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Jasika

Bewertungen

Insgesamt 678 Bewertungen
Bewertung vom 15.05.2025
Spekulatius macht Ferien / Spekulatius, der Weihnachtsdrache Bd.5
Goldfarb, Tobias

Spekulatius macht Ferien / Spekulatius, der Weihnachtsdrache Bd.5


ausgezeichnet

Der kleine Weihnachtsdrache ist zurück – und diesmal zieht es ihn mitten in den Sommer! An der Seite seiner Freunde Mats und Matilda erlebt Spekulatius einen ganz besonderen Campingurlaub am Meer. Schon bald sorgt nicht nur die Entdeckung seiner neuen Lieblingsspeise – Eis! – für Begeisterung, sondern auch ein kleiner Delfin, der dringend Hilfe braucht. Gemeinsam mit seinen Freunden stellt sich Specki mutig der Aufgabe, den Meeresbewohner vor Beachmaster Bill und dessen Bande zu retten.

Die Geschichte sprüht nur so vor guter Laune, Leichtigkeit und Sommerfreude. Mit viel Witz, Sprachspielereien und einem Herz für kleine wie große Abenteuer gelingt Tobias Goldfarb ein Vorlesebuch, das Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen Spaß macht. Die lebhaften Illustrationen untermalen die fröhliche Stimmung perfekt und machen das Buch zu einem echten Sommer-Highlight im Kinderzimmer.

Besonders schön ist, wie vertraut einem die Figuren inzwischen geworden sind: Mats und Matilda wirken erneut sympathisch und tatendurstig, während Spekulatius mit seiner unverwechselbaren Art für viele Lacher sorgt.

Ob am Strand, im Zelt oder auf dem heimischen Sofa – Spekulatius macht Ferien ist ein warmherziges, turbulentes Ferienabenteuer, das Lust auf Sonne, Eis und Meer macht.


Fazit:

Ein sommerliches Vorlesevergnügen voller Witz, Herz und Abenteuerlust – Spekulatius sorgt auch fernab von Weihnachten für strahlende Gesichter.

Bewertung vom 15.05.2025
Magic of Moon and Sea. Die Diebin der vielen Gesichter
Harlow, Clare

Magic of Moon and Sea. Die Diebin der vielen Gesichter


sehr gut

In "Magic of Moon and Sea" entführt Clare Harlow ihre Leser in die düstere Hafenstadt Shelwich – einen Ort, in dem Magie mit den Gezeiten kommt und geht. Schon diese Idee ist außergewöhnlich und verleiht der Geschichte einen ganz eigenen Reiz. Das Wasserthema zieht sich stimmig durch den gesamten Roman, die Atmosphäre ist dicht, geheimnisvoll und mitunter angenehm schaurig. Besonders die detaillierten Beschreibungen der Gassen, Gebäude und Höhlen lassen ein lebendiges Bild vor dem inneren Auge entstehen.

Im Zentrum steht Ista Flit, ein Mädchen mit der Gabe, ihr Aussehen zu verändern – eine sogenannte Gesichtwandlerin. Doch sie nutzt ihre Fähigkeit nicht aus Leichtsinn oder Abenteuerlust, sondern weil sie ihren verschollenen Vater sucht. Ista ist mutig, schlau und schlagfertig. Mit ihrer Cleverness gelingt es ihr, andere zu täuschen und schwierige Situationen zu meistern. Die enge Bindung zu ihrem Vater verleiht ihr zusätzliche Stärke, und für ihre Freunde geht sie ohne Zögern durchs Feuer.

An ihrer Seite stehen der kluge, magielose Nat und die furchtlose Ruby – gemeinsam bilden sie ein wunderbar ergänzendes Trio. Die Figuren sind durchweg facettenreich gestaltet, auch die Gegenspieler wirken bedrohlich und tragen viel zur Spannung bei. Immer wieder sorgen überraschende Wendungen dafür, dass die Geschichte an Tempo gewinnt – Langeweile kommt hier keine auf.

Clare Harlows Stil ist flüssig, kindgerecht und dabei keineswegs banal. Für Leserinnen und Leser ab etwa zehn Jahren ist das Buch gut geeignet – spannend, fantasievoll und mit einem klaren Erzählfaden.

