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Murksy

Bewertungen

Insgesamt 183 Bewertungen
Bewertung vom 17.05.2017
Kidd, Jess

Der Freund der Toten


ausgezeichnet

Von der Leseprobe ausgehend, die mit einem brutalen Mord beginnt, war ich eigentlich auf einen Thriller der härteren Gangart eingestellt. Das Buch hat mich dann aber auf wunderbare Weise überrascht, weil es sich als bunter Mix aus Geistergeschichte, Krimi, Familiendrama und Liebesgeschichte entpuppte. Aber nun kurz zum Inhalt:
Nach der Einführung in die Geschichte mit dem besagten Mord entführt uns das Buch immer wieder in das Jahr 1976 und ein verschlafenes Nest in Irland. Eigentlich sind alle ganz zufrieden, wenn auch unterschwellig die eine oder andere Magmakammer brodelt. Eines Tages taucht ein Kerl aus Dublin auf, Lederjacke, Frauenschwarm, mysteriös. Noch viel mysteriöser wird es, als der Leser zeuge wird, wie dem Mann plötzlich die Toten der Stadt erscheinen. Allerdings nicht als böse Dämonen, sondern als eher freundliche, melancholische, wenn auch etwas in ihrer Erinnerung getrübte Geister. Der Mann, wie sofort klar ist, der Sohn der ermordeten Frau, ist auf der Suche nach genau dieser. Obwohl ihm die Bewohner einreden wollen, dass die unsittsame Frau das Dorf freiwillig verlassen hat, ahnt der Mann die Wahrheit. In Form einer alten Frau und einiger anderer Bewohner erhält er Hilfe bei der Suche. Dabei wirbelt er viel Staub auf und sorgt für mächtig Aufruhr, auch unter den Toten, die ebenfalls auf subtile Art und Weise zur Lösung des Rätsels beitragen.
Das Buch ist herrlich leicht und locker geschrieben, vermischt spielerisch und mit einer malerischen Sprache die Genres. Dabei gelingt es der Autorin durchaus glaubwürdig zu bleiben, unterhält mit Humor, aber auch mit Dramatik und Liebeskummer. Eine bunte Mischung, die Spaß macht und trotzdem in die Tiefe geht. Ganz hervorragend!

Bewertung vom 31.03.2017
Cole, Daniel

Ragdoll - Dein letzter Tag / New-Scotland-Yard-Thriller Bd.1


ausgezeichnet

Eine Leiche wird gefunden. Doch dies ist kein einfacher Mord, sondern eine perfide Inszenierung. Die aus sechs verschiedenen Leichen zusammengesetzte Darstellung schwebt an Drähten über dem Boden und deutet mit einem Arm auf das gegenüberliegende Haus. Ausgerechnet auf die Wohnung eines Polizisten. Aber dies ist erst der Anfang einer nervenzerfetzenden und blutigen Geschichte. Denn kurz nach dem Fund wird eine Liste veröffentlicht. Sechs Namen, scheinbar zusammenhangslos. Und ganz unten steht der Name des besagten Polizisten. Der unheimliche Killer scheint der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein, trotz aller grösster Vorsichtsmaßnahmen stirbt das erste Opfer: der Bürgermeister. Äußerst raffiniert geplant und kaltblütig ausgeführt, stirbt der Mann in Polizeischutz. Und unaufhaltsam geht der Mörder die Liste durch. Verzweifelt suchen die Ermittler nach Zusammenhängen. Und tatsächlich, ein alter Fall des Polizisten scheint die Verbindung zu sein. Doch wie stoppt man ein scheinbar allmächtiges Phantom? Gnadenlos verrinnt die Zeit. Und was auch unternommen wird, der Killer ist immer einen Schritt weiter in seiner perversen Jagd.
Pure Spannung bietet dieser perfekt skizzierte Roman. Nicht ohne Grund schlug dieses Debut wie eine Bombe ein. Das Timing passt, die Auflösung ist raffiniert in ein Netz aus Fährten gewebt, die Schockmomente gruslig gut vorbereitet. Dieser Thriller ist ein Muss für Fans des Genres. Hier stimmt wirklich alles und Seite um Seite verfliegt wie die Minuten der nächsten Opfer. Ich hoffe, der Autor kann sich von seinem Strand loslösen und schreibt mehr von dieser Droge! Aber eine Warnung ist angebracht: nichts für schwache Nerven!

