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Igelmanu
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Mülheim

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Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 12.02.2023
Muriel, Oscar de

Der Fluch von Pendle Hill / Frey & McGray Bd.2


sehr gut

»So sollte eine Ermittlung nicht ablaufen: Mit einem flüchtigen Verdächtigen haben wir begonnen, jetzt haben wir zwei.«
»Und wir befinden uns im verfluchten England. Die Lage ist beschissen!«

Edinburgh, 1889. Inspector Adolphus McGray, Schotte mit Leib und Seele und sein aus London versetzter Kollege Ian Frey sind wie Feuer und Wasser, beginnen jedoch langsam, sich aneinander zu gewöhnen. Nach wie vor empfindet Frey aber die Arbeit in der „Kommission zur Aufklärung ungelöster Fälle mit mutmaßlichem Bezug zu Sonderbarem und Geisterhaften“ als Zumutung, während McGray ganz darin aufgeht.
Als in der Neujahrsnacht in der Irrenanstalt eine Krankenschwester ermordet wird und es Gerüchte um Geistererscheinungen und schwarze Magie gibt, machen sich die beiden Ermittler an die Verfolgung des Täters. McGray ist persönlich sehr an der Ergreifung interessiert, denn seine Schwester ist ebenfalls Patientin der Anstalt und obwohl sie seit Jahren kein Wort gesprochen hat, tat sie genau das mit dem Täter kurz vor seiner Flucht.
Die Jagd wird dem ungleichen Team alles abverlangen und führt sie bis zum berüchtigten Pendle Hill in England, um den sich mehr als ein Hexenmythos rankt…

Auch der zweite Fall für Frey & McGray machte mir großen Spaß. Ich mag den Schauplatz, die ganze Atmosphäre der Bücher und nicht zuletzt das Ermittlerduo, deren ständige Auseinandersetzungen herrlich unterhaltsam geschildert werden. Gut gefiel mir auch, dass ein paar Fragen zur Vorgeschichte McGrays beantwortet wurden. Nicht alle, ich hoffe auf weitere Ansatzpunkte im nächsten Fall.
Der Fall war recht temporeich und präsentierte die ein oder andere Überraschung. Natürlich wurde es auch mysteriös und Hexen gab es im Lauf der Handlung reichlich. Ein paar weniger hätten es für meinen Geschmack auch getan, ich bin halt, was die Auflösung angeht, mehr auf der Seite Freys und glaube an wissenschaftliche Erklärungen ;-)

Fazit: Sehr unterhaltsame Ermittler, tolle Atmosphäre und eine spannend-mysteriöse Handlung. Die Reihe verfolge ich gerne weiter.

Bewertung vom 03.02.2023
Mauersberger, Volker

Kalte Wut


ausgezeichnet

»Aber der Mann war tot. Ich habe es genau überprüft. Als ich merkte, dass er tot war, kam Verzweiflung über mich. Ich war es schuld. Hätte ich mich nicht gewehrt, dann wäre alles gut gewesen.«

Gevelsberg, im September 1949. Der Fund eines männlichen Torsos im 20 Kilometer entfernten Wuppertal erschüttert die Bevölkerung. Was das Verbrechen so unfassbar macht ist die Verhaftung der Ehefrau des ermordeten Josef Rinsche. Ellen Rinsche soll ihren Mann getötet und anschließend zerstückelt haben, um die Leichenteile zu beseitigen.
Sie gesteht die Tat, gibt aber an, aus Notwehr, Angst und Verzweiflung gehandelt zu haben. Glauben wird ihr das niemand…

Der Journalist Volker Mauersberger hat sich hier eines historischen Kriminalfalls angenommen und ihn anhand von Polizei- und Prozessakten nachgezeichnet. Dieser Bericht erschüttert zutiefst. Schlimmer noch als die Tötung erscheint das Zerlegen des Leichnams im ehelichen Schlafzimmer. Wenn Ellen beschreibt, wie sie die einzelnen Teile verpackt und in einem Kinderwagen abtransportiert, packt einen das kalte Grausen. Wie kann ein Mensch zu einer solchen Tat fähig sein?

