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allegra
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Insgesamt 295 Bewertungen
Bewertung vom 17.02.2014
Wendeberg, Annelie

Teufelsgrinsen / Anna Kronberg & Sherlock Holmes Bd.1


gut

Inhalt


Anna Kronberg hat eine große Leidenschaft. Sie möchte unbedingt Ärztin werden. Weil das Ende des 19. Jahrhunderts für Frauen nicht möglich war, schneidet sie sich ihr Haar, steigt in Hosen und Frack und studiert als Anton Kronberg Medizin. Anton spezialisiert sich auf dem Gebiet der Bakteriologie und arbeitet in einem Krankenhaus in London.

Als ein Toter mit Verdacht auf Cholera in einem Zuführkanal des Wasserwerkes von London gefunden wird, zieht die Polizei Anton Kronberg hinzu, um die Todesursache festzustellen und zu entscheiden, ob für die Londoner Bevölkerung Gefahr besteht durch verseuchtes Trinkwasser. Am Fundort trifft Anton Kronberg auf keinen geringeren als Sherlock Holmes, der ebenfalls als Berater am Fall arbeitet.

Holmes erkennt Antons Geheimnis und die beiden ermitteln gemeinsam nach dem seltsamen Todesfall.



Meine Meinung

„Teufelsgrinsen“ ist ein relativ kurzer Krimi, der die unheimliche Stimmung der Krimis aus der Feder von Sir Arthur Conan Doyles aufnimmt. Ich konnte sehr schön ins viktorianische London eintauchen. Da die Hauptfigur Bakteriologe ist, erfährt man auch einiges zur Geschichte der Infektionskrankheiten Cholera und Tetanus, was mich besonders interessiert hat.

Sprachlich konnte ich den Krimi sehr leicht lesen, ich fand es allerdings an manchen Stellen etwas zu umgangssprachlich für so vertraute Figuren wie Sherlock Holmes. Als Hauptfigur hat die Autorin Annelie Wendeberg eine Person gewählt, die zwischen dem weiblichen und männlichen Geschlecht hin und her gerissen ist und die beiden Rollen auf sehr interessante Weise auslebt. Der Charakter von Sherlock Holmes konnte mich nicht so überzeugen. Ich hätte es vorgezogen, wenn die Autorin eine eigene Figur entwickelt hätte. Sherlock Holmes erschien mir zu wenig distanziert und ich habe den subtilen Witz vermisst, den vielleicht wirklich nur ein Engländer schreiben kann.

Dennoch fand ich die Handlung sehr interessant und spannend. Mit einem Cliffhanger ist die Neugier auf mehr geweckt, auch wenn ich ihn etwas seltsam finde. Es geht um eine typische Figur von Arthur Conan Doyle, die aber in diesem Buch bisher gar keine Rolle gespielt hat. Das finde ich im Moment etwas an den Haaren herbeigezogen, abschließend beurteilen aber kann ich das wohl erst, wenn ich den nächsten Teil gelesen habe. Vielleicht passt es ja.



Mein Fazit

Der Krimi „Teufelsgrinsen“ ist ein rasanter Einstieg in eine neue Reihe mit einem interessanten und viel versprechenden Protagonisten. Der Schauplatz des viktorianischen Londons ist sehr gut gewählt. Für Liebhaber von historischen Krimis ist das Buch auf jeden Fall empfehlenswert, weniger für echte Fans von Sherlock Holmes.