Fazit:

Ein starker Auftakt mit origineller Magie, einer mutigen Heldin und atmosphärischer Tiefe. Wer gern in fantastische Welten abtaucht, sollte sich Magic of Moon and Sea nicht entgehen lassen. Die Fortsetzung darf gern kommen!

Bewertung vom 15.05.2025
Spurlos verschwunden! / Die wilden Robbins Bd.2
Weger, Nina Rosa

Spurlos verschwunden! / Die wilden Robbins Bd.2


sehr gut

Rieke und ihre Bande geraten in große Aufregung: Erst beschuldigen die „Ritter auf Rädern“ sie, deren Sprungrampe sabotiert zu haben – dann verschwindet auch noch Riekes Hund Murkel spurlos. Die Suche nach ihm führt zu vielen Verdächtigen, doch klare Hinweise fehlen. Spannung ist garantiert, denn die Robins müssen einige riskante Entscheidungen treffen. Gut, dass Brettis Bedenken und Riekes Zweifel für ein reflektiertes Gegengewicht sorgen.
Besonders gefallen hat mir das Zusammenspiel der vier Kinder, die trotz ihrer Unterschiede ein starkes Team sind. Auch Riekes liebevoller Umgang mit ihrer kleinen Schwester Minna überzeugt. Die Illustrationen sind detailreich, die Sprache altersgerecht und lebendig – schwierige Begriffe werden verständlich erklärt.


Fazit:

Ein spannendes Abenteuer mit Herz, Witz und einer starken Botschaft über Freundschaft und Zusammenhalt.
4 von 5 Sternen

Bewertung vom 15.05.2025
Pfotenglück und Sommerwellen / Lichterhaven Bd.8
Schier, Petra

Pfotenglück und Sommerwellen / Lichterhaven Bd.8


gut

Inhalt:

Isalie Hansen lebt ihren Traum: Als erfolgreiche Influencerin und Marketingexpertin berät sie Unternehmen, gibt Tipps auf Social Media – und erreicht damit ein riesiges Publikum. Doch der nächste Auftrag bringt sie ausgerechnet aufs Land: Ein Bauernhof an der Nordseeküste braucht dringend neue Impulse. Für Isalie völliges Neuland. Max, der geschiedene Hofbesitzer und alleinerziehende Vater zweier Kinder, hält von der Idee, sich von einer großstädtischen Social-Media-Frau helfen zu lassen, herzlich wenig. Zwischen Vorurteilen, beruflichen Herausforderungen und einem traurigen Neufundländer entwickelt sich eine leise Annäherung – auf beruflicher wie privater Ebene.

Sprache und Stil:

Petra Schier bleibt ihrem bewährten Stil treu: angenehm flüssig, mit lebendigen Perspektivwechseln. Neben Isalie und Max kommt auch Hund Samson zu Wort – eine emotionale Erzählstimme, die berührt, ohne ins Sentimentale zu kippen. Besonders für Tierfreunde ist das ein charmantes Extra. Das Küstenflair und der familiäre Rahmen erzeugen eine stimmige Atmosphäre, in der man sich schnell zu Hause fühlt.

Stärken und Schwächen:

Ein großer Pluspunkt ist die glaubwürdige Darstellung von Max’ familiärem Rückhalt. Seine Eltern springen ein, wo sie können – ein wertvoller Realismus, der in Liebesromanen selten so selbstverständlich gezeigt wird.

Weniger überzeugend gelingt die berufliche Komponente: Isalies Strategien greifen sehr schnell, und dass Max sich so rasch von Skepsis zu Kooperation wandelt, wirkt etwas glatt. Auch die Liebesgeschichte verläuft ohne größere Spannungsbögen oder unerwartete Wendungen – gefällig, aber vorhersehbar.

Fazit:

Ein herzerwärmender Sommerroman mit vertrauter Wohlfühlformel und einem Hauch Nordseewind. "Pfotenglück und Sommerwellen" liefert solide Unterhaltung für Fans der Reihe, bleibt jedoch emotional etwas blasser als frühere Bände.
Drei von fünf Sternen.

