Die junge Romy weiß eines mit Sicherheit: dass sie die Erwartungen ihres Verlobten nicht erfüllen kann und auch die ihrer Eltern nicht. Von widerstreitenden Gefühlen überwältigt, flieht sie deshalb und setzt sich geradewegs in das Auto eines Mannes, den sie kurz zuvor erst kennengelernt hat. Dieser Valentin hingegen ist zwar angetan von der hübschen Frau, doch passt es ihm keineswegs in den Kram, sie mitzunehmen. Denn er hat eine schwierige Aufgabe zu erfüllen, von der Romy keine Ahnung hat.
Dennoch begeben sich die beiden auf eine teils abenteuerliche Reise, welche die beiden nach Süditalien führen wird. Eines jedoch haben beide gemeinsam: Sie wollen sich fürs Erste nicht so schnell wieder verlieben. Zwischendurch wird es nicht nur emotional sehr turbulent, und der Spannungsbogen erlebt immer wieder eine neue Zerreißprobe.
Mir hat gefallen, wie rasant und farbig die Story erzählt und wie plastisch geschildert wird, wie bald eine heftige Verliebtheit zwischen Valentin und Romy entsteht. Sehr anziehend auch die Beschreibung der fotografischen Tätigkeit Romys, die Zeichnung der Motive und der Schwierigkeiten von Valentins Auftrag. Und natürlich der Zauber von Neapel, Capri und weiterer Stationen der Reise. Das alles liest sich leicht und süffig. Es war für mich wie ein kleiner Urlaub, und ich habe die Lektüre genossen. Schon das Cover vermittelt einen fröhlichen, südlichen Eindruck von Ferien am Meer.
Allerdings: im letzten Viertel des Romans haben die philosophischen Betrachtungen über die Liebe meine Geduld ziemlich strapaziert, ich fand sie zu langatmig. Da habe ich etliche Passagen quergelesen. Doch ich empfehle das Buch gern weiter für unbeschwerte Lesefreude.
Ein 15jähriger Junge, der gern bereits erwachsen wäre, der sich heftig verliebt hat und schließlich vom angehimmelten Mädchen geküsst wird, der Fußballer werden will.
Gleich zu Beginn eine Party, um Schwung in die Story zu bringen. Der Erzähler beschreibt durchgehend jene Gerüche, die um seine Nase streichen. Das hat mir in jedem Kapitel gut gefallen.
Der Roman dürfte autobiografisch sein, immerhin ist der Name des Hauptprotagonisten identisch mit dem des Verfassers. Das Buch vermittelt Sommerfeeling, man wird beim Lesen fast noch einmal jung, weil es einen selbst genauso erging, zumindest was Schüchternheit und Akne betrifft, auch der angesprochene Gruppendruck, dem man früher ebenfalls mehr oder weniger nachgab. Stellenweise war ich mittendrin.
Der Jugendliche namens Chris wird jedoch allzu brav für einen 15Jährigen gezeichnet, auch wenn er nur aus Gründen seiner sportlichen Tätigkeit weder trinken noch rauchen will. Eine Kreuzkette um den Hals, am Abend dankbar beten, immer ausgesucht höflich zu den Erwachsenen, das sieht nach einem Musterknaben aus. Stellenweise knüpft der Autor bemühte Ausdrücke (…hat die Liebe zum Fußball in mir entfacht…) mit hinein, eher unecht in den Gedanken eines Teenies. Die erste Liebe und die diversen Nöte Jugendlicher sind wiederum nachvollziehbar geschildert.
Insgesamt ein ganz nettes Werk von einem schreibbegabten Fußballspieler und Weltmeister, hat mich aber nicht gerade aus den Schuhen gehoben. Die Figuren sind nicht sonderlich plastisch gezeichnet. In der Sprache der Jugendlichen zwischendurch wieder recht authentisch geschrieben.
Doch ich hätte mir mehr Drive, Spannung und Unerwartetes gewünscht, weniger vorhersehbar. So ist es bei leichter Schwimmbadlektüre geblieben. Immerhin ein literarischer Anfang, der auf mehr hoffen lässt.
Für mich ist das Buch leider unter den Erwartungen geblieben. Ich habe mich häufig quergelesen und diese Lektüre nur pflichtgemäß durchgeackert.
