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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

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Insgesamt 733 Bewertungen
Bewertung vom 23.09.2024
Mattzick, Markus

10 kleine Prominente gingen in den Dschungel


sehr gut

Der Senderchef und Milliardär Max Bauer ist der Ideengeber für die Show »10 kleine Prominente gingen in den Dschungel«, einer Kopie der erfolgreichen Show der Konkurrenz, die den Sender von Bauer nach vorne bringen soll. In der Wildnis des westafrikanischen Dschungels stellen sich zehn mehr oder (meistens) weniger bekannte prominente Personen Herausforderungen, nach denen es eine Siegerin oder einen Sieger auf dem Dschungelthron geben wird. Kurz nach dem Start der Show wird diese von Terroristen gekapert, die Crew entführt und Max zur Ausstrahlung von veränderten Herausforderungen gezwungen. Was ein Spaß werden sollte, entpuppt sich als tödlicher Ernst mit ungewissem Ausgang.

»Wenn unsere Forderungen nicht erfüllt werden, werden erst Ihre Kandidaten und dann Ihre Crew mit dem Leben dafür bezahlen. Unterbrechen Sie die Sendung oder den YouTube-Stream, werden wir weitere Crewmitglieder töten.« (Seite 34)

Wie bei dem weltberühmten Original gibt es zu Beginn ein Verzeichnis der Mitglieder und der Crew sowie eine persönliche Vorstellung der Kandidaten. Es gibt eine ältere Schauspielerin, die sich ins Gespräch bringen möchte, einen Politiker, dessen Karriere kurz vor dem Aus steht, den unvermeidlichen Womanizer, eine Soap-Darstellerin und weitere Persönlichkeiten, die sich durch die Show profilieren wollen. Das Personenverzeichnis hat mir zu Beginn geholfen, mich bei der Menge der Figuren zurechtzufinden, aber bereits nach kurzer Zeit war dieses nicht mehr notwendig, ich konnte die Teilnehmenden gut an ihren Vor- oder Nachnamen unterscheiden und mich auf die Story konzentrieren.

Der Thriller konnte mich sehr gut unterhalten, die Knalleffekte wurden gezielt und passend gesetzt. Die im Buch wiederholt gestellte Frage, was Fernsehen darf und was nicht, hat mich durchgehend beschäftigt und zum nachdenken gebracht. Ich konnte mich der Faszination nicht entziehen, die das Original der Show mit sich bringt, obwohl ich selbst diese seit mehreren Jahren nicht mehr schaue. Eine verschärfte Version davon, wenn ich das so salopp schreiben darf, denn immerhin geht es um nichts weniger als Menschenleben, würde mich jedoch abstoßen und ansehen würde ich mir diese ebenfalls nicht. Als fiktives Buch aber fand ich die Idee großartig. Lediglich die vielen Fehler im Buch haben meinen Lesefluss gestört: da ein Wort zu wenig, hier ein Wort zu viel, woanders wurden Buchstaben vertauscht oder fehlten ganz und Zeiten verwechselt. Vieles waren Flüchtigkeitsfehler und fielen mir sofort auf, andere wiederum führten dazu, dass ein Satz unsinnig wurde. Hier wünsche ich eine Korrektur, die einer vollen Punktzahl nicht mehr im Wege steht. Lesenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2024
Salvioni, Beatrice

Malnata


ausgezeichnet

Italien im Jahre 1935, der Sommer ist heiß und Francesca verbringt die Tage damit, Maddalena zu beobachten, ein Mädchen, das barfuß und schmutzig mit zwei Jungs durch die Gegend läuft. Malnata wird sie genannt, was »Die Unheilbringende« heißt, der Kontakt mit ihr wird Francesca verboten, was diese nicht daran hindert, sich trotzdem mit diesem außergewöhnlichen Mädchen anzufreunden. Es ist eine Zeit, in der es klug ist, den Mund zu halten und bestimmte Dinge zu unterlassen. Ein Krieg steht bevor, Macht wird ausgenutzt und bald wird die Freundschaft der beiden Mädchen auf die Probe gestellt.