Bewertung vom 13.05.2025
Amore in italiano
Koenig, Tabea

Amore in italiano


sehr gut

Ein Roman über Abschied, Neuanfang und das leise Wiederentdecken des eigenen Lebensglücks – getragen von einer berührenden Familiengeschichte und atmosphärischem Italien-Flair.

Inhalt:

Lucia ist 40, frisch getrennt, und ihr Leben droht aus den Fugen zu geraten. Die Ehe liegt in Trümmern, die Teenagertöchter pubertieren und auch finanziell steht sie unter Druck. Als ihr Vater Alberto mit Lucias pflegebedürftigem Bruder Gianni alleine nach Italien aufbricht, um den letzten Wunsch der verstorbenen Mutter zu erfüllen, bleibt ihr keine Wahl: Sie folgt ihnen – mitsamt Töchtern und altem Auto. Alberto hat die Asche seiner geliebten Christina in einer Kaffeedose bei sich und will sie in ihrer sizilianischen Heimat verstreuen – ein ungewöhnlicher, stiller und gleichzeitig kraftvoller Akt des Abschieds.

Sprachlicher Eindruck & Entwicklung:

Der Einstieg fiel mir nicht leicht: Die ersten Kapitel wirkten auf mich hölzern, fast distanziert, und ich wurde nicht recht warm mit der Geschichte. Lucias Alltag in Freiburg war zwar glaubhaft geschildert, doch es fehlte an sprachlicher Tiefe, an Bildern, an emotionalem Zugang. Ich vermisste Atmosphäre – bis der Roadtrip beginnt.

Mit dem Aufbruch nach Italien ändert sich alles. Nicht nur die Figuren nähern sich einander an – Lucia ihren Töchtern, Alberto seinem Sohn, Lucia wieder ihrem Vater –, sondern auch der Ton des Buches verändert sich spürbar. Die Sprache wird wärmer, eindringlicher, oft berührend, manchmal mit feinem Humor durchzogen. Die Beschreibungen der Orte sind plötzlich lebendig, die Figuren vielschichtig und genau ausgearbeitet. Tabea König gelingt es, die innere Bewegung der Figuren durch die sprachliche Gestaltung mitzutragen.

In Rückblenden erfahren wir von Albertos Kindheit im Waisenhaus, seiner Zeit als Soldat, und wie er Christina begegnet – einer Frau, die seine Welt still und endgültig verändert. Besonders eindrücklich ist der Moment, in dem Alberto sie zum ersten Mal sieht:

„In einer Welt, die sich immer schneller bewegt, wird vieles nicht richtig wahrgenommen. (...) Und dann gibt es Momente wie diesen, an denen die Zeit ihren eigenen Gesetzen zu folgen scheint. Sie verlangsamt sich, die Umgebung verschwimmt, Lichter verblassen, und der ganze Fokus richtet sich auf die eine Person in einem berstend vollen Raum. Ein Bild, das sich Alberto mit aller Schärfe seiner Sinne für die Ewigkeit einprägte.“ (S. 166)



Diese Liebe bleibt spürbar – selbst über den Tod hinaus. Doch erst auf der Reise mit seinem Sohn Gianni beginnt Alberto wirklich Abschied zu nehmen. Ein weiteres Zitat bringt das in schlichter Schönheit auf den Punkt:

„Eines Tages werden die schönen Erinnerungen heller denn je erstrahlen. Und du wirst dich an das Gute im Leben erinnern und von Herzen sagen können, dass eure Zeit schön war.“ (S. 230)



Ein Satz, der nicht nur Alberto Trost spendet, sondern auch dem Leser lange nachklingt.


Fazit:

"Amore in Italiano" braucht etwas Zeit, um sein Potenzial zu entfalten – doch genau darin liegt seine Stärke. Was zunächst hölzern beginnt, wird mit jedem Kilometer dieser ungewöhnlichen Familienreise intensiver, berührender und stimmiger. Die Figuren sind fein gezeichnet, die emotionale Entwicklung glaubhaft, die Orte eindrucksvoll eingefangen.

Ein warmherziger Roman über Familie, Verlust und zweite Chancen – mit sprachlicher Tiefe, liebevollen Figuren und dem Zauber Italiens.

