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Benutzername: 
melange
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Bonn
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 844 Bewertungen
Bewertung vom 03.08.2024
Mord stand nicht im Drehbuch. Hawthorne ermittelt [Band 4] (MP3-Download)
Horowitz, Anthony

Mord stand nicht im Drehbuch. Hawthorne ermittelt [Band 4] (MP3-Download)


ausgezeichnet

Vorhang auf

Zum Inhalt:
Eine gefürchtete Theaterkritikerin wird ermordet, nachdem sie das neue Theaterstück von Anthony Horowitz verrissen hat. Leider wird er durch eine Verkettung unglücklicher Umstände zum Hauptverdächtigen und nur einer kann (und will) ihm jetzt noch helfen: Daniel Hawthorne.

Mein Eindruck:
Der vierte Teil der Reihe, in der sich der Autor als Sidekick eines genialen, jedoch menschlich eher schwierigen Detektivs darstellt, ist nicht nur eine pfiffige Geschichte, sondern eine Verneigung vor den Großen des Genres. Die Anleihen bei Dürrenmatt ("Die Physiker"), Ngaio Marsh (viele Krimis spielen im Theatermilieu) und vor allen Dingen Agatha Christie sind überdeutlich. Horowitz schreibt - wie Captain Hastings - die Abenteuer seines Helden auf und lässt sich zum Schluss in großer Runde die Lösung vom Detektiv präsentieren. Zusätzlich zitiert Horowitz Christie mit einem deutlichen Verweis, der den Kenner von deren Werk früh auf die verantwortliche Person kommen lässt. Doch selbst, wenn man diesen nicht kennen oder überlesen sollte, führt der Autor einen meisterhaft auf die Spur, in dem er kleine Krümelchen in die einzelnen Dialoge streut, die unweigerlich den mordenden Menschen enttarnen.
Von der Mordermittlung abgesehen begeistern der Wortwitz, die Charakterzeichnungen der Figuren - und seien sie auch noch so nebensächlich - und vor allen Dingen die Selbstironie, mit der sich der Autor immer wieder zur Freude seiner Leser in den Staub wirft. Uve Teschner weiß dabei - wie eigentlich bei allen von ihm gelesenen Büchern - genau diese Charakterzeichnungen mit seiner Stimme zu spiegeln.

Mein Fazit:
Es ist ein Glück, dass sich Horowitz zur Unterschrift für weitere Bücher über Hawthorne genötigt sieht

Bewertung vom 03.08.2024
Glutmoor / Janosch Janssen ermittelt Bd.2
Engels, Lars

Glutmoor / Janosch Janssen ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Vielfältig

Zum Inhalt:
Die Krankenschwester Carina findet bei der Heimkehr von ihrer Nachtschicht ihre ganze Familie erschossen vor - Eltern, Bruder, Neffe. Mögliche Gründe für die Tat gibt es mehrere: Rechtsradikale Verbindungen von Familienmitgliedern, die Vergangenheit von Carinas Vater als DDR-Flüchtling und seine mögliche Schuld an einem Chemie-Unfall oder die politischen Aktivitäten ihrer Mutter. Janosch Janssen und seine Schwiegermutter Diana Quester müssen an vielen Fronten kämpfen und nicht immer können sie gewinnen.

Mein Eindruck:
Lars Engels hat einen interessanten Hintergrund für sein neues Kriminaldrama an der Rhön gezimmert, der zwar dem Zeitgeist entsprechend beginnt, sich aber in wohltuender Weise anders und vor allen Dingen unerwartet entwickelt. Der Motive sind so viele, dass man - was für einen Krimi eine schöne Ausgangslage ist - prima raten kann, in die vom Autor gestellten Fallen tritt, sich aufrappelt und sofort eine neue Möglichkeit geboten bekommt. Leider verbaut Engels Späteinsteigern in die Reihe die Möglichkeit, sich mit seinem ersten Buch im Nachhinein zu amüsieren, da er hier nicht nur versteckt auf die verantwortliche Person eingeht. Der resultierende Cliffhanger auf Band Drei ist jedoch perfekt gelungen.
Am besten gefällt jedoch die Chemie der Charaktere untereinander, die alle ihre Ecken, Kanten und Abgründe besitzen und daher lebensecht und liebenswert sind.