Auch der Antwort auf diese Frage widmet sich das Buch und wenn man das Leben von Ellen Rinsche verfolgt, ahnt man, was in ihr vorgegangen ist und was sie antrieb. Obwohl die Nachbarschaft wusste, was ihr Mann ihr mit schöner Regelmäßigkeit antat, lebte diese misshandelte Frau in der Überzeugung, völlig auf sich allein gestellt zu sein. Es ist tragisch, aber vermutlich hatte sie mit dieser Annahme sogar recht, der Blick auf die Volksseele, die Reaktionen rund um den Prozess, sprechen eine deutliche Sprache.

Volker Mauersberger erfasst alle Stimmen, sowohl die Aussagen von Ellen Rinsche als auch die der ermittelnden Beamten, der Verwandten, Nachbarn und Arbeitskollegen. Einblicke in das Leben des Opfers fehlen ebenfalls nicht, auch bei ihm zeigen sich tragische Aspekte. Die besondere Atmosphäre der Kriegs- und Nachkriegszeit tut ein Übriges und zusammen mit der detaillierten Prozessbeobachtung ergibt sich das Bild einer Tragödie.

Fazit: Ein historischer Kriminalfall, in allen grausigen und erschütternden Details aufgearbeitet. Tragisch und nichts für empfindliche Leser.

»Ich war der Verzweiflung nahe und in meiner wahnsinnigen Angst habe ich das fast Unglaubliche getan.«

Bewertung vom 29.01.2023
Doh, Rainer

Mordkap / Arne Jakobson Bd.1


gut

»Seltsame Leute, diese Touristen. Fahren in Urlaub und bringen sich um. Geht doch zu Hause viel besser.«

Ein Selbstmord auf einem Kreuzfahrtschiff ist wirklich ungewöhnlich, muss aber natürlich trotzdem ordentlich untersucht werden. Da aufgrund der Wetterverhältnisse (minus 20° und Schneesturm) die Kriminalpolizei nicht zum nächsten Hafen kommen kann, den die MS Midnatsol der norwegischen Hurtigruten anläuft, geht ein Polizist der Kleinstadt Skjervøy an Bord. Arne Jakobson hofft schon lange auf eine Beförderung samt Versetzung und geht hochmotiviert an die Arbeit. Schnell kommen ihm Zweifel an der Selbstmordtheorie und er beginnt im Rahmen seiner Möglichkeiten zu ermitteln.
Als ein zweiter Passagier, dem Tode nah, aufgefunden wird, ist endgültig klar, dass etwas an Bord ganz und gar nicht stimmt. Während die Verstärkung weiter auf sich warten lässt, versucht Arne an Bord einen Mörder zu finden. Und ahnt nicht einmal, in welcher Gefahr alle tatsächlich schweben…

Es gibt eine Menge Leser, die lieben es, wenn Geheimdienste agieren, wenn Agenten um nicht weniger als die Sicherheit der Welt kämpfen, also das ganz große Rad gedreht wird. Bei mir steigt die Spannung mehr, wenn die Verbrechen einfacher gestrickt sind, dann kann ich mir vorstellen, dass mir so etwas in meinem Leben begegnen könnte, vielleicht in der Nachbarschaft oder wie hier auf einer Urlaubsreise. Ich glaube schon, dass es im realen Leben solche Geheimdienstaktivitäten gibt, aber ich glaube nicht, dass ein einfacher „Dorfpolizist“ die Spezialagenten so alt aussehen lassen kann. Zumal er noch ständig unter Seekrankheit leidet. So etwas ist zwar sehr unterhaltsam zu lesen, wirkt aber auf mich schlicht unrealistisch.

Die Beschreibungen der Umgebung, der Wetterverhältnisse und der Abläufe an Bord empfand ich als wirklich gut und intensiv geschildert, das habe ich mit Interesse gelesen. Immer wieder gab es auch humorvolle Passagen, überhaupt empfand ich den Stil des Autors als sehr angenehm und kurzweilig zu lesen. In der Summe lande ich bei 3,5 Sternen.