Bewertung vom 10.05.2025
Zypressensommer
Simon, Teresa

Zypressensommer


ausgezeichnet

"Zypressensommer" ist eine atmosphärisch dichte Verbindung aus Familiengeschichte, italienischem Lebensgefühl und historischer Dramatik. Teresa Simon, ein Pseudonym der Autorin Brigitte Riebe, entführt ihre Leser in die malerische Toskana und erzählt mit viel Herz und Feingefühl von einer Vergangenheit, die bis in die Gegenwart reicht.

Inhalt:

Im Sommer 1998 reist die Hamburger Goldschmiedin Julia Matthiesen ins toskanische Lucignano, um den Spuren ihres verstorbenen Großvaters Gianni zu folgen. Ein alter Zettel mit dem rätselhaften Wort „Verrat?“ weckt ihre Neugier. Zusammen mit dem charmanten Matteo stößt sie auf eine Geschichte aus den 1940er-Jahren: Gianni und sein Bruder Vito lebten als Olivenbauern in einem Dorf, das unter der Bedrohung durch Faschismus und Krieg stand. Eine tragische Liebesgeschichte, Mut und Loyalität – aber auch Schuld und Schmerz – zeichnen die Spuren dieser Vergangenheit.

Historischer Hintergrund:

Im September 1943 schloss Italiens Regierung einen Waffenstillstand mit den Alliierten. Die Folge war dramatisch: Deutschland, einstiger Verbündeter, besetzte Norditalien, entwaffnete italienische Soldaten und verschleppte Hunderttausende als sogenannte „Italienische Militärinternierte“ (IMI) zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Einer von ihnen war Gianni, Julias Großvater. Sein Bruder Vito hingegen schloss sich der Resistenza an – der italienischen Widerstandsbewegung, die sich mutig gegen die deutsche Besatzung und die faschistische Regierung stellte. So beleuchtet der Roman anhand zweier Brüder eindrücklich, wie der Krieg selbst engste Familien trennte und wie unterschiedlich Lebenswege verlaufen können – Gianni in deutscher Gefangenschaft, Vito im aktiven Widerstand. Die Vergangenheit wird anhand dieser beiden Schicksale vielschichtig und ergreifend erzählt.

Atmosphäre und Kontraste:

Die große Stärke des Romans liegt in der gelungenen Gegenüberstellung zweier Zeitebenen. Die Gegenwart ist geprägt von Lebensfreude, Genuss und dem einzigartigen Flair Italiens. Man schlendert mit Julia durch die engen Gassen von Lucignano, genießt Pasta al Limone und regionalen Wein, schwimmt im Lago Trasimeno und staunt über den prachtvollen Dom von Siena oder die Piazza del Campo. Die Beschreibungen wecken Fernweh und lassen spüren, wie sehr die Autorin dieses Land liebt – jede Seite ist durchdrungen von ihrer Zuneigung zu Italien, seiner Kultur, seinen Menschen und seiner Küche. Besonders deutlich wird diese Liebe in den vielen kleinen Details – nicht zuletzt in der immer wieder präsenten Landschaft mit ihren charakteristischen, majestätischen Zypressen, die der Toskana ihren unverwechselbaren Anblick verleihen.

Dagegen wirkt die Vergangenheit umso bedrückender: Die Enge des Dorflebens, die wachsende Gefahr durch das faschistische Regime und die brutale Realität des Widerstands vermitteln ein beklemmendes Bild. Teresa Simon erzählt eindringlich von Angst, Verlust und stiller Hoffnung. Besonders eindrucksvoll ist der Wandel des Olivenöls: Während es in der Gegenwart als Genussmittel gefeiert wird, war es während des Krieges ein überlebenswichtiges Grundnahrungsmittel in Zeiten des Mangels. Solche Details geben der Geschichte Tiefe – "der Geschmack von hundert Sommern", wie die Autorin es einmal nennt, hat viele Nuancen.

Figuren und Stil:

Julia ist eine zugängliche, sympathische Hauptfigur – neugierig und offen. Matteo ergänzt sie wunderbar, ohne klischeehaft zu wirken. Besonders beeindruckend ist die Gestaltung der Figuren aus der Vergangenheit – sie wirken authentisch, nahbar und tragisch zugleich.