Bewertung vom 18.03.2017
Frank, Arno

So, und jetzt kommst du


ausgezeichnet

Erzählt wird der mutmaßlich autobiographisch angehauchte Roman aus Sicht des Sohnes, der in dem Glauben aufwächst, dass sein Vater alles regeln könnte und das Geld sozusagen auf der Straße findet. Um welche Geschäfte es sich dabei handelt, wird dem Leser erst später offenbart. Zunächst scheint das Lebensmotto des Mannes auch zu funktionieren. Die Familie sonnt sich im Luxus, gibt das Geld für teure Dinge aus und macht sich die Gutgläubigkeit der Menschen zu nutze. Auch dass die Familie plötzlich umzieht und zu teilweise dubiosen Bekannten Kontakt aufnimmt, ist für den Sohn noch nicht durchschaubar. Was eine verzweifelte Flucht vor dem Gesetz ist, stellt sich den Kindern zunächst als langer Urlaub dar. Diese Reise führt die Familie durch halb Europa. Der Vater spielt den lässigen Geschäftsmann, der alles im Griff hat. Die Mutter ignoriert am Daumen lutschend die Realität. Und die Kinder werden mit Geschenken und Hunden bei Laune gehalten. Nach und nach vergeht die Zeit, der Junge wird größer und so langsam erwacht in ihm der Zweifel. Was sind das für Geschäfte, die sein Vater in seinem Kämmerchen betreibt? Als die Flucht zunehmend chaotischer wird, die Familie hungern muss und der Vater zu Gewaltausbrüchen neigt, bröckelt die Fassade. Panik und Hoffnungslosigkeit treiben die Familie von einem dürftigen Zufluchtsort zum nächsten. Der Abgrund scheint schon lange erreicht. Auch gut gemeinte Rettungsversuche durch die Großmutter helfen nicht. Letztendlich sieht der Vater sogar eine Fahrt an einen Brückenpfeiler als letzten Ausweg…
Das Buch ist alles, nur nicht komisch. Selbst Ansätze von Schmunzeln bleiben dem Leser schnell im Halse stecken in Anbetracht der Aussichtslosigkeit der Familientragödie. Aus den unschuldig und naiven Blicken des Kindes verfolgt man gebannt, schockiert, aber auch gefesselt die Abwärtsspirale der Flucht. Wie der Tankinhalt des Fluchtfahrzeuges in Frankreich, verrinnt auch die letzte Aussicht auf ein glückliches Ende der Odyssee. Dem Autor gelingt es, durch seine meisterlich bildhafte Erzählweise die Situation authentisch und zum Greifen nahe zu beschreiben. Seite für Seite steigert sich das beklemmende Gefühl, wächst das Erkennen des Jungen der Wahrheit. Das Buch berührt deshalb umso mehr, wird weder der moralische Zeigefinger erhoben noch eine unangebrachte Heroisierung praktiziert. Der Eindruck des Buches wirkt lange nach und lässt den Leser mehr als einmal mit Knoten im Hals und fassungslosem Blick zurück. Ein zutiefst bewegendes Buch und hervorragend erzähltes Erstlingswerk.

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Bewertung vom 18.03.2017
Rayburn, James

Sie werden dich finden


gut

Eine CIA-Mitarbeiterin wird zur Whistleblowerin, weil ihr Mann bei einem Drohnenangriff getötet wird. Ihre Enthüllungen führen dazu, dass Mit- und Zuarbeiter des Geheimdienstes entlassen werden. Somit wird die Frau und ihre kleine Tochter zur Zielscheibe. Die Frau wird zufällig entdeckt, als sie einen Amoklauf verhindert. Wieder muss sie untertauchen. In Thailand versucht sie sich erneut ihren Häschern, die auf Rache sinnen, zu entkommen. Ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter soll ihr dabei helfen. Zunächst sträubt er sich, doch ein Flugzeugabsturz bringt ihn auf eine rettende Idee. Ein angeschnittener Finger soll den Tod der Frau bezeugen. Der Plan geht nicht auf, es gibt Tote und es beginnt ein gefährliches Katz- und Maus-Spiel. Wird der Frau die Flucht gelingen?
Gut, natürlich ist die Geschichte spannend und kurzweilig. Aber letztendlich ist der Plot weder neu, noch ist der Schreibstil überragend. Auch versucht der Autor zu viel in die Geschichte zu packen: nymphomanische Ehefrau und eifersüchtiger (impotenter?) Ehemann, Tochter-Vaterbeziehung, Intrigen, Verschwörungen...alles, was man aus solchen Büchern kennt. Nervig ist auch die immer wiederkehrende Nennung einer mittelmäßigen Whiskymarke, die in Geheimdienstkreisen von scheinbar jedem getrunken wird, oder es ist die Lieblingsmarke des Autors oder sein Sponsor. Logiklücken machen das unausgewogene Bild komplett. Ein CIA-Zuarbeiter kennt sich nach eigener Aussage nicht mit Waffen aus? Ein Killer entführt ein Kind, setzt den Bewacher des Kindes außer Gefecht, lässt den aber leben? Ein klischeehaftes, reißerisches Agentenszenario, dass keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Massenware, nicht mehr.