Mit Begeisterung habe ich soeben den neuesten Roman von Martin Suter zu Ende gelesen. Der Inhalt muss nicht eigens skizziert werden, das haben schon genügend Leser vor mir getan.
Zwischen zwei Buchdeckeln befindet sich ein bunter Strauß von verschiedensten Gefühlen der Zuneigung und Liebe, gewürzt mit einer kräftigen Prise Hass und Wut, also insgesamt Leidenschaft pur. Der Titel, Wut und Liebe, könnte kaum passender gewählt sein.
In einer gänzlich unspektakulären Sprache erzählt, liest sich die Geschichte mit entspanntem Genuss, und man kann das Werk auch mal zur Seite legen. Wenn ich selbst es zwar nur gezwungenermaßen getan habe. Denn Suter versteht es, auch ohne Cliffhanger die Spannung von A bis Z aufrecht zu erhalten. Eine Geschichte mit unerwarteten Wendungen und immer neuen Geschehnissen. Und, zugegeben: Manchmal dürfte Martin Suter dem Leser die Augen öffnen. Man blickt in sein eigenes Inneres und überlegt: Wie würde ich selbst handeln?
Ich habe bei meinen Aufzeichnungen nachgesehen: Es ist damit der 25. Roman von Martin Suter, den ich verschlungen habe, und das Lesen seiner Werke bietet nach wie vor beste Unterhaltung. Dass der Autor Schweizer ist, erkennt man sofort, denn mehr als in seinen früheren Büchern, scheint mir, baut er Helvetismen ein. Ausdrücke, die zwar letzten Endes verständlich sind, die man jedoch in Österreich und Deutschland anders oder nicht verwendet. Das soll aber keineswegs eine Kritik sein. Die einzelnen Figuren sind sehr plastisch gezeichnet. Auch der Ablauf des Alltags ist authentisch geschildert, wie er in der Schweiz halt eben abläuft.
Wie meistens beim Diogenes Verlag ziert auch diesmal ein passendes Gemälde den Schutzumschlag. Die Malerin Nickie Zimov hat es offenbar eigens für dieses Buch zur Verfügung gestellt. Das Cover ist unprätentiös, fällt aber auf dem Büchertisch und im Schaufenster sofort ins Auge.
Empfehlen würde ich den Roman jedem, der beste Unterhaltung ebenso wie gute Literatur zu schätzen weiß.
Das Skelett der Geschichte ist rasch errichtet: Die Tochter Linn kehrt nach einem Schwächeanfall von ihrem Studienort nach Hause zurück und lebt nun erneut mit ihrer Mutter Anett im selben Haushalt. Doch in der Zwischenzeit hat sich vieles geändert, und es ist nicht leicht, einander bei jedem Tun zu tolerieren, das gegenseitige Verständnis ist beinahe verschwunden. Auch der frühe Tod des Gatten und Vaters schiebt sich immer wieder düster in das Denken der beiden. Haben sie sich denn überhaupt jemals richtig kennengelernt, die junge Frau und ihre Mutter?
Es beginnt recht ruhig, dann tauchen die ersten Unebenheiten, Stolpersteine, Schwierigkeiten auf, bis knapp vor dem Zerreißen. Psychische Probleme und extreme Verschlossenheit bei Linn machen das Zusammenleben nicht leichter.
Insgesamt wirkt die Handlung bedrückend, insbesondere da an vielen Stellen die Gefahr des Versinkens im Schlick am Meer aufgezeigt wird. Zusätzlich werden Themen angesprochen, die uns alle betreffen und auch dem Gerechtigkeitsempfinden empfindlich auf den Zahn fühlen.
Der Titel des Romans „Halbinsel“ bezeichnet nicht nur die geografische Lage des Hauses, sondern meiner Meinung nach auch das Exponierte der beiden Protagonisten samt der Personengruppe in der unmittelbaren Nachbarschaft. Die persönliche Einsamkeit wird öfters angedeutet, dazu kommen Generationenkonflikte, Reibereien zwischen Mutter und Tochter, das völlig andere Denken und Empfinden der Jüngeren, die umfassende Sorge der Älteren. Vermutlich finden sich Frauen jeder Altersgruppe in einer der Personen wieder.
