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MelB
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Eppelheim

Bewertungen

Insgesamt 172 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2024
Draschoff, Adrian

Die sieben Türen


ausgezeichnet

"Die Sieben Türen" ist ein wunderschön gestaltetes Buch - Farbe und Design des Covers sind fast mystisch und die Buchstaben des Covers leicht erhoben, was mir immer sehr gut gefällt.
Der Textauszug hat mir schon bei der Leseprobe sehr gut gefallen, das Buch hat dann meine Erwartungen übertroffen.
Es geht um ein Leuchten/Licht, das von einer kleinen Raupe namens Yara (wunderschöner Name!) zu 7 Türen geführt wird.
Hinter den Türen befinden sich die großen Gegenteile des Universums. Wie Angst und Mut, Liebe und Hass, Trauer und Glück, Licht und Dunkelheit, Jetzt und Unendlichkeit, Universum und Nichts und Leben und Tod dargestellt und teilweise erklärt werden, hat mich tief berührt.
Viele Sätze treffen mitten ins Herz beim Lesen und ich musste die eine oder andere Träne vergießen.
Zusammen mit der Raupe und dem Leuchten wird der Lesende durch eine wirklich wunderschöne und berührende Beschreibung dieser Gegenteile geführt, die mich oft nachdenklich gemacht hat. Schaffe ich es selbst, den Hass nicht meine Wege zu leiten und lasse ich genug Liebe zu? Wie ist das mit dem Glück? Bin ich aktiv genug, danach zu suchen oder es zu schaffen? Besonders fasziniert war ich von Jetzt und Unendlichkeit - natürlich weiß ich theoretisch, dass man nur in der Gegenwart leben kann, aber im wahren Leben plant man doch ständig, was jetzt als nächstes kommt oder verharrt wehmütig in Erinnerungen an Vergangenes - beides ist aber nicht in unserer Hand und beides können wir nicht aktiv gestalten.

Besonders schön ist auf jeden Fall auch die graphische Darstellung des Textes. Sowohl mit der Textposition, als auch der Größe wird gespielt, der Text passt sich unfassbar gut den Bildern an (oder umgekehrt), die alle an sich schon wunderschön sind. Direkt nach dem Lesen des Buches habe ich es nochmal durchgeblättert, um den Graphiken die verdiente Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Als Mutter und Tante werde ich das Buch auch mit meinen Kindern und Nichten und Neffen teilen - hier dachte ich vor allem bei Trauer und Glück an sie, das habe ich auf die Art und Weise noch nirgendwo gelesen und es gefällt mir wirklich gut, wie schön es beschrieben wird. Sehr tröstlich! Darüber hinaus wird auch eine Art Daseinsberechtigung aller Menschen durch den Text beschrieben und auf eine besondere Art und Weise der Sinn unserer aller Leben.

Ein Buch, das ich sicher noch öfter durchblättern und lesen werde und das sich auch auf jeden Fall sehr gut zum Verschenken eignet.

Ich kann es klar empfehlen!

Bewertung vom 12.03.2024
Thiele, Markus

Zeit der Schuldigen


ausgezeichnet

Zeit der Schuldigen basiert auf einem wahren Verbrechen. Der Roman dreht sich im Wesentlichen um Recht und Gerechtigkeit. Ne bis in idem - nicht zweimal in derselben Sache - in Deutschland kann ein Mensch, der wegen eines Verbrechens frei gesprochen wurde, nicht erneut dafür belangt werden.
Der Mörder der jungen Nina (ihre Figur basiert auf Frederike von Möhlmann, die im Alter von 17 Jahren einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen ist) wird aufgrund von Verfahrensfehlern frei gesprochen. Viele Jahre später kann er anhand der zum Tatzeitpunkt noch nicht möglichen DNA Analyse eindeutig überführt werden, aber da er freigesprochen wurde, ist dieser Weg verschlossen.
Eine Polizistin mit persönlichen Motiven will ihn zu einem Geständnis bringen.
Die Geschichte spielt in verschiedenen Zeitzonen und der Autor balanciert das virtuous aus. Er beschreibt sowohl die 80er Jahres des letzten Jahrhunderts so authentisch, dass ich streckenweise Ohrwürmer hatte und über Sprache und Kleidung der Protagonisten schmunzeln musste. Eine weitere Stärke sind die wirklich sehr gut verfassten Gerichtsszenen und die klare, aber dennoch bildhafte Sprache. Und die Kapitelüberschriften sind klug und machen neugierig.
Der Roman hatte eine wirklich starke Sogwirkung beim Lesen auf mich - und nur, weil ich das Glück hatte, ihn in einer Leserunde mit Autorenbegleitung zu lesen, habe ich ihn nicht an einem Tag gelesen.
Ich bin absolut begeistert von der Art und Weise, wie aus einer wahren Geschichte ein dichter Roman mit authentischen Figuren entstanden ist und vor allem, wie der Autor den Lesenden dazu bringt, selbst mitzufühlen und sich zu fragen, wie gerecht ist das Recht? Wie würde ich handeln und fühlen?
Die Vielschichtigkeit der Geschichte hat mich begeistert - ich war die ganze Zeit mitten drin und es ist ein absoluter Page-Turner. Ich musste lachen und weinen und habe fassungslos den Kopf geschüttelt und - das ist immer das Beste - die Geschichte hat mich auch nach dem Lesen (bis heute!) nicht los gelassen und ist mir wirklich unter die Haut gegangen.

Ich kann "Zeit der Schuldigen" uneingeschränkt empfehlen - nicht nur True Crime Fans - und es ist bereits jetzt eins meiner absoluten Favoriten in diesem Jahr.