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beme
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Brüggen

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Insgesamt 92 Bewertungen
Bewertung vom 24.03.2025
Ayag, Jim

Das Herz kennt keine Demenz


ausgezeichnet

Gäbe es mehr als 5 Sterne, hätte ich die gegeben. Ein besonderes Buch, das mich tief berührt und bewegt hat. Da ich selbst im Altenheim tätig bin und eine an Demenz erkrankte Person im Verwandtenkreis habe, kann ich die Thematik annehmen und vieles leicht verstehen, was im Umgang mit dementiell veränderten Personen wichtig scheint. Direkt mit dem ersten Kapitel hat der Autor mich gefangen, da er so eindrücklich die Perspektive einer dementen Frau darstellt, dass man als Leser die Unsicherheit und Verlassenheit nachempfinden kann, die diese Erkrankten täglich durchleben.
Der Schreibstil ist einfühlsam und trotz des belastenden Themas gelingt es ihm immer wieder auch die komischen Momente lebendig darzustellen, ohne dies auf Kosten der Betroffenen zu tun. Die Situationskomik hat nichts Entwürdigendes für die Bewohner des Altenheims. Ein Plädoyer für den Beruf der Pflegekraft und ein gelungenes Beispiel dafür, dass auch so ein schwieriger Beruf in einem anstrengenden und belastenden Umfeld eine Berufung sein kann.
Dieses Buch sollte Pflichtlektüre werden. Vielen Dank für den bereichernden Lesestoff.

Bewertung vom 17.03.2025
Hagena, Katharina

Flusslinien


sehr gut

Katharina Hagena hat mit Flusslinien einen feinfühligen und sensiblen Roman über drei Generationen und ihre Verbindungen erschaffen. Die Geschichten von Margrit, Luzie und Arthur sind miteinander verwoben und doch ganz eigeständig.
Margrit, mit 102 Jahren am Ende eines langen Lebens angekommen, nimmt uns mit in Ihre Vergangenheit und ihre Geschichte. Ohne Vater aufgewachsen, an der Seite einer Mutter, die fortschrittlich unangepasst war und deren Liebe den Römischen Garten gestaltete, zu dem sich Margrit jeden Tag fahren lässt. Diese Fahrten mit Arthur, einem Pfleger der Seniorenresidenz, in der Margrit lebt, führen an die Elbe, und in die Erinnerungen Margrits. Arthur selbst ist in seinen Schuldgefühlen gefangen und versucht mit seinem Leben ins reine zu kommen. Er erfindet eigene Sprachen und bleibt in seiner Schuld sprachlos. Luzie, Enkelin von Margrit, steht an der Schwelle zum Erwachsenwerden und hat ihr Abi "geschmissen". Sie möchte als Tätowiererin arbeiten und hat in ihrer Grossmutter ein Übungsmodell gefunden. Durch diese Nähe nähern sich die beiden auch emotional an.
Ein vielschichtiger Roman über Vergangenes und heutige Beziehungen zwischen drei scheinbar unterschiedliche Charaktere und deren langsame Annäherung.
Der Roman wirkt sehr lebendig und feinfühlig in der Wortwahl und vermittelt ein Gefühl von leisen Tönen.

Bewertung vom 14.03.2025
Behm, Martina

Hier draußen


sehr gut

Der Wildunfall mit einer weißen Hirschkuh bringt das Dorfleben in Fehrdorf komplett aus dem Gleichgewicht. Der Unfallfahrer, Ingo, stellt seine Entscheidung aufs Land zu ziehen einmal mehr in Frage. Er fühlt sich überfordert mit seinem Job-Pendeln in die Großstadt, ist aber damit überfordert, dies zu kommunizieren. Eine sich entwickelnde Freundschaft mit dem Dorfjäger, der alleinlebend auf seinem Hof seine eigenen Probleme vor sich herträgt, bietet eine Ausflucht aus dem nicht funktionierenden Alltag.
Der 2-Personen-Rest einer Öko-WG hat die gleichen Kommunikationsprobleme, da ein Zusammenleben zwar funktioniert aber keine glückliche Lösung für beide liefert.
Der Fluch einer Dorfgeschichte, dass dem, der eine weiße Hirschkuh tötet, nur noch ein Jahr zu leben hat, bringt die Dorfgemeinschaft ins Schwanken. Unglaube und Aberglaube spiegeln sich in vielen unausgesprochenen Konflikten. Es schwelt unter der Oberfläche. Der Roman nimmt dem Leser den Traum von einer idyllischen Dorfgemeinschaft, die nur in unserer Vorstellung existiert. Er stellt das Leben auf dem Land mit all seinen Facetten und ohne idealistische Verklärungen vor. Dies macht es aber insgesamt umso lebenswerter.
Die Lebensgemeinschaften im Dorf ändern sich im Laufe der Geschichte, wie in jeder anderen Stadt auch. Die Idylle beginnt zu bröckeln.
Insgesamt ein lesenswerter Roman, bei dem ich mir an der einen oder anderen Stelle ein wenig mehr Tiefgang gewünscht hätte, da einige Charaktere für meinen Geschmack zu flach bleiben, um lange im Gedächtnis zu bleiben.