Mein Fazit:
Dieses Kommissariat wächst einem ans Herz

Bewertung vom 01.08.2024
Jezebel Files - Wenn der Golem zweimal klingelt
Wilde, Deborah

Jezebel Files - Wenn der Golem zweimal klingelt


gut

Irreführend

Zum Inhalt:
Ash lebt in einer Welt voller Magie, ist aber selbst ein Mensch ohne diese Fähigkeiten. Glaubt sie. Bis ein Unfall alles verändert und sie in engen Kontakt zu Levi bringt, der eines der magischen Häuser anführt und zudem ein heißgeliebtes Feindbild seit Jugendtagen ist. Die beiden verbünden sich im Kampf gegen mordende Schatten und stellen fest, dass sie sich doch besser leiden können, als sie sich einreden.

Mein Eindruck:
Diese Geschichte lässt einen zwiegespalten zurück. Das Erwachen der Kräfte, die Anspielungen auf Sherlock Holmes und Alice im Wunderland und die Idee einer Welt, in der Rassen gegeneinander aufgehetzt werden, hat ihre spannenden, witzigen und tragischen Momente. Die dauernde Thematisierung der wahnsinnigen körperlichen Attraktivität aller interessanter Figuren ermüdet jedoch und die Sexszenen aus dem Nichts heraus hätten gerne für ein bisschen mehr Aufklärung gestrichen werden können. Denn es bleibt nicht nur offen, was die Golems im Titel machen (keiner klingelt und die Spezies spielt eine untergeordnete Rolle), - viel zu viele Fragen werden - wenn überhaupt - erst in Folgebänden beantwortet. So fühlt man sich in eine zugegebenermaßen spannende Geschichte hineingeworfen und - bevor man sich wirklich orientieren kann - wieder hinaus gezerrt. Schade.

Mein Fazit:
Fast Food - schmeckt, macht aber nicht satt

Bewertung vom 01.08.2024
Tote klagen an
Turner, A. K.

Tote klagen an


sehr gut

So kalt

Zum Inhalt:
Cassie zweifelt, seit sich ihre Gabe verabschiedet hat, die Verstorbenen auf dem Obduktionstisch zu "hören". Als jedoch eine Leiche buchstäblich an ihr Hausboot klopft und danach von einer großen Kälte "spricht", ist Cassie wieder in ihrem Element und kann dabei auf Phyllida Flyte hoffen, die sich der Leiche auf Polizeiseite annimmt.

Mein Eindruck:
Sandra Voss verleiht dieser Geschichte stimmlich die Tiefe, die sie verdient hat. Das Thema Homosexualität - insbesondere bei der Polizei - und die daraus resultierenden Probleme werden eindringlich und sehr sensibel von der Autorin behandelt. Dass sie dann aber ihre ermittelnden Charaktere einteilt in entweder sexuell (auch) dem eigenen Geschlecht zugeneigt oder aber diese Menschen verspottende Heteros ist übertrieben und wird dem hehren Anspruch nicht gerecht; der geschilderte Truppengehorsam unter "den Jungs" bei der Polizei nervt. Gut gefällt dagegen die gelungene Weiterentwicklung im privaten Bereich der beiden Protagonistinnen, die im Kampf mit ihren Dämonen einige Erfolge verzeichnen. Auch der Fall um die Wasserleiche bietet einige Überraschungen und ist geschickt konstruiert; spannender Showdown inbegriffen.

Mein Fazit:
Bitte weitere Fälle, nächstes Mal gerne mit kleinerer Moralkeule

Bewertung vom 23.07.2024
Hamish Macbeth macht sich die Finger schmutzig (MP3-Download)
Beaton, M. C.

Hamish Macbeth macht sich die Finger schmutzig (MP3-Download)


gut

Viel Liebe, wenig Spannung

Zum Inhalt:
Kurz nach der Beförderung vom ordinären Müllmann zum perfekt ausgestatteten Recyclingmanager wird Fergus ermordet. Da er seine Frau schlug und die Einwohner Lochdubhs terrorisierte, besteht kein Mangel an Verdächtigen. Hamish hofft, dass seine Dörfler unschuldig sind und legt sich wieder einmal voll ins Zeug, um das zu beweisen.

Mein Eindruck:
Irgendwie war früher mehr Lametta. Seit sich Hamish von Priscilla getrennt hat, sein Hund Towser gestorben ist und sein Erzfeind Blair nur noch als Randnotiz auftaucht, hat sich MC Beaton wenigstens damit gerettet, dass sie Hamish in anderen Orten ermitteln ließ. Dadurch ergaben sich viele neue Kontakte und man konnte über den Täter spekulieren. Jetzt kann man sich zwar über das Wiedersehen mit bekannten Charakteren freuen, die Tätersuche gestaltet sich jedoch relativ langweilig. Viel zu viel befasst sich die Geschichte mit Herzensdingen, neuere Charaktere sind nicht mehr so schön herausgearbeitet oder wirken absolut unglaubwürdig. Schade, denn der Humor ist immer noch prima und Hamish selbst zum Knuddeln.

