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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1078 Bewertungen
Bewertung vom 21.12.2024
Mühlfellner, Margot

Die Akte Graz


ausgezeichnet

Dieser Krimi ist dem Vernehmen nach der Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe, der in der Hauptstadt der Steiermark, in Graz, spielt.

Worum geht’s?

Chefinspektorin Marlene Kranz ist vor Kurzem aus Wien in ihre Heimat Graz zurückgekehrt. Nicht ganz freiwillig, wie es scheint. Noch bevor sie sich so richtig eingelebt hat, muss sie sich schon bewähren. Denn am Morgen nach der Eröffnung der Fotoausstellung des berühmten Fotografen Gustav Zierach im Grazer Kunsthaus wird Alexandra Walfrad, die für Zierach auf der bekannten Doppelwendeltreppe in der Grazer Burg für ein Foto Modell gestanden hat, ist just auf jener Treppe, genau wie auf dem Foto inszeniert, tot aufgefunden.

Für Marlene Kranz und ihr Team beginnt die mühevolle Kleinarbeit, denn die Gästeliste der Vernissage umfasst mehrere Hundert Personen. Hilfreich erweist sich, dass ausgerechnet Marlenes Schulfreund Franky als Pressefotograf Tausende Fotos von der Veranstaltung gemacht hat und die Stimmung dort auf seinen Bildern eingefangen hat.

Wenig später wird ein weiteres Fotomodell vermisst. Zufall? Oder hat es hier jemand auf schöne Frauen abgesehen?
Jedenfalls ergreift Marlene Kranz mit Rückendeckung ihres Vorgesetzten ungewöhnliche Maßnahmen. Unterstützung erhält sie dabei nicht nur von einem jungen Streifenbeamten und ihrem Kollegen sondern auch von Franky.

Meine Meinung:

Gleich vorweg, ich habe diesen Krimi in einer Nacht gelesen. Da ich Graz, die Hauptstadt der Steiermark, und ihre verwinkelten Gassen wie die Sporgasse recht gut kenne, habe ich mich gleich wie zu Hause gefühlt, und war gleich mitten im Geschehen rund um das Kunsthaus Graz. Schmunzeln musste ich über die Aktion mit der Einsatzgruppe Cobra auf dem Grazer Hausberg Schöckl.

Margot Mühlfellner schafft es, die Spannung stets zu steigern und den Spannungsbogen hoch zu halten.

Die Charaktere, vor allem Marlene sind sehr gut gezeichnet. Niemand, außer ihrem Vorgesetzten weiß, warum sie sich von Wien nach Graz versetzen hat lassen und warum sie ihren Kollegen, trotz des steirischen Brauch, alle zu duzen, so distanziert erscheint. Auch die Leser wissen es nicht, doch in kleinen Portionen erfahren wir, dass in Wien etwas passiert sein muss, was Marlene Kranz aus dem Gleichgewicht geworfen hat. Dazu verwendet die Autorin einen interessanten Kunstgriff: Wir dürfen bei den Therapiegesprächen zwischen Marlen und dem Psychotherapeuten dabei sein. Zunächst wehrt sie sich gegen die Gespräche, die allerdings Bedingung für die Wiedereinsetzung in den Dienst notwendig sind, doch langsam öffnet sie sich dem Therapeuten gegenüber.

Auch die anderen Charaktere wie der Fotograf Zierach oder der Direktor des Kunsthauses Graz, der auf mich wie eine aufgeblasene Kröte wirkt, erhalten eine besondere persönliche Note.

Gut gefällt mir, dass neben dem Kunsthaus auch andere Plätze wie eben die Doppelwendeltreppe in der Grazer Burg, die Murinsel, jenes futuristische Gebilde, das anlässlich der Ernennung von Graz zu Kulturhaupstadt Europas 2003 errichtet wurde, „mitspielen“ dürfen. Die Autorin wirft auch einen Blick auf die quasi soziale Zweiteilung von Graz, in eine diesseits und jenseits der Mur gelegene Stadt. Auf der einen Seite (ich verrate jetzt aber nicht welche) leben jene, die es geschafft haben und auf der anderen, die, die noch nicht so weit sind.

