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Miro76
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Österreich

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Insgesamt 178 Bewertungen
Bewertung vom 15.06.2025
Gundar-Goshen, Ayelet

Ungebetene Gäste


ausgezeichnet

Wieder einmal bringt uns Ayelet Gunnar-Goshen dazu in die dunklen Ecken zu blicken. Jeder ihrer Roman bietet eine Reise in menschliche Abgründe. Hier beginnt die Szenerie sofort beklemmend. Eine junge Mutter ängstigt sich, weil sie mit einem arabischen Arbeiter allein mit ihrem Kleinkind in der Wohnung ist. Der Arbeiter gibt ihr keinerlei Anlass zur Sorge, doch die junge Frau ist durchdrungen von rassistischen Vorurteilen. Dabei ist es eigentlich ihr kleiner Sohn, der einem Angst macht. Das Kind kontrolliert die Mutter komplett und sie ist überfordert mit den Bedürfnissen ihres Sohnes, dem keine Grenzen gesetzt werden.

Als dieser einen Hammer vom Balkon wirft und dabei einen vorbeilaufenden Teenager am Kopf trifft, entspinnt sich eine Tragödie, bei der mehrere Menschen zu Schaden kommen. Ich fühlte massive Beklemmung bei der Lektüre, doch die Autorin versteht es, mit den Gefühlen zu spielen. Das anfängliche Schweigen der Frau ist natürlich verwerflich, doch dann versucht sie das Richtige zu tun und entlastet den Arbeiter. Der Schaden ist allerdings schon angerichtet. Als Terrorverdächtiger wurde er nicht gut behandelt bei den Verhören und die drei Tage des Schweigens haben Auswirkungen auf die Familie. Die Ehe scheint kaum zu retten und auch das Kind kämpft mit Problemen.

Auch der Neustart in einem anderen Land scheint nicht so recht zu gelingen. Die Probleme und Sorgen verfolgen die Familie genauso, wie die Frage nach Schuld und Sühne. Gut und Böse verschwimmt hier. Die Figuren reüssieren in ihren Grauschattierungen und wirken dadurch sehr lebendig und realitätsgetreu. Immer wieder werden sie gezwungen sich ihren Gespenstern zu stellen. Das macht den Roman sehr eindrücklich.

Ungebetene Gäste ist bestimmt kein schönes Buch, aber definitiv lesenswert. Daher ein klare Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 13.06.2025
Kemp, Kate

Lauter kleine Lügen


gut

Warrah Place, Canberra, 1979. Antonio Moretti wurde ermordet und die Nachbarschaft in der Vorstadt beginnt sofort mit Mutmaßungen. Die Verkehrsinsel in der Straße wird zum Dreh- und Angelpunkt des Vorstadtlebens und für Klatsch und Tratsch. Als Leser*innen wissen wir von Anfang an, wer mit dem Mord etwas zu tun hatte, denn Blut wird weggewaschen und Schrecken liegt in Gesichtern. Doch ist derjenige auch der Mörder?

Die Nachbarschaft versucht sich selbst an Motiven und Theorien, denn die Polizei kommt nicht voran. An vorderster Front versucht Tammy den Fall zu lösen mit dem kleinen Colin an ihrer Seite. Die Kinder wirken fast verwahrlost. Die Eltern kämpfen alle mit ihrem Problemen und kümmern sich kaum um ihren Nachwuchs. Einzig die Single-Mum mit drei Kindern von drei Väter ist immer für sie da. Aber was die Siedlung über sie denkt, kann sie wohl jede*r vorstellen.

