Benutzer
Benutzername: 
Murksy

Bewertungen

Insgesamt 179 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2017
Stout, Rex

Es klingelte an der Tür / Nero Wolfe Bd.41


ausgezeichnet

Dem heutigen Leserpublikum ist Rex Stout und sein beleibter Privatermittler Nero Wolfe vermutlich gar nicht geläufig. Durchsetzt von rasanten Thrillern und immer neuen Krimireihen der heutigen Zeit, ist dieser Klassiker nur Fans des Genres noch ein Begriff. Eigentlich schade und unverständlich. Denn Stout war ein Freigeist und brillanter Schreiber, der seinen Figuren mit unverwechselbarem Stil und einem lakonischen Sinn für Humor ein Denkmal in der Krimigeschichte gesetzt hat. Viele raffiniert gesponnene Meisterwerke haben Wolfe unsterblich gemacht. So macht sich der Orchideenfreund, Gourmet und Skeptiker der herrschenden Elite auch dieses Mal ans Werk und nimmt einen "absurden" Auftrag an. Er soll dafür sorgen, dass eine betuchte Frau nicht mehr vom FBI belästigt wird. Ausgerechnet das FBI! Allmächtig, unantastbar und scheinbar außerhalb jeglicher Kontrolle, eine Institution, die über unendliche Möglichkeiten verfügt und auch schon bald Wolfe und seine getreuen Mitarbeiter ins Visier nimmt. Doch Wolfe und vor allem seine rechte Hand, Archie Goodwin, machen sich mit Schläue und Unverfrorenheit daran, dem FBI ein geniales Schnäppchen zu schlagen. Wolfe agiert dabei immer nach seinem unausgesprochenen Motto "Was wäre wenn?". Keine Variante der möglichen Lösungen des Falles außer acht lassend, wird in alle Richtungen ermittelt. Kann es sein? Hat tatsächlich das FBI einen Mord verübt? Der Wolf-e hat die Fährte aufgenommen...

Die Geschichte wird aus der Sicht Goodwins erzählt, eher in Form eines Berichtes, was den Leser zwingt, bei der Sache zu bleiben. Der Fall ist verzwickt, und vor allem der Trick, den Wolfe anwendet, will genau beachtet werden. Und das macht unheimlichen Spaß! Genau so müssen Krimis sein. Ein herrlicher, altmodischer Krimi, der mit Wortwitz und Raffinesse überzeugt. Die Geschichte ist dabei beinahe Nebensache, sind alle Stout-Bücher doch ein literarisch-kriminologischer Hochgenuss. Man kann dem Verlag gar nicht genügend Dank aussprechen, dass er den über 50 Jahre alten Roman in neuem Gewand erscheinen lässt. Und dieses Gewand wurde glanzvoll verziert durch die neue Übersetzung von Conny Lösch. Einfach nur hervorragend, wie es der Übersetzerin gelingt, den guten alten Flair der damaligen Zeit mit einer durchgehend passenden Wortwahl zu verkleiden, so dass der Leser gleichzeitig jegliches Zeitgefühl verliert (das Wort zeitlos trifft für diesen Roman absolut zu) und trotzdem den Esprit des alten New Yorks mit jeder Zeile einatmet. Das ist größter Lesegenuss. Ich kann nur hoffen, dass es noch mehr solcher mitreißender Neuauflagen gibt.
Abgerundet wird das Buch durch ein Nachwort, das die politische Bandbreite des Buches und die Gegebenheiten um den Denker Stout erläutert, sowie ein paar Seiten aus dem Archiv des Autors. Für jeden wahren Krimifan ist das Buch ein Quell purer Lesefreude

