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Benutzername: 
Uli Geißler
Wohnort: 
Fürth/Bay.

Bewertungen

Insgesamt 768 Bewertungen
Bewertung vom 11.01.2019
Hasenjagd / Kommissar Linna Bd.6
Kepler, Lars

Hasenjagd / Kommissar Linna Bd.6


sehr gut

Schwedischer Sherlock Holmes jagt brutales Mörder-Kaninchen

Der in Stockholm eine Gefängnisstrafe absitzende Ex-Polizist wird in einen Mordfall höchster Priorität und Geheimhaltung hineingezogen. Er soll aufgrund seiner immer noch geschätzten Kompetenz den Fall der brutalen Tötung des Außenministers aufklären helfen und könnte als Entgegenkommen der Strafverfolgungsbehörde dadurch früher aus der Haft entlassen werden.

Der ursprünglich terroristisch vermutete Anschlag erweist sich schnell als die doch falsche Fährte. Schon bei der Beerdigung des Politikers geschieht der nächste Mord. Gemeinsam mit der beim Geheimdienst tätigen Saga Bauer kommt Joona Linna, dem bald klar wird, dass weitere Morde geplant sind, schließlich dem brutalen Serientäter auf die Spur. Die Verbindung der einzelnen Morde unterstreicht die Tatsache, dass allen bisherigen Opfern stets ein Kinderlied „Ten Rabbits“ vorgespielt wurde.

In einigen Strecken vor allem im mittleren Teil des Thrillers braucht es unangemessen lange, bis sich die Spannung wieder steigert bzw. die Geschichte vorankommt. Eventuell ist das dem parallelen Schreiben der hinter dem Pseudonym steckenden Autoren-Paar geschuldet, denn man hat manchmal das Gefühl, es gibt zwei Erzählstränge, wobei je einer von der Autorin und einer vom Autor verfasst werden und manchmal etwas bemüht miteinander verbunden sind.

Trotzdem erfüllt das Buch den hohen Anspruch eines Thrillers und sorgt mit einem empathischen Ermittler, interessanten Tathergängen und abwechslungsreichen Wendungen sowie der sich gut verdichtenden Schlusssequenz letztlich doch für ausreichend Spannung und Lesemotivation. © Uli Geißler, Fürth/Bay.

Bewertung vom 12.12.2018
Sherlock Holmes (Spiel)

Sherlock Holmes (Spiel)


sehr gut

Spielerische Kriminalgeschichte

Eines der berühmtesten, wenngleich auch schon geradezu literarisch-historischen Ermittler-Paare sind wohl Sherlock Holmes und sein treuer Helfer Dr. Watson des Autors Sir Arthur Conan Doyle. Im viktorianischen England angesiedelt und verfolgen hauptsächlich ihren gerissenen und kriminellen Widersacher Professor Moriarty.

In dem spannenden Zwei-Personen-Spiel von Diego Ibánez sammelt Holmes nach einem verübten Anschlag anhand von Hinweiskarten Indizien und Spuren, welche zum Täter führen. Dazu braucht man Lupen, die dann beim Kontakt mit Informanden eingesetzt werden. Es fällt nicht immer leicht, sich für den richtigen der insgesamt 8 anfangs verdeckt aus einem Pool von 10 ausgewählten Tipp-Geber zu entscheiden und die eigene Figur zur Befragung und Nutzung der Fähigkeiten von Informanden auf die betreffende Karte zu stellen.
Diese Personen werden täglich, also nach jeder dreischrittigen Spielrunde, mehr. Allerdings weiß man nie, welche Informanden im Spielverlauf noch zutage treten. Gelegentlich tauchen sie aber auch wieder in der Versenkung ab und legen eine Denkpause ein. Das tun sie, wenn ihre Dienste von beiden Parteien in Anspruch genommen wurden.

Der vermeintliche Täter versucht seinerseits nach Möglichkeit aufkommende Spuren zu verschleiern und zu verwischen. Unterschiedliche Anzahlen von Hinweisen in den Kategorien der Indizien wie beispielsweise Fingerabdrücke, Gegenstände (Zigarettenstummel) u. ä. sorgen dafür, dass man zusehen muss, in welchem Bereich man am besten die Mehrheiten erlangt, um die möglichen Siegpunkte für sich zu gewinnen. Manchmal sorgt ein „Joker“ sogar für den Ausschlag.

