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Lettersalad
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Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
12
Bewertung vom 25.07.2011
Schnee im April
Cha, Aly

Schnee im April


sehr gut

Ganze fünf Generationen prägen dieses Buch, angefangen im späten 19. Jahrhundert bis in die 1970er Jahre hinein. Die sechsjährige Yuki ist die jüngste aus dieser Frauengeneration, die in einer stürmischen, verschneiten Nacht mit ihrer Mutter Miho von Tokyo nach Osaka reist. Ziel ist das Haus von Mihos Mutter sowie Yukis Großmutter, Asako. Das Verhältnis zwischen Miho und Asako ist äußerst angespannt und unterkühlt, sodass Miho ihre schlafende Tochter ihrer Mutter nur übergibt und dann sofort wieder verschwindet. Ziellos, wie es zunächst scheint. Yuki soll bis zum Frühling bei ihrer Großmutter bleiben. Im April, wenn es noch einmal schneit, d.h. wenn die Kirschblütenblätter von den Bäumen fallen, dann kommt Miho zurück und holt sie, um gemeinsam nach Amerika zu reisen. So hat es Yukis Mutter ihr versprochen.
Die kleine Yuki gewann mit ihrer kindlich klugen und neugierigen Art sofort mein Herz und auch ihre Großmutter Asako, die sich wirklich aufopfernd um ihre (eigentlich doch gänzlich fremde) Enkelin kümmert, hat mich stark beeindruckt. Ganz so, also ob Asako bei ihrer Enkelin etwas gut machen möchte, dass ihr bei ihrer Tochter Miho nicht gelungen ist. Und genau das erfährt der Leser nun auf den nachkommenden knapp vierhundert Seiten.

Es folgt ein Zeitsprung, etwa achtzig Jahre zurück auf eine kleine, ärmliche Fischerinsel in der Kansai-Region. Dort lebt die kleine Michiko mit ihrer Mutter Chiyo, ihrem Vater und ihren drei Geschwistern. Mit Chiyo beginnt diese Familiensaga von fünf Frauen, die in ihrem Leben unglaublich viel ertragen und erleiden mussten, dabei niemals die Hoffnung verlieren und immer auf das große Glück und vor allem auf die große Liebe hoffen. Hunger, Leid, Elend, Zwang, Armut, Krieg und familiäre Gewalt aber auch die Liebe und das Pflichtgefühl gegenüber den eigenen Vorkommen sowie zum eigenen Land und der jahrhundertlangen japanischen Tradition sind die tragenden Säulen dieses Romans.
Ganz wie die Figuren selber, sah auch ich mich das ein oder andere Mal mit unfassbaren Situationen und schmerzlichen Tatsachen aus dem Leben der Frauen konfrontiert, insbesondere wenn ich mich mit Aussagen auseinandersetzen musste, wie:

Schließlich musste sie ihre Kinder ernähren, von denen eines ihr heimlicher Feind war.
S. 117

Der Autorin ist es gelungen, eine äußerst authentische Atomsphäre zu schaffen, glaubwürdige sowie liebenswürdige Charaktere einzubinden und dabei stets verständlich auf die japanische Mentalität sowie Tradition zurückzugreifen und dem Leser näher zu bringen. Wenn ein Begriff dennoch Schwierigkeiten bereitete, half sofort das Glossar am Ende des Buches weiter, in dem sämtliche Begriffe wie Daikan, Mochi oder Taisetsu nochmals erläutert werden.
Nicht nur das Schicksal dieser Frauengenerationen und deren Töchter, sondern auch das ihrer Ehe-männer spielt im Verlauf des Buches eine entscheidende Rolle. Denn auch den Männern ist an mancher Stelle das Schicksal nicht gut geheißen und sie sehen sich dem Zorn des Staates oder ihres eigenen Vaters ausgesetzt. Das dann aber auch die Lebensgeschichten des Gemüsehändlers um die Ecke oder der Hotelköchin ausführlicher beschrieben wurden, zog für mich die Geschichte jedoch ein wenig zu sehr in die Länge und bremsten den Lesefluss leicht aus.
Doch davon abgesehen ist Aly Cha mit Schnee im April wirklich ein außergewöhnlicher Roman gelungen, indem sie vor allem durch die von ihr erschaffenen Charaktere sehr überzeugend das traditionelle Japan mit dem Japan der Moderne verbunden hat.