Bewertung vom 07.03.2017
Knapp, Radek

Der Mann, der Luft zum Frühstück aß


sehr gut

Kann man von Luft leben? Komische Frage, nicht wahr? Doch vielmehr sollte die Frage lauten, was man wirklich zum Leben braucht, was einen glücklich macht. Walerian (von seiner Mutter nach einem Schlafmittel benannt) wird in jungen Jahren zum unfreiwilligen Imigranten. Seine Mutter nimmt ihn von Polen nach Österreich mit, erhofft sich ein besseres Leben. Von da an muss der Junge sich in der neuen Welt zurechtfinden. Die Sprache ist kompliziert, das Gehabe der Menschen noch mehr. Langsam lernt der Junge, wird erwachsen und kämpft sich mit Glück und kleinen Jobs durchs Leben. Nicht so recht wissend, was er eigentlich will, findet er zunächst den Sinn des Lebens und auch einen Hauch Liebe. Und er lernt, das man weder Porsche noch hochbezahlten Beruf braucht, sondern viel mehr Mitgefühl und Menschenverstand.
Das kleine Buch (größter Kritikpunkt: happiger Preis für gute 120 Seiten) bezaubert durch seine lockere Sprache, viel Humor und die ganz eigene Sicht des Helden auf seine Umwelt. Der polnische Glücksritter lässt die Probleme unserer Konsumgesellschaft klein erscheinen, rettet sogar ein Leben und beweist, das Menschlichkeit das höchste Gut ist. Ein tieferer Sinn in einem auf den ersten Blick vielleicht albern erscheinenden Roman verpackt, Mission gelungen. Ein kurzweiliges Vergnügen, das Hoffnung macht, wenn auch stellenweise etwas mehr Substanz angebracht gewesen wäre.

Bewertung vom 25.02.2017
Janssen, Freddie

Saures


sehr gut

Kennen Sie Kimchi? Dann sind sie vermutlich Hobbykoch und mit diesem Buch gut bedient, falls Sie den kochtechnischen Horizont ausbauen wollen. Der Unterschied zwischen Fermentieren und Einlegen wird erklärt, es gibt jede Menge exotisch anmutender Rezepte und endlich weiß ich, was in Asien statt Spaghetti Bolognese gegessen wird. Das Buch ist informativ und strukturiert aufgebaut, für meinen Geschmack teilweise etwas zu ausgefallen in der Zutatenwahl (in der Stadt sind die Ingredienzien sicher leichter zu beschaffen) und das Design des Buches ist mir insgesamt zu dunkel. Deshalb nur 4 von 5 Sternen. Da ich aber gerne asiatisch und scharf esse, werde ich mich an das eine oder andere Kochabenteuer wagen, um so die Küche etwas aufzupeppen. Inspiration und Neugiereffekt bietet das Buch jede Menge.

Bewertung vom 25.02.2017
Sola, Yann

Gefährliche Ernte / Perez Bd.2


gut

Ist das Leben nicht schön? Gemütlichkeit, gutes Essen und kein Problem, dass sich nicht mit einer Flasche Wein regeln ließe. So muss es in Südfrankreich sein! Perez, halb Winzer, halb Lebemann mit etwas krimineller Energie fühlt sich wohl in dieser Welt. Wäre da nicht seine nervende Ex und eine Tochter, die ausgerechnet einen Kellner heiraten wollte. Doch als im Weinberg seines Vaters eine Leiche entdeckt wird, ist auch die letzte Ruhe dahin. Peres ermittelt in dem Todesfall. Zum Einen ist der Tote kein Unbekannter. Zum Anderen gilt es das Geheimnis seines "Creus" zu schützen, eines sagenumwitterten Weines, der Perez finanziell über Wasser hält. Mit den Ermittlungen steigt die Gesundheitsgefährdung des beliebten Hobbydetektives enorm. Es beginnt eine mediterrane Mördersuche.

Lokale Krimis sind in. Spiegeln sie doch immer eine gewisse Lebensart wieder. In diesem Fall das beschauliche Provinzleben in Frankreich. Leider ist das als Krimi nicht allzu spannend. Logiklücken, hilflose Polizei und jede Menge Klischees ziehen das Buch in die Länge. Seichte Krimikost für alle, die nicht viel Wert auf authentische Ermittlungen legen, sondern sich am Flair von Sonne, Wein und lakonischen Freizeitpolizisten erfreuen. Nett geschrieben, aber nicht wirklich fesselnd. Spannung und Nervenkitzel deuten sich nur an. Andererseits muss auch nicht jeder Krimi mit brutalen Schockeffekten aufwarten. Das Buch wird seinen Leserkreis finden.