»Ich habe es nicht mehr ausgehalten«, sagte sie. »Ich konnte mich nicht mehr verstellen. Das ist alles so falsch. Merkst du das denn nicht?«
»Was?«
»Der Krieg und dass wir den Arm in die Luft recken und sagen, was sie wollen, denken, was sie wollen. Dass wir all diese Regeln befolgen und brave Mädchen sind«, sie holte Luft. »Ich war es leid, immer nur zu wiederholen, was sie hören wollen. Ernesto sagt immer: >Worte sind keine Kleinigkeiten, Maddalena. Man darf sie nicht einfach gedankenlos dahinsagen. Dann werden sie gefährlich.< Und er hat recht. Aber sie können auch etwas bewirken. Meinst du nicht?« (Seite 155)

Ich war zusammen mit Francesca fasziniert von Maddalena, habe mit ihr Tage am Fluss verbracht, bin auf Diebestour gegangen, habe das Lügen für mich entdeckt, sie verleugnet und um Verzeihung gebeten. Ich habe beobachtet und zugehört, habe gehofft und gezweifelt, war Zeugin von Dramen, wohnte Tragödien bei und habe Übergriffe über mich ergehen lassen. Ich habe geschmunzelt und gelacht, habe geweint und war am Boden zerstört. Es war eine intensive Erfahrung, eine wunderbare Lesereise, die mich beglückt und das Buch am Ende hat zufrieden zuklappen lassen. Danke für diese Geschichte. Arrivederci, Malnata, Ciao!

12 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2024
Castillo, Linda

Zorniges Herz / Kate Burkholder Bd.15


ausgezeichnet

Polizeichefin Kate Burkholder steckt mitten in den Vorbereitungen zu ihrer Hochzeit, als sie zu einem ungewöhnlichen Tatort gerufen wird. Ein amischer junger Mann wurde auf eine besonders grausame Weise getötet, eine unbekannte Person hat ihn mittels einer Armbrust brutal ermordet. Erste Ermittlungen ergeben, dass der getötete Amische Aden Karn überall beliebt war, niemand hat ein schlechtes Wort zu sagen über ihn. Kurz darauf stößt Kate auf ein verstörendes Detail, das den Fall in eine völlig andere Richtung bringt.

„Vage nahm er wahr, wie die Armbrust auf den Boden gestellt und die Spitze eines Stiefels in den Fußbügel geschoben wurde, er hörte das Quietschen der Bogensehne beim Spannen und das Einrasten der Sehne in den Abzugsmechanismus.“ (Seite 10)

Das vorliegende Buch ist bereits der fünfzehnte Teil der Buchreihe mit Chief Kate Burkholder und die Serie hat für mich immer noch nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Die Fälle sind immer gleichermaßen interessant wie verstörend, auch der aktuelle Fall ist brutal, abstoßend und ekelhaft, es ist wirklich erstaunlich, was Menschen in der Lage sind ihren Mitmenschen anzutun.

Der Prolog schmiss mich mitten ins Geschehen rein, gnadenlos schilderte er das grausame Tötungsdelikt, ersparte mir kein einziges Detail, und legte den Weg frei für eine Story, die spannend, unterhaltsam und voller überraschender Wendungen gewesen ist. Chief Burkholder hat das Herz auf der richtigen Seite, ist immer professionell und objektiv, und lässt sich nicht beirren, wenn sie das Gefühl hat, dass eine Geschichte nicht vollständig auserzählt worden ist. Viele verblüffende Einzelheiten kamen ans Licht, schlimme Taten und rücksichtslose Handlungen wurden enthüllt. Bis zum Schluss habe ich mitgefiebert und wurde noch auf den letzten Seiten überrascht von dem Ausgang, den der Fall genommen hat. Ein großartiger Thriller, der mich darin bestätigt, warum dies eine meiner Lieblingsreihen seit vielen Jahren ist. Lesenswert!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2024
Whitaker, Chris

In den Farben des Dunkels


ausgezeichnet

„Patch wusste, dass er kämpfen konnte, nur nicht gegen sein eigenes Schicksal.“ (Seite 493)