Bewertung vom 25.02.2025
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


ausgezeichnet

Bis die Sonne scheint ist der Roman einer Familie, die in den frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts versucht über die Runden zu kommen. Durch verschiedene Fehlentscheidungen und dem fehlenden Gefühl für Einkommen und Ausgaben, steht die Familie vor dem finanziellen Ruin, versucht dies aber vor sich selbst und allen anderen zu verbergen. Man tut so, als sei alles wie immer und in Ordnung. Der Zeitgeist dieser besonderen Jahre ist im Roman sehr gut spürbar und wenn man in dieser Zeit unterwegs gewesen ist, fühlt man sich als Leser wie in einer Rückschau auf die eigene Jugend.
Durch Rückblenden in die frühere Generation erhellt Christian Schünemann die Konstellationen innerhalb der Familie und die Hintergründe für das Verhalten und das Verhältnis der einzelnen Mitglieder. Der Roman nimmt den Leser mit auf eine Reise in die damalige Zeit. Es ist ein ruhiges Thema ohne Spannung aber die braucht dieser Roman nicht. Er lebt vom Zeitgefühl und der sensiblen Sprache.
Das Cover ist geschmackvoll zum Thema passend und das Buch hochwertig gebunden.

Bewertung vom 24.02.2025
Bracht, Helene

Das Lieben danach


ausgezeichnet

Das Lieben danach ist schwere Kost. Ein Buch, das nachwirkt und mich sehr tief berührt und bewegt hat. Freimütig berichtet Helene Bracht von ihrem Leben in allen Facetten der Sexualität. Als Kind missbraucht erlebt sie in vielen Erfahrungen mit Männern und Frauen, bevor sie beginnt die Zusammenhänge zu erkennen. Ein wiederkehrendes Muster, dem sie lange Jahre ausgeliefert scheint, wie entwickelt sie sich weiter und wann beginnt sie die richtigen Fragen zu denken und zu stellen. Eine erschütternde Lektüre die ein Leben einer Frau beleuchtet, die im Alter beginnt zu verstehen. Das Buch ist ergreifend aber auch bedrückend, weil dieses Schicksal in ähnlicher Form sicher vielen Frauen und Männern widerfährt. Eine Offenheit, die zeitweise erdrückend wirkt und lange nach der Lektüre nachwirkt. Sie erleichtert dem Leser das Verstehen, wenn das von außen überhaupt möglich ist. Ich kann mir vorstellen, dass sich andere Missbrauchsopfer, die dieses Buch lesen, verstanden fühlen und dass es eine Erleichterung sein kann, zu lesen, dass man nicht allein ist.

Bewertung vom 20.01.2025
Bußmann, Nina

Drei Wochen im August


ausgezeichnet

Drei Wochen im August bietet Lesegenuss für lange Winterabende. Die Reise an die französiche Atlantikküste ist für Elena, Eve, Linn und deren Freundin eine Belastungsprobe bei der alle an ihre Grenzen stoßen. Unausgesprochene Erwartungen und Gefühle liegen schwer in der sommerlichen Luft. Die drei Urlaubswochen gestalten sich als Machtprobe und -kämpfe auf allen psychologischen Ebenen. Durch das Auftauchen zweier ungebetener Gäste, die das halbwegs stabile Beziehungsgefüge erneut einbrechen lassen, werden schwelende Konflikte offensichtlich. Neben diesen Figuren spielt auch der Betreuer des Hauses eine undurchschaubare Rolle.
Das Buch liefert alles, was unterhaltsame Lesestunden fordern. Eine bildreich erzählte Geschichte mit vielschichtigen Charakteren. Die wechselnde Erzählperspektive zwischen Elena und Eve gestaltet die Handlung sehr lebendig und locker. Die Spannung steigt von jedem Kapitel zum nächsten langsam an.
Der einzig negative Aspekt der Lektüre war für mich das zeitweise Springen in den Dialogen, was den Lesefluss gestört hat. Trotzdem hat mich das Buch überzeugen können.