Wir haben es hier mit einer Klischeevorstadt zu tun. Der Schein muss gewahrt bleiben, nach außen wirken alle Ehen top, alles andere spielt sich im verborgenen ab. Tammy entdeckt immer wieder Kleinigkeiten, die mit Antonio in Verbindung stehen und in Rückblicken erfahren wir dann, wie es dazu kam. In jedem Haushalt werden Geheimnisse gewahrt und im Zuge der wachsenden Angst vor dem Mörder kommen einige ans Tageslicht. Leider ist das nicht ganz so spannend, wie es sein könnte. Die Erzählung ist ausschweifend und die Geheimnisse sind teilweise gar nicht so interessant. Die ersten Zweidrittel des Buches hätte ruhig etwas straffer und schneller erzählt werden können. Es dauert lange, bis der Roman Fahrt auf nimmt und spannend wird und schlußendlich doch mit einer Überraschung aufwartet.

Eine klare Empfehlung kann ich hier leider nicht aussprechen. Man kann das Buch lesen, verpasst aber auch nicht wirklich was, wenn nicht. Da der Schluss überraschend inspirierend war, vergebe ich 3 Sterne.

Bewertung vom 30.05.2025
Bilkau, Kristine

Halbinsel


sehr gut

Annett erhält einen Anruf aus dem Krankenhaus. Ihre Tochter erlitt einen Schwächeanfall und wurde nach einer Ohnmacht eingeliefert. Um sich zu erholen, zieht sie bei ihrer Mutter an der Nordsee ein. Doch was als Rekonvaleszenz beginnt, wird zu einem kompletten Umbruch. Linn kündigt ihre Wohnung in Berlin, übernimmt einen Teilzeitjob beim Bäcker im Ort und verkriecht sich viel in ihrem Zimmer.

Annett erzählt uns diese Geschichte und sie macht sich natürlich Sorgen um ihre Tochter. Sie sieht sich allerdings auch mit ihrer eigenen Enttäuschung konfrontiert, denn Linn erfüllt ihre Erwartungen nicht. Es war nicht einfach für Annett als Alleinerzieherin, denn Linns Vater ist verstorben, als diese Fünf war. Das Studium der Tochter zu finanzieren, hat ein großes Loch ins Budget gerissen und nun will die Tochter ihren Weg nicht weitergehen.

Ein bisschen kann ich Annett ja verstehen. Doch Annett schafft es, ihre Erwartungen immer wieder in Frage zu stellen. Sie hört die Stimme ihres Mannes, der ihr zu Geduld und Nachsicht rät und kann sich somit selbst in Zaum halten. Dieser kleine Kniff hat mir gut gefallen. Und so nähern sich Mutter und Tochter als Erwachsene langsam an und beginnen jeweils Verständnis für die andere Aufzubringen. Annett lässt sich in die Welt ihrer Tochter einführen, die als für die Umwelt kämpft und dabei auszubrennen droht und Linn beginnt zu verstehen, wie schwer es für Annett war, nachdem sie ihre Liebe verloren hatte.

In leisen Tönen lesen wir hier einen Generationskonflikt, der eher wunschwellig ausgefochten wird und dabei den Horizont beider Frauen erweitert. Das Buch hat keinen Spannungsbogen, es passiert nichts bahnbrechendes und noch ist es eine schöne Geschichte, die aufzeigt, wie gut es sein könnte, wenn man mal versucht das Leben aus der Perspektive des jeweils Anderen zu sehen.

Mich konnte Kristine Bilkau mit dieser Geschichte berühren.

Bewertung vom 30.05.2025
Clark, Polly

Ocean - Gefangen im Blau


sehr gut

Helen hat das Bombenattentat in der Londoner U-Bahn knapp überlebt. Ein Mann, James, hat sie aus den Menschenmassen gezogen. Sie wäre fast erdrückt worden. Dabei hat sie ihr Kind verloren.

Körperlich erholt sie sich rasch, aber sie ist schwer traumatisiert und die Gedanken an ihrem Retter lassen sie nicht los. Sie projiziert alles in ihn. Sie ist sich sicher, dass sie mit ihm ein gutes Leben hätte führen können. Doch Frank, ihr Ehemann gibt nicht auf. Um die Ehe zu retten, kauft er das Segelschiff, auf dem sie sich einst kennenlernten. Die Innisfree wird zum Symbol für ihr Leben; ihre Vergangenheit und ihre Zukunft.

