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isaba
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Insgesamt 69 Bewertungen
Bewertung vom 04.10.2024
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


ausgezeichnet

Vier Gewinnt
„Wohnverwandtschaften“ von Isabel Bogdan ist ein humorvoller, herzerwärmender Roman, der mit großer Leichtigkeit die großen Themen des Lebens behandelt. Die Autorin zeigt dem Leser, wie unverhoffte Zusammenleben neue Bindungen und überraschende Herausforderungen schaffen können.

Schon der Titel lässt an die „Wahlverwandtschaften“ von Goethe denken, und tatsächlich trifft dieser Gedanke ins Schwarze. Die vier Hauptfiguren, die zusammen eine WG bilden, wirken anfangs grundverschieden, doch schnell entwickeln sie eine tiefe emotionale Verbundenheit, die sie durch Höhen und Tiefen tragen wird. Da ist Constanze, die junge Zahnärztin, die mit einem ungeliebten weißen Klavier in die WG kommt, Murat, der leidenschaftliche Koch mit türkischen Wurzeln, Anke, die Schauspielerin, die auf ihren großen Durchbruch wartet, und Jörg, der ältere Abenteurer, dem die Wohnung gehört.

Bogdan schafft es, jede Figur auf ihre ganz eigene Art lebendig und liebenswert zu machen. Besonders berührend ist die Schilderung des Zusammenlebens – das gemeinsame Kochen, das Kennenlernen und die entstehenden Freundschaften. Der WG-Alltag wird hier nicht romantisiert, sondern als das gezeigt, was er ist: Eine Mischung aus Nähe und Konflikten, die das Leben bunter, aber auch manchmal schwieriger machen.

Ein herausragendes Element des Romans ist Bogdans Schreibstil. Mit leichter Hand und viel Feingefühl lässt sie die Leser tief in das Seelenleben ihrer Figuren blicken. Die Dialoge sind lebendig und voller Humor, und oft streut sie treffende Zitate ein, die den Leser zum Schmunzeln bringen. Trotz aller Leichtigkeit bleiben auch die ernsten Momente nicht aus. Die Geschichte wird intensiver, als Jörg einen Schicksalsschlag erleidet.

Die emotionale Tiefe der Beziehungen, die im Laufe der Handlung entstehen, ist der Fokus in diesem Roman. Isabel Bogdan erzählt meisterhaft von den kleinen und großen Momenten im Leben. Die Freundschaften der Charaktere wachsen nicht nur organisch, sondern sind auch geprägt von Wärme und einer gewissen Melancholie, die das Buch trotz humorvoller Passagen erdet.


Isabel Bogdans „Wohnverwandtschaften“ ist ein wunderbar lebensnaher Roman, der von Freundschaft, Neuanfängen und den unvorhersehbaren Wendungen des Alltags erzählt. Mit ihren vielschichtigen Figuren und ihrem einfühlsamen, humorvollen Schreibstil hat sie ein Buch geschaffen, das den Leser tief berührt und zum Lachen bringt. Absolut empfehlenswert für alle, die Geschichten über das Besondere im Normalen lieben.

Bewertung vom 06.09.2024
Haig, Matt

Die Unmöglichkeit des Lebens


ausgezeichnet

Matt Haig bezaubert
In "Die Unmöglichkeit des Lebens" von Matt Haig beweist dieser einmal mehr sein Gespür für ungewöhnliche Geschichten und besondere Figuren, die im Gedächtnis bleiben.

Im Mittelpunkt steht die pensionierte Mathematiklehrerin Grace, eine Frau in ihren Siebzigern, die unerwartet ein Haus auf Ibiza erbt. Nachdem ihre ehemalige Bekannte Christina verstorben ist, reist Grace spontan auf die Insel, um herauszufinden, warum gerade sie das kleine Anwesen geerbt hat. Während ihres Aufenthalts entdeckt sie jedoch nicht nur Geheimnisse aus Christinas Leben, sondern auch eine magische Facette, die ihr Leben für immer verändern könnte. Sie lernt nach und nach die Personen und Orte aus Christinas Leben kennen und findet im Laufe ihrer Reise darüber hinaus heraus, was wirklich zählt.