Fazit:

Ich hoffe auf eine baldige Fortsetzung dieser Krimi-Reihe, die durch ein durchdachtes Konzept und einen hohen Spannungsbogen besticht. Gerne gebe ich diesem Reihen-Auftakt 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.12.2024
Conrath, Martin

Das 13. Opfer / Kohle, Stahl und Mord Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Worum geht’s?

Bei einem Kontrollgang in der aufgelassenen Zeche Ludwig durch Werner Flemming und einen Kollegen kommt es zu einem einem Wassereinbruch, in Folge dessen die sterblichen Überreste jener zwölf Kumpel, die vor 34 Jahren bei einem Grubenunglück verschüttet worden sind, freigelegt werden. Die Überraschung ist groß, als neben diesen Skeletten ein 13. gefunden wird, in dessen Schädel ein Einschussloch inklusive Kugel gefunden wird. Der Fund löst in Flemming Erinnerungen aus, die er kaum bewältigen kann, gehört er doch zu jenen Bergmännern, die damals gerettet werden konnten.

Recht bald ist nicht nur die Identität des bislang Unbekannten enthüllt, sondern auch seine fiesen Finanzgeschäfte, die einen großen Teil der Kumpel um ihre Ersparnisse gebracht hat.

Und was hat der aktuelle Oberbürgermeister, der damals ebenfalls im Schacht war, und, weil er einen Teil der Schicht retten konnte, als Held gefeiert worden, zu verbergen?

Nicht nur die polizeilichen Ermittlungen laufen auf Hochtouren, sondern auch Journalist Tim Harms recherchiert. Wird Kriminalhauptkommissarin Elin Akay mit ihrem Team, zu dem auch Jana Fäller, eine forensische Psychologin gehört, den Täter finden?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der Auftakt zu einer interessanten Krimi-Reihe aus dem Kohleabbaugebiet in Essen und zugleich mein erster von Martin Conrath.

Als Wienerin habe ich mit dem Bergbau nur wenig am Hut. Allerdings war einer meiner Großonkel Bergmann im Braunkohlebergwerk in St. Stefan im Lavanttal (Kärnten), das nach einem Grubenunglück 1967, ein Jahr später geschlossen worden ist. Zusätzlich habe ich im Frühjahr 2024 die Zeche Zollern in Dortmund besichtigt, weshalb ich mich dieser Krimi gleich angefixt hat.

Martin Conrath hat einen höchst spannenden Krimi geschrieben, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Was ist vor 34 Jahren wirklich geschehen? Welche Rolle spielt das finanzielle Desaster, das der 13. Tote angerichtet hat?

Der Autor schafft es, die Spannung vor allem durch die abwechselnde Erzählung auf zwei Zeitebenen, hochzuhalten. Auch die persönlichen Beziehungen zwischen den Akteuren und ihren Angehörigen tragen dazu bei, dass es keine Erholungspausen gibt, bis der komplexe Fall gelöst ist.

Für alle jene, die keinen Bezug zum Bergbau haben, sind die Arbeiten unter Tage eindrücklich geschildert. Trotzdem kann man sich die schwere Arbeit und die Gefahren, die im Berg lauern, kaum vorstellen. Eine kleine Anmerkung habe ich, wenn die Reihe fortsetzt wird: Ein Glossar, das die zahlreichen bergmännischen Ausdrücke noch einmal zusammenfasst und erklärt, wäre eine willkommene Ergänzung.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi aus dem Ruhrpott 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.12.2024
Mazzeo, Tilar

Im Rausch der Zeit. Das temperamentvolle Leben der Witwe Clicquot


ausgezeichnet

Kulturhistorikerin und Autorin Tilar J. Mazzeo stellt uns in dieser Biografie eine Frau vor, über die nur wenig bekannt ist, aber deren Produkte sprichwörtlich in (fast) aller Munde ist: Barbe-Nicole Clicquot, geborene Ponsardin (1777-1866), besser bekannt als Veuve Clicquot und ihr Champagner.