Patch verhindert an einem heißen Sommertag die Entführung eines Mädchens, der unbekannte Täter verletzt Patch und nimmt ihn mit. Unendlich viele Stunden verbringt er in völliger Dunkelheit, Trost und Hoffnung gibt ihm lediglich Grace, die ihm im Dunkeln Geschichten erzählt und mit ihren Worten eine Welt erschafft, die er nie vergisst. Seine beste Freundin Saint indessen lässt nichts unversucht, Patch zu finden, sie setzt Himmel und Hölle in Bewegung und das eigene Leben aufs Spiel. Als Patch endlich befreit wird, ist dies erst der Anfang einer jahrzehntelangen Suche nach der Wahrheit, der Liebe und der einen Person, die einfach nicht zu finden ist. Nichts wird mehr so, wie es vorher war, aber das heißt nicht, dass es besser wird.

„Jetzt wusste sie, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Nicht die Art von Schwierigkeiten, deretwegen sie von Lehrern angeschrien wurde oder die ihre Großmutter verzeihen konnte, sondern solche, über die man in der Zeitung las und über die in den Nachrichten berichtet wurde. Solche, von denen man sich niemals wieder erholt.“ (Seite 85)

Die ersten beiden Bücher von Chris Whitaker mit den Titeln „Von hier bis zum Anfang“ sowie „Was auf das Ende folgt“ waren bereits Highlights für mich, mit dem vorliegenden Buch aber hat der Autor wahrlich ein Meisterwerk geschaffen. Der Mix aus Roman, Liebesgeschichte, Drama, Tragödie und Thriller übertraf bei weitem meine Erwartungen und katapultierte sich in meine private Liste der Top Ten der letzten Jahre, wenn nicht sogar darüber hinaus. Dieses Buch wird für mich für immer unvergesslich bleiben.

„Nichts ist wirklich dunkel, wenn Farben in der Welt sind.“ (Seite 485)

Die mehrere Jahrzehnte umfassende Story hat mir unbeschreibliche Lesestunden geschenkt, mich zittern, bangen und durchleben lassen, was den Figuren zugestoßen ist. Dabei habe ich nicht nur Patch ins Herz geschlossen, auch Saint mit ihrer Zähigkeit, ihrem Durchhaltevermögen und der ungebrochenen Liebe zu ihrem besten Freund hat mich erobert im Sturm. Die weiteren Charaktere waren so phantastisch ausgearbeitet, dass ich das Gefühl habe, sie selbst seit Jahren zu kennen. Das Schicksal einer jeden Person hat mich berührt, an vielen Stellen fast schluchzen lassen, wenn das nächste dramatische Ereignis dazu führte, dass es eng wurde und das Schicksal gnadenlos zuschlug. So viel Drama, so viel Liebe, das ist einfach nur grandios!

14 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2024
Hoch, Julia

Frau Putz


ausgezeichnet

Kerstin Wischnewski ist selbstständige Reinigungsfachkraft, allerdings hat sie in letzter Zeit viele Aufträge verloren. Eine Kollegin unterbreitet ihr das Angebot, einige Stammkunden von ihr zu übernehmen, da sie selbst sich zur Ruhe setzen will. Diese Stammkundschaft ist sehr speziell, ob es nun die gutbetuchte Dame mit dem Mops namens Richard III ist, oder der Künstler, der selbst nie in Erscheinung tritt und seltsame Arbeitsanweisungen in schriftlicher Form hinterlässt; Kerstin ist darauf bedacht, es jedem recht zu machen. Die Kunden indessen nehmen keine Rücksicht und immer wieder fragt sich Kerstin, woran das liegen mag.

