigen Zwillinge tun. Während Feline dem Leser bald eröffnet, warum sie so einsam und zurückgezogen lebt, wahrt Hajo sein Geheimnis länger und bietet somit Platz für Spekulationen. Von dicken Schneeflocken und einer ausgelassenen Rodelpartie geht es auch schon ins erste Adventwochenende und zu einem liebevoll gestalteten Nikolaussackerl. Bis hin zum Weihnachtsfest ist viel zu tun, Regine Kölpin erzählt die Tage bis zum 24. Dezember voller Witz und Humor, welche auch schwerwiegende Probleme in einem anderen Licht darstellen und Lösungen gar nicht mehr unmöglich erscheinen lassen. Mensch und Tier, Alt und Jung bekommen eine Stimme und vielleicht wird sogar ein Weihnachtswunder wahr?

Stimmungsvolle Unterhaltung und ernsthafte Themen werden bestens zu einer entzückenden Weihnachtsgeschichte komponiert, die sich zum Selberlesen ebenso eignet wie als schönes Geschenk. Lesenswert!

Bewertung vom 11.09.2025
Bergmann, Martina

Das Fräulein Buchhändlerin (eBook, ePUB)


sehr gut

Unabhängig

Amanda ist fleißig, hat als Beste im Jahrgang ihre Ausbildung zur Buchhändlerin abgeschlossen und freut sich, mit ihrem Chef Otto und ihrem Kollegen Horst so gut zusammenzuarbeiten. Das ist in Bielefeld im Jahre 1960 schon viel, denn der Platz einer Frau ist bei Kindern und am Herd, aber daran denkt Amanda noch nicht. Während sie über eine Hochzeit mit Gisbert nachdenkt, verstirbt der Chef und für Amanda ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Ob das den Herren rund um sie passt?

Beschwingt erzählt Martina Bergmann vom Leben in den 1960er-Jahren, vom Wirtschaftsaufschwung und von den Schreibfräulein, von Männern in gehobenen Positionen und von Frauen in Feinstrumpfhosen. Amanda fügt sich nicht in diese Konventionen, blüht auf in ihrem Beruf und ist zuversichtlich, auch als verheiratete Frau und Mutter nicht im Haushalt zu versauern. Was vielleicht nicht einmal ein Traum war, kann sich nun, nach Ottos Tod, verwirklichen lassen, denn ist es nicht eine logische Konsequenz, dass Amanda den Buchladen weiterführt? In lockerem Schreibstil erzählt die Autorin, wie Amanda Pläne schmiedet und mit Hilfe ihrer Oma Schritt für Schritt vorwärts wagt. Sie ist keine, die wütend auf Gleichberechtigung pocht, sondern leise und zielstrebig handelt. Das ist es auch, was sie im Laufe der Kapitel so sympathisch werden lässt und darlegt, warum sich Henriette aus ganzem Herzen über die Freundschaft mit ihr freut. Liebevoll fügt Bergmann Details aus dem Handwerk einer Buchhändlerin ins Geschehen ein, umhüllt vom Flair der damaligen Zeit und der Erwartungshaltung der Gesellschaft. Unabhängig will Amanda sein und passend für die Gegenwart, vielleicht auch für die Zukunft – modern nennt man es zurzeit. Schön, dass wir diese tüchtige Frau dabei begleiten dürfen.

Ein ruhiger, stimmungsvoller Roman, der auf unterhaltsame Weise erzählt, wie auch eine Frau in den 1960ern neidische Männer auf ihre Plätze verweist.