Die Autorin begibt sich auf zahlreiche aufregende Recherchereisen bei denen zwar Auftragsbücher, Rechnungen und Lieferscheine in den Archiven aufzufinden sind, aber Persönliches wie Tagebücher oder Briefe der Veuve Clicquot sind so gut nicht vorhanden. Dennoch gelingt es Tilar J. Mazzeo ein rundes Bild der Pionierin in Sachen Champagnerherstellung und Vermarktung erstehen zu lassen.

Eine Pionierin ist Barbe-Nicole Clicquot jedenfalls: Als 1805 ihr Ehemann Francois stirbt, übernimmt die 27-jährig Witwe gegen alle Widerstände die Firma. Und Widerstände gibt es genug: Die Napoleonischen Kriege, Plünderungen durch Truppen, Unwetter, Missernten und missgünstige Mitbewerber. Doch die Witwe lässt sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen.

Wer gerne Biografien von historischen Persönlichkeiten, und da vor allem von Frauen, liest, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich diesem fesselnden Buch einer faszinierenden Frau 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.12.2024
Merkel, Angela; Baumann, Beate

Freiheit (eBook, ePUB)


sehr gut

Als Österreicherin habe ich Angela Merkel wohl nicht jene Aufmerksamkeit geschenkt, wie ihre deutschen Landsleute. Vor allem ihr Leben bevor sie zur ersten Bundeskanzlerin Deutschlands gewählt worden ist, war mir bislang nur in sehr groben Zügen bekannt. Aufgewachsen als Tochter eines Pfarrers in der DDR, Physikerin und nach der Wende Politikerin der CDU/CSU, oftmals als „Kohls Mädchen“ und wenig später als „Mutti“ tituliert, was für mich nicht sehr wertschätzend klingt. Deshalb war ich gespannt auf ihre Erinnerungen und wurde nicht enttäuscht.

Das Buch ist in fünf Teile mit zahlreichen Kapiteln gegliedert:

„Ich wurde nicht als Kanzlerin geboren“
Ein demokratischer Aufbruch
Freiheit und Verantwortung
Deutschland dienen (I)
Deutschland dienen (II)

Zusätzlich gibt es zahlreiche Fotos.

Das Buch liest sich gut. Natürlich ist es eine sehr persönliche Geschichte. Trotzdem berichtet Angela Merkel sehr sachlich und ohne große Ressentiments über ihr Leben. Selbst über den Mauerfall erzählt sie ohne große Emotionen oder Pathos. Dass sie, im Nachhinein betrachtet, einiges anders machen hätte sollen, wird auch angedeutet. Aber, es ist wie es ist. Zum Zeitpunkt der Entscheidung, war (vermutlich oft) wenig Spielraum.

Gut gefallen hat mir der leichte Plauderton, den Angela Merkel in ihrer Autobiografie einschlägt. Nicht immer geht sie chronologisch vor. Über ihr Privatleben erzählt sie wenig. Man erfährt nur, was man ohnehin weiß. Privates bleibt privat - das ist ihr gutes Recht, diesen Teil ihres Lebens nicht in der Öffentlichkeit auszubreiten.

Fazit:

Eine gelungene Autobiografie der ersten Bundeskanzlerin Deutschlands, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 12.12.2024
Ruhrhofer, Norbert

Bad Vöslau in Flammen


gut

In diesem, ihrem 4. Fall müssen Toni und Willi Polorny den Radius ihrer Ermittlungen beträchtlich erweitern. Das passt dem ziemlich lethargischen, um nicht zu sagen, faulen Willi (@ Biene Maja) zunächst einmal gar nicht. Erst die Aussicht auf steirische Spezialitäten und ein Liebeswochenende in Graz lässt ihn gemeinsam mit Ehefrau Toni und der Katzinger samt Anhang über den Semmering fahren, nur um anschließend einen Abstecher nach München zu machen.

Was ist passiert, dass Willi & Antonia ihr geliebtes Revier verlassen?