Gemeinsam mit ihrem 12jährigen Sohn und der 16jährigen Pflegetochter machen sie sich auf, um ein neues Leben auf dem Wasser zu beginnen. Es soll sofort eine große Reise werden - sie wollen den Atlantik überqueren, denn das haben sie früher mit der Innisfree nie geschafft.

Das Boot liegt toll in den Wellen, doch die Crew lässt zu wünschen übrig. Die Kinder haben absolut keine Erfahrung auf dem Meer und können Gefahren kein bisschen einschätzen. Ihnen ist wenig bewusst, wie wichtig es ist, sich den Anweisungen unterzuordnen. Sie sind eben Kinder, die vorher noch nie gesegelt sind. Auch die Konflikte zwischen Helen und Frank schwelen weiter und führen zu unnötigen Gefahren. Als Leser*in merkt man sofort, dass das nicht gut gehen kann. Bei einer Atlantiküberquerung müssen sich alle aufeinander verlassen können und hier liegt alles im Argen.

Emotional fand ich diesen Roman sehr grenzwertig. Ich musste ihn sogar eine Weile unterbrechen, weil mir diese ungute Dynamik zwischen den Figuren zu viel wurde. Hier hat sich niemand unter Kontrolle. Alle geben sich ihren niedrigsten Instinkten hin und verletzen sich gegenseitig. Dass sich schlussendlich das Meer gegen sie auflehnt, wirkt fast wie eine Notwendigkeit. Wie die Familie aus diesem Schlammassel rauskommt, wird hier natürlich nicht verraten.

Trotz der ganzen Tragik, fand ich das Buch spannend und so richtig losgelassen hat es mich auch Tage nach der Lektüre noch nicht. Es ist ein Buch, dass in die Abgründe blickt und uns die schlechten Seiten des Menschseins vor Augen hält.

Bewertung vom 23.05.2025
Hall, Clare Leslie

Wie Risse in der Erde


ausgezeichnet

Frank steht vor Gericht und muss sich wegen eines Mordes verantworten. Doch wer ist tot? Und wie ist es dazu gekommen. In Rückblicken lesen wir, wie Frank und Beth ein Paar wurden, obwohl Beth eigentlich einen anderen geliebt hat. Als plötzlich der andere wieder in ihr Leben tritt, beginnt alles aus dem Ruder zu laufen.

Beth fragt sich, ob man zwei Männer gleichzeitig lieben kann und welche Gefühle dringlicher sind. Die stürmische Liebe aus der Jugendzeit, die voller Nostalgie wieder über sie hereinbricht, oder die ruhige und tragende Liebe zu Frank, der Tag für Tag an ihrer Seite ist und alles für sie tun würde.

Beth und Frank mussten einige Schicksalsschläge einstecken, die Risse nicht nur in ihre Ehe brachten, sondern auch in ihre Herzen. Dieser weitere Schicksalsschlag könnte nun alles zerstören, oder alles wieder kitten. Es ist beeindruckend, wie die Autorin hier mit den Lücken spielt, um die Spannung zu erhöhen. Fast atemlos habe ich mich durch die Seiten gelesen, weil ich wissen musste, was hier passiert ist und wie alles so kommen konnte, wie es gekommen ist.

Besonders beeindruckend ist auch die emotionale Tiefe der Figuren. Ihre Zerrissenheit, ihre Sehnsucht und ihre inneren Konflikte sind so eindringlich beschrieben, dass man bis zur letzten Minute mitfiebert. Die Spannung bleibt bis zum Schluss hoch, und die Auflösung überrascht – und bewegt.

Ein emotionales und intensives Drama und zugleich ein packender Thriller. Voller Wendungen, voller Herz, und mit der Frage, was Wahrheit und Gerechtigkeit wirklich bedeuten. Ein echter Pageturner, der mich hervorragend unterhalten hat! Gerne empfehle ich diesen Roman mit 5 Sternen.