Bewertung vom 06.02.2014
Sigurdardóttir, Yrsa

Das gefrorene Licht / Anwältin Dóra Gudmundsdóttir Bd.2


gut

Inhalt

Dóra Gudmundsdóttir ist Rechtsanwältin und alleinerziehende Mutter eines sechzehnjährigen Sohnes und einer siebenjährigen Tochter. Der Hotelbesitzer Jonas aus Snaefellsnes bittet Dóra um Hilfe. Er betreibt ein esoterisch angehauchtes Wellnesshotel und hat ein großes Problem: Es kommt regelmäßig zu Spukerscheinungen, was die Gäste seines Hotels sehr beunruhigt. Nun möchte er das als verdeckten Mangel am Grundstück gegen den Verkäufer geltend machen und Dóra soll ihn dabei vertreten.
Jonas lädt Dóra übers Wochenende in sein Hotel ein, damit sie sich selbst ein Bild machen kann. Doch es gibt kein entspanntes Wellnesswochenende für Dóra. Am Strand wird eine Leiche gefunden. Es handelt sich um die Architektin Birna, die für Jonas das Hotel umgestaltet hat. Jonas gerät unter Verdacht und Dóra beginnt mit ihrem deutschen Freund Matthias, der eigens aus Deutschland angereist ist, auf eigene Faust zu ermitteln. Sie stoßen dabei auf unaussprechliche Geheimnisse der Vergangenheit.


Meine Meinung

Mit einem sehr sensiblen Prolog, der im Jahr 1945 spielt und von einem kleinen Mädchen handelt, das in einen Keller gesperrt wird, hat mich die Autorin gleich auf den ersten Seiten gefangen. Ich habe das Mädchen gleich ins Herz geschlossen und konnte seine Angst sowie die Kälte, die sich ihm in die Knochen schlich, mitfühlen.

Leider konnte das Buch diese Spannung nicht halten. Die Figuren erscheinen mir bis auf eine Ausnahme sehr hölzern. Dóras Handlungsweisen empfinde ich als sehr unreif für eine gestandene Frau und Mutter, so dass sie auf mich nicht glaubhaft wirkt. Selbst als sich ihre Kinder in einer potentiell gefährlichen Situation befinden, „ermittelt“ sie seelenruhig weiter. Ihr Freund Matthias erscheint mir wie ein treuherziger Dackel an ihrer Seite und weist nicht den Hauch von Persönlichkeit auf. So ist auch ihre Beziehung frei von Gefühl und Leidenschaft. Auch der esoterisch angehauchte Jonas ist mir nur schemenhaft in Erinnerung.

Die Handlung selber ist spannend und nachvollziehbar dargestellt. Auch wenn die Nachforschungen vor allem auf Dóras Seite bislang einen sehr dilettantischen und aufdringlichen Eindruck machen, so ergeben sie doch einen Einblick in die vergangenen Geschehnisse auf den Bauernhöfen, wo nun das Hotel gebaut ist. Eine Personenliste vorne im Buch erleichtert das Verständnis, da die isländischen Namen doch recht ungewohnt sind. Am Ende hat sich (in meiner Ausgabe auf S. 388) ein Personenverwechsler eingeschlichen: Dóras Sohn Gylfi und seine Freundin Sigga passen natürlich auf Dóras siebenjährige Tochter Sóley auf und nicht auf das Zimmermädchen Soldís. Solche Fehler müssten eigentlich in der 6. Auflage ausgeräumt sein.


Mein Fazit

„Das gefrorene Licht“ startet mit einem sehr starken Prolog, dessen Handlung im Buch wieder aufgenommen wird und zu einem glaubhaften Ende geführt wird. Leider konnten mich die Charaktere gar nicht überzeugen, so dass sich die potentiell berührende und spannende Geschichte nur recht zäh lesen ließ. Ein solider Krimi, aber nicht mehr. Ich vergebe 3 Sterne.

Bewertung vom 31.01.2014
Winter, Judith

Siebenschön / Emilia Capelli und Mai Zhou Bd.1


ausgezeichnet

Emilia Capelli von der Mordkommission der Kripo Frankfurt erhält eine neue Kollegin an ihre Seite gestellt: Die ehrgeizige, 26 Jahre junge Mai Zhou. Mai ist chinesischer Abstammung, sehr diszipliniert und hervorragend ausgebildet. Einziges Problem, Emilia mag nicht so gerne mit Frauen zusammen arbeiten und reagiert ihrer neuen Kollegin gegenüber recht distanziert. Doch für Animositäten bleibt keine Zeit. Die Frankfurter Polizei wird von einer besonders perfiden Mordserie in Atem gehalten. Ein Täter kündigt die Fundorte seiner Opfer mit rätselhaften Briefen an, die er an scheinbar unbeteiligte Personen richtet. Die Leichen sind jeweils an sehr auffälligen Fundorten mit charakteristischen Stoffen oder Gegenständen drapiert. Die Abstände zwischen den Morden nehmen ab und scheinen einer mathematischen Regelmäßigkeit zu folgen. Emilia und ihr Team suchen nach Gemeinsamkeiten der Opfer.

