Benutzer
Benutzername: 
hamburger.lesemaus
Wohnort: 
Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 507 Bewertungen
Bewertung vom 21.11.2025
Köhler, Hannes

Zehn Bilder einer Liebe


ausgezeichnet

ZEHN BILDER EINER LIEBE
Hannes Köhler
ET: 27.2.25

David und die fast zehn Jahre ältere Luisa führen eine glückliche Beziehung. Louisas Tochter aus erster Ehe, Ronya, bereichert ihr gemeinsames Leben; zu ihr hat David ein inniges Verhältnis. Das Thema Kinderkriegen spielte zwischen ihnen nie eine Rolle. Doch nun schleicht sich bei David der Gedanke ein, selbst noch einmal Vater zu werden – ein eigenes Kind zu erleben, mit all seinen ersten, oft herausfordernden Monaten. Ronya ist bereits im Schulalter, und manchmal nagt in ihm die Angst, Luisa könnte ihm Ronya im Falle einer Trennung entziehen.

Luisa möchte Davids Wunsch erfüllen, doch die ersehnte Schwangerschaft bleibt aus. Die Beziehung gerät ins Straucheln, und als die beiden schließlich eine Kinderwunschklinik aufsuchen, beginnt der unerfüllte Wunsch, immer stärker ihr Leben zu bestimmen.
Die zehn Bilder dieser Liebe zeigen zehn prägnante Momente aus der gemeinsamen Geschichte von Luisa und David. Die Erzählung wechselt zwischen Vergangenheit und Zukunft, lässt beide zu Wort kommen und zeichnet so ein vielschichtiges Bild ihres Miteinanders.

Hannes Köhler liefert keinen gewöhnlichen Liebesroman, sondern ein feinfühliges, eindringliches Porträt eines Paares, das mit Fragen nach Elternschaft, Erwartungen und Nähe ringt. Die Geschichte ist klug beobachtet, zurückhaltend erzählt und dadurch besonders berührend.

Fazit:
Ein beeindruckendes Buch, das mich begleitet, bewegt und zum Nachdenken angeregt hat. Eine klare Leseempfehlung.
5/5

Bewertung vom 18.11.2025
Sommer, Tobias

Wer das Ende verrät


sehr gut

WER DAS ENDE VERRÄT
Tobias Sommer
ET: 21.8.25

In der kleinen Stadt Cruxdorf an der Nordsee führt der Buchhändler Moritz Wendtal ein beschauliches Leben. Täglich sortiert er seine Lieblingsbücher neu, um sie seinen treuen Stammkundinnen und -kunden immer wieder auf andere Weise zu präsentieren. Unterstützung bekommt er von seiner außergewöhnlichen Praktikantin Hilde – über 80, resolut, herzlich und stets bereit zu helfen. Viel zu tun gibt es in der Buchhandlung zwar nicht, doch Wendtal legt großen Wert darauf, dass sich alle bei ihm wohl und wahrgenommen fühlen.

Wenn er gerade nicht mit Büchern beschäftigt ist, hilft er mit großer Leidenschaft seinem Freund Heinrich, dem Dorfpolizisten, bei dessen Ermittlungen. Sein umfangreiches Krimiwissen, das er sich über die Jahre angelesen hat, bringt er mit voller Begeisterung ein.

Als beim Bürgermeister Gerhard Brix eingebrochen wird und man eine mit einem Jagdmesser aufgespießte Tomatensaftdose als Drohung findet, ist Wendtal sofort Feuer und Flamme. Besonders, weil zusätzlich ein Gedichtfragment über Robin Hood im Briefkasten des Opfers auftaucht. Wenige Tage später brennt es in Cruxdorf – und erneut taucht ein mysteriöses Gedicht auf.
Schafft es Wendtal, das Rätsel zu entschlüsseln? Das müsst ihr natürlich selber herausfinden …