Bewertung vom 11.05.2025
Freytag, Anne

Blaues Wunder


ausgezeichnet

Der Chef einer Privatbank hat zu einem Urlaub ins Paradies geladen. Auf seiner Luxusyacht finden sich neben seiner Frau und seinem Sohn, seine beiden engsten Mitarbeiter mit Gattinnen ein. Es wird gemunkelt, es würde Großes ausgehandelt werden und die beiden Kollegen stehen in Konkurrenz. So wird auch von den Ehefrauen erwartet, dieses Spiel mitzuspielen und sich von ihrer besten Seite zu zeigen.

Und es wird ihnen viel abverlangt, denn Walter, der Big Boss hat ein paar hinterhältige Spielchen auf Lager, die die wahren Charaktere der Untergebenen ans Licht bringen sollen. Dabei lässt allerdings auch sein Charakter zu wünschen übrig. Es ist ein narzisstischer, machthungriger Kontrollfreak, dem seine Frau durch einen Ehevertrag komplett ausgeliefert ist. Er droht ihr regelmäßig, lässt seinen Drohungen Taten folgen und seiner "Reue" danach, hochkarätigen Schmuck. Es hat sich einiges angesammelt in den vielen Ehejahren.

Auch die Ehen der anderen beiden Paare bergen ihre Geheimnisse und Anne Freytag versteht es mit Andeutungen zu spielen, die die Spannung auf die Spitze treiben. Schritt für Schritt lässt sie uns hinter die Fassaden blicken und eröffnet uns das Ausmaß der Tragödien.

Die Handlung spielt ausschließlich an vier Tagen auf dieser Yacht und die Autorin erzählt uns die Geschichte abwechselnd aus den Perspektiven der drei Frauen. Das gefällt mir sehr gut, denn die drei Männer sind alle fest der Überzeugung ihre Partnerinnen wären nur schmückendes Beiwerk. Unterschätzt zu werden, war schon oft ein großer Vorteil!

Die Enge auf einem Schiff und keine Möglichkeit für Flucht macht diese vier Tage zu einer Posse, die schlußendlich in einem blauen Wunder mündet. Es kam nicht völlig überraschend, aber doch anders als erwartet.

Mich konnte die Autorin mit diesem Buch hervorragend unterhalten. Mir haben vor allem die Frauen dieser Geschichte gefallen, die schlußendlich doch recht unterschiedlich, sich ihrer Gemeinsamkeiten aber dennoch bewusst sind. Das Buch kann man gut in einem Rutsch lesen und ich könnte mir einen Verfilmung hervorragend vorstellen. Es eignet sich bestens als Urlaubslektüre. Nicht nur wegen dem Setting. Es ist nicht zu kompliziert und spannend von Anfang bis Ende. Ich vergebe gerne 5 Sterne!