Dieser Krimi vereint für mich alles Wesentliche, was ein spannender Krimi braucht. Er bietet sehr viel Stoff zum Miträtseln wie geheimnisvolle Briefe mit Hinweisen, interessante Funde bei den Leichen, Symbole in Verbindung mit den Mordopfern und vieles mehr. Die polizeilichen Ermittlungen sind ausführlich und nachvollziehbar beschrieben. Sie beinhalten sowohl gerichtsmedizinische Methoden, aber auch Psychologen und Computerspezialisten sind mit im Team. Im Laufe des Buches werden die beiden Hauptfiguren Emilia und Zhou mit ihrem familiären Umfeld eingeführt, so dass man eine gute Vorstellung von ihnen gewinnt. Einzelne Abschnitte aus Sicht der Opfer erlauben einem die Angst und Panik nach zu empfinden.

Der Täter tritt zwar schon früh im Buch in Aktion, ist aber bis zum Schluss unbekannt. Die Auflösung endet in einem fulminanten Finale, während dem sich auch Emilia und Mai beruflich näher kommen, weil sie in gefährlichen Situationen einander vertrauen müssen. Für mich fanden alle losen Enden zusammen, so dass ich diesen Krimi als sehr schön abgerundet empfinde und schon Lust macht, auf weitere Folgen mit Emilia und Mai Zhou

Mir hat dieser Krimi sehr gut gefallen. Ich mag die leicht sperrigen Hauptfiguren und das Mitraten hat mich ausgesprochen gut unterhalten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.01.2014
Indridason, Arnaldur

Duell / Marian Briem Bd.1


gut

Inhalt

Während im Jahr 1972 die ganze Welt auf Reykjavík schaut, wo mitten im Kalten Krieg die Schachweltmeisterschaft zwischen dem amtierenden Boris Spasski und dem kapriziösen Herausforderer Bobby Fischer ausgetragen wird, geschieht ein trauriger und schmutziger Mord. Ein siebzehnjähriger Junge wird in einem Kino brutal erstochen. Die beiden Kriminalbeamten Marion Briem und Albert ermitteln. Von den Eltern des Opfers Ragnar erfahren sie, dass Ragnar ein großer Filmfan gewesen war und im Kino regelmäßig den Ton der Filme mit seinem Cassettenrekorder aufgenommen hat. Der Verdacht liegt nahe, dass Ragnar zufällig etwas Geheimes aufgenommen und mitgehört hat und deshalb sterben musste.

In Rückblenden erfährt man viel aus Marian Briems Kindheit. Er hat als Kind an Tuberkulose gelitten und lange Zeit in Sanatorien und Krankenhäuser verbracht.


Meine Meinung

Die Polizeiarbeit, die zur Lösung des Falles führt, ist genau und anschaulich beschrieben, so dass man eine gute Vorstellung des Lebens im Jahr 1972 gewinnt. Das legendäre Schachtournier nimmt einen recht großen Raum ein und führt wie ein Roter Faden durch das ganze Buch. Allerdings geht es dabei eher um die Organisation und die persönlichen Befindlichkeiten der beiden Kontrahenten. Man versteht den Krimi also auch ohne Schachkenntnisse. Sehr gefühlvoll empfand ich die Rückblenden aus Marian Briems Kindheit. Ich habe viel erfahren über die Behandlung von Tuberkulose bevor man Antibiotika zur Verfügung hatte. Besonders berührend fand ich, dass die Kinder damals alleine recht weit in ein Sanatorium reisten und nur selten Besuch von ihren Angehörigen hatte. Schön ist auch die Freundschaft, die sich zwischen Marian und Kathrin, einer kleinen Patientin entwickelte.