„Kerstin war diese ganzen Wörter für ihre Berufsbezeichnung dermaßen leid: Reinigungsfee, Putzfee, Putzfrau, Putze, Perle. Warum taten sich die Menschen mit einer vernünftigen Bezeichnung so schwer? Sie sagte zu einem Mathematiklehrer auch nicht Vorrechner oder zu einer Postbotin Briefeeinschmeißerin oder zu einem Dachdecker Ziegelpuzzler. Fühlten sich die Leute dabei besonders originell? Wieso konnten sie ihr nicht ein kleines bisschen zeigen, dass ihre Arbeit wichtig war?“ (Seite 96)

Sehr selten lese ich lustige Bücher, ich bin einfach nicht der Typ für seitenlange Heiterkeit. Dieses Buch aber hat mich durchgehend begeistert, denn so amüsant es zu lesen war, hatte die Geschichte durchaus einen ernsten Hintergrund. Kerstin ist einsam, Kerstin ist nicht reich, am schlimmsten aber für Kerstin ist, dass sie oft unsichtbar ist und es, wenn es nach den meisten Kunden geht, auch bleiben soll. Das macht etwas mit einem Menschen, das geht nicht spurlos an einem vorbei. Ganz wunderbar hat Julia Hoch das in einen Roman verpackt, der mich am Ende das Buch mit einem Lächeln zuklappen lässt und zum Nachdenken bringt. Lesenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2024
Russo, Richard

Ein Mann der Tat


sehr gut

In der Kleinstadt North Bath passiert nicht viel, ihre Einwohner stolpern mehr oder weniger durchs Leben, am Abend trifft man sich in einer der Kneipen auf einen Absacker oder auch zwei. An diesem Memorial-Day-Wochenende ist aber allerhand los: nicht nur stürzt Chief Raymer ohnmächtig in das Grab von Richter Flatt, es stürzt auch noch ein Gebäude ein und eine Giftschlange entwischt. Man könnte sagen, es ist der ganz normale Wahnsinn in einer nicht ganz so normalen Stadt.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der North Bath-Trilogie und ich würde empfehlen, mit dem ersten Band anzufangen. Im zweiten Teil werden zwar viele Dinge wiederholt und erklärt, für den Gesamtzusammenhang reicht dies meiner persönlichen Meinung nach aber nicht. Dazu kommt, dass der Trilogie-Auftakt mit dem Titel „Ein grundzufriedener Mann“ einfach phänomenal war, sodass man sich um ein tolles Lesevergnügen bringen würde, läse man ihn nicht.

Ich habe mich sehr auf ein Wiedersehen mit der Kleinstadt North Bath und ihren Einwohnern gefreut. Zehn Jahre sind zwischenzeitlich vergangen, einige lieb gewonnene Charaktere waren nicht mehr da, andere kamen und gingen, aber mein absoluter Favorit Sully war zum Glück noch munter, wenn auch gesundheitlich etwas angeschlagen. Leider nahm er nicht ganz so viel Raum ein, wie ich es mir gewünscht hätte, und auch sonst ist ein bisschen von der Faszination verschwunden, weil Russo sich für meine Begriffe zu oft in unwichtigen Situationen verheddert hat. Manche Gedankengänge der ein oder anderen Person waren etwas konfus, andere Ereignisse so unbedeutend, dass ich mich fragte, wo der Sinn dafür war, diese in die Geschichte einzubauen. An manchen Stellen zog es mich gar nicht zum Buch, was ich schade fand, denn den Vorgänger konnte ich seinerzeit kaum aus der Hand legen, weil er so unfassbar spannend gewesen ist.

Das letzte Drittel entwickelte sich zu meiner Zufriedenheit, denn plötzlich kam Leben in die Bude, stellenweise wurde es fast ein Thriller, weil es so kriminell war. Aufregend und turbulent ging es zu, Böses geschah, Menschen wurden verletzt, andere wuchsen über sich hinaus und ich war froh, dass gewisse Dinge nicht endgültig waren. So wurde es zwar kein Highlight, aber doch noch ein Buch, dass zwar langsam in die Gänge kam, aber letztendlich wirklich lesenswert war.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.09.2024
Weißmann, Eric

Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1


gut

Der Immobilienmakler Kristian Dennermann erhält den Auftrag, das Anwesen des Sylter Urgesteins Hinnerk Petersen zu verkaufen. Am Tag der ersten Besichtigungen wird Petersen vermisst gemeldet und kurz darauf von Dennermann im Garten seines Anwesens ermordet aufgefunden. Einer der Söhne des Verstorbenen drängt auf sofortigen Verkauf, aber Dennermann wird misstrauisch. Wer ist Julia, für die im Tiefkühlschrank von Petersen ein wertvoller Ring versteckt wurde, und hat der Tote wirklich eine Prostituierte in seinem Haus empfangen? Je mehr Dennermann nachforscht, desto näher scheint er dem Täter zu kommen, der sich bald auf den Immobilienmakler selbst konzentriert.

Der erste Krimi des selbstständigen Immobilienmaklers Eric Weissmann hat mir unterhaltsame und stellenweise vergnügliche Lesestunden beschert. Seine Beschreibungen der Insel Sylt, der Immobilien und Bewohner entlockte mir des Öfteren ein Lächeln, auch wenn es zuweilen etwas skurril und übertrieben wurde, was die Geschehnisse anbelangt. Ein wenig fehlte mir insgesamt der Ernst und auch das Tempo hätte an vielen Stellen etwas angezogen werden können, denn durch die sehr langsame Herangehensweise konnte bei mir leider nicht so recht eine Spannung entstehen. Dennoch war es ein lesenswerter, eher gemütlicher Krimi, der noch ausbaufähig ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2024
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


ausgezeichnet

Kurze Zeit nach Abschluss der Ermittlungen in den Mittsommer-Morden entschließt sich Kim Ribbing, den berüchtigten Schockdoktor Martin Rudbeck zu kidnappen, nachdem diesem mit gesetzlichen Mitteln nicht beizukommen war. Er redet sich ein, dass er auf keinem Rachefeldzug, sondern auf der Suche nach Antworten sei, und die von ihm angewandten Methoden notwendig, um den verhassten Mann zum Sprechen zu bringen. In einem Moment der Unachtsamkeit geschieht etwas Unerwartetes, weitere Personen werden involviert und schon bald gibt es Probleme, deren Lösung nicht so einfach scheint.

„Es gab trotz aller Widrigkeiten schöne, unschuldige Dinge auf dieser Welt, zu denen man ohne Furcht, verletzt zu werden, eine Beziehung aufbauen konnte. Und es gab Menschen, die verletzten und töteten, einfach weil sie es konnten und Lust darauf hatten. Weil ihnen gerade danach war. In diesem Moment, als er in die glänzenden, leblosen Augen des Rehs schaute, beschloss Kim Ribbing, Dr. Martin Rudbeck zu entführen.“ (Seite 10)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der sogenannten Mittsommer-Trilogie, zum Erscheinen des ersten Buches noch Stormland-Trilogie genannt. Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, diesen Teil zu lesen, ohne den vorherigen zu kennen, beide Bücher bauen aufeinander auf und die Handlung geht fast ohne Unterbrechung weiter. Diese Rezension ist vollkommen spoilerfrei, was beide Teile angeht.

Startete der Auftakt der Trilogie noch mit einem großen Knall, so ging es hier zu Beginn und auch im Folgenden eher ruhig, stellenweise sogar fast gemächlich zu. Kim, Julia und Astrid bekamen jeweils viel Platz im Buch, aber auch aus dem ersten Teil bekannte Personen im Bereich der Polizei nahmen viel Raum ein. Dies hat mich zu Beginn etwas irritiert, weil ich auf einen Thriller eingestellt war, aber schon nach wenigen Kapiteln entwickelte die Geschichte einen fast unwiderstehlichen Sog und es zog mich in jeder freien Minute nach Stockholm zurück.