Was an diesem Buch besonders fasziniert, ist die tiefgründige und gefühlvolle Erzählweise des Autors. Matt Haig schafft es hervorragend, Graces innere Welt darzustellen: Ihre Einsamkeit, ihre Fragen über ihr Schicksal, ihre Schicksalsschläge und die Ungewissheit, die vor ihr liegt. Grace ist eine authentische und sympathische Figur, die trotz ihrer Schwächen und Unsicherheiten eine besondere Stärke ausstrahlt. Sie wirkt nahbar und realistisch und feinfühlig, was es dem Leser leicht macht, ihr auf ihrer Reise emotional zu folgen.

Die Kulisse Ibizas, die toll und detailliert und mit pulsierendem Leben beschrieben wird, steht im spannenden Kontrast zu Graces innerer Gefühlswelt. Der Autor beschreibt die Insel auf eine Weise, die das Gefühl von Freiheit und Entdeckung vermittelt. Die Magie, die Grace im Laufe der Geschichte aufdeckt, fügt eine zusätzliche Dimension hinzu und verleiht der Handlung eine magisch und auch sehr symbolische Bedeutung.


"Die Unmöglichkeit des Lebens" ist ein berührendes und zauberhaftes Buch über das Loslassen, die Kraft von Erinnerungen und die Magie, die sich in den unerwartetsten Momenten des Lebens offenbaren kann. Matt Haig beweist einmal mehr seinen herausragenden Erzählstil, so dass ich auch dieses neuste Werk von ihm wärmstens empfehlen kann.

Bewertung vom 16.08.2024
Aichner, Bernhard

Yoko / Die Rache Bd.1


sehr gut

Racheengel
Dies war mein erster Roman von Bernhard Aichner und meine Erwartungen wurden voll erfüllt. "Yoko" ist ein rasanter und actionreicher Thriller, der in einem Rutsch durchgesuchtet werden kann.

Die Titelheldin Yoko ist DAS nette Mädchen von nebenan, das sich eine kleines Business mit einer Glückskeks-Manufaktur aufgebaut hat und nach einem ruhigen und entspannten Leben zusammen mit ihrer Freundin Maren sucht. Als sie eine Lieferung in einem chinesischen Restaurant zustellt, wird sie Zeugin einer brutalen Tierquälerei. Sie stellt die Täter zur Rede und wird daraufhin selbst zum Opfer. Mit äußerster Brutalität gehen die Männer vor und lassen sie nach der Tat hilflos im Wald zurück. Yoko´s bisheriges Leben ist vorbei, sie fühlt pure Wut und statt sich in die Hände der Polizei zu begeben, schwört sie Rache auf eigene Faust.

Am Auffallendsten für mich war in dieser Veröffentlichung der Schreibstil des Autors. Er schreibt sehr klar und distanziert und dennoch emphatisch aus Yokos Perspektive und trifft damit eine schwierige Balance, die das Buch zu einem echten Pageturner macht. Man verfolgt als unbeteiligter Beobachter den Rachefeldzug von Yoko und ist doch sehr nah an ihrer Seite. Die Story ist wendungsreich und doch gradlinig, die Charaktere sind zum Teil sehr "platt", Yoko selbst jedoch ist sehr differenziert gezeichnet.

Ein wenig Abzug muss ich für die Logik der Story vergeben. DIe chinesische Mafia wird nach meiner Ansicht als sehr stupide dargestellt. Ein solches kriminelles Imperium aufzubauen, erfordert eine gewisse Cleverness und Weitsicht und die fehlt allen Opfern von Yoko auf ganzer Linie. Das war mir etwas zu unrealistisch.

Dennoch hatte ich spannende und kurzweilige Lesestunden und kann diesen Thriller von Bernhard Aichner allen Fans von actionreichen Plots guten Gewissens ans Herz legen.

Bewertung vom 06.06.2024
Phillips, Julia

Cascadia


ausgezeichnet

Philosophisch und berührend
"Cascadia"... schon der Titel dieses Buches ist sehr besonders und zusammen mit dem wunderschönen Cover ein echter Blickfang im Bücherregal. Julia Phillips hat eine schöne und klare Geschichte über zwei Schwestern geschrieben, die unterschiedlich mit den Herausforderungen des Lebens umgehen.