Als ein seit längerer Zeit leer stehendes Hotel mitten in den Weinbergen Vöslaus in Flammen aufgeht und ein Toter gefunden wird, liegt es nahe, an „heiß abtragen“ zu denken. Die Freizeitpolizisten, wie Chefinspektorin Olivia Wehli ihre verhasste (und illegale) Konkurrenz nennt, ziehen recht bald die richtigen Schlüsse. Daran sind nicht nur Willis Spezl Sprengnagel (ein echter Polizist), der Ermittlungsergebnisse völlig ungeniert mit den Pokornys teilt, sondern auch Heidrun „Stasi“ Zwatzl schuld. Mit ihrer Spionageausrüstung made in der Ex-DDR spioniert sie ihren Nachbarn hinterher und deckt so manches Komplott auf.

Meine Meinung:

Diesmal haben mich die Pokornys und da vor allem Willi ein wenig genervt. Als Leserin der ersten Stunde kenne ich die diversen Vorlieben des verfressenen Willi nun zur Genüge. Neben gutem Essen und Trinken spielen das Whirlpool und Sextoys eine wichtige Rolle. Angesichts der täglichen Gasthausbesuche frage ich mich, wovon leben die Beiden eigentlich? Denn Willi ist arbeitslos und Toni arbeitet nur wenige Stunden in der Bibliothek. Mag sein, dass sie geerbtes Vermögen unter die Leute bringen. Auch die mehrfache Erwähnung des alten Nokia ist lästig, denn inzwischen ist es hinlänglich bekannt, dass Willi den Telefonierknochen nicht gegen ein modernes Smartphne tauschen will. Aber, vielleicht kann der Ausblick auf die Zukunft, mit der dieser Regional-Krimi schließt, ihn eines Besseren belehren.

Neu ist Sophie Katzinger, die Zwillingsschwester der schrulligen Alten, die nach langen Jahren der schwesterlichen Funkstille todkrank nach Vöslau geholt wird und dank Berties „Kräutertee“ einige gute Tage verbringen kann.

Grundsätzlich mag ich die schrägen Typen, die sich hier tummeln, doch diesmal hat Autor Norbert Ruhrhofer, so finde ich persönlich, ein wenig zu dick aufgetragen.

Fazit:

Für mich persönlich ist der Krimi ein wenig zu gewollt schrill und voll mit Wiederholungen, daher gibt es diesmal nur 3 Sterne.

Bewertung vom 08.12.2024
Kruse, Christiane

Frauen gegen Hitler


ausgezeichnet

„Meine Welt ging kaputt, die wollte ich verteidigen. Ich hatte am 30. Januar 1933, als Hitler Reichskanzler wurde, mein Vaterland verloren. Besonders die antijüdischen Nürnberger Gesetze (1935), die einen Teil der Bevölkerung willkürlich aus der Gemeinschaft ausschlossen, gingen mir unter die Haut. Diesen verfolgten Menschen wollte ich helfen.“ (Helene Jacobs, 1906-1993)

In ihrem Buch „Frauen gegen Hitler“ stellt uns Christiane Kruse neben den „großen Namen“ wie Sophie Scholl und Emmy Bonhoeffer auch zahlreiche andere, für viele Leser zum Teil bislang unbekannte Frauen vor, die im Wissen um die Gefahren, die auf jene lauern, die sich gegen das NS-Unrechtsregime engagieren. Viele dieser Frauen haben, wenn sie Haft und Folter überlebt haben, nie über ihre Tätigkeiten gesprochen oder sich als Heldinnen gefühlt und sich entsprechend feiern lassen. Sie haben im Stillen Juden und Jüdinnen versteckt, ihnen zur Flucht verholfen indem sie ihnen ihre Papier geschenkt haben, Funkgeräte und Flugzettel in Kinderwägen von einem Versteck ins andere gebracht und geheime Treffpunkte organisiert haben. Letztlich sind viele jener Frauen, die ihr Leben für den Widerstand riskiert haben, durch Denunziation von Nachbarn oder Spitzeln aufgeflogen, verhaften und hingerichtet worden.