Bewertung vom 12.03.2017
Stout, Rex

Es klingelte an der Tür / Nero Wolfe Bd.41


ausgezeichnet

Dem heutigen Leserpublikum ist Rex Stout und sein beleibter Privatermittler Nero Wolfe vermutlich gar nicht geläufig. Durchsetzt von rasanten Thrillern und immer neuen Krimireihen der heutigen Zeit, ist dieser Klassiker nur Fans des Genres noch ein Begriff. Eigentlich schade und unverständlich. Denn Stout war ein Freigeist und brillanter Schreiber, der seinen Figuren mit unverwechselbarem Stil und einem lakonischen Sinn für Humor ein Denkmal in der Krimigeschichte gesetzt hat. Viele raffiniert gesponnene Meisterwerke haben Wolfe unsterblich gemacht. So macht sich der Orchideenfreund, Gourmet und Skeptiker der herrschenden Elite auch dieses Mal ans Werk und nimmt einen "absurden" Auftrag an. Er soll dafür sorgen, dass eine betuchte Frau nicht mehr vom FBI belästigt wird. Ausgerechnet das FBI! Allmächtig, unantastbar und scheinbar außerhalb jeglicher Kontrolle, eine Institution, die über unendliche Möglichkeiten verfügt und auch schon bald Wolfe und seine getreuen Mitarbeiter ins Visier nimmt. Doch Wolfe und vor allem seine rechte Hand, Archie Goodwin, machen sich mit Schläue und Unverfrorenheit daran, dem FBI ein geniales Schnäppchen zu schlagen. Wolfe agiert dabei immer nach seinem unausgesprochenen Motto "Was wäre wenn?". Keine Variante der möglichen Lösungen des Falles außer acht lassend, wird in alle Richtungen ermittelt. Kann es sein? Hat tatsächlich das FBI einen Mord verübt? Der Wolf-e hat die Fährte aufgenommen...

Die Geschichte wird aus der Sicht Goodwins erzählt, eher in Form eines Berichtes, was den Leser zwingt, bei der Sache zu bleiben. Der Fall ist verzwickt, und vor allem der Trick, den Wolfe anwendet, will genau beachtet werden. Und das macht unheimlichen Spaß! Genau so müssen Krimis sein. Ein herrlicher, altmodischer Krimi, der mit Wortwitz und Raffinesse überzeugt. Die Geschichte ist dabei beinahe Nebensache, sind alle Stout-Bücher doch ein literarisch-kriminologischer Hochgenuss. Man kann dem Verlag gar nicht genügend Dank aussprechen, dass er den über 50 Jahre alten Roman in neuem Gewand erscheinen lässt. Und dieses Gewand wurde glanzvoll verziert durch die neue Übersetzung von Conny Lösch. Einfach nur hervorragend, wie es der Übersetzerin gelingt, den guten alten Flair der damaligen Zeit mit einer durchgehend passenden Wortwahl zu verkleiden, so dass der Leser gleichzeitig jegliches Zeitgefühl verliert (das Wort zeitlos trifft für diesen Roman absolut zu) und trotzdem den Esprit des alten New Yorks mit jeder Zeile einatmet. Das ist größter Lesegenuss. Ich kann nur hoffen, dass es noch mehr solcher mitreißender Neuauflagen gibt.
Abgerundet wird das Buch durch ein Nachwort, das die politische Bandbreite des Buches und die Gegebenheiten um den Denker Stout erläutert, sowie ein paar Seiten aus dem Archiv des Autors. Für jeden wahren Krimifan ist das Buch ein Quell purer Lesefreude