Sam und Elena leben in ärmlichen Verhältnissen nahe der kanadischen Grenze und verbringen ihre Zeit ausschließlich damit, Geld zu verdienen, um über die Runden zu kommen und ihre kranke Mutter pflegen zu können. Sie sind einander sehr nah und träumen davon, nach dem Tod der Mutter ein besseres Leben anderswo aufbauen zu können. Doch ein eigentlich außerhalb seines Lebensraums auftauchender Bär bringt das Leben der beiden Schwestern durcheinander.

Was zunächst skurril anmutet, ist erstaunlich leise, klar und philosophisch. Die beiden Schwestern sind sehr unterschiedlich und reagieren entsprechend verschieden auf das Erscheinen des Bären. Elena, die Verantwortungsvolle, fühlt sich angezogen von dem Tier, während Sam, die Rebellische, damit nicht gut umgehen kann. Der Bär bringt die Schwestern auseinander.

Hauptsächlich liest man die Geschichte aus der Sicht Sams, die in der dritten Person erzählt. Dennoch ist die Erzählweise klar und beobachtend und zieht sich ruhig dahin. Dieser besondere Schreibstil passt wunderbar zu der Grundidee der Geschichte. Wofür stehen die Schwestern? Und was repräsentiert der Bär? Welche Parabel und welche Moral wird hier thematisiert? Dies möge jeder bei der Lektüre für sich selbst beantworten, denn genau in diesen verschiedenen Möglichkeiten der Interpretation liegt die Stärke des Buches.

Ich habe die Geschichte sehr genossen, der Stil, die besondere Grundidee und das wunderschön detailliert beschriebene Setting greifen hervorragend ineinander. Eine klare Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 21.05.2024
Fölck, Romy

Das Licht in den Birken


sehr gut

Sommerwohlfühlbuch
"Das Licht in den Birken" ist ein purer Sommer-Sonne-Ferien Wohlfühlroman von Romy Fölck, den man ohne viel Anspannung nebenbei "weglesen" kann.

Die Geschichte spielt irgendwo in der Lüneburger Heide. Hier lebt der alternde Griesgram Benno, der sein Leben einem Gnadenhof für Tiere widmet, doch wegen ausbleibender Spenden immer stärker in finanzielle Existenznot gerät. Benno vermietet ein Haus auf dem Hof aus Geldnot an Thea, die Jahre nach ihrer Flucht vor familiären Sorgen nach Portugal nun in ihre norddeutsche Heimat zurückkehrt und Bennos Einsiederdasein ordentlich aufmischt. Schlussendlich komplettiert Juli das Trio. Die gerade Volljährige will nach Amsterdam wandern, verletzt sich jedoch den Knöchel und strandet so auf Bennos Hof.

Die drei ungleichen "Gestrandeten" haben so ihre Problemchen miteinander, die sie jedoch auch dank vieler glücklicher Wendungen nach und nach lösen können.

Romy Fölck versteht es wunderbar, die Figuren sehr plastisch zu zeichnen und so hat man die Geschichte leicht vor dem inneren Auge. Bisher hat sich die Autorin offenbar eher auf Krimis fokussiert, ich habe sie jedoch durch "Die Rückkehr der Kraniche" kennen gelernt, welches mir richtig gut gefallen hat und das in eine ähnliche erzählerische Kerbe schlägt.

Einen kleinen Abzug gebe ich, weil für meinen Geschmack ein wenig zu deutlich Stereotypen verwendet werden und das Leben der drei Hauptfiguren zuerst zu schlimm und dann zu schön ist, um wahr zu sein. Vieles fügt sich etwas zu leicht und die großen Sorgen und auch die großen Differenzen lösen sich in Wohlgefallen auf. Ich vermute jedoch, dass die Autorin es im Grunde genau darauf angelegt hat und ganz bewusst eine schöne leichte Wohlfühlgeschichte schreiben wollte.