Der Kriminalfall findet zu einem traurigen aber doch abgerundeten Schluss, wie ich es bei einem routinierten Krimiautor wie Arnaldur Indriðason nicht anders erwarte. Dennoch hat mich während des ganzen Buches der Eindruck beschlichen, dass Indriðason nicht ganz so sicher formuliert, wie in seinen Erlendur Krimis. Ich hatte den Eindruck, er tastet sich an einen Schreibstil heran, was an einigen Stellen zu fast schon aufdringlichen Wiederholungen geführt hat. Ich hätte gerne etwas mehr selber gedacht, beobachtet und Schlüsse gezogen und fühlte mich zu sehr zum Jagen getragen. Insgesamt fand ich die Handlung zu mager für ein Buch von über 400 Seiten.


Mein Fazit

Dieser Kriminalroman hat meine hohen Erwartungen, die ich bei Arnaldur Indriðason habe nicht erfüllt. In diesem Buch wird Marian Briem, der als Erlendurs Mentor in den bisherigen Bänden nur eine untergeordnete Rolle spielt, in ein neues Licht gesetzt. Deshalb empfehle ich dieses Buch für Fans der gesamten Reihe. Als isoliertes Buch finde ich die Handlung zwar spannend und gefühlvoll, aber insgesamt etwas dünn.

Bewertung vom 20.01.2014
Gärtner, Regina

Unter dem Südseemond


sehr gut

Für die Schneidertochter Alma Hinrichs aus Köln war die Zukunft so gut wie vorgezeichnet. Sie wollte ihren Verlobten Hannes heiraten und mit ihm eine Familie gründen. Doch ein „Malheur“ ihrer Zwillingsschwester Käthe brachte alle Pläne zum Umstürzen. Käthe war schwanger, ausgerechnet von Hannes. Um nicht noch mehr Probleme mit den Töchtern zu haben, ging Vater Hinrichs auf Nummer sicher. Er verheiratete Alma gegen ihren Wunsch mit dem wohlhabenden Hermann Stieglitz, der kurz nach der Hochzeit mit Alma in die Südsee auf die Insel Samoa aufbrach, um dort die Niederlassung eines deutschen Handelsunternehmens zu leiten.

Alma arrangiert sich mit ihrem Schicksal und versucht, Hermann eine gute Ehefrau zu sein. Es wird recht schnell klar, dass Hermann möglichst schnell eine große Familie gründen möchte und Alma für ihn vorwiegend Repräsentationspflichten hat. Doch Alma wird sehr lange nicht schwanger und Hermann reagiert zunehmend gereizter.

In einem Laden, der von der Engländerin Heather geführt wird, trifft Alma einen Mann, der zur Besatzung des Schiffes gehört hat, mit dem sie von Australien nach Samoa gereist ist und verliebt sich in ihn.


Meine Meinung

Der Auswandererroman „Unter dem Südseemond“ erzählt eine gefühlvolle und farbenprächtige Familiengeschichte vor dem historischen Hintergrund der Kolonisierung Kaiser Wilhelms, die aus dem Geschichtsunterricht unter dem Stichwort „Platz an der Sonne“ in Erinnerung sein dürfte. Die Hauptfigur Alma ist zu Beginn der Geschichte im Jahr 1895 etwa 20 Jahre alt und am Ende Anfang 30. Sie macht in der Zeit eine stetige Entwicklung durch: Anfangs noch sehr naiv und verunsichert mausert sie sich zur selbstbewussten jungen Frau, die auch Verantwortung für ihre Geschwister Käthe, Mathilde und Fritz übernimmt.
Ihre Herkunft ist von einem Geheimnis umgeben, das sich durch das ganze Buch hindurch zieht und sich am Ende auflöst. Leider war mir schon nach wenigen Seiten klar, was das Geheimnis sein könnte, aber das Buch kann noch mit weiteren Wendungen aufwarten, so dass die Spannung dennoch gewährleistet ist.