Fazit: Tolle Atmosphäre, unterhaltsam und flott zu lesen. Für mein Empfinden aber zu unrealistisch, um richtig spannend zu sein.

»Hast du schon mal richtig geschossen?« »Auf dem Jahrmarkt, schon öfter. Ich war nicht mal schlecht.«

Bewertung vom 22.01.2023
Läckberg, Camilla

Die Totgesagten / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.4


gut

»Bezüglich des Unfalls gibt es noch ein paar … ungeklärte Fragen. … Marit wies gewisse Verletzungen auf, die möglicherweise nicht auf den Unfall zurückzuführen sind.«

Der tragische Autounfall, bei dem Marit zu Tode kam, schien zunächst einfach zu klären: Schwer betrunken nach einem heftigen Streit mit ihrer Lebensgefährtin war die Mutter einer Jugendlichen von der Straße abgekommen und gegen einen Baum gerast. Doch bald kommen Kommissar Patrik Hedström Zweifel an der Unfalltheorie, einiges deutet auf einen brutalen Mord hin.
Das Team nimmt seine Arbeit auf, wird jedoch nach kurzer Zeit anderweitig beschäftigt. Im Städtchen Tanum laufen gerade die Aufnahmen zu einer in Schweden beliebten Reality-Show und eine der Teilnehmerinnen wurde ermordet in einer Mülltonne entdeckt…

Gleich zu Beginn dieser Rezi möchte ich jeden potentiellen Leser ermutigen, den Klappentext des Buchs nicht zu lesen. Das gilt auch für die Inhaltsangabe, die beim Buch eingestellt ist. Darin wird für mein Empfinden zu viel verraten, zusammen mit den Rückblenden im Text wurde ich sehr früh zum Täter geführt, das hätte ich mir anders gewünscht. Sehr schade, denn eigentlich ist der Fall spannend angelegt.

Für mein Empfinden litt die Spannung ferner unter einem Zuviel an Nebenschauplätzen. Gefühlt leidet jeder Charakter im Buch unter irgendeiner heftigen seelischen oder psychischen Belastung, muss ein Trauma verarbeiten oder befindet sich zumindest am Rand einer Depression. Da wäre weniger mehr gewesen. Zudem stolperte ich über einzelne Punkte, die ich nicht schlüssig fand. Beispielsweise wird gleich zu Beginn des Buchs eine junge Frau beschrieben, die klassische Symptome einer ordentlichen Depression aufweist, sie liegt seit geraumer Zeit nur noch im Bett, kann sich nicht mehr um sich und ihre Kinder kümmern, kein Gespräch kann mit ihr geführt werden, alle machen sich heftige Sorgen. Und dann kommt ein Freund des Hauses vorbei, spricht sie an, geht mit ihr eine Runde spazieren und voilà, sie erzählt ihm alles, lacht wieder, lebt und wuppt bis zum Ende des Buchs nicht nur ihr Leben sondern löst auch die Probleme der Schwester. Schön für sie, aber doch sehr unrealistisch.

Fazit: Diese Reihe ist wohl eher nichts für mich. Eine spannende Grundstory leidet unter zu viel Drumherum.

Bewertung vom 20.01.2023
Bannalec, Jean-Luc

Bretonische Verhältnisse / Kommissar Dupin Bd.1


sehr gut

»Der arme Monsieur Pennec. So ein wunderbarer Mann. Wer kann so etwas Grausames getan haben? Alle haben ihn gemocht, Monsieur le Commissaire. Alle. Und das in unserem schönen Pont Aven. Entsetzlich. Einem so friedlichen Ort.«

An ein so schlimmes Verbrechen kann sich im beschaulichen Küstenort Pont Aven tatsächlich niemand erinnern. Der 91jährige Eigentümer des berühmtesten Hotels vor Ort wurde erstochen aufgefunden, Hinweise auf einen Raub gibt es keine. Warum sollte jemand einen so alten Herrn ermorden? Zumal einen, der allgemein so beliebt und angesehen ist?