Ein klein wenig mehr Spannung hätte es für meinen Geschmack dennoch sein können und für mich kommt "Das Licht zwischen den Birken" nicht ganz an "Die Rückkehr der Kraniche" heran. Ich empfehle die Geschichte dennoch allen, die sich entspannt mit einem schönen Buch in die Sommersonne legen möchten.

Bewertung vom 13.03.2024
Mahn, Mirrianne

Issa


ausgezeichnet

Suche nach Heimat
Wohin gehöre ich? Was macht mich aus? Das sind die Fragen, die "Issa" im gleichnamigen Roman von Mirrianne Mahn für sich zu beantworten versucht.

Issa wurde in Kamerun geboren und lebt seit Ihrem 5. Lebensjahr mit ihrer Mutter in Deutschland. Als sie schwanger wird, fliegt sie auf Drängen ihrer Mutter nach Kamerun zu Ihrer Familie, um dort mithilfe verschiedener Rituale eine gute Schwangerschaft und gute Geburt zu erreichen. Noch auf dem Hinflug fühlt sich sehr ihrer kamerunischen Kultur sehr entwöhnt. Dies ändert sich jedoch bald, als sie bei Ihrer Großmutter eintrifft und bemerkt, wie wohl sie sich nun fühlt. So gerät der Besuch zur Suche nach Identität und Selbstbehauptung in einer Welt, in der sie sich nirgends wirklich zugehörig fühlt.

Parallel zu Issas Erfahrungen und einigen Erzählungen zu ihrem Leben in Deutschland erfährt der Lesende auch mehr aus dem Leben der vorherigen Generationen: Beginnend im Jahr 1903 lernt man die Ur-Oma kennen und verfolgt die Leben mehrerer Generationen der Frauen in Issa´s Familie.

Anhand dieser Erzählstränge erlebt man die Entwicklung Kameruns in den Zeiten der Kolonialmächte und zweier Weltkriege. Durch die Perspektive der Figuren werden Themen wie die Vielehe, Patriachart, Gewalt gegenüber Kindern und Frauen und nicht zuletzt Rassismus zu zentralen Elementen der Geschichte.

Die Stärke der Figuren hat mich sehr begeistert. Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil, der für mich perfekt zu der Protagonistin passt, die aus der Ich-Perspektive von ihrer Reise erzählt. So ist die Sprache manchmal seicht, aber immer authentisch und emotional. Auch die Ahninnen der Hauptfiguren werden schön gezeichnet und nehmen die Leserschaft mit in ihre Erlebnisse.

Mirrianne Mahn hat in ihrem wunderbaren Roman alles geliefert, was ich beim Lesen des Klappentextes erwartet hatte. Ich habe begeistert vom Leben von 5 Generationen von Frauen in Kamerun gelesen, die mit aller Stärke jedem schwierigen Umstand entgegentreten. Ein hervorragendes Buch, dass ich auf jeden Fall weiter empfehlen werde.

Bewertung vom 28.01.2024
Attia , Peter

OUTLIVE


ausgezeichnet

Gesunde Langlebigkeit
Mit "Outlive" ist dem amerikanischen Mediziner Dr. Peter Attia ein wirklich hervorragendes populärwissenschaftliches Werk zum Thema Langlebigkeit geglückt.
Auf den ersten Blick sind über 600 Seiten für ein medizinisches Buch für Laien recht erschlagend, aber es lohnt sich, dennoch einzusteigen.

Das Buch erläutert zunächst das Grundprinzip der "Medizin 3.0". Diese Medizin ist vor allem präventiv orientiert, will also verhindern, dass Krankheiten entstehen bzw. die Krankheit zumindest verzögern. Danach werden die 4 Hauptkrankheitsbilder des ungesunden Lebensstils genauer betrachtet: Diabetes Typ 2, Krebs, Alzheimer, kardiologische Erkrankungen. Hier beleuchtet der Autor, warum Menschen an diesen Krankheiten leiden und wann man seiner Meinung nach ansetzen sollte, um dem Entstehen entgegenzuwirken. Im letzten Drittel geht es dann konkret darum, was jeder tun kann, um mit höherer Wahrscheinlichkeit gesund zu altern. Die Stellschrauben dafür sind Bewegung, Ernährung, Schlaf und seelische Gesundheit.