Almas Mann Hermann ist sehr zwiespältig dargestellt, was mir recht gut gefallen hat, weil er dadurch glaubwürdig ist. Einerseits hat er großes Interesse an seiner Familie und unterstützt Alma, vor allem sobald sich abzeichnet, dass sie ein Kind erwarten könnte. Andererseits agiert er egoistisch, weil es ihm nur um den Erfolg im Geschäft geht und letztlich um Geld, mit dem er eine eigene Plantage oder noch lieber ein Grundstück mit Erdölvorkommen erwerben möchte. Er schränkt Alma massiv in ihren Freiheiten ein, ist aber selber durchaus zugänglich für die Reize der samoanischen Frauen.

Die Historie wird ab und zu erwähnt, findet aber eher im Hintergrund statt. Die Lebensumstände der Bevölkerung sind recht anschaulich dargestellt, so dass ich mir eine gute Vorstellung des Familienlebens sowohl in Köln als auch in den Kolonien machen konnte. Gerne hätte ich noch etwas mehr über die Lebensweise der einheimischen Bevölkerung erfahren. Außer einer Hausangestellten blieben diese recht schemenhaft.

Sehr gut hat mir gefallen, dass auch die Überfahrt von Köln über Sydney nach Samoa genau beschrieben ist, so dass man auch in der eigenen Vorstellung von Köln in die Südsee reisen kann.

Sprachlich lässt sich das Buch flüssig und angenehm lesen. Leider haben sich noch einige Fehler eingeschlichen, die den Lesefluss manchmal etwas gestört haben und die vom Korrektorat eigentlich hätten ausgemerzt werden müssen. Dennoch ist das Buch in seiner schönen Gestaltung mit den erfrischenden Farben des Covers ein sehr schönes Lesevergnügen.


Mein Fazit

Ich habe in diesem Buch einen lockeren Liebesroman vor exotischer Kulisse erwartet und genau das erhalten. Ich konnte wunderschön entspannen und vom Alltag abschalten.

Ideal, um sich bei kaltem Schmuddelwetter wegzuträumen, aber auch als leichte Urlaubslektüre gut geeignet. 4 Sterne

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.01.2014
Vanek, Tereza

Die Rebellin von Shanghai


ausgezeichnet

Inhalt

Dieser historische Roman befasst sich mit dem Boxeraufstand, der im Jahr 1900 Peking erschüttert und die Zukunft von ganz China stark geprägt hat. Die Handlung wird erzählt anhand der beiden fiktiven Hauptcharaktere Charlotte und Elsa. Charlotte ist die chinesische Adoptivtochter von Viktoria Huntingdon, der Hauptfigur des Vorgängerbandes „Das Geheimnis der Jaderinge“. Obwohl der aktuelle Band die Familiengeschichte weiterführt, können die Bücher unabhängig voneinander gelesen werden, weil sie in sich abgeschlossene Geschichten erzählen.
Elsa Skerpov ist eine junge Hamburgerin aus einfachsten Verhältnissen, die es dank einer begüterten Tante und ihrem Ehrgeiz geschafft hat, sich weiter zu bilden, so dass sie in einem Handelskontor eine Stellung annehmen konnte. Da sie unverschuldet eines Diebstahls bezichtigt wird, bleibt ihr nichts anderes übrig, als Deutschland zu verlassen. Da ihre Tante eine Bekannte von Charlotte Huntingdon ist, kann sie es Elsa ermöglichen, nach Shanghai zu reisen, wo sie erstmal im Haus von Viktoria unterkommt, wo sie Charlotte kennen lernt. Elsa sucht sich eine Arbeit, um unabhängig zu sein und findet eine Stellung als Schreibkraft in der deutschen Gesandtschaft in Peking.