Mein Fazit:
Gerne wieder mehr Spannung wie beim letzten Buch

Bewertung vom 23.07.2024
Miss Emily und der tote Diener von Higher Barton
Michéle, Rebecca

Miss Emily und der tote Diener von Higher Barton


sehr gut

Mord auf dem Landgut

Zum Inhalt:
Emily ist 28, unverheiratet, den Frauenrechten zugeneigt und lebt im London zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Als sie im Gefängnis landet, nimmt ihr Onkel sie mit auf sein Landgut in Cornwall - ohne Elektrizität und mit Kutschen dem Fortschritt nicht unbedingt zugeneigt. Dort wird bei ihrer Ankunft ein Diener ermordet und da Emily neugierig ist, will sie dem Täter auf die Spur kommen.

Mein Eindruck:
Dieser Cosy Crime ist nicht nur schnell zu lesen, sondern beinhaltet unerwarteterweise Tiefgang, eine differenzierte Charakterbildung und eine gute Ausgewogenheit von Humor, Spannung und Lokalkolorit. Rebecca Michele lässt die alten Zeiten vor dem geistigen Auge entstehen, ohne in Schwarz/Weiß-Manier zu verfallen. Ihre Protagonistin ist durchaus selbstkritisch und gewillt, nicht nur die eigene Meinung gelten zu lassen. Es gefällt, dass die Figuren aufeinander eingehen und echte Dialoge entstehen.

Mein Fazit:
Von der Dame möchte man noch mehr erfahren

Bewertung vom 22.07.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


sehr gut

Zwei Königskinder

Zum Inhalt:
Seit der Schulzeit ist Robert in Frie verliebt, sie trennen sich, sie treffen sich wieder, aber immer stehen die Zeichen nicht gut für eine längerfristige Verbindung. Jetzt sind beide in den Fünfzigern, - wird es endlich klappen?

Mein Eindruck:
Als ein Mensch, der sich alters- und erfahrungsmäßig wunderbar mit den beiden Hauptcharakteren identifizieren kann, lässt sich diese Geschichte als quasi Vergangenheitsbewältigung erleben. Die Autorin Julia Karnick beschreibt das Lebensgefühl dieser Zeit(en) auf das Trefflichste. Die Gefühlslagen werden deutlich, die Beweggründe ihrer Charaktere für die Trennung(en) sind klar und nachvollziehbar. Der Schreibstil ist eingängig und das Buch lässt sich dadurch gut und einfach lesen und erfassen. Einzig die Anbiederung an den Zeitgeist kurz vor Schluss führt zu einem "musste das jetzt sein?"-Stöhnen. Denn weder ein - glücklicherweise einziges -Gendersternchen, noch dass unbedingt ein genderfluides Wesen die Szene betreten muss, bringen die Geschichte wirklich voran.

Mein Fazit:
Eine schöne Geschichte einer langjährigen Fast-Liebes-Beziehung

Bewertung vom 22.07.2024
Wolke Sieben ganz nah
Greenwood, Kirsty

Wolke Sieben ganz nah


sehr gut

Einmal Jenseits und zurück

Zum Inhalt:
Nach Delphis Tod trifft sie im Jenseits nicht nur auf eine Dame, die ihr den Übergang erleichtern soll, sondern zusätzlich auf den Mann ihrer Träume, - der leider zurück ins irdische Dasein geschickt wird. Doch dann bekommt Delphi die Chance, ihm zu folgen und - falls sie gewisse Anforderungen erfüllt - mit ihm glücklich bis an ein weiteres Ende ihrer Tage zu leben. Allerdings gestalten sich diese Erfüllung schwieriger als erwartet und einzig ihr verhasster Nachbar bietet sich als Helfer in der Not.

Mein Eindruck:
Es ist wirklich ein großer Spaß zu lesen, wie sich die Feinde in Liebende verwandeln. Dabei gönnt Kirsty vor allen Dingen Delphi immer wieder fast slapstickartige Einlagen, um nicht nur bei ihrem männlichen Partner Schadenfreude zu wecken. Dass Delphi während ihres Ultimatums nicht nur viele Freunde gewinnt, sondern diese auch ihr Glück finden, macht einen Teil der positiven Gefühle aus, welche die Leser während der Lektüre des Buches verspüren. Das Ende kommt dann mit Pauken, Trompeten und Fanfaren, jedoch hätte es mit etwas anderer Richtung vielleicht auch noch unerwartet sein können. Diese Chance wird verpasst, ein schönes Sommerbuch ist "Wolke Sieben ganz nah" jedoch auf jeden Fall!