Alle Kapitel finden eine tolle Balance zwischen medizinischem Fachwissen und Anekdoten aus dem Leben und beruflichen Praxis des Autors. Man fliegt nur so durch die Seiten. Alles ist verständlich und gut nachvollziehbar. Vor allem die ersten Kapitel befeuern ein wenig das persönliche schlechte Gewissen, denn man kann immer mehr für die eigene Gesundheit tun. Im letzten Teil wird es dann wieder etwas positiver , weil der Autor gut vermittelt, was man konkret tun kann, um sein persönliches Risiko zu minimieren, egal, wie alt man ist oder wo man im Bereich Bewegung und Ernährung gerade steht.

Dieses Buch empfehle ich einfach jedem. Jeder sollte sich ein wenig mit den Vorgängen im Körper befassen, um möglichst lange ein lebenswertes gesundes Leben führen zu können. Hier kommt Spannung und Wissen zusammen, so dass Medizin 3.0 für jeden ein Begriff werden sollte.

Bewertung vom 03.12.2023
Dalcher, Christina

VITA


ausgezeichnet

Christina Dalcher legt mit "Vita" einen philosophischen Roman vor, der sich mit der moralischen Fragen rund um die Todesstrafe beschäftigt.

Staatsanwältin Justine ist erbitterte Gegnerin der Todesstrafe und versucht, diese abzuschaffen. Entscheidend trägt sie zu einer Änderung des Gesetzes bei, in dem Staatsanwälte mit dem Leben zahlen, sollte ein vollstrecktes Todesurteil sich im Nachhinein als falsch herausstellen. Nach einem schlimmen Schicksalsschal fordert sie aus ihrer Trauer heraus selbst die Todesstrafe und sieht sich mit ihrem Gewissen konfrontiert, als tatsächlich Beweise für die Unschuld des Angeklagten auftauchen.

Die Geschichte ist aus der Sicht von Justine geschrieben, zwischendurch werden Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit eingestreut, die ihre Entwicklung verdeutlichen und so ihr gegenwärtiges Handeln nachvollziehbar machen. Darüber hinaus erfährt man nach und nach das "Geständnis" des von ihr zum Tode verurteilten Jake. Mit diesen Schriftstück wird das ganze Drama der Geschehnisse nach und nach aufgedeckt.

Der Spannungsbogen ist durch diesen Sprung zwischen den Personen und Zeiten durchweg hoch. Die Figuren sind authentisch und nachvollziehbar dargestellt. Hier und da sind sie etwas stereotyp, jedoch tut das der Geschichte für mich keinen Abbruch.

Der Stoff des Buches ist relativ schwer und manche Szenen sind sehr drastisch. Diese sind jedoch wichtig, um die Kernfrage zu verstehen und zum Nachdenken aufgerufen zu werden. Ich war von Kapitel zu Kapitel zunehmend begeistert und habe mich vom Sog der Geschichte mitreißen lassen. Christina Dalcher hat es hervorragend geschafft, die moralischen Fragen rund um die Todesstrafe auf den Punkt zu veranschaulichen.

Für mich ein echtes 5-Sterne Highlight.

Bewertung vom 23.10.2023
Haller, Elias

Rotkäppchen lügt


gut

Wolf und seine Rotkäppchen
Elias Haller liefert mit "Rotkäppchen lügt" einen Thriller, der die Idee eines Mörders nach Rotkäppchen-Vorbild abliefert.

Ein Killer, der in kurzer Folge viele Menschen auf grausamste Art und Weise abschlachtet. Eine LKA Beamtin, die in den eigenen Reihen ermittelt und frei von Empathie auch vor den einflussreichsten Gegnern nicht Halt macht. Eine bissige LKA-Beamtin der Mordkommission und ihr Chef, die vor lauter Morden nicht hinterherkommen. Ein Serienkiller, zu dem diese Morde passen, der aber schon seit Jahren in der JVA einsitzt. So beginnt Teil 1 des Dreiteilers mit hohem Erzähltempo.

