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Stage Reptiles
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Holzkirchen
Über mich: 
Bücherwurm, Musikliebhaber, Filmeseher. Bunt gemischt in sehr vielen Genres unterwegs. www.stage-reptiles.com

Bewertungen

Insgesamt 12 Bewertungen
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Bewertung vom 02.11.2019
Unter Wölfen / Isaak Rubinstein Bd.1
Beer, Alex

Unter Wölfen / Isaak Rubinstein Bd.1


ausgezeichnet

Nürnberg in der Hochzeit des Naziregimes. Mit klaren, kalten Worten beschreibt Alex Beer die Stimmung der Stadt, die Angst der Verfolgten und den Übermut der Machthabenden. Es ist 1942 in der fränkischen Metropole und Beer nimmt den Leser mit in eine grauenvolle Zeit voll von Angst und irrwitzigen Regelungen - die man mal genauer lesen sollte. In Nebensätzen tauchen sie auf: Der Jude darf nicht vor 15 Uhr einkaufen, der Jude darf kein Radio hören, keine Zeitung lesen, der Jude darf nichts. Er wird als habgierig und listig beschrieben, mit kalten Augen, einem verräterischen Herz, ohne Moral. Ein Mahnmal, eine Erinnerung, die durch die Autorin lebendig wird. Schnell wird der Leser in die damalige Zeit hineingezogen und spürt die immense psychische Belastung, den Druck, die Beklemmung in jedem Handeln, die Angst vor der Willkür einer selbsternannten Macht. 

Als Rubinstein biblisch wie ein Schaf unter die Wölfe geschickt wird, stößt man ihn in ein eiskaltes Gewässer. Schwimm oder stirb, so mag Exfreundin Clara sich denken, die den Protagonisten nicht ein Wort über die Mission verrät. Isaak kann sich nicht vorbereiten muss nur mitspielen und hat Angst. Diese überträgt sich auf den Leser. Schafft es der Gesuchte sich zu verstellen, eine Rolle zu spielen, der er nicht gewachsen ist? Findet er immer zur richtigen Zeit einen Ausweg, eine Antwort, eine Ausflucht, um sich selbst zu retten? Als alles gut zu werden scheint, greift Beer noch einmal ein, natürlich kann es nicht gut gehen, kann es nicht mit so wenigen Problemen voranschreiten und der Plan des Widerstandes aufgehen. Nichts war einfach 1942 und Beer schönt gar nichts, faselt nicht, verkünstelt sich nicht in einer wildromantischen Liaison, sondern vermischt knallharte Fakten mit einer fiktiven Geschichte, die ohne Romantik auskommen muss. 

Alex Beer ist nicht umsonst mehrfach für ihre Romane ausgezeichnet worden. Sie hat eine klare Sprache, einen tollen Schreibstil und entführt den Leser in die Zeit des Naziregimes mit allen Schrecken und Hoffnungen. Die Autorin lässt Geschichte lebendig werden und gibt den Unterdrückten eine Stimme, die mahnend bis zur letzten Seite spricht.

Bewertung vom 01.11.2019
Winter in der Häschenschule / Die Häschenschule Bd.5
Sixtus, Albert

Winter in der Häschenschule / Die Häschenschule Bd.5


ausgezeichnet

Hasenhans und Hasengretchen haben Winterferien - und da gibt es jede Menge zu tun. Der Weihnachtsmann kommt, Geschenke auspacken, mit den neuen Sachen spielen, Skifahren, Schneeballschlacht - würden die Ferien nur ewig dauern!

Albert Sixtus hat 1922 mit der Häschenschule ein bezauberndes Kinderbuch für die Ewigkeit geschrieben. In nur einer Nacht entstanden die 14 Verse zum ersten Hasenbuch, das Generationen begeisterte. Die beiden Hasenkinder erleben im ersten Buch ihre Schulzeit und Ostern in einer idyllischen Umwelt und verhalten sich dabei wie Schulkinder das eben tun. Mit kleinen Streichen und auch ein bisschen Ungehorsam. Gezeichnet wurden sie von Fritz Koch-Gotha, der einen wundervollen Stil hatte und den Leser entführen konnte in diese Welt der Unbeschwertheit. Leider hat die Zusammenarbeit, obwohl mehrfach gewünscht, keine Fortsetzung gefunden. Sixtus war ein sehr produktiver Kinderbuchautor, der mit der Häschenschule einen wahren Durchbruch feiern konnte. Warum weitere gemeinsame Projekte nicht verwirklicht wurden, ist unklar. Die vorliegenden Verse sind vermutlich aus den Jahren 1927 bis 1929 und genau zur richtigen Zeit erstveröffentlicht worden.

Es ist ein glücklicher Zufall, dass man im Nachlass das Original der beiden Fortsetzungen fand: Der Häschenspaziergang und Winter in der Häschenschule. Während der Spaziergang nie als wirklich Fortsetzung gesehen wurde, da der Illustrator Richard Heinrich einen ganz eigenen Stil hatte, kann nun der Winter als echte Weiterführung angesehen werden. Hasenhans und Hasengretel erleben eine unbeschwerte Zeit im Winter und machen das, was Kinder tun sollten: Die Zeit und die Natur genießen, mit Freunden und der Familie. Dabei wird auf das Wert gelegt, was Kinder in den 1920er Jahren eben so getan haben - und auch heute noch tun, ohne Handy, Computer und Fernseher, ein unbeschwertes, glückliches Leben. Die Verse sind einfach geschrieben, eingängig und mit viel Liebe und Verständnis für Kinder.

Ein tolles Buch für die Kleinen und Großen, für Alt und Jung, zum Vorlesen und selber Lesen. Für die Häschenschule ist man niemals zu alt!

Illustratorin Julia Walther hat die Bilder dazu entworfen und dabei nicht versucht Koch-Gotha zu kopieren, aber auch nicht einen fremdartigen Stil eingebracht, der nicht zu den Versen passt.

In diesem Jahr sollte die Häschenschule unter dem Weihnachtsbaum liegen und wird bestimmt die ganze Familie begeistern. Eine absolute Kauf- und Leseempfehlung!

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