Wer schließlich am Ende die meisten Punkte durch das Sammeln entsprechender Hinweise erlangen konnte, gewinnt den spielerischen Wettstreit.

Etwas unerwartet ist, dass es sich bei dem Spiel keineswegs um ein reines Denk- oder Kombinationsspiel handelt, was ob der Thematik zu erwarten wäre. Vielmehr ist es ein Mehrheiten-Sammelspiel. Dennoch tut das dem Spielvergnügen keinen Abbruch, denn schnell entsteht nicht zuletzt aufgrund der stimmigen Illustrationen von Pedro Soto die passende Atmosphäre.

Immer wieder entstehen neue Situationen, welche variables Handeln erfordern und man sich für das weitere Vorgehen neu entscheiden und einstellen muss. Dabei bleibt stets eine gewisse Unsicherheit, ob man das Richtige tut. Trotz dieses gewissen Glücksanteils im Spiel bleibt der Spielreiz hoch und es macht Spaß. Nach einigen Partien bieten Varianten neue Spielmöglichkeiten.

Die einfachen Spielregeln sorgen für einen guten Einstieg und die angenehme halbstündige Spieldauer animieren zum Wiederholungsspiel. Dem Autor ist ein gut funktionierendes und ausreichend spannendes schönes Spiel gelungen, welches von Redaktion, Grafik und Verlag gut umgesetzt wurde.
© Uli Geißler, Fürth/Bay.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.11.2018
Nürnberg Satirisches Handgepäck
Regenauer, Bernd

Nürnberg Satirisches Handgepäck


sehr gut

Witzige Ansichten und hintersinnige Hinweise zur Frankenmetropole

Stadtführer suggerieren bisweilen, eine vollständige Darstellung einer Stadt zu sein. Wer gewissermaßen all das abarbeitet, was geschrieben steht, hat die Stadt gesehen und in ihrer Gesamtheit erlebt.
Das satirische Handgepäck bietet nun ergänzend zu all den historischen, sachlichen, kulturellen und sicher richtigen Beschreibungen ganz neue Sichtweisen und Informationen zu und über die besuchte Stadt.

Wer die üblichen und sicher wichtigen Sehenswürdigkeiten erläutert bekommen möchte, ist mit diesem Büchlein falsch ausgestattet. Auch wer seriöse und sachliche Hintergrundschilderungen zur Bedeutung oder zu den Menschen in der Stadt sucht, wäre falsch beraten, sich mit dem handlichen kleinen Büchlein auszustatten.

Wer aber in lockerer, sehr subjektiver und teilweise frech-kritischer Weise etwas über die Frankenmetropole erfahren möchte und das von einem profunden und inzwischen erkennbar assimilierten Zugereisten, der ist mit Bernd Regenauers Handgepäck gut ausgestattet.

Überwiegend in lesbaren Deutsch – nicht lesbare in drastischem Dialekt formulierte Einwürfe oder Zitate sind in der Regel im Folgetext erläutert oder erschließen sich aus dem Zusammenhang – beschreibt der Autor die versteckten Eigenheiten aus den Gassen und Häusern oder von den Menschen der Stadt und des näheren Umlands.

Klar, dass es in Franken Tipps zu Bier, Bartwürsten und Schäufele gibt, aber es sind eben nicht nur die kulinarischen Schmankerl, die Nürnberg ausmachen.

In einer jegliches Zeitgefühl oder Abfahrtszeiten der Reisebusse oder des Bahnfahrplans vergessen lassender Beschaulichkeit nimmt einen der Autor mit auf eine nicht geringe Strecke quer durch die ganze Stadt. Vielleicht sollte man sich von der Kompaktheit des Büchleins nicht in die Leistungsirre verleiten lassen, die auf dem kleinen Wegeplan auf der Innenseite angezeigte Route zu den beschriebenen Wegpunkten womöglich an einem Tag abzulaufen. Das ist schwerlich möglich, will man sich auf Orte, Menschen, kulinarische Highlights, die Kultur und einfach die Menschen ausreichend erlebbar einlassen.