Die Grundidee ist wirklich gut: Eine Mordserie nach Vorbild der Märchen der Gebrüder Grimm. Jedoch wird diese Idee im Buch sehr breit ausgelegt, das Märchen findet sich eigentlich nur in der Tatsache wieder, dass häufig Kinder Opfer sind.

Die Kapitel sind kurz und es finden sehr viele Perspektivwechsel statt. So hält der Autor das Erzähltempo hoch und man fliegt durch die Seiten. Jedoch verliert man so auch schnell den Überblick über den roten Faden und wo die Zusammenhänge überhaupt bestehen. Die Morde werden zum Teil sehr drastisch beschrieben, das ist nichts für zarte Gemüter. Vor allem, weil die Brutalität auch bei Kindern nicht Halt macht.

Die Charaktere konnten mich nicht begeistern. Sie wirken auf mich stereotyp und flach, zum Teil unsympathisch. Sie handeln unrealistisch: Eine LKA Beamtin würde nicht vor den eigenen Kollegen weglaufen und einfach irgendwie ohne Support alleine irgendwas ermitteln und die Ermittler würden sie wegen eigentlich eindeutiger Beweise schnell entlasten.

Was mich am meisten stört: Das Buch kann nicht allein gelesen werden, weil die Story quasi mittendrin einfach aufhört. Es ist klar, es ist eine Trilogie, jedoch ist bei einer solchen jeder Band in sich lesbar. Hier handelt es sich um eine fortlaufende Geschichte. Das muss man vorher wissen.

Insgesamt eine gute Idee, für mich mittelmäßig umgesetzt, so dass mehr als 3 Sterne leider nicht drin sind.

Bewertung vom 08.10.2023
Jürgensen, Dennis

Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Teil 2 für das tolle Ermittlerduo
Dennis Jürgensen hat mit Lykke Teit und Rudi Lehmann zwei Ermittler geschaffen, die perfekt zueinander passen: Scharfsinning, tiefgründig, humorvoll ermittelt das deutsch-dänische Duo in ihrem zweiten Fall.

Die Story beginnt mit einem Leichenfund in einem alten Berliner Bunker und zunächst völlig ohne Zusammenhang für die Leser wird zudem eine alte Dame grausam ermordet aufgefunden. Rudi Lehmann ist mit letzterem Fall betraut und darf wegen der so erfolgreichen ersten Zusammenarbeit mit ihr Lykke Teit aus Kopenhagen zu den Ermittlungen hinzuziehen. Diesmal spielt die Geschicht zunächst also auf Rudis Terrain und während die beiden sich wieder charmant und humorvoll durch die seltsame Mordserie ermitteln, gewinnt man in den Nebenschauplätzen weitere Eindrücke von den beiden.

Der Fall ist wie schon in Band Eins gekonnt konstruiert und spannend erzählt. Diesmal gewährt der Autor etwas häufiger den Blick aus der Perspektive des Täters, was der Spannung keinen Abbruch tut. Schnell bestätigt sich die Vermutung, dass es sich hier um Nachwehen der Stasi-Zeit handelt. Das Thema ist meines Erachtens ein wenig zu politisch für den "Spirit" des Ermittlerteams. Dennoch schaffen die beiden Hauptfiguren die wundervolle Leichtigkeit auch hier.

Insgesamt sticht die Geschichte für mich (wie schon in Band Eins) nicht so sehr hervor wie die tollen Figuren. Auch hier fällt mir wieder auf, mit wie viel Liebe zum Detail auch Randfiguren gezeichnet sind. Das ist die große Stärke der Geschichte und des Autors. Auch die privaten "Themen" von Lykke und Rudi finde ich interessant, auch wenn diese nicht sehr viel Raum einnehmen. Da diese auch noch nicht zuende erzählt sind, freue ich mich darauf, dass hier offenbar Teil 3 fest eingeplant ist :)

"Taubenschlag" hat insgesamt meine Erwartungen absolut erfüllt, ich hatte Spaß beim Lesen und begleite das Team "Teit und Lehmann" sehr gern weiterhin bei den kommenden Fällen im deutsch-dänischen Grenzgebiet.