Bewertung vom 08.02.2017
Burnet, Graeme Macrae

Sein blutiges Projekt


ausgezeichnet

Historische Aufarbeitung eines Verbrechens oder raffiniert gesponnener Roman? Diese Frage stellt sich der faszinierte Leser immer wieder. Der großartige Roman behandelt das Verbrechen eines 17jährigen Jungen in einer Zeit, die geprägt war von Armut und der despotischen Herrschaft der besseren Gesellschaft. Obwohl der Lehrer dem jungen Roddy große Möglichkeiten vorhersagt, kann dieser seinem Schicksal nicht entkommen. Einmal Crofter, immer Crofter. Dazu verdammt, das karge Feld zu bearbeiten und einen Berg Schulden ohne Aussicht auf Erfolg abzutragen. Gedemütigt von dem sadistischen Constable und verschmäht von seiner Liebe, der Tochter des besagten Tyrannen, greift Roddy eines Tages zum Äußersten und tötet drei Menschen. Die (fiktiven?) Aufzeichnungen des Gefangenen und diverse Protokolle geben den Rahmen für das psychologische Abbild einer Welt ohne Ausweg. Arm bleibt arm, reich bleibt reich. Der Mord nur als Symbol einer ausweglosen Situation eines Jungen, der soviel Chancen verdient hätte, aber nicht aus seiner Haut kann und seinem trostlosen Ende entgegenfällt. Der Roman ist grandios geschrieben, die armseeligen Verhältnisse, das Leiden der Menschen unter der Knechtschaft der Obrigkeit und die Charakter so glaubhaft dargestellt, dass man den Gestank der Behausung förmlich riecht und das Leid der Protagonisten fast körperlich spürt. Eine Meisterleistung und ein raffiniert aufgebautes Buch. Sensationell gut!

Bewertung vom 07.02.2017
McKinty, Adrian

Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5


ausgezeichnet

Ich gebe es zu, ich bin voreingenommen. Ich kenne manche Bücher des Autors, ich kenne Duffy. Und ich bin immer wieder begeistert. Mein Urteil zu diesem Buch deshalb frei heraus: Hervorragend!
In seinem neuesten Fall muss der melancholisch-realistische Polizist mit dem gewissen Sinn für Humor zu einem Hotel. Eigentlich unter seiner Würde. Gerade erst von seiner Freundin verlassen soll er jetzt die verschwundene Brieftasche eines finnischen Geschäftsmannes finden. Anscheinend gab es keine Möglichkeit, das Zimmer zu betreten. Bald tut Sean Duffy den Fall als Streich ab. Kurz begegnet er noch einer hübschen Journalistin, die wohl eine Story wittert. Dann macht sich Duffy resigniert zu seiner geliebten Musik und seinem noch mehr geliebten Whisky (vornehmlich schottischer). Wie wir später im Buch noch erfahren, spielt der Mann sogar ganz passabel Klavier. Gibt aber dass Geld lieber für Spirituosen aus, als in ein Instrument zu investieren.
Doch die Ruhe währt nicht lange. Er wird zu einem Castle gerufen. Selbstmord. Eine Frau ist in der Nacht vom Burgfried gesprungen. Das Rätsel an der Sache, der Hausmeister und Kassenwart hat bei seinen Rundgängen niemanden gesehen. Was Duffy stutzig macht ist der Schuh der Toten (richtig erraten: die Journalistin), denn der ist am falschen Fuß. Doch es gab für einen Mörder keinen Weg in oder aus der Burg heraus. Der verdächtige Hausmeister scheidet als Täter zunächst aus.
Kurze Zeit später wird ein Polizist in seinem Auto in die Luft gesprengt. IRA? Oder besteht ein Zusammenhang mit der Toten? Duffy ermittelt und stößt in ein Wespennest. Nun muss auch er um sein Leben fürchten. Mit trockenem Humor und viel Alkohol macht er sich an den kniffligen Fall.

Einfach grandios, wie McKinty die 80er beschreibt und eine Zeit aufleben läßt, die von Popmusik und dem Blick unter das Auto geprägt ist (IRA bombt fleißig um sich). So winzige Details wie ein Walkman für KASSETTEN lassen den Leser grinsen und in Erinnerungen schwelgen. Hinzu läßt McKinty seinen lakonischen Duffy auf Mörderhatz gehen ohne aus dem Ermittler einen Aktionhelden oder James-Bond-Verschnitt zu machen. Wenn Duffy einsam ist trinkt er, macht Scherze und legt sich auch mit den Obrigkeiten an. Wenn dann noch reale Personen (Savile) geschickt in die Geschichte eingewoben werden, entsteht höchster Krimigenuss. McKinty wird immer besser!