Bewertung vom 04.05.2025
Ben Saoud, Amira

Schweben


gut

Mit "Schweben" versetzt uns Amira Ben Saoud in eine Siedlung die von Wäldern umgeben ist. Nach draußen kann man nicht und jeder, der in die Siedlung möchte, darf erschossen werden. Die Grenze wird immer bewacht. Doch es will eh niemand weg und es kommt auch keiner. Die Protagonistin in diesem Buch hat sich einen sonderbaren Job geschaffen. Sie schlüpft in die Rolle anderer Frauen und wird gebucht von Menschen, die noch etwas aufzuarbeiten haben. Mal ist sie eine Tochter, mal eine verlorene Geliebte. Sie passt sich an und verliert sich dabei selbst. Sogar ihren wahren Namen hat sie vergessen, sosehr verinnerlicht sie die jeweilige Rolle. Als ihr bewusst wird, wie sehr sie sich selbst zu verlieren droht, dämmert ihr langsam, dass es Zeit werden könnte, sich eine andere Arbeit zu suchen. Oder ist es dafür längst zu spät? Dieses Spiel mit Identität oder dem Fehlen einer solchen hat mir sehr gut gefallen. Die Protagonistin wird dadurch zu einer sehr interessanten Person. Auf eine schräge Art wirkt es anziehend, wie sie eine Rolle derartig verinnerlicht. Und gleichzeitig spürt man schnell die Gefahr, die davon ausgeht. Der Riss, der sich immer mehr durch ihre Persönlichkeit zieht. Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen, weil es mich so sehr gefesselt hat und bis zur Hälfte war es ein absolutes Highlight für mich. Doch dann wird es immer abstruser, die Handlungen der Protagonistin werden immer schwerer nachvollziehbar und schlußendlich driftet der ganze Roman ins Magische ab. Das Ende war für mich nicht wirklich stimmig und die Botschaft davon, kam bei mir irgendwie nicht an. Wie ich es drehe und wende, ich weiß nicht, was die Autorin damit sagen wollte. Dennoch war es eine lesenswerte Geschichte. Toll geschrieben, mit der nötigen Spannung und mal was ganz anderes. Auch wenn mich dieses Buch nicht ganz überzeugen konnte, bin ich gespannt auf weitere Werke der Autorin.

Bewertung vom 03.05.2025
Schreiber, Constantin

Echnatons Fluch


sehr gut

Nachdem ich den Fall um Kleopatras Grab mit großer Begeistern gelesen hatte, habe ich mich sehr gefreut auf diesen 2. Band. Auch hier verbindet sich ägyptische Mythologie mit einem Kult und einem Kriminalfall.

Theo Costanda versucht in einen Yoga-Retreat zu entspannen, nachdem die Sache mit Kleopatras Grab ein viel größeres Ausmaß angenommen hatte, als erwartet. Doch die Entspannung gelingt nicht so recht, denn auf dem Markt trifft sie auf einige gelb gewandete Personen, die sich auffällig verhalten. Als ihr eine davon im vorgehen auch noch einen Hilferuf zuraunt, übernimmt natürlich die Ermittlerin in ihr.

Sie beginnt Fragen zu stellen und erfährt so von der geheimen Sekte, die dem Sonnengott Aton huldigen. Wer einmal in den Kreis aufgenommen wurde, wird nie wieder gesehen. Klar macht das Theo neugierig!

Auch dieser 2. Fall um die Ermittlerin Costanda hat mir gut gefallen. Das Buch ist spannend, liest sich flüssig und die Handlung wird schnell vorangetrieben. Allerdings hier vielleicht ein bisschen zu schnell. Stellenweise hatte ich das Gefühl, das Buch ist nicht so ganz ausgereift und ein paar Seiten mehr hätten der Geschichte vielleicht gut getan. Im ersten Band wirkt Costanda sehr überlegt in ihrem Handeln, hier kommt alles eher aus dem Bauch heraus und sie begibt sich damit ziemlich in Gefahr.

Allerdings ist das nur eine Kritik am Rande. Auch hier erfahren wir wieder einiges über ägyptische Mythologie - insbesondere über Echnaton, den rebellischen Pharao und wieder haben wir es mit einem schlüssigen Kriminalfall zu tun. Mir hat es gut gefallen und ich freue mich auf einen weitern Band dieser Reihe.

Bewertung vom 01.05.2025
Suter, Martin

Wut und Liebe


ausgezeichnet

Camilla und Noah lieben sich. Eigentlich. Doch Camilla liebt nicht das Leben, das sie mit Noah führt. Sie arbeitet in einem Job, den sie nicht mag um die Brötchen zu verdienen, damit Noah seiner Kunst nachgehen kann, die sich noch nicht so richtig verkauft. Ob der große Durchbruch kommt, steht in den Sternen und Camilla verliert die Geduld. Noch ist sie jung und schön und hat die Chance einen gutbetuchten Mann abzubekommen.

