Benutzer
Benutzername: 
yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2170 Bewertungen
Bewertung vom 25.02.2025
Jecker, Flurin

Santa Tereza


sehr gut

Die Welt des Luchs

Der Roman Santa Tereza wird ganz von dem Icherzähler, einem Friedhofswärter, beherrscht. Er ist ein Sonderling und lebt ziemlich in seiner eigenen Welt.
Als er einer 13jährigen Feuer für einen Joint gibt, gerät er in Verdacht, Hasch verkauft zu haben. Das stimmt aber nicht und das Mädchen stellt es klar. Der Beginn einer Freundschaft.
Doch so richtig kann sie als Figur nicht wirken, außer in der Wahrnehmung von Luchs.
Daher gibt es auch keine anderen Figuren, die in dem Buch mehr zum tragen kommen. Das ist konsequent, aber vielleicht doch auch bedauerlich.
Seine Erzählstimme ist so prägend wie eindimensional.
Man bleibt daher auch ratlos zurück.
Davon abgesehen ist es ein raffiniert gemachter Roman.

Bewertung vom 24.02.2025
Sehic, Faruk

Von der Una


sehr gut

In den Spiegel eintauchen

Faruk Sehic hat den Bosnienkrieg erlebt und überlebt. Das hat ihn geprägt.
Ein hartes Thema, an einigen Stellen mit überraschend viel Pathos geschrieben. Aber das halt sein sprachlicher Ausdruck für die grauenvollen Erlebnisse des Krieges. Eine lyrische Prosasprache kann man Faruk Sehic nicht absprechen. Er hat auch einen Blick für Details. Es ist ein reflektierendes Buch mit relativ wenig Handlung. Aber es gibt beachtliche Beschreibungen und viele bemerkenswerte Sätze voller Poetik.

Bewertung vom 23.02.2025
Fargo, Layne

The Favourites


sehr gut

Ehrgeiz, gepaart mit großer Leidenschaft. Das ist was die aus einfachen Verhältnis stammenden Amerikaner Katarina und Heath zu Spitzensportlern im Eistanz macht.
Ein Sportroman, aber auch eine Liebesgeschichte. Kat und Heath kennen sich schon als Jugendliche und sind ein Paar. Aber vor allen Kat sprüht vor Ehrgeiz und stellt den Sport vor allen.
Das Buch erinnert mich thematisch und vom Stil her an Taylor Jenkins Reids Tennisroman Carrie Soto is back. Aber Layne Fargo bringt auch andere Elemente mit hinein.
The Favourites ist geprägt von einem halbdokumentarischen Stil.
Diverse Sportler werden über Kats und Heath Karriere befragt und so wird ihr Leben und ihr sportlicher Verlauf gezeigt. Gleichzeitig schwingt aber auch immer die Andeutung eines Skandals mit und als Leser ist man gespannt was das sein wird. So wird kontinuierlich eine Spannung aufrecht erhalten.

Bewertung vom 22.02.2025
Prödel, Kurt

Klapper


ausgezeichnet

Ein Buch über Freundschaft

Kurt Prödel, ein junger Autor, der einen originellen Coming-of-Age-Roman geschrieben hat. Durch den Text erlebt man das Leben und die Emotionen eines Schülers, Thomas, genannt Klapper, der eine Art Außenseiter ist. Verschlossen und unsicher, mehr oder weniger isoliert.
Die Handlung ist ins Jahr 2011 gelegt. Es ist also gewissermaßen auch ein Zeitporträt, obwohl es auch ein paar Abschnitte in der Gegenwart gibt.
Mit Bär kommt ein neues, selbstbewusstes Mädchen in die Klasse, das Klapper beeindruckte. Schließlich merken sie, dass sie sich gut verstehen und ergänzen, dazu gehört auch das Gaming.
Aber beide Jugendliche haben auch ein problematisches, dysfunktionales Familienleben.
Manchmal meine ich einen Hauch von Tschick zu vernehmen, aber an Herrndorf möchte ich Kurt Prödl doch nicht messen. Einen Einfluss vermute ich aber doch.
Erschafft ein unterhaltsames, intelligentes Buch und viele Leser dürften an eigene Schulereignisse erinnert werden.