Nachdem ich Tobias Sommers „Das gekaufte Leben“ sehr mochte, bin ich gerne mit dem Buchhändler Wendtal auf Spurensuche gegangen. Obwohl Cosy Crime nicht mein bevorzugtes Genre ist, hat mir die Ermittlungsarbeit mit den charmant-eigenwilligen Figuren sehr gefallen. Ein ruhiger, atmosphärischer Roman, den ich vor allem Buchliebhaber*innen und Cosy-Crime-Fans empfehle.
4/5

Bewertung vom 17.11.2025
Schmitt, Caroline

Monstergott


ausgezeichnet

MONSTERGOTT
Caroline Schmidt
ET: 28.8.25

Seit ihrer Geburt gehören die Geschwister Esther und Ben einer Freikirche an. Ihre Eltern zählen zu den Gründern dieser Gemeinschaft – Gott steht für sie über allem.
Beide sind fest eingebunden, leiten die Lobpreisgruppe, singen, musizieren und leben ihren Glauben.

Und doch regt sich in ihnen eine Sehnsucht nach etwas anderem. Der Glaube, der sie einst getragen hat, beginnt sich zu verändern – und mit ihm auch ihr Bild von Gott. Aus kindlicher Hingabe wird ein innerer Konflikt, denn plötzlich schleichen sich Gedanken ein, die in ihrer Welt verboten sind: Lust, Begehren, Zweifel.
Der Pastor predigt Woche für Woche von Reinheit und Versuchung, von Liebe als Werk des Satans – eine Manipulation, die tief in die Köpfe der jungen Menschen eindringt.

Caroline Schmidt hat wieder ein eindrucksvolles und wichtiges Buch geschrieben. Schon Liebewesen hatte mich begeistert, und auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht.
Ihr besonderer Schreibstil, die abwechselnden Perspektiven von Esther und Ben und die ruhige, eindringliche Sprache verleihen Monstergott eine außergewöhnliche Intensität.
Man wird ganz allmählich in die Geschichte hineingezogen – bis man meint, selbst auf der Kirchenbank zu sitzen und dem Pastor zuzuhören.

Selten hat mich ein Buch so viele Emotionen spüren lassen: Wut, Trauer, aber auch Mitgefühl und Hoffnung. Trotz der schweren Themen ist der Ton zart und feinfühlig.

Fazit:
Ein starkes, berührendes Buch über Glauben, Kontrolle und den Wunsch nach Freiheit. Eine klare Leseempfehlung.
4,5/5

Bewertung vom 16.11.2025
Bhatter, Ina

Drei Tage im Schnee


sehr gut

DREI TAGE IM SCHNEE
Ina Bhatter

Hannah ist 30, ausgebrannt und vom Alltag überfordert. Früher hat sie ihre Arbeit geliebt, doch inzwischen hetzt sie nur noch von Termin zu Meeting und wünscht sich nichts sehnlicher, als einfach im Bett liegen zu bleiben. Um dem Stress zu entkommen, mietet sie sich ein Wochenende eine Hütte am See. Anfangs klingt das nach einer idyllischen Auszeit – doch der Schneefall macht alles ein wenig komplizierter.

Dann taucht die sechsjährige Sophie auf, voller Lebensfreude und Lust auf Schneeengel. Schnell entsteht zwischen den beiden eine besondere Verbindung: Hannah lässt sich treiben, baut Iglus, trinkt Kakao und findet Momente der Leichtigkeit. Dabei denkt sie über ihr eigenes Leben nach und reflektiert, was wirklich wichtig ist. Am Ende bleibt ein bisschen die Frage: War alles wirklich so oder nur ein Traum?

„Uns Erwachsenen wäre deutlich mehr geholfen, wenn wir nicht vergessen würden, wie es war, ein Kind zu sein.“ (S.5)

Eine kleine, warme Wintergeschichte über Neuanfänge, Selbstfindung und die Magie, die Kinder ins Leben bringen können. Das Buch liest sich schnell und leicht, ohne dabei oberflächlich zu sein. Wer sich auf eine ruhige, nachdenkliche Geschichte einlassen möchte, gönnt sich eine Wolldecke, eine Tasse Tee und ein paar Stunden Auszeit.