Charlotte rebelliert nach einer unglücklichen Liebe gegen ihre Adoptiveltern und reißt von zu Hause aus. Sie macht sich auf den Weg nach Peking, um ihre leibliche Mutter zu finden. Sie findet Aufnahme in einer Gauklertruppe, die sich der Boxer-Bewegung anschließt, die zum Ziel hat, China von den „fremden Teufeln“ zu befreien.


Meine Meinung

An der Seite der beiden jungen Frauen Charlotte und Elsa erlebt man als Leser den Boxeraufstand hautnah mit. Ohne Effekthascherei stellt Tereza Vanek die Gräueltaten nachvollziehbar und anschaulich dar. Durch geschickt gewählte Perspektiven hat man aus verschiedenen Seiten Einblick ins Geschehen und kann die Beweggründe der handelnden Figuren sehr gut nachvollziehen. Die Zusammenhänge der historischen Begebenheiten, aber auch der kulturellen Unterschiede werden einem beim Lesen sehr bewusst. Mit den fiktiven Figuren sind auch sehr viele historisch verbürgte Personen verwoben, so dass man ein interessantes und auch realistisches Beziehungsgeflecht beobachten kann. Sowohl Elsa als auch Charlotte machen eine Entwicklung durch. Der rohe ungeschliffene Diamant Elsa findet sich zunehmend in der vornehmeren Gesellschaft der Diplomaten zurecht, während das behütete und auch verwöhnte Kind Charlotte schmerzhaft erfährt, wie viel Glück sie mit ihrem Elternhaus eigentlich hatte. Die Erlebnisse der beiden Frauen in Peking sind sehr spannend zu lesen und ich habe richtig mitgefiebert und mit gelitten, als die Versorgung mit Nahrungsmittel knapp wurde und die Armee der Befreier nicht wie erwartet aufgetaucht ist.

Sprachlich hat mir dieses Buch ausgesprochen gut gefallen. Die Autorin setzt stets eine zur Zeit und dem sozialen Umfeld passende Ausdrucksweise ein, die einem durch einen sehr angenehmen und abwechslungsreichen Satzbau ermöglicht, sich voll auf den Inhalt zu konzentrieren.

Hervorheben möchte ich auch die schöne Gestaltung des gebundenen und mit einem Lesebändchen ausgestatteten Buches. Auf den ersten beiden Seiten ist ein zeitgenössischer Stadtplan des Gesandtschaftsviertels von Peking abgedruckt, was einem das Verfolgen der Handlung während des Aufstandes sehr erleichtert. Zur zeitlichen Orientierung dient eine Auflistung der wichtigen Daten und Eckpunkte des Boxeraufstandes. Eingerahmt wird alles von einem ausführlichen Personenverzeichnis und einem sehr informativen Nachwort, in dem noch mal eindrücklich klar wird, wie viel historische Feinarbeit Tereza Vanek für diesen Roman geleistet hat.


Mein Fazit

So sollte für mich ein historischer Roman sein! Spannend, wahrheitsgemäß und gefühlvoll. Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle, die sich für die Geschichte Chinas interessieren.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.01.2014
Gowda, Shilpi Somaya

Geheime Tochter


sehr gut

Die „Geheime Tochter“ entpuppt sich als ein Mädchen, das eine indische Mutter, Kavita, in ihrer Verzweiflung kurz nach der Geburt in ein Waisenhaus in Mumbay bringt und das ein Jahr später von dem kinderlosen Paar Somer und Krishnan aus Kalifornien adoptiert wird. Krishnans Familie lebt in Mumbay und vermittelt die Adoption. Die kleine Asha wächst in behüteten Verhältnissen auf und wird optimal gefördert durch eine teure Privatschule und darf sogar ihre Wunschuniversität besuchen. Dennoch spürt Asha eine innere Leere und Sehnsucht, ihre leibliche Mutter kennen zu lernen. Für ein Stipendium kann sie nach Indien reisen, um an einem Artikel über Kinder in Slums zu recherchieren. Dort lebt sie in der Krishnans Familie, wird sehr liebevoll aufgenommen und in die indische Familientradition eingeführt. In einer anderen Perspektive wird die Geschichte von Kavita erzählt, die mit ihrem Mann und ihrem später geborenen Sohn aus ihrem Dorf nach Mumbay zieht. Jeden Tag denkt sie an ihre kleine „geheime“ Tochter.