Hier ein Auszug aus der Namensliste der fünfzig Frauen:

Ruth Andreas-Friedrich (1901-1977) • Hilde Benjamin (1902-1989) • Emmi Bonhoeffer (1905-1991)• Hilde Coppi (1901-1943)• Marlene Dietrich (1901-1992)• Christine von Dohnanyi, geb. Bonhoeffer (1903-1965)• Bella Fromm (1890-1972)• Mildred Harnack (1902-1943)• Liselotte Herrmann (1909-1938) • Hannah Höch (1889-1978)• Annedore Leber (1904-1968)• Freya von Moltke (1911-2010) • Käthe Niederkirchner (1909-1944)• Margarethe von Oven (1904-1991)• Elfriede Paul (1900-1981)• Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg (1913-2006)• Sophie Scholl (1921-1943)• Libertas Schulze-Boysen (1913-1942)• Johanna Solf (1887-1954)• Gabriele Tergit (1894-1982)• Elisabeth von Thadden (1890-1944)• Margarete von Trotha (1907-1995)• Marion Gräfin Yorck von Wartenburg (1904-2007)• Clara Zetkin (1857-1933)• u. v. m.

Wie tief die Risse zwischen der Ablehnung und dem Anbiederung an das Regimes durch die Familien geht, zeigt das Beispiel von Marlene Dietrich und ihrer Schwester Elisabeth Will. Während Marlene Dietrich Nazi-Deutschland schon am Abend der Premiere des „Blauen Engels“ (1930) den Rücken kehrt und wenig später, stets in Uniform, mit ihren Liedern die amerikanischen Truppen im Zweiten Weltkrieg im Kampf gegen Hitler-Deutschland unterstützt, führt ihre ältere Schwester Elisabeth mit ihrem Mann Georg Will, der seit 1933 Parteimitglied ist, ein Kino für Wehrmachtssoldaten und das ausgerechnet auf dem Gelände des KZ Bergen-Belsen.

Gleichzeitig zeigt das Buch, dass sich Frauen unterschiedlichster Herkunft, sei es eine Verkäuferin, Büroangestellte, Lehrkraft, Künstlerin oder Mitglied einer Offizier- oder Adelsfamilie sowie quer durch alle anderen politischen oder religiösen Ansichten, getraut haben, gegen das NS-Regime aufzutreten. Ein Großteil bezahlte diesen Widerstand mit ihren Leben.

Meine Meinung:

Obwohl ich schon zahlreiche Bücher über Frauen, die dem NS-Regime sowohl in Deutschland als auch in den besetzten Gebieten wie in Holland oder Frankreich mitunter auch bewaffneten Widerstand geleistet haben, durfte ich die eine oder andere bislang mir unbekannte der beherzten Frauen kennenlernen.

Die Rolle der Frauen im Widerstand ist noch nicht restlos erforscht, weil vieles, oft nur vermeintliche Kleinigkeiten waren, die Sand in das Getriebe der NS-Maschinerie gestreut haben, und den Frauen nicht immer bewusst war, dass auch das Widerstand gegen das Regime war. Und, die meisten Frauen haben sich mit ihren Taten nicht gebrüstet, sondern im Geheimen gewirkt, um nicht aufzufliegen. Sie mussten ja auch an ihre Kinder denken.
Nebenbei haben die Nazis in ihren grenzenlosen Selbstüberschätzung den Frauen nicht zugetraut, sich gegen das Regime zu stellen. Nachzulesen u.a. in "Wir waren nur Mädchen" (Buzzy Jackson).

Ich habe schon einige Bücher über den weiblichen Widerstand gegen die Nazis gelesen, unter anderen auch das gleichnamige Buch von Martha Schad oder "Sie waren Sand im Getriebe" (Elisabeth Stiefel). Einige davon sind im Quellen- und Literaturverzeichnis angegeben und für alle jene, die sich tiefer mit der Materie beschäftigen wollen, finden hier zahlreiche Anregungen.

