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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Eichendorff
Wohnort: 
Koblenz

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 09.06.2024
Weißglut
Quast, Tobias

Weißglut


sehr gut

„Weissglut“ von Tobias Quast ist zwar als Kriminalroman überschrieben, für mich ist es aber eher eine Kriminalkomödie oder besser noch eine klassische Verwechslungskomödie.
Sarah aus München befreit sich mit einer spontanen Reise nach Finnland aus ihrem Scheidungsstress. In Finnland angekommen, verwechselt sie als erstes ihr gebuchtes Ferienhaus mit einem etwas verwahrlosten Haus in der Nachbarschaft. Und am nächsten Morgen findet sie eine Leiche am nahegelegenen Seeufer.
Der Mörder, der sich dem Leser nicht zu erkennen gibt, dessen Sichtweise der Dinge jedoch gut beschrieben sind, vermutet hinter Sarah eine russische Agentin, die, genau wie er auch, hinter einem geheimnisvollen Gegenstand her ist.
Der ermittelnde Kommissar befragt immer wieder Sarah als Zeugin, interessiert sich aber augenscheinlich mehr für sie als Frau. Sarah dagegen glaubt die Hauptverdächtige in dem Mordfall zu sein.
Onni, ein Doktorand für finnische Geschichte aus Helsinki, sucht ebenfalls nach dem ominösen Gegenstand, weil er sich von dessen Geschichte eine spätere Professur erhofft. Seine Verbindungen führen ihn ebenfalls an den Ort des Geschehens. Aufgrund des bei ihm attestierten Asperger-Syndroms wirkt sein Verhalten für die Menschen am Ort recht ungewöhnlich und der Mörder sieht in ihm einen „Mitarbeiter“ von Sarah.
Im Ort selber laufen die Emotionen und die Gerüchteküche heiß und werden durch das Mitwirken von Ilvi, einer Fremden und Zufallsbekanntschaft von Sarah weiter befeuert.
Eine insgesamt lesenswerte rasante Kriminalkomödie, bei der der Mörder am Ende dingfest gemacht werden kann.

Bewertung vom 29.05.2024
Unter dem Moor
Weber, Tanja

Unter dem Moor


sehr gut

Drei Frauen, drei Generationen, drei Schicksale und ein verbindendes Element - das Stettiner Haff und ein aufgefundenes Skelett.
Gine, verschlägt es auf den Gutshof derer von Wetzlaff während der Hitlerdiktatur. Sie muss ihr Landjahr dort verbringen und erlebt die härteste Zeit ihres jungen Lebens - inklusive einer Vergewaltigung durch den Sohn des Gutsherrn.
Sigrun lebt mit Mann und Kind in den Siebziger Jahren in einer Kleinstadt am Stettiner Haff und kennt nur das Leben in der DDR.
Nina, eine Ärztin aus Berlin lebt in der Gegenwart und begegnet ihrem aufkeimenden Burn-Out mit einer Auszeit in Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit ihrem Hund Ayla. Ayla findet im nahen Wald einen alten Knochen, den Nina eindeutig als Menschenknochen identifiziert.
Wer ist der/die Tote? Was hat es mit den merkwürdigen Nachbarn auf sich, die Nina unentwegt beobachten?

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht der drei Frauen erzählt, wobei sich erst zum Schluss der Kreis schließt und die Identität des Skeletts aufgeklärt wird.

Bewertung vom 14.05.2024
Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1
Cors, Benjamin

Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1


sehr gut

Im Thriller Krähentage schickt Benjamin Cors ein neues Team auf Verbrechensjagd. Die leitenden Ermittler Mila Weiss und Jakob Krogh kommen beide aus einer (noch) undurchsichtigen, die eine aus Wien, der andere mit einer längeren Auszeit. Kaum im Amt geVergangenheitschehen auch schon die ersten Verbrechen, ein Mord und ein brutaler Überfall.
Der Mörder wird dem Leser schon sehr früh kenntlich gemacht und auch seine Gefühlswelt wird gut beschrieben. Das Interessante daran ist, dass sowohl die Ermittlungsarbeit der Kommissare als auch die Aktivitäten des Täters parallel geschildert werden. Dadurch wird ein Spannungsbogen aufgebaut, der die beiden Aktionskreise immer näher kommen lässt - bis es zum finalen Showdown kommt.
Diese letzte Szene und der folgende Epilog wirken jedoch ein wenig unrealistisch, als ob der Autor unbedingt darauf hinweisen möchte, dass es eine Fortsetzung geben muss.
Insgesamt aber ein spannendes und lesenswertes Buch.