Durchhaltevermögen ist trotz der lockeren Schreibe des Autor vonnöten und auch die Zufuhr von Speisen und Getränken, welche immer wieder das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, muss leiblich verarbeitet werden vom Wurst-Durst über das Chocolot, die Kloster-Bar und weitere Nahrungsergänzungsorte.

Erkenntnisreich ist auch, etwas über die einzelnen Stadtteile zu erfahren, Entstehung, Entwicklung, Gegenwart oder sogar Perspektive.

Eingestreute Original-Zitate von in der Regel unbekannteren Originalen sowie eine ganze Reihe fotografischer Einsichten und Ansichten oder auch mal eine Informationskasten mit Adressen oder touristischen Hinweisen bereichern den in Teilen übrigens auch – über einen QR-Code im Internet aufrufbar – vom Autor vorgelesenen Text.

Das Buch ist auf jeden Fall eine gelungene Ergänzung zum allgegenwärtigen touristisch aufbereiteten Informationsmaterial und für manche Zeitgenossinnen und –genossen der lebenslustigen Arte reicht das vollkommen. © Uli Geißler, Fürth

Bewertung vom 02.11.2018
Schmerzensgeld / Gesellschaft für unkonventionelle Maßnahmen Bd.1
Opoczynski, Michael

Schmerzensgeld / Gesellschaft für unkonventionelle Maßnahmen Bd.1


gut

Kriminalistik der etwas anderen Art
Schon die Erwähnung des ungewöhnlichen Ermittlerteams mit der Bezeichnung „Gesellschaft für unkonventionelle Maßnahmen“ reizt zum Weiterlesen. Vermutet man hinter so einem Namen zunächst vielleicht eine engagierte Clique eines kindlichen Detektivclubs zeigt der Autor schnell auf, dass die vermeintliche Unbedeutsamkeit Prinzip der gnadenlosen Spezialeinheit ist.

Geprellte Bankkunden einer kleine Bank wurden durch die Machenschaften skrupelloser Banker um ihr Vermögen gebracht. Da wird eines Tages der vermeintlich sicher und luxuriös lebenden Hauptverantwortlichen direkt von der Haustür weg entführt und die Rache der Gerechtigkeit nimmt ihren Lauf.

Was viele Menschen, Bankkundinnen und –kunden vornehmlich, oftmals machtlos empfinden und hinnehmen müssen, erfährt in diesem spannenden und aufgrund der doch ganz anderen Art der Verfolgung Krimineller außergewöhnlichen Roman zumindest eine fiktive Ahndung und genugtuende Gerechtigkeit.

Die Geschichte entfaltet in stetem Spannungsanstieg die bisweilen sicher nicht ganz regelkonforme Vorgehensweise der Sondereinheit der Polizei. Allerdings wird nicht ganz klar, ob diese Gruppe tatsächlich rechtens ist. Ihre Recherche- und Wirkungserfolge allerdings erbringen allerdings zufriedenstellende Ergebnisse.

Der Text ist leicht zu lesen, ausreichend spannend, wenngleich kein Thriller. Man kann den Entwicklungen gut folgen, da das Tempo der Geschichte eher gemäßigt daherkommt. © Uli Geißler, Fürth/Bay.

Bewertung vom 31.10.2018
Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21
Ani, Friedrich

Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21


gut

Rettende Verlorenheit

Ermittler Tabor Süden, früher Polizist und nun als Privatdetektiv tätig wird von seinem Autor auf Vermisstenfälle angesetzt. Dieses durchaus immer mal wieder genutzte Rollen-Klischee für Thriller-Protagonisten ist Ausgangspunkt dieses Kriminalromans.

Man erfährt, dass der Vermisstensucher aufgrund des Verlustes eines Mitarbeiters während eines früheren Einsatzes längst mit Ermittlungen jeder Art abgeschlossen hatte. Irgendwie hatte er auch schon mit dem eigenen Leben abgeschlossen und wollte wohl selbst in die Unsichtbarkeit verschwinden, ohne dabei eine Vermissung, wie die Ausgangslage verschwundener Menschen in seinem Berufsfeld bezeichnet wird, zu erzeugen.