Fazit:

Das Buch zeigt, dass man auch mit vermeintlich kleinen Dingen, sich gegen ein Unrechtsregime zu stellen. Es holt aber auch die beinahe vergessenen Frauen im Widerstand vor den Vorhang. Gerne gebe ich diesem Buch wider das Vergessen 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.12.2024
Götschi, Silvia

Biberbrugg (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Als ein Brüderpaar am Güdelmontag, der dem Rosenmontag in Deutschland entspricht, auf seinem geschmückten Umzugswagen die Leiche einer jungen Frau findet, weiß Valérie Lehmann von der Kantonspolizei noch nicht, dass dies der Auftakt zu einer Reihe von Ereignissen führen wird, die ihr alles abverlangen wird. Zunächst versucht man die Identität der Toten ausfindig zu machen, doch niemand scheint sie zu vermissen.

Nur einen Tag später wird, nahe dem Sicherheitszentrum der Schwyzer Polizei eine weitere unbekannte Leiche aus dem Fluss Alp geborgen. Noch in der Gerichtsmedizin erhält Lehmann die Nachricht, dass ihr Sohn Colin, der jüngst Vater geworden ist und aktuell die Ausbildung zum Polizisten absolviert, auf einem Parkplatz mit einem Kopfschuss aufgefunden worden ist. Niemand weiß, ob Colin überleben wird und warum er sich ausgerechnet an seinem freien Tag dort befunden hat.

Lehmanns Team ermittelt akribisch und versucht die Chefin zu entlasten. Bald stellt sich heraus, dass es neben den beiden Toten, die sterbenskrank waren, noch eine Frau, ebenfalls todkrank, vermisst wird. Endlich findet sich eine vielversprechende Spur, denn alle waren in ein und derselben Klinik eingecheckt.

Obwohl sie mit den beiden Toten genug zu tun hat und im Fall ihres Sohnes wegen Befangenheit nicht ermitteln darf, kann Valérie es nicht lassen, den einen oder anderen Faden zu ziehen bzw. unangenehme Fragen zu stellen. Dann taucht ein Name aus ihrer Vergangenheit auf. Will sich da jemand an Valérie rächen?

Meine Meinung:

Silvia Götschi gilt als Grande Dame des Schweizer Kriminalromanes.

Wie schon in der Vorgängern gönnt Silvia Götschi weder den Lesern noch den Ermittlern eine Verschnaufpause. Ich habe das Buch innerhalb weniger Stunden gerade zu „inhaliert“. Als passionierte Krimileserin kenne ich schon zahlreiche Abgründe der menschlichen Natur, doch in diesem hier stößt der Voyeurismus und Zynismus doch ein wenig ab. Der Autorin gelingt es, die verstörenden Szenen, die auch bei den Ermittlern für Kopfschütteln sorgen, sehr gut aufzubereiten.

Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet. Die Ermittler haben alle ihre Ecken und Kanten und sind nicht immer vom bisherigen Leben verwöhnt worden, was besonders auf Valérie zutrifft. Nach langem Zögern hat sie nun das Tagebuch ihrer Mutter gelesen, das es ebenfalls in sich hat. Es scheint, als laufe ihr Leben komplett aus dem Ruder. Dass sie daran denkt, ihren Beruf an den Nagel zu hängen, weil sie die Grausamkeiten der Täter kaum mehr ertragen kann, ist nachvollziehbar. Nur, wird sie es auch tun oder nimmt sie „nur“ ein Sabbatical?
Fazit:
Diesem komplexen Krimi, der nichts für schwache Nerven ist, gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 07.12.2024
Schlesser, Thomas

Monas Augen - Eine Reise zu den schönsten Kunstwerken unserer Zeit


gut

Als die zehnjährige Mona plötzlich und ohne medizinischen Grund für eine Stunde ihr Augenlicht verliert, verändert sich ihre Welt dramatisch. Die Ärzte sind fast ebenso hilflos wie die Eltern und raten, Mona einem Kinderpsychiater vorzustellen, denn es scheint, dass diese Blindheit eher ein psychische Leiden denn ein körperliches ist. Kann es sein, dass das kleine Mädchen die Alkoholsucht des Vaters und die lieblos erscheinende Mutter nicht mehr „sehen“ will?