Fazit:
Ein Buch für entspannte Wintertage, das Ruhe schenkt und gleichzeitig Denkanstöße zum Entschleunigen liefert.
3½/5

Bewertung vom 12.11.2025
Kraus, Chris

Die Sonne und die Mond


gut

DIE SONNE UND DIE MOND
Chris Kraus
ET: 20.8.25

Sonja „Sonne“ und Jana – von allen nur „Mond“ genannt – kennen sich seit Kindertagen. Als Jana nach Deggendorf zog, wurden die Mädchen schnell unzertrennlich. Sie teilten nicht nur viele Erinnerungen, sondern auch die schmerzliche Erfahrung, früh ein Elternteil verloren zu haben: Sonne ihren Vater durch Selbstmord, Jana ihre Eltern bei einem Verkehrsunfall. Doch ein Ereignis führte zu einem Bruch, der sie für viele Jahre trennte.

Zehn Jahre später steht Mond, inzwischen eine erfolgreiche Kabarettistin, plötzlich wieder vor Sonne, die heute ein Bestattungsinstitut führt. Sie bittet sie, die Beerdigung ihres Mannes und seiner schwangeren Geliebten zu übernehmen. Sonne weigert sich zunächst, gibt ihrer ehemaligen Freundin schließlich aber nach. Schon bald nimmt Mond wieder einen immer größeren Platz in Sonnens Leben ein – und überschreitet Grenzen, die schon damals zur Entzweihung geführt haben.

Ein Buch, das weit über die Freundschaft von Sonne und Mond hinausgeht.

Der Schreibstil hat mich sehr angesprochen – ruhig, klar und zugleich poetisch, mit feinem schwarzen Humor gespickt. Chris Kraus zeichnet die beiden Frauen mit großem Gespür für ihre Widersprüche und Verletzlichkeiten. Themen wie Verlust, Freundschaft, Loyalität und die Frage nach dem Sinn des Lebens ziehen sich durch die Geschichte, stets begleitet vom Tod, der hier erstaunlich sachlich und unaufgeregt beschrieben wird.

Trotz einiger Längen ist es insgesamt eine kluge und fein erzählte Geschichte über Nähe, Distanz und das, was bleibt.
3,5/5

Bewertung vom 11.11.2025
Dietz, Shari;Dietz, André

Maris Märchen


ausgezeichnet

MARIs MÄRCHEN
Shari & André Dietz
ET: 30.10.25

„Hi, ich bin Mari und ich erzähle euch jetzt mal ein paar Geschichten. Das Besondere daran ist, ich habe sie bisher noch niemandem erzählt, weil ich gar nicht sprechen kann.“

Mari kann nicht sprechen – und doch schenkt sie uns mit diesem Buch ihre Geschichten. Sie hat das Angelman-Syndrom, einen seltenen Gendefekt, aber ihre Eltern verstehen sie und haben ihre Gedanken und Erlebnisse aufgeschrieben.

Doch das Buch enthält nicht nur Maris eigene Geschichte, sondern auch ein paar Märchen, die ein wenig anders sind, als du sie vielleicht kennst. Die Namen der Märchen sind vertraut – DOWNRÖSCHEN, HÄNDIKÄPPCHEN und HUMPELSTILZCHEN – doch die Helden und Menschen darin haben eine Behinderung. Sie sehen anders aus, sind aber keineswegs weniger liebenswert. So erfahren wir etwa, dass Prinzessin Rosi in Downröschen von ihren Untertanen gehänselt wird, nur weil sie anders spricht und manchmal ein Speicheltropfen beim Reden aus dem Mund fällt. Ob die Feen Rosi bei diesem Problem helfen können und was es mit den anderen Märchen auf sich hat, müsst ihr natürlich selbst lesen – es lohnt sich!

Was für ein liebes, einzigartiges und berührendes Buch. Es ist ideal, um schon den Kleinsten zu zeigen, dass Kinder mit Behinderungen genauso wertvoll sind wie alle anderen. Die Sprache der Märchen ist modern, offen und humorvoll – perfekt, um darüber ins Gespräch zu kommen. Saskia Gaymanns liebevolle und witzige Illustrationen runden das Buch wunderbar ab.