Dennoch lässt sich der verunsicherte Menschensucher auf einen neuen Fall ein, welcher – wie es sich im Verlauf der Geschichte dann immer wieder einmal zeigt – eine Reihe eigener Erlebensparallelen aufweist. Süden soll den verschwundenen Autor Cornelius Hallig finden, der als Georg Ulrich Kriminalromane schreibt.

In schnörkelloser und doch mitnehmender Sprache entwickelt Friedrich Ani nun eine zweigleisige Geschichte, welche über zahlreiche Weichen und Zusammenführungen schließlich zu einer geradezu melancholisch-düsteren Erzählung des Abschieds von Tabor Süden verschmelzen. Wenig geschieht in dieser Geschichte der Einsamkeiten, vielmehr ist sie getragen von der Empathie des Protagonisten für den gesuchten Seelenverwandten. Die das Leben der Figuren beschreibenden Reflexionen und erkennbaren Parallelen berühren trotz des etwas traurig stimmenden Plots ausreichend und motivieren niveauvoll zum Weiterlesen.

Auch wenn es sich um ein sprachlich ausgereiftes Werk handelt, ist das Buch wahrlich kein Kriminalroman, vielmehr eine hoffnungslose Lebensreflexion zweier Verlorener, die durch Zufall einander trafen.

© Uli Geißler, Fürth/Bay.

Bewertung vom 17.09.2018
Frischluftvergiftung bei minus 20 Grad
Tiuraniemi, Siina

Frischluftvergiftung bei minus 20 Grad


sehr gut

Student lebt zufällig Nächstenliebe

Der etwas „verpeilte“ und Kontaktscheue Student Miska soll auf Bitten seiner in Urlaub befindlichen Mutter deren ältere Cousine Birgitta im Pflegeheim zu besuchen. Auch wenn er genervt von dieser mütterlichen Anweisung keine Motivation verspürt, das zu tun, geht er dennoch hin und ist geschockt und überrascht zugleich. Aufgrund ihres Alkoholismus mussten der alten Dame beide Beine abgenommen werden und so sitzt sie maulend und wenig freundliche im Rollstuhl und wünscht sich lediglich Drogen oder Alkohol von dem jungen Besucher, für welche sie ihm allerdings letztlich all ihr Geld anbietet.

Das geht allerdings gegen die Ehre des jungen Studenten und leicht autistischen Antriebsarmen Mann. Trotzdem besorgte er Blumen und lässt auch einen fast zufällig in seiner Jackentasche entdeckten Joint bei der entfernten Verwandten.

Missmutig und doch angeregt durch den provozierenden Charme von Birgitta muss Miska auch noch hinnehmen, dass sein Mitbewohner und guter Freund sich nur noch für seine neue Flamme Emma zu interessieren scheint, welche plötzlich auch noch als Mitbewohnerin der vormals Zweier-WG Ansprüche stellt. Krasse zwischenmenschliche Spannungen sind die zwangsläufige Folge.

Als wären der Probleme und Nerv-Aspekte nicht genug, gibt es aufgrund der sich ausdehnenden Forderungen aus dem Umfeld Birgittas nach weiteren „Unterstützungen“ in Form berauschender oder betäubender Mittel oder auch nach etwas richtigem zu Essen wie einer guten Fleischwurst sowie den Kontakt zum völlig überdrehten schwulen Schauspieler Tauto weitere Anforderungen und Stressfaktoren für Miska.

Die Geschichte spricht gelungen und in einer lockeren Sprache formuliert an, begeistert durch witzige und ungewöhnliche Ereignisse und die etwas verrückt-schrägen Figuren. Daneben ploppen oft verdrängte oder aus dem Blick befindliche moralethische Themen wie selbst entschiedener Drogenkonsum zur Heilung oder auch Lebensverkürzung auf.

Kein Highlight der Literatur, aber eine lesenwerte und auch zum Nachdenken anregende Geschichte aus dem Alltag der – sicher außergewöhnlich dargestellten – nicht nur finnischen Gesellschaft.

© Uli Geißler, Fürth/Bay.