Jedenfalls übernimmt Monas Großvater die Aufgabe, seine Enkelin zum Kinderpsychiater zu bringen, unter der Bedingung, dass sich die Eltern nicht einmischen. Doch statt zum Arzt, gehen die beiden jeden Mittwoch in die drei wichtigsten Museen der Stadt Paris: in den Louvre, in das Musée d’Orsay und schließlich ins Centre Pompidou.
Allerdings wird bei jedem der Besuche nur ein einzige Werk, das dafür ausgiebig betrachtet und analysiert. Und hier setzt meine Verwunderung und Kritik ein: Die Gespräche, die Großvater und Enkelin miteinander führen, passen so gar nicht zu einer Zehnjährigen, auch wenn sie durch das schockierende Erlebnis der rund einer Stunde dauernden Blindheit, gereift sein mag.

Zunächst erscheint mir das Buch noch interessant, doch mit jedem Kapitel und Kunstwerk wird es für mich persönlich unglaubwürdiger. Es mag Leser geben, die solche fantasievollen Romane mögen, für mich grenzt der eigenartige Umgang der Eltern mit ihrer Tochter beinahe an Kindesmisshandlung. Vater und Mutter scheinen mit ihrer eigenen Agenda beschäftigt zu sein.

Sprachlich ist das Buch gut gelungen, was den 3. Stern rettet. Vom Inhalt her hat es mich nicht so begeistert. Die Idee ist grundsätzlich gut, die Umsetzung hat mir dann nicht so gefallen. Die Beschreibung der einzelnen Kunstwerke hat mir anfangs gefallen, driftet aber dann für mich in eine Art Übersättigung ab.

Fazit:

Die Idee, einer Zehnjährigen, insgesamt 52 Kunstwerke der drei wichtigsten Museen von Paris vorzustellen und das Mädchen anzuregen, eigene Beobachtungen und Gedanken dazu anzustellen, hat mir gut gefallen, die Umsetzung weniger. Daher gibt es von mir nur 3 Sterne, die den kunstgeschichtlichen Kenntnissen des Großvaters zuzuschreiben sind.

Bewertung vom 06.12.2024
Johannsen, Anna;Bergsma, Elke

Die Kraft der Ebbe


ausgezeichnet

Im spannenden dritten und letzten Teil wird es um das Team von Lina Lübbers und Kea Siefken nochmals richtig gefährlich. Es scheint, als wäre der niederländische De-Jong-Clan nicht zu überführen. Der äußerst gewagte Undercover-Einsatz von Hauke Behrends ist die letzte Hoffnung auf Erfolg. Wie gefährdet Hauke ist, zeigt der Tod des Kollegen Lothar Hempen (siehe Band 2/Sie Gewalt des Sturms) vor wenigen Wochen, von dem sich die Kolleginnen und Kollegen nach wie vor nicht erholt haben, wobei niemand weiß, dass er der Maulwurf war, der Linas Anwesenheit in Aurich notwendig gemacht hat. Damit wäre ihr Auftrag eigentlich beendet. Aber nur eigentlich, denn eine neue Spur macht es vielleicht möglich, den De-Jong-Clan doch noch zu überführen. Dafür geben Lina, Kea und auch Hauke alles ....

Meine Meinung:

Der Abschluss, der als Trilogie angelegten Mini-Serie hat mir gut gefallen.

Die interessante Schreibweise hat das Autorinnen-Duo beibehalten: Die Handlung wird abwechselnd aus Keas und Linas Perspektive, jeweils in der Ich-Form, geschildert. Eine geschickte, wenn auch zu Beginn irritierende Idee! Nicht immer ist ganz eindeutig, in wessen Haut wir Leser nun stecken. Da ist aufmerksames Lesen notwendig.

Die Charaktere sind ausgefeilt und wirken recht authentisch. Die beiden Kommissarinnen sind „g’standene Frauen“, d.h. sie arbeiten doppelt soviel wie ihre männlichen Kollegen und sind sich in manchen Dingen ähnlicher als ihnen lieb ist, bzw. sie ahnen. Als im Endspurt das Privatleben der beiden Ermittlerinnen in Gefahr gerät, mobilisieren sie, auch unterstützt vom Polizeidirektor, der den einen oder anderen Alleingang deckt, nochmals all ihre Kräfte.