Die Sprache ist lebendig, bildhaft und angenehm zu lesen. Die eingestreuten italienischen Begriffe sowie die anschaulichen Schilderungen machen das Leseerlebnis intensiv und sinnlich. Besonders die kulinarischen Szenen stechen hervor: Die Autorin beschreibt das Essen mit so viel Liebe zum Detail, dass man beim Lesen unweigerlich Appetit bekommt. Umso schöner, dass einige der Gerichte – Pikantes, Pasta und Dolci – im Rezeptanhang nachzulesen sind.

Nachwort und historische Tiefe:

Besonders hervorzuheben ist das Nachwort: Teresa Simon liefert nicht nur eine Einordnung zur Resistenza, sondern widmet sich ausführlich den italienischen Militärinternierten – einem kaum bekannten Kapitel des Zweiten Weltkriegs, von dem ich selbst bisher nicht gehört habe.


Fazit:

"Zypressensommer" ist mehr als nur ein Sommerroman: Er ist eine fein austarierte Mischung aus Leichtigkeit und Ernst, aus sinnlichem Italienflair und bewegender Vergangenheit. Ein Buch, das sowohl unterhält als auch berührt – und lange nachklingt.

Bewertung vom 08.05.2025
Villa Seestern - Ein neuer Wind
Wilken, Constanze

Villa Seestern - Ein neuer Wind


sehr gut

Eva Seemann wagt nach ihrer Scheidung einen radikalen Schnitt: Sie zieht mit ihren beiden Kindern von der Großstadt Frankfurt auf die Insel Amrum, wo sie in einem reetgedeckten Haus an den Dünen eine kleine Pension und später ein Café eröffnen möchte. Doch bei der Ankunft ist das Haus noch längst nicht bezugsfertig – es wird noch fleißig renoviert, vieles ist improvisiert, und der Start verläuft holpriger als gedacht. Besonders ein Nachbar legt ihr immer wieder Steine in den Weg und macht ihr das Leben schwer.

Trotz dieser Schwierigkeiten bleibt die Geschichte leicht und lebensnah. Constanze Wilken schafft es, das Inselleben mit all seinen Eigenheiten greifbar zu machen – vom Wetter über die Gemeinschaft bis hin zu den kleinen Sorgen und schönen Momenten im Alltag. Eva ist eine glaubwürdige Hauptfigur, die man gern begleitet, gerade weil nicht alles reibungslos läuft. Auch die Kinder wirken authentisch und bringen ihre eigenen Themen in die Handlung ein.

Ein besonderer Reiz liegt in den Briefen, die einigen Kapitel vorangestellt sind. Anni, offenbar zur Kur auf Amrum, schreibt darin ihrer Freundin Lotta. Diese Briefe deuten auf eine Geschichte zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges hin, die in Verbindung zum Haus zu stehen scheint. Sie sorgen für eine zusätzliche Tiefe und machen neugierig – auch wenn man am Ende noch nicht alles versteht.

Denn der Roman endet offen. Zwar kündigt Constanze Wilken im Nachwort an, dass weitere Bände folgen sollen, doch ein genauer Hinweis auf Erscheinungstermine fehlt. Das hinterlässt ein leicht unbefriedigtes Gefühl – man bleibt mitten in der Entwicklung stehen.


Fazit:

Ein gelungener Auftakt mit viel Inselflair, sympathischen Figuren und einer Prise Vergangenheit. Wer gerne Geschichten über Neuanfänge liest und ruhige, stimmungsvolle Romane mag, wird sich hier wohlfühlen. Der offene Schluss verlangt Geduld – aber die Lust auf Band zwei ist definitiv geweckt.

Bewertung vom 03.05.2025
Wir messen die Welt
Minoglio, Andrea

Wir messen die Welt


ausgezeichnet

Wir messen die Welt ist ein Sachbuch voller überraschender Fakten, kluger Vergleiche und anschaulicher Darstellungen. Es richtet sich an Kinder ab etwa 8 Jahren und lädt dazu ein, Größen, Mengen und Zeiträume unserer Welt aus völlig neuen Blickwinkeln zu betrachten.