Commissaire Dupin steht vor einem Rätsel. Und gerät bei seinen Ermittlungen zusätzlich unter Druck, denn die Hochsaison für den Touristenort steht vor der Tür und ein ungeklärter Mord samt freilaufendem Täter wäre da höchst schädlich. Bei seiner Suche nach einem Motiv wird Dupin bald fündig, der ganze Fall dadurch allerdings sehr ungewöhnlich und kompliziert…

Mit dieser Reihe wollte ich lange schon starten. Nun war es also soweit und ich las den ersten Fall für den aus Paris ans „Ende der Welt“ strafversetzten Dupin. Womit er sich in der Hauptstadt unbeliebt gemacht hat, ahnte ich schnell. Und brauchte eine Weile, bis ich mich an ihn gewöhnt hatte, speziell sein Verhalten gegenüber seinem Team fand ich fragwürdig. Einige Male schoss mir der Ausdruck „Primadonna“ durch den Kopf. Er geht nicht ans Telefon, informiert sein Team nicht und erwartet, dass jeder Rücksicht auf seine Eigenarten nimmt. Seine Assistentin, ausgestattet mit einem Gemüt wie ein Schaukelpferd, hatte meine Bewunderung! Aber – er ist ein guter Ermittler. Und im Laufe des Buchs wurde sein Verhalten etwas besser. Vielleicht gibt das ja eine Tendenz für die weiteren Fälle vor. Außerdem mag er Pinguine, ein weiterer Pluspunkt ;-)

Den Fall selbst fand ich sehr interessant und einige Entwicklungen überraschend, speziell in der zweiten Hälfte des Buchs mochte ich es nicht aus der Hand legen. Hätte ich zu Beginn nicht für möglich gehalten, den Start fand ich arg ruhig, voller Beschreibungen der zugegeben malerischen Landschaft. Ich denke, ich werde mir mit dem Folgeband noch einen weiteren Eindruck verschaffen.

Fazit: Ruhiger Krimi mit viel Landschaft, einem anstrengenden Ermittler und einigen überraschenden Entwicklungen.

Bewertung vom 15.01.2023
Maurer, Jörg

Schwindelfrei ist nur der Tod / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.8


sehr gut

»Marco senkte den Kopf. Durch den zersplitterten Boden sah er Wolkenfetzen, Bergspitzen und grüne Wiesen. Einen Fluss, der sich träge glitzernd durch die Wälder schob. Und eine Gestalt, die schreiend in die Tiefe stürzte.«

Für Marco und seine Mitreisenden wird die Fahrt in einem Heißluftballon zum Alptraum, nach einer Explosion stehen ihre Überlebenschancen äußerst schlecht. Unten am Boden sind die Retter aktiv aber ratlos. Wo ist der Ballon bzw. seine Reste geblieben? Gibt es noch Hoffnung, irgendjemanden lebend zu finden? Und wie konnte es überhaupt zu der Explosion kommen?

Im idyllisch gelegenen Kurort mit Bindestrich nahe der Zugspitze gibt es viel Arbeit für das Team von Hauptkommissar Hubertus Jennerwein. Er selbst ist allerdings nicht so ganz bei der Sache, eine Privatangelegenheit beschäftigt ihn bereits seit vielen Jahren und läuft aktuell auf eine besonders komplizierte Situation hinaus. Und dabei ahnt er noch nicht einmal, wie kompliziert es tatsächlich wird…

Ich brauchte mal wieder einen Krimi, bei dem ich so richtig lachen kann. Die Alpenkrimis von Jörg Maurer haben mich noch nie enttäuscht und auch dieser achte Band der Reihe stellt keine Ausnahme dar. Der Autor hat einen ganz eigenen Stil, wortgewandt, skurril, voller Witz und schrägen Einfällen. Allein die Ansammlung von bayerischen Schimpfworten ist ohne Vergleich.