Manchen Lesern ist diese Reihe vielleicht nicht spannend genug. Für mich ist die Polizeiarbeit recht wichtig und die besteht in der Realität eben aus Teambesprechungen, Durchsuchen von Datenbanken sowie Abgleich von Listen und weniger aus Verfolgungsjagden mit quietschenden Reifen.

Fazit:

Ein gelungener Abschluss dieser Krimi-Reihe, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 03.12.2024
Seeburg, Uta

Der echte Krampus / Offizier Gryszinski Bd.4


ausgezeichnet

"Der echte Krampus" von Uta Seeburg ist der vierte Band um Major Gryszinski, den königlich-bayerischer Sonderermittler der Münchner Kriminalpolizei. Chronologisch gesehen ist dieser Band der dritte dieser Reihe, da er im Jahr 1897 spielt.

Major Gryszinski reist mit Ehefrau Sophie und dem vierjährigen Sohn Fritzi samt Kindermädchen und Kochlöffel schwingender Köchin Aloisia Brunner nach Bayern, genauer gesagt ins kleine Bergdorf Berghall, um bei der etwas exzentrischen Wiener Gräfin Franziska von Wurmbrand die Adventzeit in deren neu erworbenen Bauernhaus zu verbringen.

Gryszinski, der protestantische Preuße staunt über die zahlreichen Bräuche, die hier im katholischen Bayern im Advent stattfinden und Fritzi erlebt Abenteuer im Schnee.

Doch die Beschaulichkeit der vorweihnachtlichen Idylle wird durch einen Mord gestört. Und weil er eh schon vor Ort ist, wird Major Gryszinski gleich einmal mit den Ermittlungen betraut. Doch wie soll er den Täter unter den als Krampus verkleideten Dorfbewohnern ausfindig machen?

Meine Meinung:

Passend zur aktuellen Vorweihnachtszeit ist dieser Krimi erschienen, der auch gut in der Gegenwart spielen könnte. Eine eingeschworene Dorfgemeinschaft mit all ihren großen und kleinen Geheimnissen, in der zuerst einmal Neuankömmlinge scheel angesehen werden. Nicht zu vergessen sind die mehr oder weniger heimlichen, weil oft unerwünschten Liebesbeziehungen, sowie handfeste Motive um Erbschaften und Vermögen.

Das alles präsentiert uns Uta Seeburg in ihrer unnachahmlichen Art zu schreiben. Das Ambiente rund um das Bergdorf und seine Bewohner ist penibel recherchiert. Daneben dürfen wir uns auf ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Gryszinskis Mitarbeiter die Wachtmeister Voglmaier und Eberle sowie mit Freiherrn von Grabow freuen.
Schmunzeln musste ich über Aloisia Brunner, die zunächst so gar nicht aus München ins unbekannte Berghall reisen und ihre Gewohnheiten aufgeben wollte. Erst die moderne Küche in Wurmbrands Refugium versöhnt sie mit dem „Kuhdorf“ und lässt sie wieder groß aufkochen. An manchen Stellen ist sie mir ein wenig unbotmäßig, nimmt sich einiges ihren Arbeitgebern heraus, was Gryszinski in der Dienststelle vermutlich nicht tolerieren würde. Ihr lautloses Anschleichen, das einem Meuchelmörder würdig ist, erschreckt Gryszinski auch hier.

Ausgezeichnet sind die vielen Bräuche der Vorweihnachtszeit inklusive Aberglauben sowie die Lebensumstände der Menschen beschrieben. Man kann sich ein gutes Bild der Örtlichkeit machen, auch wenn Berghall ein fiktives Dorf ist.

Auf Grund der Jahreszeit gerät der sonst so herrlich trockene Humor Gryszinskis ein wenig ins Hintertreffen. Dafür darf das Ehepaar Gryszinski einer trauten Gemeinsamkeit frönen, ohne die gesellschaftlichen Gepflogenheit der Großstadt beachten zu müssen.

Fazit:

Ein stimmungsvoller winterlicher Krimi, der spannend und unterhaltsam sowie ideal für gemütliche Lesestunden im Advent ist und dem ich gerne 5 Sterne gebe.