Bewertung vom 07.03.2017
Knapp, Radek

Der Mann, der Luft zum Frühstück aß


sehr gut

Kann man von Luft leben? Komische Frage, nicht wahr? Doch vielmehr sollte die Frage lauten, was man wirklich zum Leben braucht, was einen glücklich macht. Walerian (von seiner Mutter nach einem Schlafmittel benannt) wird in jungen Jahren zum unfreiwilligen Imigranten. Seine Mutter nimmt ihn von Polen nach Österreich mit, erhofft sich ein besseres Leben. Von da an muss der Junge sich in der neuen Welt zurechtfinden. Die Sprache ist kompliziert, das Gehabe der Menschen noch mehr. Langsam lernt der Junge, wird erwachsen und kämpft sich mit Glück und kleinen Jobs durchs Leben. Nicht so recht wissend, was er eigentlich will, findet er zunächst den Sinn des Lebens und auch einen Hauch Liebe. Und er lernt, das man weder Porsche noch hochbezahlten Beruf braucht, sondern viel mehr Mitgefühl und Menschenverstand.
Das kleine Buch (größter Kritikpunkt: happiger Preis für gute 120 Seiten) bezaubert durch seine lockere Sprache, viel Humor und die ganz eigene Sicht des Helden auf seine Umwelt. Der polnische Glücksritter lässt die Probleme unserer Konsumgesellschaft klein erscheinen, rettet sogar ein Leben und beweist, das Menschlichkeit das höchste Gut ist. Ein tieferer Sinn in einem auf den ersten Blick vielleicht albern erscheinenden Roman verpackt, Mission gelungen. Ein kurzweiliges Vergnügen, das Hoffnung macht, wenn auch stellenweise etwas mehr Substanz angebracht gewesen wäre.

Bewertung vom 25.02.2017
Janssen, Freddie

Saures


sehr gut

Kennen Sie Kimchi? Dann sind sie vermutlich Hobbykoch und mit diesem Buch gut bedient, falls Sie den kochtechnischen Horizont ausbauen wollen. Der Unterschied zwischen Fermentieren und Einlegen wird erklärt, es gibt jede Menge exotisch anmutender Rezepte und endlich weiß ich, was in Asien statt Spaghetti Bolognese gegessen wird. Das Buch ist informativ und strukturiert aufgebaut, für meinen Geschmack teilweise etwas zu ausgefallen in der Zutatenwahl (in der Stadt sind die Ingredienzien sicher leichter zu beschaffen) und das Design des Buches ist mir insgesamt zu dunkel. Deshalb nur 4 von 5 Sternen. Da ich aber gerne asiatisch und scharf esse, werde ich mich an das eine oder andere Kochabenteuer wagen, um so die Küche etwas aufzupeppen. Inspiration und Neugiereffekt bietet das Buch jede Menge.

Bewertung vom 25.02.2017
Sola, Yann

Gefährliche Ernte / Perez Bd.2


gut

Ist das Leben nicht schön? Gemütlichkeit, gutes Essen und kein Problem, dass sich nicht mit einer Flasche Wein regeln ließe. So muss es in Südfrankreich sein! Perez, halb Winzer, halb Lebemann mit etwas krimineller Energie fühlt sich wohl in dieser Welt. Wäre da nicht seine nervende Ex und eine Tochter, die ausgerechnet einen Kellner heiraten wollte. Doch als im Weinberg seines Vaters eine Leiche entdeckt wird, ist auch die letzte Ruhe dahin. Peres ermittelt in dem Todesfall. Zum Einen ist der Tote kein Unbekannter. Zum Anderen gilt es das Geheimnis seines "Creus" zu schützen, eines sagenumwitterten Weines, der Perez finanziell über Wasser hält. Mit den Ermittlungen steigt die Gesundheitsgefährdung des beliebten Hobbydetektives enorm. Es beginnt eine mediterrane Mördersuche.

Lokale Krimis sind in. Spiegeln sie doch immer eine gewisse Lebensart wieder. In diesem Fall das beschauliche Provinzleben in Frankreich. Leider ist das als Krimi nicht allzu spannend. Logiklücken, hilflose Polizei und jede Menge Klischees ziehen das Buch in die Länge. Seichte Krimikost für alle, die nicht viel Wert auf authentische Ermittlungen legen, sondern sich am Flair von Sonne, Wein und lakonischen Freizeitpolizisten erfreuen. Nett geschrieben, aber nicht wirklich fesselnd. Spannung und Nervenkitzel deuten sich nur an. Andererseits muss auch nicht jeder Krimi mit brutalen Schockeffekten aufwarten. Das Buch wird seinen Leserkreis finden.