Das Buch beginnt mit Fragen wie: „Wie viele Flaschen braucht man, um den Comer See zu füllen?“ oder „Wie viele Kisten Salz enthalten alle Meere der Erde?“ – und sofort ist man mittendrin in einem Buch, das nicht einfach Zahlen liefert, sondern sie in spannende, greifbare Zusammenhänge setzt.

Strukturiert ist das Werk in vier große Kapitel:

Natur

Leben auf der Erde

Konstruktionen und Bauwerke

Vergleiche.


Jeder Abschnitt bietet eine Fülle an Wissen, das durch kreative Gegenüberstellungen zugänglich gemacht wird. Statt bloßer Daten werden Relationen geschaffen, die Kindern helfen, das Ausmaß von Entfernungen, Größen oder Zeiträumen zu erfassen. Besonders eindrucksvoll: Der Grönlandhai, auch Eishai genannt, kann bis zu 500 Jahre alt werden – und ist damit das langlebigste Wirbeltier der Welt. Solche Fakten laden nicht nur zum Staunen, sondern auch zum Weiterdenken ein.

Gestalterisch überzeugt das Buch durch eine klare visuelle Sprache. Diagramme, Skalen, Infografiken und farbige Illustrationen unterstützen das Verständnis – egal ob es um Flusslängen, Lebenserwartung, Länge und Höhe von Bauwerken oder Geschwindigkeiten
geht. Die Darstellungen sind nicht nur informativ, sondern auch optisch ansprechend und kindgerecht umgesetzt.

Oft sind Tiere auch in Originalgröße abgebildet. Der Goliath-Vogelspinne mit einer Spannweite von etwa 30 cm wollen wir niemals begegnen.

Die Texte sind kurz und präzise, oft farbig unterlegt und mit Hervorhebungen versehen. So bleibt das Wichtigste im Blick, ohne zu überfrachten. Die Sprache ist sachlich, aber lebendig – ideal für wissbegierige Kinder, die Freude am Entdecken haben. Am Ende bietet ein Register eine gute Möglichkeit, gezielt nach Themen oder Stichworten zu suchen.

Fazit:

Ein herausragend gestaltetes Sachbuch, das mit ungewöhnlichen Fragen, originellen Vergleichen und fundiertem Wissen begeistert. Es eröffnet neue Perspektiven auf unsere Welt – verständlich, kindgerecht und immer wieder erstaunlich. Eine klare Empfehlung für alle kleinen (und großen) Entdecker!

Bewertung vom 03.05.2025
Küstensommer
König, Karin

Küstensommer


sehr gut

Ein gefühlvoller Roman über verpasste Chancen, neue Wege und die Magie eines Sommers an der Ostsee – "Küstensommer" verbindet emotionale Tiefe mit sommerlicher Leichtigkeit.

Nina Meerbach lebt mit ihrer kleinen Tochter Hannah und ihrer Schwester im idyllischen Küstenort Altensande. Zwischen Schule, Familie und Fußballplatz scheint ihr Leben klar geregelt – bis Chris, ihre Jugendliebe, unerwartet wieder auftaucht. Ausgerechnet er wird Hannahs neuer Fußballtrainer. Alte Gefühle flammen auf, doch ebenso schnell auch alte Unsicherheiten. Denn die Vergangenheit ist nicht vergessen – und die Gegenwart komplizierter, als beide sich eingestehen wollen.

Wer "Wellensommer" gelesen hat, wird sich über ein Wiedersehen freuen: "Küstensommer" knüpft locker daran an und erzählt nun die Geschichte von Nina, Sandras Schwester.

Karin König schreibt in einem angenehm flüssigen, bildhaften Stil, der mühelos Urlaubsgefühle weckt. Mit wenigen Worten lässt sie Meeresrauschen, Möwengeschrei und Küstenzauber lebendig werden.