In diesem Familienroman kann man durch zwei verschiedene Erzählstränge sowohl in den amerikanischen Alltag eines erfolgreichen Ärztepaares blicken, als auch das Leben in Indien kennen lernen. Dabei gewinnt man Einblicke in das Leben der ärmeren und aufstrebenden Bevölkerung sowie einer wohlhabenden Familie. Hinterlegt ist die Geschichte mit vielen Informationen zur Familientradition in einer hinduistisch gläubigen Familie sowie zahlreichen indischen Gerichten. Dabei sind sehr viele interessante Aspekte aufgegriffen und man erlebt die anfängliche Unsicherheit von Asha, die sich in eine Begeisterung wandelt und letztendlich aber zur Einsicht führt, dass ihr Leben, das sie mit ihren Adoptiveltern führen konnte, gar nicht schlecht war. Ihre zeitweilige Ablehnung gegenüber ihrer Mutter Somer, die ihr Indien bewusst vorenthalten hat, um sie als typische Amerikanerin aufwachsen zu lassen, ändert sich in Respekt und Verständnis. Somer erkennt, dass sie ihre Asha nicht verliert, auch wenn sie ihr die Freiheit gibt, ihren indischen Wurzeln nach zu gehen.

Mir hat sehr gut gefallen, dass sich die Figuren zum Großteil entwickeln. Dabei sind die Frauen sehr viel anpassungsfähiger als die Männer. Allerdings hatte ich zwischendurch etwas den Eindruck, dass eine indische Eigenheit an die andere gehängt ist und die Gerichte eines indischen Kochbuchs unbedingt auch noch ihren Platz finden mussten. Dazu gab es meiner Meinung nach Zeitsprünge, die man etwas eleganter hätte lösen können. Der Themenbereich, (fehlende) Schwangerschaft, Geburten beziehungsweise Fehlgeburten und das um sich selbst kreisende, an Nabelschau grenzende Gefühlsleben der Protagonistinnen war für mich etwas aufdringlich abgehandelt.

Ein einfach zu lesender, gefühlvoller Roman über Beziehungen, der die Probleme von Menschen zwischen den Kulturen sehr gut veranschaulicht, zumindest was Frauen betrifft.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.01.2014
Le Carré, John

Empfindliche Wahrheit


gut

Ich habe diesen Roman mit ziemlich hohen Erwartungen gelesen, weil John le Carré für mich für spannende, intelligente Spionageromane steht. Das erste Kapital mit dem Einsatz auf Gibraltar entsprach dann auch ziemlich genau meinen Erwartungen. Aber ich war doch recht ratlos, dass es zu einem Zugriff mit Schusseinsatz gekommen, obwohl man wusste, dass die gesuchte Person sich gar nicht im Haus befand. Ich fühlte mich darüber etwas unbehaglich, weil ich nicht recht wusste, ob ich jetzt etwas nicht verstanden hatte. Erst im Laufe des Buches ist mir klar geworden, dass der Autor diese Unbehaglichkeit erzeugen wollte. Allerdings hat es mir etwas zu lange gedauert, bis nach dem rasanten Anfang wieder wenigstens ein Hauch von Spannung aufgetreten ist.

Man lernt in Folge die Figuren Toby Bell und Kit Probyn sowie ihr Umfeld kennen, was durchaus interessant ist. Es wird für meinen Geschmack aber etwas zuviel auf gestelztem Niveau daher geredet, so dass ich die Lektüre als recht ermüdend empfand.