Es gibt durchaus eine ordentliche Krimihandlung, Spannung zudem und an Todesopfern ist auch kein Mangel. Daneben verfolgt man aber weitere Handlungsstränge, die irgendwann zusammenfließen. Und als Intermezzi sachbuchartig aufgemachte Kurzabhandlungen zu Themen, die alle irgendetwas mit Diebstahl zu tun haben. Wer sich angewöhnt hat, auch alles im Anhang zu lesen, wird besonders belohnt – ich habe Tränen gelacht! Dazu die tollen Charaktere! Alle in Jennerweins Team sind Originale, sein besonderer Schützling, um den es im Privatumfeld geht, hat was Liebenswertes an sich und meine besonderen Favoriten, das Bestatterehepaar a.D. und der Problemlöser einer ehrenwerten italienischen Familie erfreuten mich auch diesmal.

Fazit: Immer wieder schön. Auch dieser Band der Reihe ist spannend und voller skurrilem Wortwitz zugleich. Gerne lese ich weiter.

Bewertung vom 12.01.2023
Benedict, A. W.

Beanstock - Mord auf Parsley Manor (1. Buch)


weniger gut

»Sir Percival, darf ich Sie darauf hinweisen, dass unter diesen Umständen Mr Van Horten noch bleiben sollte. Ich bin sicher, die Polizei will seine Aussage aufnehmen.«

1950, auf dem Stammsitz der Baronets von Parsley. Butler Beanstock übt gewissenhaft seine täglichen Pflichten aus und auch noch ein wenig mehr. Als nach einer Feier ein weiblicher Gast tot aufgefunden wird, offensichtlich ermordet, kümmert er sich sofort um die Ermittlungen. Schließlich ist die Polizei hoffnungslos überfordert…

Ich wollte dieses Buch mögen. Ich weiß, Cosy ist meist nicht meins, aber das Szenario hatte mich gelockt. Ein ermittelnder Butler, alles höchst britisch, das klang reizvoll. Und da ich auch Miss Marple mag, wagte ich einen Versuch.

Leider muss ich sagen, dass ich mich selten bei einem Krimi so gelangweilt habe. Erst nach knapp der Hälfte des Buchs passierte der Mord, davor erfuhr ich so ziemlich alles über das Aussehen der Örtlichkeiten, Blumen, Mahlzeiten, Personen, in welcher Reihenfolge die Post ausgetragen wurde und vieles mehr. Das war für mein Empfinden deutlich zu viel Szenario und Atmosphäre!

Nach dem Mord wurde es auch nicht besser. Keiner der Charaktere hatte irgendeine Tiefe, auch Beanstock blieb für mich ein höchst blasser Protagonist. Dass er sich aufgrund seiner Leidenschaft für Krimis auf den Fall stürzt, war nachvollziehbar. Aber seine Ermittlungsarbeit wirkte willkürlich, ich vermisste sowohl Logik als auch Spannung und den Versuch, irgendwelche Geheimdiensttätigkeiten mit einzubinden, konnte ich nur als bemüht empfinden. Eine ziemliche Anzahl von Schreibfehlern verbesserte das Lesevergnügen auch nicht gerade. Und im Jahre 1950 war es schlicht nicht möglich, dass jemand „wie Queen Elizabeth“ winken konnte.

Fazit: Was habe ich mich durch das Buch gequält! Vielleicht unternehme ich noch mal einen anderen Versuch mit einem Cosy Crime, aber ganz sicher nicht mit dieser Reihe.

Bewertung vom 10.01.2023
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Singles


gut

»Schau, Resi, eben hast es live miterlebt, was dir blüht, wenn du dich mit einem Streuner einlässt. Am Anfang ist das alles aufregend. Und schwupp sitzt du mit deinen Dackeljungen allein daheim und schickst Briefe ins Tierheim, weil er dort einsitzt. Wie gesagt: Orientier dich lieber an einem Pudel.«

Den Partner fürs Leben zu finden ist oft ein schwieriges Unterfangen. Ein Speeddating im Brunngrieser Wirtshaus sollte den dort Alleinlebenden neue Möglichkeiten aufzeigen. Auch Felix Fink, der Kollege von Hauptkommissar Tischler, versuchte dort sein Glück. Am nächsten Morgen jedoch werden die Ermittler zu einem Tatort gerufen. Das Opfer: Eine junge Frau, die Felix und wohl auch den anderen Anwesenden am Vorabend ausgesprochen unsympathisch war. Schnell wird klar, dass die Anzahl der Personen mit einem Mordmotiv ziemlich lang ist…