Bewertung vom 23.04.2024
Die Dämmerung / Art Mayer-Serie Bd.2 (eBook, ePUB)
Raabe, Marc

Die Dämmerung / Art Mayer-Serie Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Marc Raabe setzt in seinem zweiten Roman mit dem Ermittlerteam Art Mayer und Nele Tschaikowski vom Bundeskriminalamt die Randgeschehnisse des ersten Buches weiter fort. Nele, die nun hochschwanger ist; Milla, die siebenjährige Enkelin von Art‘s Nachbarin; Juli Westphal, die Jugendliebe von Art, seine momentane Geliebte und Frau des Bundeskanzlers. Alles vertraute Personen, deren Schicksale nun weiter erzählt werden.
Im Mittelpunkt steht aber ein neuer spannender Mord an einer deutschlandweit bekannten Charity-Lady. Schnell kommt deren Tochter Leo in den Mittelpunkt der Ermittlungen.
Die Geschehnisse werden aus den verschiedensten Perspektiven der handelnden Personen der Gegenwart beschrieben, aber auch aus der Sicht von Bell & Bo, deren Geschichte in der Vergangenheit spielt. Wer sind die beiden? Was haben sie mit dem Mordopfer und Leo zu tun?
Viele spannende Fragen tun sich auf, die im Laufe der Ermittlungen von Art und Nele auf beeindruckende Weise beantwortet werden. Dazu ein Mörder, den Niemand auf dem Schirm hat. Spannender geht es nicht. Eine gelungene Fortsetzung von Der Morgen.

Bewertung vom 27.02.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Percival Everett greift in seinem neuen Roman „James“ die altbekannte Geschichte von Huckleberry Finn auf, erzählt diese jedoch aus der Sicht des Sklaven Jim. Jim ist ein gebildeter Afroamerikaner, der lesen und schreiben kann, dies aber vor seiner vor allem weißen Umwelt geheim hält. Außerdem sprechen die Sklaven untereinander ein „normales“ Englisch und ändern dies in einen unterwürfigen Slang, sobald ein Weißer in ihre Nähe kommt. Dies soll den Weißen vorgaukeln, dass sie es mit ungebildeten schwarzen Sklaven zu tun haben.
Als Jim erfährt, dass er verkauft werden soll, beschließt er zu fliehen. Die Abenteuer, die Jim bei seiner Flucht erlebt, sind in weiten Teilen deckungsgleich mit den Abenteuern des Huckleberry Finn. Aber es gibt auch Zeiten, in denen die beiden getrennt waren und somit eine erweiterte Perspektive hinzukommt. In seinen Träumen erlebt Jim auch immer wieder eine Zusammenkunft mit den Philosophen Voltaire und John Locke, die mit ihm über Gleichheit und Freiheit diskutieren. Letztendlich liegt der eigentliche Sinn der Flucht für Jim in dem Ziel, seine Frau und Tochter wiederzufinden und freizukaufen „ . . . ich durfte das Ziel, meine Familie zu befreien, nicht aus den Augen lassen. Was wäre die Freiheit ohne sie?“
Ein packender Roman, der noch einmal das Elend der Sklaven in den Südstaaten der USA bis zur Abschaffung der Sklaverei deutlich macht.

Bewertung vom 14.02.2024
Wer zuerst lügt
Elston, Ashley

Wer zuerst lügt


ausgezeichnet

Der Roman „Wer zuerst lügt“ von Ashley Elston beginnt äußerst mysteriös. Was will Evie Porter von Ryan? Wer ist ihr Auftraggeber? Und wer ist die Frau, die sich ihr auf einer Party als Lucca Marino vorstellt, ihrem wahren Namen?
Lucca Marino, alias Evie Porter, arbeitet sehr erfolgreich für einen anonymen Auftraggeber, den sie nur als Mr. Smith kennt und der sie im Laufe der Geschichte in immer größere Schwierigkeiten bringt. Ein toller Wechsel zwischen der Gegenwart und den anderen Aliasse in den letzten Jahren geben einen Einblick in die kriminelle Arbeitsweise von Lucca, aber auch in die Brutalität und Skrupellosigkeit von Mr. Smith. Bis es zum großen Showdown kommt und das Geheimnis gelüftet wird. Ein tolles Buch mit großem Speed und einer intelligenten Story. In dieser flotten Kriminalgeschichte fällt es dem Leser schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