Nina ist als Figur glaubwürdig gezeichnet – stark, aber auch verletzlich. Ihre emotionalen Reaktionen wirken nicht immer nachvollziehbar, machen sie jedoch nahbar. Chris braucht etwas Anlaufzeit, gewinnt aber im Verlauf an Tiefe und zeigt, dass er gewachsen ist. Ihre Annäherung ist geprägt von leisen Momenten, inneren Konflikten und glaubwürdiger Spannung. Manches Missverständnis hätte sich durch offene Worte vermeiden lassen – doch gerade das hält die Geschichte in Bewegung.

Altensande mag fiktiv sein, doch es fühlt sich an wie ein realer Ort. Zwischen Dünen, Cafés und Strandkörben entsteht eine Atmosphäre, die zum Träumen einlädt. "Küstensommer" erzählt nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern auch von Heimat, Familie und dem Mut, neue Kapitel aufzuschlagen.

Fazit:

"Küstensommer" ist ein charmanter, atmosphärischer Wohlfühlroman mit Küstenflair und Herz. Für alle, die sich nach einer literarischen Auszeit am Meer sehnen – leicht, berührend und einfach schön.

Bewertung vom 30.04.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


sehr gut

Was bleibt, wenn Worte fehlen? "Die Summe unserer Teile" von Paola Lopez wagt den Blick hinter die stillen Mauern einer Familie, die über drei Generationen hinweg aneinander vorbeilebt – verbunden durch das Unsagbare und getrennt durch Schweigen.

Im Zentrum stehen drei Frauen: Lucy, eine junge Informatikstudentin in Berlin, ihre Mutter Daria, eine Ärztin mit rationalem Blick aufs Leben, und Großmutter Lyudmila, einst Chemikerin im Libanon mit polnischen Wurzeln. Jede dieser Frauen ist geprägt von ihrer Zeit, ihrem Beruf und den Erfahrungen, die sie gemacht – oder verdrängt – hat. Doch statt eines offenen Austauschs dominieren Missverständnisse, Sprachlosigkeit und Rückzug. Erst ein scheinbar zufälliges Ereignis – ein Flügel, der plötzlich in Lucys WG steht – löst eine Kette von Fragen aus, die sie auf eine Reise zu ihrer Herkunft führt. Dabei eröffnet sich Stück für Stück eine Familiengeschichte, die von Flucht, Verlust, aber auch von Stärke und Selbstbehauptung erzählt.

Lopez verwebt die drei Erzählstränge elegant miteinander. Sie springt zwischen Orten und Zeiten – Beirut in den 1940ern, München in den 1970ern und Berlin im Jahr 2014 – und lässt so die Lebensrealitäten der Frauen aufeinanderprallen. Die thematische Klammer bildet die Naturwissenschaft: alle drei Protagonistinnen haben ein Faible für Logik, Forschung und Präzision. Das spiegelt sich auch im Sprachstil der Autorin wider, die selbst Mathematikerin ist. Ihre bildhaften Vergleiche sind originell, manchmal pointiert, gelegentlich aber auch bemüht.

Was der Sprache an Raffinesse gelingt, gelingt den Figuren nicht immer. Trotz starker Lebensentwürfe bleiben sie stellenweise blass – als hätten auch sie sich selbst verloren im Dickicht des Ungesagten. Besonders in der Beziehung zwischen Lucy und Daria schmerzt die emotionale Distanz, die nicht durch Gespräche, sondern durch Rückblenden und Reflexionen aufgelöst wird. Das kann frustrieren, ist aber auch Teil der Erzählintention: Die Verletzungen zwischen Müttern und Töchtern liegen oft nicht im Gesagten, sondern im Verschwiegenen.

"Die Summe unserer Teile" ist kein lauter Roman. Er lebt von den Zwischentönen, vom Bruchstückhaften, das sich wie in einem Mosaik erst allmählich zu einem Bild fügt. Dabei spricht er von Entwurzelung, von weiblicher Selbstbehauptung und von der Frage, ob man jemals ganz wird – oder eben nur die Summe der Teile bleibt, die andere einem hinterlassen haben.

Fazit:

Ein kluger, stellenweise sperriger, aber poetischer Roman über drei Generationen, die mehr miteinander verbindet, als sie je zugeben würden. Empfehlenswert für Leser, die sich auf eine stille, fragmentarische Familiengeschichte mit intellektuellem Tiefgang einlassen möchten.