Sie verlässt Noah unter Tränen und krempelt ihr Leben um.

Und Noah versinkt in Tränen, weil für ihn nur Camilla zählt und verliert sich auch ein bisschen im Alkohol. Da tritt Betty in sein Leben, denn alleine trinken macht auch niemanden froh. Betty ist über sechzig, hat vor drei Jahren ihren Mann verloren und ist darüber ziemlich wütend. Er ist zwar an einem Herzinfarkt gestorben, aber dahinter vermutet Betty einen Schuldigen. Der ehemalige Geschäftspartner ihres Mannes soll ihn in den körperlichen Ruin getrieben haben. Eine gewagte Idee soll ihnen beiden helfen.

Wie weit ist Noah bereit zu gehen für seine große Liebe?

Martin Suter hat hier eine tolle Geschichte geschrieben. Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet, aber auch etwas ambivalent. Das macht sie schwer zu durchschauen. Ihre Motive sind nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen und das gibt dem Roman Schwung und Spannung. Wut und Liebe ist ein Buch, das man in einem Rutsch durchlesen kann. Es liest sich locker und entwickelt einen Sog, dem man sich nicht mehr entziehen möchte.

Ich habe nun länger keinen Suter mehr gelesen und weiß nun wieder, warum ich früher so ein Fan seiner Romane war. Da gibt es nun was zum Nachholen für mich. Wut und Liebe konnte mich restlos begeistern und ist ganz klar ein Highlight dieses Bücherjahres.

Bewertung vom 26.04.2025
Hope, Anna

Wo wir uns treffen


sehr gut

Philip Brooke ist nach schwerer Krankheit verstorben und hinterlässt ein herrschaftliches Anwesen mit mehreren Hundert Hektar Grund, drei Kinder und seine Frau Grace. Philip Brooke war kein guter Mensch. In Wahrheit war er ein egozentrischer Mistkerl, dem die Ehe nach wenigen Wochen langweilig wurde und der somit seine Frau nach Strich und Faden betrogen hat. Auch vor ihren Augen.

Seine Kinder haben ihn auch nie wirklich interessiert. Seinen Sohn hat er mit acht Jahren auf ein Eliteinternat geschickt, weil sich das eben so gehört. Mit seiner jüngsten Tochter hatte er kaum eine Beziehung, nur seine älteste Tochter Franny wurde ihm im Alter nahe. Sie ist auf das Anwesen zurückgekehrt, weil ihr Leben in Scherben lang und sie ein Kind erwartete. Sie brauchte eine neue Perspektive und begann das Anwesen zu renaturieren. Damit konnte sie auch Philip begeistern.

Zum Begräbnis kommen alle "nach Hause" und wie es meistens so läuft, werden sie alle wieder zu den Kindern, die sie unter diesem Dach waren. Alte Strukturen kommen wieder zum Vorschein, Gräben brechen auf, Verhaltensmuster werden fast zu Zwängen, doch wenn es hart auf hart kommt, wissen die Geschwister doch wieder, dass Blut dicker ist als Wasser.

Diese Geschichte kommt in sehr leisen Tönen daher und baut sich sehr langsam auf. Es dauert ein wenig, bis man ein Bild von dieser speziellen Familie bekommt. Auch einige interessante Nebenfiguren runden das Gesamtbild ab und bringen wissenswerte Aspekte in die Geschichte ein. Als Überthemen finden wir Klimawandel und Kolonialismus und der Umgang mit beidem wird thematisiert. Ein großes Geheimnis wird gelüftet und bringt auf den letzten Seiten tatsächlich noch Spannung in den Roman.

Mir hat das Buch gut gefallen, obwohl es manchmal etwas langatmig ist. Es ist sehr ausschweifend erzählt und die vielen Naturbeschreibungen muss man auch mögen. Dennoch konnte mich die Autorin mit dieser leisen Geschichte über diese dysfunktionale Familie fesseln und vergebe daher 4 Sterne.