Bewertung vom 18.01.2024
Die Spiele
Schmidt, Stephan

Die Spiele


ausgezeichnet

Mosambik 1989, 1990 und 2008. Ost-Deutschland kurz nach der Wiedervereinigung. Berlin 2011. Shanghai 2021, die Entscheidung über die Olympischen Spiele 2032 stehen an. Ein IOC-Funktionär wird ermordet. Zwei Tage vor dem Mord. Am Tag des Mordes. Ein Tag (zwei und drei Tage) nach dem Mord.
Viele lose Enden werden von Stephan Schmidt in seinem neuesten Roman „Die Spiele“ scheinbar willkürlich angerissen. Doch das fügt sich alles zu einem schlüssigen Ganzen zusammen. Dazu kommt eine gute Beschreibung der Verhältnisse in Mosambik und vor allem der innenpolitischen Situation in China, einem totalitären Überwachungsstaat, den man sich als Aussenstehender nur schlecht vorstellen kann.
Der Titel „Die Spiele“ ist im Nachgang nur schwer zu verstehen, da die Vergabe der Olympischen Spiele 2032 lediglich als Hintergrundrequisite dient. Insgesamt aber ist das Buch spannend bis zum Schluss geschrieben.

Bewertung vom 08.01.2024
Essex Dogs
Jones, Dan

Essex Dogs


sehr gut

Wenn man an eine Invasion von Truppen in der Normandie denkt, dann ist das fast immer die Invasion der Alliierten am 6. Juni 1944 während des Zweiten Weltkriegs. In dem Buch „Essex Dogs“ von Dan Jones geht es jedoch um die Landung von englischen Truppen im 14. Jahrhundert während des Hundertjährigen Krieges. Teil dieser Truppen sind die zehn Essex Dogs, eine bunt gemischte Gruppe, die für den englischen König kämpfen. Die Geschichte lebt nicht von Spannung oder einem ungewissen Ausgang, sondern vielmehr von den Charakteren, die von Dan Jones eindrucksvoll beschrieben sind. Auch die derbe Sprache des Mittelalters kommt hier eindrucksvoll zur Geltung. Ein lesenswertes Buch, das einen guten Eindruck in die Lebensweise von Rittern bis hin zum einfachen Bogenschützen oder Fußsoldaten während eines Feldzuges im Mittelalter gibt.

Bewertung vom 14.12.2023
Der flüsternde Abgrund
Lando, Veronica

Der flüsternde Abgrund


sehr gut

Callum Haffenden kommt nach vielen Jahren zurück nach Granite Creek im nördlichen Queensland von Australien. Ein junger Mann ist im Dschungel und den angrenzenden Granitfelsen verschollen. Callum, durch das Fehlen des Unterschenkels seines linkes Beins beim Gehen behindert, macht sich mit auf die Suche. Ein aufziehender tropischer Wirbelsturm behindert jedoch die Suche. Als der Vermisste schließlich von den Suchtrupps tot aufgefunden wird, stellt Callum immer mehr Fragen, die seinen ehemaligen Schulfreunden und Bewohnern von Granite Creek garnicht gefallen.
War es ein Unfall oder gar Mord? Ist Lachie von den Felsen abgerutscht oder wurde er gestoßen?
Im Laufe der Geschichte werden dem Leser immer wieder neue Aspekte aus der Vergangenheit von Callum näher gebracht. Der gesamte Roman ist aus der Sichtweise von Callum geschrieben, so dass auch seine Gefühle und seine Gedankenwelt mit einfließen und man sich gut in ihn hineinversetzen kann: sein schmerzender Stumpf, die Liebe zu seiner Tochter und seiner Jugendfreundin, die Vertrautheit zu seinem alten Freund, aber auch der Hass auf den Rivalen während seiner Schulzeit.
Insgesamt ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 06.12.2023
Der Spion und der Verräter
Macintyre, Ben

Der Spion und der Verräter


ausgezeichnet

Oleg Gordijewski, in einer KGB Familie groß geworden, steigt ebenfalls in dieser Organisation auf und steht ihr dann mit Abscheu gegenüber. Der Bau der Berliner Mauer, das abrupte Ende des Prager Frühlings und letztlich auch das stete Grau des russischen Alltags lassen ihn im Laufe der Jahre zu der Überzeugung kommen, dass das westliche Lebensmodell besser zu ihm passt.
Ben MacIntyre beschreibt sehr eindrucksvoll, wie Oleg vom britischen MI6 angeworben und meisterhaft geführt wird, wie seine Gefühle Purzelbaum schlagen im Zwiespalt zwischen seiner Familie und seiner Aufgabe für den MI6. Die von den Briten bis ins letzte Detail geplante und letztlich erfolgreiche Exfiltration von Gordijewski liest sich spannender als manch andere Spionagegeschichte.
Letztendlich haben auch die vielen (mir bis dahin zum Teil unbekannten) geschichtlichen Details
dazu beigetragen, dass dieses Buch als äußerst empfehlenswert einzustufen ist.