Der ungewöhnliche Aufbau mit Sprüngen in der Tageszeit trug zur eher gemäßigten Spannung bei, was ich aber nicht schlecht fand, denn es wurde trotzdem kriminell und wirklich interessant; an ungewöhnlichen Einfällen mangelte es jedenfalls nicht. Ich war gespannt darauf, welchen Ausgang diese verzwickte Geschichte nehmen würde und wurde nicht enttäuscht. Insgesamt ein etwas zurückhaltender mittlerer Teil, der mich dennoch voller Ungeduld und großer Vorfreude auf den Abschluss warten lässt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2024
Tauschwitz, Marion

Selma Merbaum - Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben


ausgezeichnet

„Erinnern heißt, die Flamme am Brennen zu halten, und nicht, die Asche zu verwahren.“ (Seite 12)

Am 05. Februar 2024 wäre Selma Merbaum 100 Jahre alt geworden, wäre sie nicht im Alter von gerade mal achtzehn Jahren in dem deutschen Zwangsarbeitslager in dem Dorf Mychailiwka (russisch: Michailowka) gestorben. Ihr Werk, das mittlerweile zur Weltliteratur zählt, umfasst 57 Gedichte, die sie mit einem Füller auf einzelne Seiten geschrieben, zu einem Album gebunden und auf dem Weg zur Deportation einem Bekannten zugesteckt hatte. „Blütenlese“ nannte sie das Büchlein, das sie ihrem Freund Leiser Fichman, ihrer großen Liebe, schenken wollte.

„Ich möchte leben.
Ich möchte lachen und Lasten heben
und möchte kämpfen und lieben und hassen
und möchte den Himmel mit Händen fassen
und möchte frei sein und atmen und schrein.
Ich will nicht sterben. Nein!
Nein.
Das Leben ist rot,
Das Leben ist mein.
Mein und dein.
Mein.“
(Auszug, Seite 259)

Die deutsche Schriftstellerin Marion Tauschwitz hat eine umfassende Biografie über die rumänische deutschsprachige Dichterin geschrieben, ergänzt durch zahlreiches Fotomaterial und Gedichte der viel zu früh verstorbenen jungen Frau. Diese ist gleichermaßen interessant, wie erschütternd, die umfassende Recherche hierzu verdient meinen vollsten Respekt. Die Gedichte haben mein Herz berührt; erwachsen und reif sind diese, mal melancholisch, mal lebendig und lebensfroh. Ein Buch, das ich gerne empfehle. Gegen das Vergessen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.09.2024
Nothomb, Amélie

Das Buch der Schwestern


ausgezeichnet

Als Nora und Florent sich kennenlernen, schlägt Amor buchstäblich zu, die beiden werden unzertrennlich, brauchen niemanden außer sich. Als ihre Tochter Tristane auf die Welt kommt, wird diese zwar geliebt, aber nicht beachtet, lediglich versorgt. Ihr größter Wunsch ist ein Geschwisterchen, sodass ihre Eltern ihr eine Schwester schenken, bevor sie fünf Jahre alt ist. Tristane kümmert sich ab da um Laetitia, die Schwestern geben sich gegenseitig Wärme, Geborgenheit und Liebe. Diese Beziehung wird auf den Prüfstand gestellt, als Tristane nach Paris zieht, um zu studieren.

„So wurde Laetitia in die Fülle geboren, wohingegen Tristane sie mit viereinhalb erst kennenlernte. Laetitia wusste nicht, dass das Herz verhungern kann, Tristane konnte das nie vergessen. Gleichzeitig mit ihrer Liebe erwuchs eine Kluft zwischen ihnen: Laetitia würde nie Angst haben, nicht geliebt zu werden, Tristane für immer und ewig.“ (Seite 41)

Was für eine außergewöhnliche Geschichte über Familie, Freundschaft und vor allem die Liebe. Ein bisschen crazy, ein wenig ins phantasievolle rutschend, aber immer herzerwärmend, freundlich und klug. Die Beziehung der Schwestern zueinander, aber auch die zu ihrer Cousine sowie Tristanes Zuneigung zu deren Mutter, die ihre Tante war, war so besonders, dass es eine Freude war, dem beiwohnen zu dürfen. Viele schlaue Sätze gab es im Buch, kluge Worte und auch die ein oder andere gesellschaftliche Kritik. Ich hätte gerne mehr gelesen über die Schwestern, aber auch in der Kürze gab es Erlebnisse genug. Wunderbar!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.