Als mein Lieblingsbuch kann ich den Roman nicht bezeichnen, weiterempfehlen kann ich ihn eher nicht.
Was so idyllisch wirken kann, und damit meine ich das zufriedene Leben auf einer Farm, gerät durch einen Strudel von Gefühlen durcheinander, für alle Beteiligten. Erst ist es eine ungestüme Liebe zwischen Jugendlichen. Dann ein Kind, über das sich alle sehr freuen. Jedoch zerschlägt das Schicksal gnadenlos die schönen Dinge wieder. Ein Mann kehrt zum Haus seiner Eltern zurück, und mit einem Mal sind sämtliche Menschen stark gefordert, die ihn von früher kennen.
Es ist mehr als nur eine Liebesgeschichte, denn die Familie steht nicht einfach nur daneben, sie ist ja ebenso betroffen. Dreh- und Angelpunkt ein kleiner, allzu früh verstorbener Junge, geliebt von allen Personen, die vorkommen. Letzten Endes geht es um Sühne, um soziale Kompetenz, um Liebe, und das über alle Umstände hinweg.
Die fünf Teile des Romans sind übertitelt mit den Namen der tragenden Personen, die Erzählerin selbst ist Mittelpunkt dessen, was geschieht. Der Pol, um den sich alles dreht. Die Story beginnt ruhig, doch bald entwickelt sie einen gewaltigen Sog. Als sich meine Ahnung bestätigte, was geschehen war, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Eine enorme Spannung hält den Ablauf der Geschichte. Immer wieder werden Rückblicke geboten, um zu verdeutlichen, was vorher geschehen ist. In der ersten Person und in der Gegenwart geschrieben, lässt der Text den Leser richtiggehend eintreten und mit von der Partie sein.
Ich finde „Wie Risse in der Erde“ eins der besten Bücher, die ich heuer gelesen habe, und das sind immerhin bereits 55. Ein sehr empfehlenswerter Roman.
Martin Suter schreibt auf der Rückklappe des Romans „Für Polina“, dass er vielleicht zum ersten Mal beim Lesen Tränen hatte, aber keine traurigen. Und ich ahne, welche Stelle er gemeint hat, denn genauso ging es mir.
Das Buch fängt bereits wunderschön an. Die Figuren sind fast durchwegs liebenswert gezeichnete Charaktere, die Lebensart im Moor eingängig beschrieben. Es ist die Geschichte einer ausdauernden, tiefen Liebe vom ersten Lebenstag an. Eine Sonate, der geliebten Polina gewidmet, erweist sich als menschen-, ja völkerverbindend. Menschen schöpfen aus der Musik des Protagonisten Hannes eine solche Fülle kostbarer Anregungen, dass ich von einer musikalischen Fundgrube sprechen möchte. Nun ja, hier gewinnt die Handlung märchenhafte Züge, auch weil Hannes‘ Karriere unwahrscheinlich scheint. Charmant, dass Polina aus einem einfachen Ja ein „Hast du Tollkraut gegessen?“ macht.
Es ist erstaunlich, was der Autor in klarer Sprache, dabei sehr berührend, mit diesem Werk auf die Beine gestellt hat. Die Spannung ließ mich das Buch kaum aus den Händen legen. Lange war mir die Rolle des Gorillas John Daniel rätselhaft. Wie schön, dass es sich löste.
Lasst es mich so beschreiben: Lange nicht mehr habe ich ein so herzerwärmendes Buch gelesen, es ist geradezu ein Wohlfühlbuch. Ich lege es vielen von euch ans Herz.
Was der jungen Lore durch den Kopf geht, sind kritische Betrachtungen ihrer Umwelt und zweifelnde Fragen: Warum werden Buben und Männer so völlig anders behandelt als Mädchen? Warum wird Frauen so oft der Mund verboten, warum müssen sie Klischees erfüllen und gehorchen, auf eigene Interessen verzichten? Auch wenn der Schauplatz ländlich ist und die Stadt offenbar mehr Freiheiten bietet, so ist es doch ein allgemein verbreitetes Gesellschaftsbild und Rollenverhalten, das sich häufig bis heute erhalten hat.