Bewertung vom 12.07.2011
Wer schön sein will, muss sterben
Jaffe, Michele

Wer schön sein will, muss sterben


sehr gut

Jane ist das beliebteste Mädchen der Schule; von den Jungs begehrt, von den Mädchen beneidet und zudem noch stinkreich. Kurz: sie hat eigentlich alles, was ein Teenager sich wünschen kann. Zwei beste Freundinnen, die mit ihr durch Dick und Dünn gehen, einen Musiker-Freund, der der coolste Typ der Schule ist und noch einen guten Kumpel, mit dem Jane stundenlang über ihr größtes Hobby, die Fotografie reden kann. Durch diese geschaffene Glamourwelt liest sich das Buch daher zunächst wie eine Neuauflage von Clueless oder OC California. Jane ist trotzdem eine ganz angenehme Protagonistin, auch wenn sie sehr oft diese jugendliche Naivität an den Tag legt und zeitweilen doch sehr oberflächlich eingestellt ist. Unter der Fassade brodelt es jedoch, denn seit dem Tod ihres Vaters musste Jane so einiges verdauen.

Einen Umzug, einen Schulwechsel, das Ende ihrer ersten Beziehung zu einem Jungen, der Verlust ihrer besten Freundin, woran Jane nicht ganz unschuldig ist und nun die Tatsache, dass jemand versucht hat, Jane umzubringen. Sie erwacht im Krankenhaus, schwer verletzt, zeitweilig gelähmt und leidet unter völliger Amnesie. Sie weiß nur das, was ihr ihre Familie, ihre Freunde und die Ärzte sowie Polizeibeamten ihr erzählen: Sie wurde frontal von einem Auto erfasst und in einen Rosenbusch geschleudert, wo sie wenig später gefunden wurde. Zunächst gehen alle von einem Unfall aus, doch als im Krankenhaus merkwürdige Dinge geschehen, ist Jane immer überzeugter, dass jemand versucht hat, sie umzubringen. Schmierereien auf dem Spiegel im Badezimmer, kuriose Geschenke und bedrohliche Telefonanrufe sorgen dafür, dass Jane langsam ihre Erinnerungen zurückbekommt. Aber sie sorgen auch dafür, dass Jane erkennt, dass sie selber womöglich einer glitzernden Scheinwelt gelebt hat und dass nicht alle ihrer Bewunderer ihre Freunde sind und es gut mit ihr meinen. Doch würde wirklich jemand so weit gehen, Jane so sehr hassen, dass er oder sie Jane kaltblütig umbringen würde?

In meinen Augen bringt das Buch alles mit, was einen wirklich guten Jugendthriller ausmacht. Spannung, eine abgerundete Story und teils wirklich gruselige Details, die Jane schlussendlich dazu bringen, jeden aus ihrem Umfeld zu verdächtigen. Wie Jane in ihrer Opferrolle dargestellt wurde, hat mir sehr gefallen und auch wie sie langsam beginnt an sich selber und an ihrem Verstand zu zweifeln, fand ich sehr authentisch und nachvollziehbar dargestellt. Nicht ganz so gelungen fand ich einige ihrer Gedankengänge, vorrangig zu Beginn des Buches. Sie wirkt doch sehr selbstverliebt und lebt in dem Glauben, der Mittelpunkt der Welt zu sein. Alle Menschen bewundern Jane und sind ihre Freunde und daher ist es natürlich völlig ausgeschlossen, dass jemand ihr etwas antun wollen könnte. Zudem scheint sie sich nach dem „Unfall“ mehr Gedanken um ihr Aussehen, als um die Tatsache zu machen, dass sie fast gestorben wäre, gelähmt ist und womöglich nie mehr laufen kann. Für mein Empfinden wirkte sie da einfach zu unbekümmert bzw. dümmlich; Verdrängungstaktik und Posttraumatische Bewältigung hin oder her.

Der Autorin ist es gelungen, sehr geschickt, genau im richtigen Maße und für den Leser zunächst sehr undurchsichtig immer weitere Details in die Story einzubauen und somit dem Abend des Unfalls langsam Konturen zu verleihen. Es werden nicht allzu viele Personen eingebaut, aber trotzdem genug, um das Ratespiel immer am Laufen zu halten. Gerade, als ich mich auf einen möglichen Täter festgelegt hatte, kamen mir doch wieder Zweifel und ich wurde unsicher. Dass das Buch in so einem neureichen Umfeld voller Party, Prada und Porsche spielt, war zunächst etwas befremdlich, aber dann gewöhnte ich mich doch recht schnell daran. Das Ende hätte noch ein wenig umfangreicher sein können, aber ich denke Jane hat im Verlauf der knapp 450 Seiten wirklich genug durchleben und erfahren müssen, sodass ich über das Fehlen einer kurzen Bemerkung über den Verbleib der ein oder anderen Nebenfigur hinwegsehen kann.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2010
Ascheherz
Blazon, Nina

Ascheherz


ausgezeichnet

Mein erster Gedanke, als ich das Buch neu in den Händen hielt, war: Mhhh, das Cover kommt mir doch bekannt vor. Nach etwas Zeit der Überlegung wusste ich auch, woher: Das Schweigen der Lämmer. Wer nun aber denkt, dass Ascheherz auch nur in irgendeiner Form mit dem Kinoklassiker in Verbindung steht, der täuscht sich. Bis auf die sehr ähnliche Grafik als Cover haben die beiden absolut nichts gemein.