Fazit:
Ein Buch mit einer wichtigen Botschaft zum Vorlesen ab 6 Jahren. Ganz große Leseempfehlung!
5/5

Bewertung vom 10.11.2025
Zevin, Gabrielle

Das erstaunliche Leben des A.J. Fikry


sehr gut

DAS ERSTAUNLICHE LEBEN DES A.J. FIKRY
Gabrielle Zevin
ET: 29.8.25
Originalausgabe ET: 1.4.14

A.J. Fikry führt gemeinsam mit seiner Frau eine kleine Buchhandlung auf Alice Island – ein Lebenstraum, der jedoch jäh zerbricht, als sie viel zu früh an Krebs stirbt. Zurück bleibt ein Mann, der nichts mehr vom Leben erwartet und sich bewusst in den Alkohol flüchtet.

Doch zwei Ereignisse verändern alles.
Zuerst verschwindet mitten in der Nacht seine seltene Erstausgabe von Edgar Allan Poe – einst als Altersvorsorge gedacht, nun Symbol seiner letzten Hoffnung. Und dann geschieht etwas, das sein Leben völlig auf den Kopf stellt.
Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten – nur so viel: Dieses zweite Ereignis zwingt A.J., über den Sinn seines Lebens, über Liebe, Verlust und Neuanfang nachzudenken.

Gabrielle Zevin erzählt eine berührende Geschichte über zweite Chancen, über Bücher, Buchhandlungen und die Menschen, die ohne Geschichten nicht leben können. Das erstaunliche Leben des A.J. Fikry ist eine leise, kluge Hommage an das Lesen und an die Magie, mit der Geschichten unsere Welt verändern können.

Fazit:
Ein ruhiges, atmosphärisches und tiefsinniges Buch, das lange nachklingt. Eine Liebeserklärung an das Lesen selbst.
4/5

Bewertung vom 10.11.2025
Szántó, Henrik

Treppe aus Papier


sehr gut

TREPPE AUS PAPIER
Henrik Szántó
ET: 20.8.25

Was wäre, wenn ein Haus eine Geschichte erzählen könnte – was hätte es wohl alles zu berichten? Henrik Szántó gibt diesem Haus eine Stimme, aber nicht nur ihm, sondern auch den Wasserrohren, der Treppe, den Fenstern und all den Dingen, die in so einem Haus zu finden sind.
Und es gibt viel zu erzählen. Das Haus ist über 100 Jahre alt und hat schon viele Mieter kommen und gehen sehen.

Da war zum Beispiel die Familie Thon. Josef Thon war eigentlich Briefträger, aber als die Braunen an die Macht kamen, blühte er auf – über Nacht wurde er wichtig. Seine Tochter Irma freundete sich, eher aus Mangel an Spielgefährten, mit dem jüdischen Mädchen Ruth aus der vierten Etage an. Ruth hatte auf dem Dachboden ein Geheimversteck, und Irma war die Einzige, die davon wusste. Sie hatte versprochen, es niemals zu verraten.

Auch wenn das Haus gern in Erinnerungen schwelgt, gibt es auch in der Gegenwart einiges zu berichten. Nele wohnt heute in Ruths damaliger Wohnung und hat ihre ganz eigenen Sorgen. Das schlimmste aller Probleme: Sie weiß, dass sie ihr Gymnasium wohl nicht schaffen wird. Zum Glück lebt in der ersten Etage die 90-jährige Irma – und die kann ihr für die nächste Geschichtsklausur so einiges erzählen …

Was für eine tolle Idee, ein Haus eine Geschichte erzählen zu lassen! Schon allein das verdient fünf Sterne. Auch die Geschichten zwischen Nele und Irma oder Irma und Ruth konnten mich unglaublich fesseln. Zwischendurch gab es jedoch Passagen, die etwas langatmig oder überladen wirkten.
Ein ungewöhnliches Buch, das ständig zwischen den Zeiten wechselt – manchmal sperrig, dann wieder genial und berührend ist.