Ich mag diese Reihe von Provinzkrimis sehr, weil sie normalerweise solide Krimikost auf unterhaltsame Weise präsentieren. Der Krimi konnte mich allerdings diesmal nicht vom Hocker reißen, wirkte sehr durchschnittlich und wenig spannend. Aber zum Glück gibt’s die Resi! Seit dem ersten Band freue ich mich auf jeden Auftritt der Dackeldame und in diesem Buch gab es davon besonders viele. Ich hoffe jetzt darauf, dass im kommenden Band erneut viel Resi und dazu auch wieder ein richtig spannender Krimi steckt.

Fazit: Der bislang schwächste Band der Reihe, aber Resi tröstet über alles hinweg.

Bewertung vom 09.01.2023
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


sehr gut

»Also, ich bin sicher, Sie haben unsere kurze Pause genutzt, um Ihre Möhren, den Sellerie und die Zwiebeln in kleine disparate Einheiten zu hacken, wodurch Sie die erforderlichen Oberflächen geschaffen haben, um die Aufnahme von Würzstoffen zu erleichtern und zugleich die Kochzeit zu verkürzen. Als Nächstes geben Sie eine großzügige Prise Natriumchlorid dazu…«

Südkalifornien, 1961. Elizabeth Zott ist Chemikerin, und zwar eine richtig gute. Hochmotiviert ist sie außerdem und voller Ideen, ein Gewinn für jedes Forschungsinstitut sollte man meinen. Doch in der Realität kämpft sie stetig darum, überhaupt vernünftig arbeiten zu dürfen. Statt wissenschaftlicher Anerkennung erfährt sie stetige Diskriminierung, allein aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau ist. Als sie auch noch unverheiratet schwanger wird, wird ihr sofort gekündigt. Doch Elizabeth gibt nicht auf, macht aus ihrer heimischen Küche kurzerhand ein Labor und versucht dort, trotz eines brüllenden Säuglings, ihre Forschung weiter zu betreiben.
Da man aber auch von irgendetwas leben muss, nimmt sie einen Job als Köchin in einer Fernsehshow an. Völlig abwegig? Nein, im Gegenteil. Für Elizabeth ist Kochen schlicht Chemie. Und so versucht sie, den zuschauenden (meist) Hausfrauen nicht nur Rezepte, sondern auch etwas Chemie und Selbstvertrauen zu vermitteln…

Während ich ein Buch lese, mache ich mir ständig Notizen. Oft schreibe ich ganze Sätze auf, die mir durch den Kopf gehen. Auch bei diesem Buch hatte ich das getan und was ich da bis fast zur Hälfte stehen hatte, war nicht so begeistert. Elizabeth Zott war mir einfach nicht sympathisch und ich hatte mir ausführlich notiert, was mich alles an ihr störte und weshalb ich dachte, dass dieses Buch einfach nur eine von vielen unglaubwürdigen und konstruierten Frauengeschichten sein müsste.

Ich habe alles wieder gelöscht. Denn dann ganz plötzlich hatte das Buch mich gepackt, meine Meinung geradezu umgedreht und die Protagonistin schlich sich mehr und mehr in mein Herz. Ich denke, auch ihre kleine Tochter war daran beteiligt, dieses tolle und liebenswürdige Kind! Und die wunderbare Nachbarin, ohne die Elizabeth zweifelsfrei aufgeschmissen gewesen wäre.
Denn es ist doch ganz klar, bei allem persönlichen Einsatz, Mut und Kampf – ohne eine Portion Glück und vor allem die Unterstützung anderer geht es nicht. Elizabeth wäre ohne die zuverlässige, ständige und kostenfreie Unterstützung ihrer Nachbarin gescheitert und so würde es auch der Mutter von fünf Kindern ergehen, die durch Elizabeth motiviert mit einem Medizinstudium starten will. Ich war sehr froh, dass diese Punkte im Buch letztlich doch deutlich herauskamen.