Bewertung vom 20.01.2025
Frank, Arno

Ginsterburg


ausgezeichnet

Die fiktive Kleinstadt Ginsterburg ist der Schauplatz dieses beklemmenden Romans einer Gesellschaft unter dem NS-Regime und in den Kriegszeiten über einen Zeitraum von 1935 bis 1945.
Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die Momentaufnahmen der Jahre 1935, 1940 und 1945 zeigen und das Eindringen des Nationalsozialismus in die Leben der Bewohner Ginsterburgs darstellen. Die Auswirkungen auf einzelne Einwohner durch die Einschränkung der Meinungsfreiheit wird spürbar. Die moralischen Verstrickungen und die Auswirkungen der politischen Veränderungen prägen den Alltag der Einwohner. Die Dramatik der Entwicklungen zeigt sich durch die wechselnden Erzählperspektive.
Merle, verwitwete Buchhändlerin, steht dem Nationalsozialismus sehr kritisch gegeüber, während ihr Sohn Lothar in Richtung Hitlerjugend gezogen wird. Durch seine Flugbegeisterung ist er steuerbar und manipuliert vom neuen System. Der beklemmende Alltag zeigt sich auch in den Profiteuren der neuen Strukturen, z.B. Blumenhändler Gürckel oder Fabrikant Jungheinrich, deren Karriere durch das NS-Regime einen sprunghaften Aufstieg erfährt.
Die detaillierten Darstellungen der verschiedenen Charaktere, die menschlichen Abgründe und ihre Motive und deren Entwicklung im geschichtlichen Kontext schaffen einen vielschichtigen Roman einer historischen Zeit, der viel Stoff zum Nachdenken liefert.

Bewertung vom 19.11.2024
Harnesk, Tina

Als wir im Schnee Blumen pflückten


ausgezeichnet

Als wir im Schnee Blumen pflückten ist eine besondere Erzählung über eine samische Frau, die im Alter an Krebs erkrankt und sich dennoch um ihren dementen Ehemann kümmert. Sie versucht, im Angesicht ihres Lebensendes, den verlorenen Ziehsohn wiederzufinden, den sie seit vielen Jahren nicht gesehen hat. Die Autorin schafft es über viele Buchseiten mich als Leser zu fesseln, ohne dass viel Handlung geschieht. Mit ihren einfühlsamen Bescheibungen des kargen Lebens der beiden alten Menschen und die Erläuterung der samischen Hintergründe erlaubt sie uns einen Einblick in eine fremde Lebensweise und bringt sie dem Leser näher. Die Einsamkeit und Armut des Lebens der beiden Alten kann man nachspüren und als am Ende beide Welten zusammentreffen, wird dem Leser erst klar, wie verklärt der Blick der alten Dame ist. Die bildreiche und lebendige Sprache macht dieses Buch zu einem besonderen Lesegenuss. Meine uneingeschränkte Empfehlung für gemütliche Lesestunden.

Bewertung vom 02.11.2024
Buchholz, Simone

Nach uns der Himmel


ausgezeichnet

Leider konnte mich Nach uns der Himmel nicht wirklich überzeugen. Die Geschichte schien zunächst spannend, da bei einem Flugzeugabsturz eine Gruppe von acht Menschen offensichtlich mit dem Leben davon gekommen sind und auf einer griechischen Insel landen.
Alle anderen aus dem Flugzeug scheinen nicht mehr da zu sein aber niemand auf der Insel nimmt die acht Leute war. Eine Bewegung innerhalb der Insel scheint unmöglich und die Realität bekommt Risse. Zunächst erinnerte mich das Ganze an die Serie LOST aber die Umsetzung hat leider nicht so gut geklappt. Die Charaktere bleiben farblos und sind für die Leser nicht gut zu fassen. Die Partnertausche innerhalb der Gruppe schienen mir an den Haaren herbeigezogen und irgendwie unglaubwürdig. Die Entwicklung des kranken Jugendlichen zum gesunden Erwachsenen innerhalb einer Sekunde schien mir zu absurd. Der Parallelstrang der Erzählung sollte vermutlich die Erläuterung bringen, zog die Geschichte aber noch mehr ins Absurde. Wer Monty Python-Fan ist kann sich wahrscheinlich für das Buch begeistern. Meins war es leider nicht.

Bewertung vom 21.10.2024
Malye, Julia

La Louisiane


gut

Das Cover von La Louisiane sprach mich zunächst gar nicht an aber die Leseprobe hat mich gefesselt, daher habe ich mich auf die Geschichte eingelassen.
Die Kolonialisierung ist der Hintergrund eines Romans über drei Frauen, deren Gemeinsamkeit in der Inhaftierung durch die französische Justiz liegt. Im Paris der 1720er Jahre wurden Frauen für die Verschiffung nach Übersee gesucht, wo es an Frauen mangelte. Die Inhaftierten Damen waren auf die lange Reise geschickt worden um am Golf von Mexico ihren künftigen Ehemännern übergeben zu werden. Die Schicksale der drei Frauen sind enge miteinander verküpft, seitdem sie auf die Reise geschickt wurden. Der Roman hat einen Schreibstil, der mich beim Lesen oftmals hat innehalten und überlegen lassen, ob ich etwas überlesen hatte. Manche Gedankengänge kamen mir nicht schlüssig vor. Zugang zu den Charakteren zu finden war ebenfalls keine leichte Aufgabe. Die schienen mir beim Lesen weit entfernt und nicht mit Leben gefüllt. Ob es an der Übersetzung oder am Roman liegt, kann ich nicht beurteilen aber meinen Lesegeschmack hat dieser Roman nicht vollkommen getroffen. Keine leichte Lektüre, sondern ein Buch für eine Leserunde, bei der über die einzelnen Kapitel Austausch stattfindet.