Fazit:
Das Buch konnte mich nicht durchgängig überzeugen, ist aber besonders und wird mir sicher noch lange in Erinnerung bleiben. Eine Leseempfehlung für alle, die Geschichten mögen, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verweben – ungewöhnlich, leise und trotzdem voller Wirkung.
3½/5

Bewertung vom 10.11.2025
Schirach, Ferdinand von

Der stille Freund


sehr gut

DER STILLE FREUND
Ferdinand von Schirach
ET: 27.8.25

In vierzehn Geschichten bleibt sich Ferdinand von Schirach treu. Er schreibt über Moral, Schuld, Rache und Gerechtigkeit – aber auch über menschliche Existenz und Vergänglichkeit.
Wir begegnen Menschen, die einst mitten im Leben standen, Berühmten ebenso wie Stillen, vielleicht auch einem Freund des Autors. Jede Geschichte ist anders: Manche haben mich sofort berührt, andere weniger. Eine erschien mir bizarr, andere wiederum faszinierend und tiefgründig. Doch immer gelingt es von Schirach mit seinem präzisen, minimalistischen Stil, Begegnungen so zu schildern, dass sie nachhallen – ohne zu urteilen. Er verbindet, wie so oft, Realität und Fiktion auf meisterhafte Weise.

Manchmal hatte ich das Gefühl, dass die vielen bedeutenden Persönlichkeiten etwas zu präsent waren, und besonders die zweite Geschichte war mir fast zu intellektuell. Dafür gab es aber viele Dialoge und Szenen, die ich unglaublich schön fand. Und ich liebe es, wenn von Schirach plötzlich die Richtung ändert und ein Ende völlig unerwartet kommt.

Lasst euch entführen – nach Afrika, an die Côte d’Azur oder nach Berlin – und begegnet seinen Freunden.
Bildet euch selbst eine Meinung.

Fazit:
Ein weiterer von Schirach mit großen Themen, klugen Gedanken und feinen Zwischentönen.
Ich habe ihn sehr gerne gelesen.
4/5

Bewertung vom 10.11.2025
Biedermann, Nelio

Lázár


sehr gut

LÁZÁR
Nelio Biedermann
ET: 1.9.2025

In seinem Debütroman verbindet Nelio Biedermann die Geschichte seiner ungarischen Familie väterlicherseits mit einer fiktiven Erzählung und schafft so ein eindrucksvolles Porträt zwischen persönlichem Schicksal und europäischer Geschichte.

Die Handlung beginnt um 1900. Sándor von Lázár lebt auf seinem Waldschloss in Südungarn und wird endlich Vater eines langersehnten Stammhalters. Doch Sohn Lajos sieht mit seinen blonden Haaren, der fast durchscheinenden Haut und den wasserblauen Augen so gar nicht nach ihm aus – und die Distanz zwischen Vater und Sohn wird auch nach dem tragischen Suizid der Mutter nicht kleiner.
Doch dieser Verlust bleibt nicht die einzige Prüfung für die Familie.
„Der Wald hat den Vater verschluckt, die Mutter getötet und den Bruder verrückt gemacht.“

Vor dem Hintergrund der politischen Umbrüche – vom Zerfall der Habsburger Monarchie über die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg bis zur anschließenden sowjetischen Herrschaft – entfaltet sich die Geschichte einer Familie, die mit sich, der Schuld und den Veränderungen ihrer Zeit ringt.

Biedermann schreibt mit einer bildreichen, präzisen Sprache, die immer wieder von einem feinen, trockenen Humor durchzogen ist. Das macht das Lesen kurzweilig und zugleich atmosphärisch dicht. Lediglich das Ende konnte mich nicht ganz überzeugen – es wirkte im Vergleich zum Rest des Romans etwas dünn und unausgewogen.

Fazit: Ein sprachlich starkes, eindrucksvoll erzähltes Debüt eines jungen Autors, das mit Tiefe, Atmosphäre und einem Hauch Melancholie überzeugt – ein Buch, das ich sehr gerne gelesen habe.
4/5