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meldsebjon
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Hattingen

Bewertungen

Insgesamt 165 Bewertungen
Bewertung vom 13.01.2011
Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand
Solomons, Natasha

Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand


ausgezeichnet

Die Schwierigkeiten der Integration

Man muss ihn einfach mögen, den kleinen Jacob Rosenblum oder Jack Rose. Als Jude flieht er gerade rechtzeitig mit Frau und Tochter aus Deutschland nach England. Seit er englischen Boden betreten hat, wünscht er sich nichts mehr, als ein wirklicher Engländer zu sein. Er hat eine Liste, auf der beschrieben ist, wie sich "der Engländer" in allen möglichen und unmöglichen Lebenslagen verhält. Er arbeitet Punkt für Punkt dieser Liste ab, fügt neue Punkte hinzu und merkt gar nicht, dass schon sein Akzent für immer verhindern wird, dass er von der "besseren" Gesellschaft akzeptiert wird.

Der letzte Punkt seiner Liste, die Mitgliedschaft in einem Golfclub, will einfach nicht gelingen, denn man nimmt ihn dort nicht auf, eben weil er nicht dazugehört. In seiner etwas eigenartigen Konsequenz ist es für ihn logisch, dass er dann eben einen eigenen Golfplatz bauen muss. Mit Feuereifer macht er sich ans Werk, stösst aber auch in der neuen Umgebung als Fremder auf Widerstand.

Bei all seinen Bemühungen hat er völlig übersehen, dass seine Ehefrau einen genau entgegengesetzten Kampf kämpft, nämlich den gegen das Vergessen. Sie hat ein schlechtes Gewissen gegenüber den zurückgelassenen Verwandten, weil sie überlebt hat und die anderen nicht. Deshalb ist sie krampfhaft bemüht, die Erinnerungen, die naturgemäß im Laufe der Zeit verblassen, wach zu halten. Und weil beide so konträre Ziele anstreben, entwickeln sie sich auseinander.

Erst als beide auf dem Land landen, wohin sie in ihrer beider Verschrobenheit ausgezeichnet passen, gewinnen sie Freunde und werden am Ende beide integriert, haben wirklich eine Heimat gewonnen und sich selbst wiedergefunden.

Dieses einfühlsam und durchaus humorvoll geschriebene Buch zeigt, wie schwierig es ist, in einem fremden Land nicht nur zurechtzukommen, sondern sich wirklich einzufügen. Trotz allen guten Willens bleibt eine Menge Fremdheit, weil man manche Dinge nicht wirklich erlernen kann. Man muss wirklich mit Gefühl dabei sein und erst dann kann es funktionieren. Gleichzeitug muss man seine Vergangenheit zurücklassen, sie wirklich abschliessen. Viele werden das gar nicht wirklich wollen, wenn sie nämlich an ihre Heimat nicht nur schlechte Erinnerungen haben. Einfach wird die Integration erst für die zweite Generation, wie man am Beispiel der Tochter Elizabeth sieht.

Dieses Buch sollte Pflichtlektüre sein für alle, die heute den Willen zur Integration ausländischer Mitbürger bemängeln, denn es zeigt, wie schwierig das auch bei bestem Willen sein kann. Es sollte aber auch von besagten ausländischen Mitbürgern gelesen werden, denn es zeigt, dass Integration möglich ist, ohne seine Persönlichkeit wirklich verändern zu müssen. Wichtig ist ein gegenseitiges Entgegenkommen.

Zwei Dinge habe ich allerdings zu bemängeln: Ich kann nicht verstehen, dass die Rosenblums als altes, weißhaariges Paar geschildert werden, obwohl sie doch höchstens in den vierzigern sein können, kamen sie doch als junges Ehepaar mit einem Säugling vor zwanzig Jahren nach England. Und dann der Titel: Warum wird nicht der wirklich treffende englische Titel übersetzt und man nennt das Buch "Mr. Rosenblums Liste"?

Bewertung vom 20.11.2010
Die Rebenprinzessin
Neuendorf, Corinna

Die Rebenprinzessin


weniger gut

Schade!
Ein adeliger Weinbauer hat einen Sohn, Martin, den er gegen dessen Willen vom Studium in Italien zurückbeordert. Er soll spionieren, weil ein anderer, verfeindeter Weinbauer einen besseren Wein herstellt als er und also bessere Geschäfte macht.