Protagonistin in Ascheherz ist Summer, eine junge Frau, die aus unerklärlichen Gründen ihr Gedächtnis verloren hat und sich nun mit einem Job als Schauspielerin über Wasser hält. In ihren Träumen jedoch erinnert sich Summer immer wieder an kleine Geschehnisse aus ihrer Vergangenheit und wird des Weiteren von einer dunklen Gestalt verfolgt, die sich Blutmann nennt.

Zunächst begegnet er Summer nur in ihren Träumen, doch dann entdeckt sie den Blutmann in der ersten Reihe ihres Theaters. Lebendig, mit einem Schwert in der Hand und völlig in Schwarz gehüllt. Summer tut das, was sie ihrer Meinung nach auch am besten kann: sie flieht und nimmt eine neue Gestalt an. Sie ist unheimlich geschickt darin, ihre Mitmenschen zu täuschen und ihnen ohne zu Zögern glaubhafte Lügen aufzutischen.

Aber auch ihre Fähigkeit, Sprachen und Dialekte in Windeseile zu erlernen helfen ihr immer wieder dabei, woanders ein neues Leben zu beginnen. Während ihrer Flucht lernt sie Anzej kennen, der aus einer völlig anderen Zeit zu stammen scheint. Trotzdem fühlt sich Summer von ihm gleichermaßen angezogen wie verängstigt, denn sie scheint nicht die einzige zu sein, die Geheimnisse hat. Zusammen fliehen sie in das Nordland, doch der Blutsmann ist ihnen dicht auf den Fersen.

Summer beginnt sich an ihr früheres Leben zu erinnern und begreift langsam, dass sie und der Blutsmann eine gemeinsame Vergangenheit haben, das Anzej nicht der ist, für den sie ihn gehalten hat und dass sie selber gar nicht Summer ist, ein Mädchen aus Fleisch und Blut. Warum nur spürt Summer sonst weder Kälte, noch Hunger oder Müdigkeit? Sie macht sich auf die Suche nach ihrem frühren Ich und stellt erschreckend fest, das sie in ihrer Vergangenheit den Menschen, den sie am meisten geliebt hat, hintergangen hat, selber jedoch ebenfalls schwer getäuscht und verletzt wurde.

Sie hat eine letzte Chance sich und alle Anderen zu rehabilitieren und an ihrem Peiniger Rache zu üben, doch müsste sie dafür mit einem äußerst hohen Preis bezahlen. Summer steht vor der großen Entscheidung: Schwarz oder Weiß, Leben oder Tot, Liebe oder Vergeltung, Mensch oder Zorya.

Das Buch ist spannend von der ersten Seite an, wo der Leser durch ein äußerst lebendiges Theaterstück in die Geschichte hineingezogen wird. Der Charakter von Summer wirkt zunächst etwas undurchsichtig, was aber nicht sonderlich verwundert, schließlich weiß sie selber nicht mehr, wer sie wirklich ist. Nach und nach werden Fantasy Elemente in die Geschichte hineingebaut, bis der Leser schließlich in eine vollkommen andere Welt versinkt.

Parallel zu diesem Buch, höre ich von derselben Autorin „Totenbraut“ und muss deutlich hervorheben, das Ascheherz um Längen besser ist! Alleine die Beschreibung der Personen und der stellenweise richtig poetische Schreibstil, machen Ascheherz zu einem echten Leseerlebnis- auch für Nicht-Fantasyfans. Der Plot ist extrem gut durchdacht und nur ganz wenige Unstimmigkeiten haben sich eingeschlichen (Bsp. Anzej kennt Strom, aber kein Feuerzeug?)

Das Buch ist ein echter Pageturner, denn die Geschichte von Summer schließt den Leser wirklich in ihren Bann. Alle Fragen werden zum Schluss beantwortet und die Geschichte schließt in sich wunderbar ab. Neben den erwähnten Fantasy Elementen, kommen auch die Liebe, Vertrauen und Verrat nicht zu kurz, welche Ascheherz zu einem echten Fantasy Highlight zum Jahresbeginn 2011 werden lassen dürften.

5 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

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