Meiner Meinung nach sollte uns die Problematik bewusst sein, um der noch längst nicht völligen Gleichberechtigung der Geschlechter zu weiterem Durchbruch zu verhelfen, auch um die Tätigkeiten von Frau und Mann in Beruf und Familie gleichwertig zu sehen.
Doch sonderlich spannend fand ich den Handlungsablauf nicht. Zeitweise wollte ich das Buch schon zuklappen, habe es aber dennoch zu Ende gelesen, vor allem, da die Seitenanzahl eher gering ist, aber zeitweise bin ich fast eingeschlafen. Doch, die Sprache ist authentisch, die Vorgänge sind nachvollziehbar und wohl den meisten Leserinnen leider nur allzu bekannt. Beim Schreibstil gefiel mir, dass mit „Gedankenstrichen“ vieles unausgesprochen bleibt und trotzdem selbst vom Kind wahrgenommen wird, ebenfalls die genaue Zeichnung der Personen und ihres Charakters. Der Tante Ursula allerdings hätte ich mehr Tatkräftigkeit und größeren Einfluss auf ihre Nichte Lore gewünscht.
Ich wüsste jedoch nicht, wem ich den Roman empfehlen sollte. Vielleicht einem jungen Menschen, der von sich aus noch nicht kritisch genug die Welt um sich herum wahrnimmt?
Ein Riss geht durch die Ukraine: hie russlandfreundliche Menschen, hie unabhängig bleiben wollende Ukrainer. Ebenso geht der Riss durch die vor Jahren geflohene, ausgewanderte Familie des Autors. Mama Kapitelman steht auf Seite Putins und hält die russische Sprache hoch. Papa bevorzugt alles Ukrainische. Der Sohn will es mit seiner Mutter nicht verderben, kann aber ihre einseitigen Ansichten nicht billigen. So sitzt er zwischen zwei Stühlen, während die Handys und ihre Meldungen zur familiären Kluft noch beitragen. Die Widersprüche fangen bereits bei der Meteorologie an, die der Berichterstattung im Fernsehen deutlichst widerspricht.
Sohn Dmitrij führt den familieneigenen Laden, der allerlei russische Waren anbietet und muss auf Einkaufstour von Leipzig quer durch Polen in die Ukraine. Dort erfährt er am eigenen Leib, dass seine Mutter unrecht hat und die Kriegsmeldungen keineswegs Fake, sondern bittere Wahrheit sind. Zudem läuft er Gefahr, aufgrund seines Geburtsortes Kiew und trotz der deutschen Staatsbürgerschaft sofort zur Armee eingezogen zu werden.
Selbstverständlich ist es ein autobiographischer Roman, denn die Namen der Familienmitglieder werden verwendet. Und er offenbart, wie die Secondos mit dem Leben in dem Land, in dem sie aufgewachsen sind, und dem in der alten Heimat umgehen. Durchaus gespalten, kein Wunder, wenn der ideologische Riss mitten durch die Familie geht.
Es sind furchtbare Bilder und Schicksale, die vor dem Leser ausgebreitet werden, vermutlich ohnehin in eher schonender Form und Auslese. Dabei versteht es Dmitrij Kapitelman, auch noch Humor und Sprachwitz in die Geschichte zu flechten.
Überhaupt die Sprache spielt eine große Rolle. Allerdings wäre ein Vokabularium kein Luxus gewesen, denn manche Begriffe erklären sich erst im Lauf der Story solchen Menschen, die des Russischen nicht mächtig sind. Zudem ist vieles in kyrillischer Schrift gedruckt. Erläuterungen wären also sehr hilfreich gewesen, um sich besser ins Geschehen und die Bedeutungen hineinfinden zu können.
Der Autor spricht inzwischen längst ein fehlerfreies Deutsch, aber er versteht es, osteuropäischen Slang, slawischen Akzent ins Stück zu stricken. Sprachlich sehr gekonnt, wie schon in seinen früheren Werken zu lesen war. Und es ist eine Kunst, aktuelle politische und gesellschaftliche Zustände gleichzeitig genau aufs Korn zu nehmen, sie zu beschreiben und den Leser dennoch mit einem Lächeln auf den Lippen zu entlassen. Sehr empfehlenswert!
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