Der andere Graf hat eine Tochter, Bella, die den Weinanbau liebt und eigentlich eine gute Nachfolgerin wäre. Seit dem Tod seiner Frau ist der Vater aber hart und ungerecht und will sie mit einem Herrn von gutem Adel und schlechtem Charakter verheiraten, der nur hinter ihrem Geld her ist.

Natürlich verlieben sich die beiden ineinander und stehen gemeinsam gegen die vielen Feinde zusammen.

Das hätte so ein gutes Buch werden können. So wie es geschrieben wurde, ist es eher ein Groschenroman mit Überlänge. Es erweckt den Eindruck, schlampig und schnell heruntergeschrieben worden zu sein. Spachlich bleiben da viele Wünsche offen, man drückt sich derart hölzern aus, dass das Lesen keine wirkliche Freude macht. Da ist nichts an historischem Hintergrund, da haben die Personen keine Farbe, da gibt es keine Spannung, denn alles ist so vorhersehbar. Da gibt es Widersprüche, denn warum will Martin Reben stehlen, aus denen noch gar kein Wein hergestellt wurde? Die können doch den Reichtum gar nicht begründet haben!

Und dann ist da noch der Klappentext: Warum schreibt den niemand, der den Roman gelesen hat? Vielleicht weil niemand die ganzen 500 Seiten durchgehalten hat? Bellas Vater ist reich und der Freier will sein Geld, nicht umgekehrt! Und Martin kennt kein Geheimnis, das Bellas Vater retten könnte, vielmehr soll er ihm eines entreißen, das seinen Reichtum begründet hat.

Dieser Roman zeigt wieder einmal, dass es wirklich eine Kunst ist, ein kurzweiliges, leichtes Buch zu schreiben. Gerade das Leichte wird oft unterbewertet und ist doch so schwer zu schreiben! Es heisst ja, dass Corinna Neuendorf das Pseudonym einer bekannten Autorin ist. Irgendwie wundert es mich nicht, dass sie sich für die Veröffentlichung einen anderen Namen zugelegt hat!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.11.2010
Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim
Coe, Jonathan

Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim


sehr gut

Nichts für Depressive!

4.Maxwell Sim ist einsam. Bisher hat er ein "normales" Leben geführt, wie man es sich eben so vorstellt: Durchschnittliche Schulbildung, durchschnittlicher Beruf, zur passenden Zeit eine Ehefrau und eine Tochter. Ohne jemals über sich und seine Situation nachzudenken lebt er so neben anderen Menschen her.

Aber dann wird alles anders. Seine Frau trennt sich nämlich nach 15 Jahren von ihm und nimmt die gemeinsame Tochter mit. Er fällt in eine tiefe Depression, wird von der Arbeit für sechs Monate freigestellt und besucht am Ende dieser Zeit seinen Vater in Australien. Dort stellt er fest, dass sich nichts geändert hat, man sich weiterhin nichts zu sagen hat. Neidisch betrachtet er in einem Restaurant eine Mutter, die sich intensiv mit ihrer Tochter unterhält, also eine Beziehung zu ihr hat.

Auf dem Rückflug nach England sitzt er neben einem Herrn, den er verweifelt in ein Gespräch zu verwickeln sucht. Er muss erst durch das Kabinenpersonal darauf aufmerksam gemacht werden, dass er sich schon eine ganze Weile mit einem Toten unterhält. Hier wird deutlich, warum Max Sim so einsam ist: Er nimmt andere Menschen nicht richtig war, geht nicht auf sie ein, benutzt sie nur als Zuhörer,nicht als Teilnehmer. Auf der gleichen Ebene kann er genau deshalb auch so gute Gespräche mit Emma, dem Navigationsgerät, führen.....

Auf eben diesem Flug findet aber auch ein erster Kontakt zu der jungen Poppy statt, über die er später deren Onkel kennenlernt, der zu einer wirklich wichtigen Person wird.

Zu Hause, bzw. in seinem Haus, angekommen erdrückt ihn die Einsamkeit immer mehr. Er ergreift die Gelegenheit, sich von seim´nem alten Job zu trennen und geht als Vertreter für besondere Zahnbürsten auf die Reise zu den Shetland Inseln. Aber eigentlich arbeitet er nicht, sondern reist durch seine Vergangenheit. Auf dieser Reise erfährt er einiges über sich und die Gründe dafür, waruzm er so ist, wie er ist.