Bewertung vom 21.01.2017
Mulhauser, Travis

Sweetgirl


sehr gut

Percy ist 16, gehört eher zu den Verlierern und lebt leider auch in einer Welt der Verlierer. Ihre Mutter ist drogensüchtig und im Bekanntenkreis sieht es auch nicht besser aus. Eines Tages sucht Percy mal wieder nach ihrer Mutter. Sie fährt durch die verschneiten Berge, will zu dem ortsansässigen Drogendealer und König der Verlierer Shelton. Da sie mit ihrem Auto nicht weiter kommt, geht sie den Rest zu Fuß. Doch in der Drogenhöhle findet sie nicht ihre Mutter, sondern Shelton und seine Freundin total zugedröhnt. In einem Zimmer liegt der tote Hund des Mannes und in einem weiteren Raum ein Säugling. Das Mädchen ist verwahrlost, fast erfroren. Percy nimmt kurzerhand die kleine Jenna mit und flieht zu einem Bekannten. Gemeinsam beginnt eine wilde Flucht. Shelton, mittlerweile aufgewacht, sucht benebelt nach dem Kind und organisiert einen halbherzigen Suchtrupp mit der leeren Versprechung einer Belohnung. Da fast alle Beteiligten der Suche den Drogen verfallen sind, verläuft das Ganze chaotisch und blutig. Und langsam aber sicher zieht sich der Kreis um die Flüchtenden zu…
Gewürzt mit hintergründigem Humor entwickelt sich ein eiskalter Roadtrip durch den Schnee. Der Leser empfindet sogar Mitleid mit den „Bösen“ und hofft auf ein gutes Ende in dieser Ballade. Kurzweilig und spannend lenkt das Buch die Charaktere zu ihrer Bestimmung. Dabei wird weder der Moralzeigefnger erhoben, noch verurteilt. Letztendlich suchen alle nach ihrer Portion Glück. Auch Shelton, der zu Liebe fähig ist und ohne Drogen eine Chance hätte. So irrt er aber durch eine Phantasiewelt und sieht sogar seinen toten Hund in einem Rehbock wieder. Doch das sind keine Lacher, sondern Momente, die nachdenklich machen. Man fragt sich, was wäre wenn. Wenn alles im Leben etwas anders gelaufen wäre. So legt sich ein Hauch Traurigkeit über den eisigen Schnee und erst nach anstrengendem Graben findet sich so etwas wie Hoffnung und Menschlichkeit. Wundervoller Roman, der vielschichtiger und tiefgreifender ist, als man zunächst vermuten möchte.

Bewertung vom 03.01.2017
Callaghan, Helen

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest


ausgezeichnet

Margot ist Lehrerin und schreibt nebenbei eine Selbsthilfekolumne. Die Zuschriften drehen sich um die üblichen Teenagerprobleme, Liebeskummer, Verhütung, Schwangerschaft. Margot ist auch dumme oder falsche Zuschriften gewöhnt, immerhin unterrichtet sie heranwachsende Jugendliche. Doch eines Tages kommt ein verstörender Brief. Ein Entführungsopfer fleht um Hilfe, sie sei gefangen und müsse bald sterben. Unterschrieben hat eine gewisse Bethany, aber diese ist vor Ewigkeiten entführt worden und gilt als Tod. Wer also schreibt die Briefe, nennt sogar den Namen des Entführers? Margot wendet sich an die Polizei. Diese ist skeptisch, glaubt nicht an die Echtheit der Briefe. Doch ein Handschriftenvergleich deutet tatsächlich auf Bethany. Und als auch n och Margot mit einem Messer angegriffen wird, ist klar, dass mehr hinter den Briefen einer angeblich Toten stecken muss.