Mein Fazit:
Einfach einmal wegtauchen... oder -schweben

Bewertung vom 22.07.2024
Signum / Stormland Bd.2
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


weniger gut

Völlig kaputt

Anmerkung: Dieses Buch ist der zweite Teil einer Trilogie und sollte möglichst nach dem ersten gelesen werden, da es viele Verweise auf den Vorgänger gibt (inklusive Erwähnung von verantwortlichen Personen)

Zum Inhalt:
Julia muss sich eingestehen, dass sie mehr von Kim erhofft, als der zu geben bereit zu sein scheint. Dabei hat er nur ganz spezielle Sorgen, da er einerseits den Arzt entführt hat, der ihn als Kind gefoltert hat und sich gleichzeitig um Astrid kümmert, die in "Refugium" ihre Eltern verloren hat. Wie das mit dem Jonglieren so ist, fällt irgendwann ein Ball und löst eine Kettenreaktion aus, die irgendwann auch bei Julias Exmann die Alarmglocken klingeln lässt. Und dieser ist bei der Polizei...

Mein Eindruck:
War das erste Buch noch ein spannender Krimi, bei dem man über Motiv und Täter grübeln konnte, sieht man hier viele sehr spezielle Typen mit sehr speziellen Macken, die sich mit einem sehr speziellen Problem herumärgern müssen. Die Glaubwürdigkeit bleibt dabei dermaßen auf der Strecke, dass man sich die Augen verwundert reibt, aber nicht aus dem Albtraum erwacht. Eine vierzehnjährige (in Worten VIERZEHN!!), die - wohlbehütet aufgezogen - jetzt völlig abgebrüht und ohne Gewissensbisse manipuliert, abzockt und über Leichen geht; von diversen unglaublichen sonstigen Fähigkeiten ganz zu schweigen. Eine davor gesetzestreue Ex-Polizistin, die sich - wahrscheinlich im Überschwang der Hormone - nicht nur mit Kleinigkeiten wie Drogenmissbrauch abgibt, sondern ihr Wissen nutzt, um sehr viel schlimmere Delikte straffrei zu begehen. Und - last but not least - der Quotenpolitiker von rechts (momentan in Schwedenkrimis scheinbar unabdingbar), der in einem Nebenstrang das abgrundtief Böse verkörpert. Die einzigen Lichtblicke bilden die leichten Sprengsel von schwarzem Humor in Gestalt einer alten Freundin Julias und dem, der durch eine Form von Autismus (ähnlich wie bei Saga Norén in der Serie "Die Brücke") bei Kim zu Tage tritt.
Vielleicht sollte man dieses Buch als Sandwich zwischen einem guten ersten und hoffentlich guten dritten Teil betrachten. So lässt es einen relativ sprachlos zurück.

Mein Fazit:
Eine absolut unerwartete Enttäuschung

Bewertung vom 22.07.2024
Ein Mann zum Vergraben
Casale, Alexia

Ein Mann zum Vergraben


ausgezeichnet

Gartenpflege

Zum Inhalt:
Während des Lockdowns teilen einige Frauen ein Problem: Die schlagenden Argumente ihrer Männer vervielfachen sich und führen letztendlich zu deren Ableben. Die Damen reagieren so, wie man es in England meistens tut, - sie gründen einen Club. Danach beratschlagen sie, wie sie ihre Männer nicht nur verschwinden lassen, sondern dieses Verschwinden auch noch plausibel erklären und damit straffrei aus ihrem Dilemma kommen können.

Mein Eindruck:
Gekonnt verarbeitet die Autorin ihre Erfahrungen mit misshandelten Frauen und schüttet diesen Schatz nicht in eine Grube, sondern in ein Buch mit viel schwarzem Humor. Dabei schafft sie es, die Handlungen der Frauen nachvollziehbar und folgerichtig zu gestalten, ohne Selbstjustiz, Notwehr und Mord zu bagatellisieren. Selbst moralisch gefestigte Menschen drücken den Damen die Daumen, dass ihre Taten unentdeckt bleiben und erfahren, warum es so schwer sein kann, sich aus toxischen Beziehungen zu lösen. Chapeau!

Mein Fazit:
Für Freunde des tiefgründigen schwarzen Humors. Und für Gartenliebhaber;-)