Lange hat es kein Buch mehr gegeben, das sich mir so schwer erschlossen hat, an dem ich so lange gelesen habe.Das kann nicht an dem recht flüssigen, nur gelegentlich langatmigen Schreibstil des Autors liegen. Vielleicht ist die zunächst hoffnungslose Grundstimmung der Grund. Mit 48 Jahren ist Max Sims so richtig am Ende, funktioniert nur noch, läuft der Vergangenheit hinterher und will sie zurückhaben, obwohl sie alles andere als perfekt war. Aber ihm scheint das immer noch lieber zu sein als die Aussicht auf eine leere und einsame Zukunft.

Dennoch konnte ich mich nicht entschließen, mit dem Lesen aufzuhören. Der Grund dafür wird sein, dass es ein wirklich gutes, tiefgründiges Buch mit einem kleinen Funken Hoffnung und einigen humorvollen Stellen ist. Es ist zwar weit davon entfernt, einen "Schelmenroman" zu sein, wie auf dem Cover angekündigt, aber es es hat doch eine Art den Leser zu fesseln. Wer sich darauf einlassen kann, das wirklich tragische Leben eines für die heutige Zeit typischen Menschen mitzuerleben, wird dieses Buch lieben. Wer selbst in solch einem Tal steckt sollte lieber etwas aufheiterndes lesen!

Bewertung vom 08.10.2010
Goldstein / Kommissar Gereon Rath Bd.3
Kutscher, Volker

Goldstein / Kommissar Gereon Rath Bd.3


ausgezeichnet

Schwarz-Weiß, Rot-Braun oder doch eher grau?

Es ist schon nicht leicht, für diese Rezension einen einleitenden Satz zu finden, denn so ganz deutlich ist es nicht, was Volker Kutscher mit "Goldstein" da eigentlich verfasst hat. Ist es ein Krimi, ein historischer Roman, ein zeitkritischer Krimi oder gibt es eine bessere Bezeichnung? Es hat von allem etwas, deshalb möchte ich mich lieber nicht festlegen.

Ein Teil der Handlung ist ein Krimi: Zwei jugendliche Kaufhausdiebe werden auf frischer Tat ertappt, einer der Täter stirbt, die andere entkommt, nachdem sie zuvor Zeuge wurde, wie ihr Komplize von einem Polizisten getötet wurde. Der Hehler der Beiden wird ermordet. Die Polizei überwacht einen amerikanischen Killer, um zu verhindern, dass dieser seinem Gewerbe auch in Berlin nachgeht. Zwei Tote werden gefunden. Ein alter Mann stirbt in einem Krankenhaus und hat mehr Morphium im Körper, als ihm der Arzt verabreicht hat. Zwei konkurrierende Verbrecherbanden stehen kurz vor einem Krieg.

Vieles ist auch Zeitgeschichte: Hohe Arbeitslosigkeit wirkt sich auf die Gesellschaft aus. Kommunisten gehen auf die Straße und demonstrieren nicht immer friedlich. Nationalsozialisten treten in Gruppen auf und sind dann gewaltbereit, wenn sie deutlich überlegen sind. Juden werden von nahezu allen anderen Bürgern als Aussenseiter angesehen, auch die, die in höheren Positionen z.B. bei der Polizei sind.

Volker Kutscher ist es gelungen, die Handlung ganz dicht am Geist der damaligen Zeit zu halten. Man spürt so richtig, was sich da entwickelt und man möchte so gerne eingreifen. Ganz deutlich ist die Hilflosigkeit derjenigen, die Gefahren erkennen. Und die Personen sind, wie der Einband: Grau. Es gibt, wie auch in der heutigen Gesellschaft, kein schwarz und weiß, kein richtig oder falsch. In vielen Fällen können die handelnden Personen nur moralisch richtig handeln, indem sie Regeln brechen. Um Zeugen zu finden, muss man einbrechen. Um Zeugen zu schützen, muss man deren Festnahme verhindern. Um Informationen zu erhalten, muss man mit Verbrechern zusammenarbeiten.