Die Geschichte um entführte Mädchen oder Frauen, die in Serie verschwinden und getötet werden, ist zugegebener Maßen nicht neu. Trotzdem gelingt es der Autorin mit einer interessanten Vorgehensweise und einem raffinierten Dreh der Handlung, eine spannende und kurzweilige Thrillerstunde zu erschaffen. Die verzweifelte Suche der Margot gepaart mit den Schnitten auf das jüngste Entführungsopfer, das in einem Versteck ihrem Peiniger hilflos ausgeliefert ist, geht an die Nerven. Nicht alles ist logisch, aber in der weiten Welt der Psychopathen und der Psyche muss das auch nicht immer sein. Guter Thriller, der die Seiten nur so fliegen lässt.

Bewertung vom 03.01.2017
Stöttinger, Karin

Shaking Salad - Low Carb


ausgezeichnet

Als begeisterter Hobbykoch freue ich mich natürlich immer über Neues und Kreatives. Mit dem Buch Shaking Salad (hätte auch an einem deutschen "Schüttel-Salat" nichts auszusetzen) ist genau das in meine Hände gekommen. Die Grundidee, Salat in einem Glas vorzubereiten, gut durchzuschütteln und dann das Ganze als Mittagessen oder Mitbringsel mitzunehmen, ist einfach genial. Das Buch selber strahlt eine gesunde Lebensfreude aus, schöne Fotos, angenehmer Weise keine seitenlangen wissenschaftlichen Abhandlungen über low-carb und eine praktikable Einteilung in die verschiedenen Grundarten (Vegetarisch, Fleisch usw.). Ich habe einfach mal auf gut Glück eine Seite aufgeschlagen und das Ganze versucht. Teilweise etwas aufwendig, die passenden Zutaten zu besorgen, aber man ist ja flexibel. Das Ergebnis war lecker und vom Zubereitungsaufwand angenehm minimalistisch. Geschmackstechnisch ist für jeden was dabei. Teilweise muten die Namen exotisch an, aber wer keinen Oktopus mag, kann auch zu Räucherlachs greifen. Bin wirklich begeistert. Salate für jede Gelegenheit. Abschließender Tipp: nicht zuviel ins Glas füllen, dann schüttelt es sich leichter.

Bewertung vom 09.12.2016
Coelho, Paulo

Die Spionin


sehr gut

Coelho ist ein großer Erzähler, aus kleinen Geschichten vermag er wunderbare Bücher zu zaubern, die fesseln. Auch in diesem Fall ist ihm das wieder gelungen. Die reale Figur Mata Hari lässt er in fiktiven Briefen von ihrem Leben erzählen. Ein Leben geprägt von unerfüllter Liebe, brutaler sexueller Gewalt und dem Drang reich und damit unabhängig zu sein. Dass das nicht zwangsläufig Freiheit bedeutet, musste die Spionin blutig erfahren. Coelho zeigt sich als nüchterner Betrachter, gibt keine Wertung ab, sondern lässt seine Hauptfigur selbst urteilen. Er kreiert das Bild einer missverstandenen Frau, die sich naiv auf ein gefährliches Spiel einlässt. Uninteressiert an der politischen Landschaft, scheint sie es für ein lukratives Spiel zu halten, sich zwei Seiten als Informantin anzubieten, bzw. anwerben zu lassen. Wie wichtig die Informationen waren, mag dahin gestellt sein. Für die Behörden war sie ein gefundenes Fressen und ein herrliches Bauernopfer. Vermutlich war sie wirklich zur falschen Zeit geboren, konnte, nein durfte nicht die Freiheit ausleben, die sie wollte. Letztendlich stirbt sie einsam und ohne jemals geliebt zu haben, ein ewiges Sinnbild der verruchten Frau, die ihr Vaterland hintergeht, um Macht und Ruhm zu erlangen. Die Verzweiflung der Frau wird fein von Coelho skizziert. Eine Frau auf ihrer persönlichen Suche nach dem Glück, dass ihr immer verwehrt blieb. Etwas tiefgründiger hätte das Buch sein dürfen, ein paar Details mehr aus der realen Welt. So gerät das Buch recht kurz und kratzt leider stellenweise nur zu oberflächlich an der historischen Vorlage. Aber Coelho war wohl mehr an der Figur interessiert, als an der geschichtlichen Auswirkung, so es die wirklich gab oder gibt. Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch des Meisters.