Der Stil der Autorin ist locker leicht zu lesen, die Handlung packend. Emotional war es eine kleine Achterbahnfahrt, denn ich regte mich diverse Male fürchterlich auf, war einfach nur wütend auf diverse bornierte männliche Charaktere und die dummen gesellschaftlichen Ansichten, die dieses Verhalten überhaupt nur möglich machen. An anderen Stellen konnte ich herzhaft lachen oder schmolz ein wenig dahin. Wie alles ausgehen würde, zeichnete sich früh ab, aber letztlich soll dieses Buch ja auch unterhalten und Mut machen.

Fazit: Nach ein paar Anlaufschwierigkeiten wurde es ein wunderbares Buch, berührend, unterhaltsam und mit Botschaft.

»Ich spreche von Atomen und Molekülen, … den wahren Regeln, die die physikalische Welt bestimmen. Wenn Frauen diese grundlegenden Konzepte verstehen, können sie allmählich die falschen Grenzen erkennen, die ihnen auferlegt worden sind.«

Bewertung vom 06.01.2023
Seel, Tina

Der Tod der dreckigen Anna


ausgezeichnet

»Es musste ein Monster gewesen sein, da war man sich einig. Nicht von dieser Welt. Nicht aus diesem Dorf und schon gar nicht aus der Krittergasse.«

Heiligabend 1974. Friede auf Erden ist für die Bewohner des kleinen Dorfes Gödelsheim in der Südpfalz an diesem Abend kein naheliegender Gedanke. Zu sehr beschäftigt jeden die grausame Tat, die praktisch mitten unter ihnen geschah. Die zweiundsiebzigjährige Anna Hager, von Geburt an geistig verwirrt, wurde in ihrem Haus ermordet. Die Tat war ein einziges Massaker.
»In Kontakt gestanden? Die hat doch mit niemandem in Kontakt gestanden, die Arme. Das war ein verwirrter, armseliger Geist. Die hat doch niemandem was gemacht.«

Die Polizei schließt schnell aus, dass ein Fremder den Mord verübt hat. Aber jemand aus ihrem kleinen Dorf? Einer von ihnen? Wo jeder jeden kennt? Undenkbar! Und beängstigend zugleich, denn welches Opfer wird sich das Monster als nächstes suchen?

Das erste, was mich an diesem Buch reizte, war die Tatsache, dass die Handlung auf einem wahren Fall beruht. Die Autorin hat zwar alle Namen (auch den des Ortes) verändert und in eine Romanhandlung eingebettet, aber Zeitpunkt, Opfer, Täter und Aufklärung sind „true crime“. In einem sehr interessanten Nachwort führt Tina Seel präzise aus, was alles wirklich geschah und auch, wie sie selbst in die Handlung passt, denn die Tat geschah in ihrer direkten Nachbarschaft, sie war damals neun Jahre alt.

Vermutlich, weil sie selbst in einem kleinen Dorf aufgewachsen ist, kann sie so authentisch wiedergeben, wie sich die Menschen dort benommen und gefühlt haben. Die Atmosphäre ist immens dicht, man steht beim Lesen gefühlt mitten in der Handlung. Ich war schwer fasziniert und mochte das Buch nicht aus der Hand legen.
In verschiedenen Zeitlinien erlebt man sowohl die Tat mit als auch die Vergangenheit und Entwicklung einiger wichtiger Charaktere. Dadurch weiß man als Leser zwar recht früh, wer hinter der Tat steckt, die Spannung leidet darunter aber nicht, denn man spürt deutlich, welches Gefahrenpotential weiter in dem Täter liegt.

Interessant ist zudem, die Dynamik einer solchen Dorfgemeinschaft zu beobachten. Da gibt es viel Gutes, Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung, aber auch reichlich Schlechtes, wie beispielsweise Heimlichtuerei, Verlogenheit und hemmungsloses Lästern. Und wenn man erkennt, wie das Monster erstand, wird wieder einmal deutlich, dass es meist mehr als ein Opfer gibt.

Fazit: Nichts ist grausiger als die Realität. Auch dieser wahre Kriminalfall hat es in sich und wird auf packende Art in eine Romanhandlung eingearbeitet.