Insgesamt ist das Buch ganz ausgezeichnet geschrieben, immer spannend, mit vielen Hintergrundinformationen. Die Personen sind vielschichtig und haben Tiefe. Zwar müssen sie sich mit den Problemen ihrer Zeit auseinandersetzen, wie z.B. dem mühseligen Vergleichen von Fingerabdrücken, aber manche Probleme sind auch schon sehr modern, wie z.B. die Frage der Karriere einer Frau in einer Männerdomäne. Besonders gut hat mir gefallen, wie deutlich immer wieder auf die Zeit angespielt wurde. Wenn es die häufig genannten Zigarettenmarken, Tageszeitungen oder Kaufhäuser noch gabe, müsste man schon von "Schleichwerbung" sprechen.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2010
Hart aber Hilde
Haskamp, Bettina

Hart aber Hilde


sehr gut

Gelungene Urlaubslektüre

"Hart aber Hilde" von Bettina Haskamp schildert mit leichter Hand und flüssigem Schreibstil die Freundschaft zwischen der chaotischen Pia und der realistischen Hilde. Pia versucht seit langem mit den verschiedensten Jobs, die vom weggelaufenen Mann übernommenen Schulden zu tilgen und ihr Leben und das ihres Sohnes zu finanzieren. Gemeinsam ist allen diesen Jobs, dass sie ungeliebt sind und eben nur Jobs.

Nachdem Pia Hilde kennengelernt hat, fängt sie an, selbstbewusster zu werden und ihre eigentlichen Talente zu sehen. Und irgendwie wird alles nach und nach besser.

Leicht und witzig geschrieben, ohne allzuviel Tiefgang, ist das eine wirklich gute Sommerlektüre, die zum Schmunzeln anregt, aber nicht vor platten Witzen strotzt. So etwas braucht man einfach auch einmal.

Auch auf die Gefahr hin, als Besserwisser anzukommen, kann ich es mir doch mal wieder nicht verkneifen, auf Fehler hinzuweisen. Das Lied "Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen" ist viel älter als Wencke Myhre. Das ist einfach schlecht recherchiert. Dann wird aber innerhalb eines Absatzes Uwe als Joker bei "Wer wird Millionär" angerufen, und einen Satz später heisst es "wenn Karsten sich nicht geirrt hat..". Das ist einfach schlampig geschrieben bzw redigiert. Ich ärgere mich immer über solche Dinge, weil die Vermutung naheliegt, dass das nicht die einzigen Fehler sind und ich anderes glaube, obwohl das auch falsch ist.

Bewertung vom 15.08.2010
Headhunter
Nesbø, Jo

Headhunter


ausgezeichnet

Wer jagd hier eigentlich wen?

Roger Brown, von kleiner Statue aber mit großem Selbstbewußtsein, ist der beste Headhunter! Der offensichtlich beste Kandidat für eine Position, Clas Greve, unterscheidet sich aber ein wenig von allen bisher vermittelten Personen. Plötzlich ist es nicht mehr sein Kopf, hinter dem Roger her ist, sondern umgekehrt und plötzlich muss man den Begriff "Headhunter" wieder ganz wörtlich nehmen.

Man könnte wirklich mehr verraten, aber es wäre schade um die Spannung, die dann verloren ginge. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite ist dieses Buch geschrieben!

Mich hat beeindruckt, wie der Autor mit dem Leser spielt. Eigentlich möchte man doch immer Position beziehen und auf der Seite des "Guten" stehen, aber hier ist nicht so leicht zu entscheiden, wer gut ist und wer böse. Letztlich muss man sich aber für eine der Personen entscheiden, mit der man mitfiebert. Ich habe mich gefragt, warum mir diese Person, trotz all der unsympathischen Züge doch so wichtig war, dass ich ihr einen guten Ausgang der ganzen verzwickten Geschichte gewünscht habe. Und ich habe zwei Gründe gefunden: Einmal gibt es in seinem Leben eine Frau, die ihm wirklich wichtig ist und für die er viel zu tun und zu ertragen bereit ist. Und dann ist da noch der unbedingte Überlebenswille, der ihn Auswege finden lässt, die mir im Traum nicht eingefallen wären! Irgendwie glaube ich, dass ich wirklich lieber gestorben wäre, als mich an bestummten Orten zu verstecken!!!

Eine Sache hat mich gestört, und das ist die wieder einmal schlampige Arbeit der Druckerei oder des Verlages. Auf den leztzten Seiten gibt es wirklich viele Druckfehler!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.07.2010
Weiß der Himmel von dir
Bessette, Alicia

Weiß der Himmel von dir


sehr gut

Was man so an Klischees kennt aus amerikanischen Filmen, findet man auch in dem Buch "Weiß der Himmel von dir" von Alicia Bessette. Wer sich daran stört, der sollte dieses Buch nicht lesen. Wer so etwas aber mag, der wird das Buch genießen!