Vom sprachlichen her, war das Buch sehr schön zu lesen. Ich fand auch die Schriftgröße und der Druck sehr angenehm, so dass ich meistens sehr gerne zu diesem Buch gegriffen habe. Aus anderen Rezensionen habe ich entnommen, dass John le Carré mit diesem Buch scharfe Kritik an New Labour übt. Das habe ich durchaus auch empfunden, aber mir war die Kritik dann doch etwas zu wenig explizit. Ich denke, die Tatsache, dass ein misslungener Einsatz, bei dem es zu Kollateralschäden kommt, auch von anderen Regierungen lieber unter den Teppich gekehrt wird. Dass man mit Whistleblowern nicht gerade zimperlich umgeht, kann man ja aktuell in der Politik gut verfolgen.

Der Roman hat sicher große Aktualität. Man sieht an einem Beispiel wie mit der Wahrheit umgegangen wird, beziehungsweise welche Gefahren lauern, wenn der Wahrheit auf den Grund gehen will. Er gibt auch sehr interessante Einblicke in die Arbeitsweisen von Geheimdiensten und privaten Sicherheitsfirmen. Aber wirklich ins Detail ging er da nicht. Im Vergleich zu älteren Spionageromane hatten die Figuren natürlich Computer, Handys und mussten aufpassen, dass sie nicht abgehört wurden, aber der Autor blieb bei den technischen Möglichkeiten doch eher vage.

Mich konnte dieser Roman nicht wirklich so packen, wie ich es mir gewünscht hätte. Er war mir nicht durchgehend spannend genug. Sprachlich haben gestelzte englische Dialoge aus vornehmen Herrenclubs durchaus ihren Reiz, aber auf mich haben sie einen etwas verstaubten Eindruck gemacht. Für Fans von le Carré und Kennern der britischen Politik ist der Roman aber sicher empfehlenswert, nicht zuletzt auch weil die Aufmachung wirklich sehr gelungen ist.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.01.2014
Kern, Oliver

Die Kälte in dir / Kristina Reitmeier Bd.1


sehr gut

Schon nach der Lektüre weniger Seiten war ich mitten in der Geschichte drin. Die Spannung ist sehr schnell geweckt und es wird eine Vielzahl von Figuren eingeführt, was mich ziemlich bald etwas überfordert hat. Als ich mir ein Verzeichnis der wichtigsten Figuren aus Polizeikreisen und rund um die Mordopfer anlegte, war es mir dann aber sehr viel leichter gefallen, der Handlung zu folgen.

Der Thriller spielt im Remstal und in Stuttgart, die Schauplätze sind genau genug beschrieben, so dass man eine gute Vorstellung davon bekommt. Die Protagonisten Kristina und Daniel tragen beide ein ordentliches Paket voller persönlicher Probleme mit sich herum, was einerseits die Neugierde weckt, aber manchmal den Lesefluss was die Aufklärung des Falles betrifft, etwas hemmt. Die Ermittlungen laufen nicht geradlinig. Es werden sehr viele Aspekte angesprochen und es nimmt einem wirklich wunder, wie sie am Ende zusammen hängen. Die Polizeiarbeit wird ausführlich dargestellt, dennoch konnte ich manchmal die Beweggründe der Handelnden nicht ganz nachvollziehen. Ebenso empfand ich manches etwas zu sehr in die Länge gezogen.

Der Showdown ist sehr rasant und mit einer unerwarteten Wendung versehen. Die aufgeworfenen Fragen wurden zum großen Teil geklärt. Allerdings empfand ich die Zusammenhänge etwas zu konstruiert.
Der Autor hat auch Bezug zur Aktualität genommen. In einer kurzen Episode wird ein Ermittler in der Baustelle des „bestgeplanten Bauprojekt Europas“ einbetoniert. Ich bin nun sehr gespannt, ob sich die im Ländle heiß diskutierte Polizeireform der grün-roten Landesregierung im nächsten Band niederschlagen wird.

Ich fand die Idee, die hinter dem Motiv der Mordfälle steckte, sehr interessant und wirklich mal etwas Neues. Mit Kristina Reitmüller, Daniel Wolf und dem finnischen Kriminaltechniker Sampo hat Oliver Wolf ein viel versprechendes Ermittlertrio geschaffen. Ich vergebe diesem Krimi mit Thrillerelementen eine Leseempfehlung.