Bewertung vom 08.02.2017
Burnet, Graeme Macrae

Sein blutiges Projekt


ausgezeichnet

Historische Aufarbeitung eines Verbrechens oder raffiniert gesponnener Roman? Diese Frage stellt sich der faszinierte Leser immer wieder. Der großartige Roman behandelt das Verbrechen eines 17jährigen Jungen in einer Zeit, die geprägt war von Armut und der despotischen Herrschaft der besseren Gesellschaft. Obwohl der Lehrer dem jungen Roddy große Möglichkeiten vorhersagt, kann dieser seinem Schicksal nicht entkommen. Einmal Crofter, immer Crofter. Dazu verdammt, das karge Feld zu bearbeiten und einen Berg Schulden ohne Aussicht auf Erfolg abzutragen. Gedemütigt von dem sadistischen Constable und verschmäht von seiner Liebe, der Tochter des besagten Tyrannen, greift Roddy eines Tages zum Äußersten und tötet drei Menschen. Die (fiktiven?) Aufzeichnungen des Gefangenen und diverse Protokolle geben den Rahmen für das psychologische Abbild einer Welt ohne Ausweg. Arm bleibt arm, reich bleibt reich. Der Mord nur als Symbol einer ausweglosen Situation eines Jungen, der soviel Chancen verdient hätte, aber nicht aus seiner Haut kann und seinem trostlosen Ende entgegenfällt. Der Roman ist grandios geschrieben, die armseeligen Verhältnisse, das Leiden der Menschen unter der Knechtschaft der Obrigkeit und die Charakter so glaubhaft dargestellt, dass man den Gestank der Behausung förmlich riecht und das Leid der Protagonisten fast körperlich spürt. Eine Meisterleistung und ein raffiniert aufgebautes Buch. Sensationell gut!

Bewertung vom 07.02.2017
McKinty, Adrian

Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5


ausgezeichnet

Ich gebe es zu, ich bin voreingenommen. Ich kenne manche Bücher des Autors, ich kenne Duffy. Und ich bin immer wieder begeistert. Mein Urteil zu diesem Buch deshalb frei heraus: Hervorragend!
In seinem neuesten Fall muss der melancholisch-realistische Polizist mit dem gewissen Sinn für Humor zu einem Hotel. Eigentlich unter seiner Würde. Gerade erst von seiner Freundin verlassen soll er jetzt die verschwundene Brieftasche eines finnischen Geschäftsmannes finden. Anscheinend gab es keine Möglichkeit, das Zimmer zu betreten. Bald tut Sean Duffy den Fall als Streich ab. Kurz begegnet er noch einer hübschen Journalistin, die wohl eine Story wittert. Dann macht sich Duffy resigniert zu seiner geliebten Musik und seinem noch mehr geliebten Whisky (vornehmlich schottischer). Wie wir später im Buch noch erfahren, spielt der Mann sogar ganz passabel Klavier. Gibt aber dass Geld lieber für Spirituosen aus, als in ein Instrument zu investieren.
Doch die Ruhe währt nicht lange. Er wird zu einem Castle gerufen. Selbstmord. Eine Frau ist in der Nacht vom Burgfried gesprungen. Das Rätsel an der Sache, der Hausmeister und Kassenwart hat bei seinen Rundgängen niemanden gesehen. Was Duffy stutzig macht ist der Schuh der Toten (richtig erraten: die Journalistin), denn der ist am falschen Fuß. Doch es gab für einen Mörder keinen Weg in oder aus der Burg heraus. Der verdächtige Hausmeister scheidet als Täter zunächst aus.
Kurze Zeit später wird ein Polizist in seinem Auto in die Luft gesprengt. IRA? Oder besteht ein Zusammenhang mit der Toten? Duffy ermittelt und stößt in ein Wespennest. Nun muss auch er um sein Leben fürchten. Mit trockenem Humor und viel Alkohol macht er sich an den kniffligen Fall.

Einfach grandios, wie McKinty die 80er beschreibt und eine Zeit aufleben läßt, die von Popmusik und dem Blick unter das Auto geprägt ist (IRA bombt fleißig um sich). So winzige Details wie ein Walkman für KASSETTEN lassen den Leser grinsen und in Erinnerungen schwelgen. Hinzu läßt McKinty seinen lakonischen Duffy auf Mörderhatz gehen ohne aus dem Ermittler einen Aktionhelden oder James-Bond-Verschnitt zu machen. Wenn Duffy einsam ist trinkt er, macht Scherze und legt sich auch mit den Obrigkeiten an. Wenn dann noch reale Personen (Savile) geschickt in die Geschichte eingewoben werden, entsteht höchster Krimigenuss. McKinty wird immer besser!