Zell ist die 34jährige Witwe des Fotographen Nick, die auch 14 Monate nach dessen plötzlichem Unfalltod noch nicht zurück ins Leben gefunden hat. Bisher hat sie einfach nur funktioniert, aber so allmählich ist sie bereit für eine Zukunft ohne Nick. Ausgelöst wird das durch die neunjährige Ingrid, die mit ihrem Vater ins Nachbarhaus einzieht und die sich bedenkenlos in Zells Leben drängt und ihr eine neue Sichtweise vermittelt. Gemeinsam nehmen sie an einem Kochwettbewerb teil

Parallel zu der sich entwickelnden Zukunft erfährt der Leser auch einiges aus Zells bisherigem Leben, von ihrer Arbeit, ihren Freunden, ihrer Familie und natürlich auch von Nick. Dies geschieht, indem Nicks Freunde und auch Zell selbst Erinnerungen haben, Zell an ihren toten Mann Emails schreibt und auch Nick selbst zu Wort kommt durch alte Emails.

All das findet zum größten Teil statt in Wippamunk, einer amerikanischen Kleinstadt. Und wie das eben so ist in amerikanischen Kleinstädten, hält man zusammen, unterstützt sich, begleitet einander das ganze Leben. Auch hier gibt es viele Schicksalsschläge, aber gemeinsam schafft man es, diese zu ertragen. Als Zells Hund verschwindet, sucht die ganze Stadt nach ihm, als Ingrid wegläuft, sind alle da und helfen, als Zells Küche beinah in Brand gerät ist auch sofort Hilfe da.

Auf unterschiedliche Weise gehen die Menschen mit der Trauer um. Zells Schwiegervater selbst ist früh verwitwet, eine alte, höchst unbeliebte Lehrerin hat ihren Mann verloren und sich ein neues Hobby gesucht, mit dem sie ihre Aggressionen abbauen kann und der neue Nachbar erzieht seine Tochter ohne Mutter und bildet sich gleichzeitig weiter.

Dieses Buch ist leichte Kost mit etwas Tiefgang, gerade richtig, wenn man sich mitreissen lassen möchte. Es ist einfühlsam, aber nicht kitschig, vermittelt ausgezeichnet die Gefühle, die bei einem solch plötzlichen Verlust entstehen und gibt Hoffnung, aus diesem tiefen Loch wieder herauszukommen. Ich bin gespannt auf die nächsten Bücher dieser Autorin!

Bewertung vom 03.06.2010
Die Gauklerin von Kaltenberg
Freidank, Julia

Die Gauklerin von Kaltenberg


gut

Das Leben im Mittelalter

So muss sich das Leben im Mittelalter angefühlt haben: wenn man der ständigen Hunger und die Kälte überstanden hatte, musste man aufpassen, dass man den Herrschern nicht bei ihren Machtkämpfen im Wege stand.

Die Haupfigur des Romans ist Anna, die Tochter eines Schmiedes, die aus wirtschaftlichen Gründen mit dem Gesellen ihres Vaters verkuppelt werden soll. Untypisch für eine Frau in dieser Zeit hat sie nicht nur rote Haare auf dem Kopf, sondern auch widerspenstige Gedanken darin. Sie hat sich in den Herrn der Burg Kaltenberg verliebt oder eigentlich in das Bild, dass sie von ihm hat. Nach Brandschatzungen durch die Österreicher wird sie als Hexe angeklagt und muss fliehen. In der Ferne liebt sie weiterhin ihren Ulrich, denn die Realität hat keine Gelegenheit, ihre Wunschvorstellung eines Helden zu korrgieren. Dabei ist die wahre Liebe ganz in der Nähe...

Soweit die Geschichte in groben Zügen, die ja so ungewöhnlich nicht ist. Während der verschiedenen Reisen, die Anna in unterschiedlicher Begleitung macht, erfährt der Leser so manches über das Leben im Mittelalter, was diesen Roman zu einem historischen macht. Innerhalb dieses Genres ist das alles aber nicht herausragend. Ungewöhnlich und interessant wird das Ganze, weil Anna auf der Suche nach einem Beweis ihrer Unschuld auch auf die Suche nach dem Ursprung der Carmina Burana geht. Gelegentlich werden auch Lieder zitiert und der Zusammenhang zum alltäglichen Leben wird hergestellt.

Leider hält das Buch nicht ganz, was Leseprobe und der wirklich gute Einband versprechen. Ärgerlich finde ich immer, wenn der Autor sich nicht konsequent an seine Vorgaben hält: Anfangs ist Anna als Tochter eines Schmiedes frei, dann auf einmal Leibeigene von Geburt. Die Werbung, die im Bucheinband für das Kaltenberger Ritterturnier gemacht wird, wird aber dennoch gut unterstützt! Besonders die Schilderung des Turniers mit dem gesamten Umfeld von Gauklern und Händlern ist sehr gelungen.

Fazit: Ein flüssig geschriebener und gut zu lesender Roman, der allerdings seine Schwächen hat. An manchen Stellen ist er meiner Meinung nach zu langatmig; wenn z.B. die Wanderungen von einem Ort zum anderen sehr häufig sehr ausführlich beschrieben werden. Auf der anderen Seite hätte ich mir für die interessanten Dinge, wie die historischen Hintergründe und die Carmina mehr Informationen gewünscht. Meiner Meinung nach sind auch nur die Hauptfiguren, Anna, Ulrich, Raoul, wirklich mit Leben gefüllt. Andere Randfiguren wie Maimun, die Gaukler, Ulrichs Frau, Raouls Vater und Annas Familie bleiben blass.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2010
Tödlicher Mittsommer / Thomas Andreasson Bd.1
Sten, Viveca

Tödlicher Mittsommer / Thomas Andreasson Bd.1


ausgezeichnet

Auch im schwedischen Sommer ist nicht immer Sonnenschein

In dem Buch "Tödlicher Mittsommer" von Viveca Sten gibt es Tote. Zunächst glaubt man beim ersten Toten an einen Unfalltod durch Ertrinken. Bis auch seine Kusine stirbt. Da deren Tod eindeutig kein Unfall ist, wird auch der erste Todesfall untersucht. Danach sterben noch mehr Menschen. Zunächst tappt die Polizei im Dunkeln, sieht gar keine Zusammenhänge, verfolgt viele Spuren, die ins Leere gehen. Nach und nach wird ein Muster erkennbar und am Ende klärt sich alles auf.

Das hört sich eigentlich gar nicht so spannend an, ist es aber! Der Leser wird behutsam mit den handelnden Personen vertraut gemacht, kann all die Sackgassen nachvollziehen, in die die Ermittler erst einmal geraten und ahnt gegen Ende, wohin die Lösung führen kann. Neben der reinen Krimihandlung laufen aber noch einige andere Handlungsstränge ab, die auch alle eine Spannung in sich tragen. Da ist Thomas, der Ermttler, der erst seine Tochter verloren hat, woran auch seine Ehe gescheitert ist, und der ganz allmählich wieder aus seiner Deppression ins Leben zurückfindet. Da ist Nora, seine Jugendfreundin, die versucht, neben der Rolle als zweifache Mutter auch eine eigene Karriere aufzubauen. Da sind viele Kollegen, die in den Sommermonaten eigentlich auch ein Privatleben haben möchten. Sie kämpfen mit vielen Schwierigkeiten, mit der schlechten Besetzung wegen der Ferienzeit, gegen die Presse, die ihr Sommerloch stopfen möchte und gegen Wichtigtuer, die in die Polizeiarbeit 'reinreden wollen.

Alle handelnden Personen sind Menschen, die eigentlich die Sommermonate genießen möchten. Sie sind gut beschrieben, mit Leben gefüllt und deshalb fühlt und leidet der Leser mit ihnen. Man erfährt, dass auch in Schweden vieles so ist, wie vermutlich überall auf der Welt: Männer wollen immer noch Entscheidungen treffen, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen und auch ohne sich an der familiären Belastung zu beteiligen. In abgelegenen Gegenden, in denen man von Tourismus lebt, ist eine schlechte Presse wegen einer langwierigen Morduntersuchung nicht gerade förderlich für den Lebensunterhalt. Auch in Schweden ist eine Ermittlung langweilige Kleinarbeit und manchmal braucht man sachkundige Unterstützung um auf eine wichtige Fährte zu kommen.

Das war wieder einmal eines der Bücher, die ich ganz langsam lesen musste, damit ich länger etwas davon hatte. Die Autorin hat in ihren Erstling eine Welt beschrieben, die ihr vertraut ist: Die Schäreninseln, die Menschen dort und ihre Sorgen, aber auch die Welt einer Mutter mit akademischer Ausbildung und juristische Gegebenheiten, die letztlich entscheidende Hinweise geben. Man merkt, dass die Autorin weiß, wovon sie schreibt und man kann den Krimi von der ersten bis zur letzten Seite genießen, weil er sich zwar nachvollziehbar, aber nicht vorhersehbar entwickelt.

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