Bewertung vom 22.02.2025
Dick, Morgan

Mickey und Arlo


sehr gut

Töchter
In diesem Roman stehen die Halbschwestern Mickey und Arlo im Mittelpunkt. Der gemeinsame Vater ist gestorben und die Schwestern treffen sich das erste Mal durch eine Klausel im Testament des Vaters, der Mickey verlassen hatte, als sie erst Acht war.
Die Bedingung für das Erben sind 8 Therapiestunden, die Mickey absolvieren muss. Sie ist Grundschullehrerin und Alkoholikerin. Und Arlo ist Therapeutin.
Aber beide Schwestern wurden durch das Verhalten des Vaters innerlich beschädigt. Überraschenderweise sind auch beide Mütter eher kalt.
Die Autorin weiß das einzuschätzen und kann das darstellen. Sie lässt beide aufeinandertreffen.
Die Ausgangsposition kann man als sehr originell einstufen. Vielleicht ist es etwas zu langgezogen. Manche Passagen sind auch nicht einfach zu verkraften. Als Leser ist man mitgenommen.
Morgan Dick hat einen interessanten Roman geschaffen, in der die psychologischen Momente wirklich glaubwürdig wirken.

Bewertung vom 20.02.2025
Kureyshi, Meral

Im Meer waren wir nie


sehr gut

Sätze wie gemeißelt

Das Buch ist sehr von der Icherzählerin geprägt, die ruhig und beobachtend wirkt. Man spürt auch sofort ihre Sensibilität.
Es beginnt mit dem Begräbnis der 95jährigen Lili, um die sie sich lange gekümmert hat. Sie hatten eine besondere Beziehung, wie sie sie auch zu Lilis Enkel Sophie hat. Sophie ist seit Kindheitstagen ihre Freundin und heute auch eine Nachbarin, Sophie ist alleinerziehend, d.h. ihren Sohn ziehen sie eigentlich gemeinsam auf.

Es ist kunstvoll und gelungen, wie die Autorin das komplexe Beziehungsgeflecht schildert.

Der Stil de Schweizer Sxchriftstellerin Meral Kureyshis hat sich nicht geändert, der neue Roman erinnert an ihre Vorgängerbücher Fünf Jahreszeiten und Elefanten im Garten.
Ihre Sätze sind bemerkenswert, wirken wie gemeißelt.

Bewertung vom 18.02.2025
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


sehr gut

Leben mit Realität und trotzdem an den Traum glauben

Wanda lebt mir ihrer kleinen Tochter Karlie im Achtzehnten Stock und hofft, als Schauspielerin rauszukommen.
Sie steht damit in einem Konflikt sich ausreichend um ihr Kind zu kümmern, aber auch alles für ihre Karriere zu tun. Die ist aber bisher anscheinend kaum in Fahrt gekommen.
Ziemlich oft muss sie die Hilfe der Nachbarin in Anspruich nehmen. Die nennt sie immer nur Aylins Mutter. Anscheinend kennt sie ihren Namen nicht. Das passt ein wenig dazu, dass sie immer wieder mal egoistisch und oberflächlich wirkt. Davon abgesehen finde ich schon, dass sie an ihre Träume glauben soll.
Ein zentraler Moment des Buches ist als Karlie krank wird. Eine Mittelohrentzündung stellt sich als Hinhautentzündung heraus. Das wurde zuerst unterschätzt. Für Wanda eine Zeit der Angst.

Sara Gmuer schafft mit Wandas Stimme einen Sound für ihren Roman, ein wenig rotzig und forsch, aber das hat was.

Bewertung vom 18.02.2025
Spiotta, Dana

Die schönere Lüge


sehr gut

Hommage an das Kino

Schon das Cover deutet auf die Freundschaft zweier Frauen an.
Beide beschäftigen sich mit Film, vielmehr, es ist ihr Lebensmittelpunkt.
Doch sie sind sehr unterschiedlich. Die Autorin präsentiert zwei Lebenswege.
Das macht sie auf komplexe, manchmal unnötig komplizierte Art.
Man sollte für das Buch ein Interesse an Film mitbringen, insbesondere auch an die Filmgeschichte. Man wird einiges wieder entdecken und vielleicht auch neues.

Ich muss gestehen, dass mich Dana Spiottas letzter Roman (Unberechenbar) mehr angesprochen hatte, aber auch Die schönere Lüge ist ein gutes Buch.

Bewertung vom 18.02.2025
Kapitelman, Dmitrij

Russische Spezialitäten


ausgezeichnet

Eindrucksvoll

Ein Buch über den Riss in Familien, der durch äußere Konflikte wie Krieg entsteht.
Der Icherzähler Dmitrij ist als 8jähriger aus Kyjiw nach Deutschland gekommen. Seine Eltern führen dort einen Laden, der russische Spezialitäten verkauft.

Das Buch ist autobiografisch.

Zur Coronazeit übernimmt er dort kurzzeitig die Leitung, damit seine Eltern geschützt sind, auch weil der Vater nach einem Schlaganfall nicht mehr der alte ist. Doch schließlich muss der Laden schließen.
Der Angriff auf die Ukraine kommt und Dmitrijs Mutter, die aus Russland stammt, nimmt einseitig Partei gegen die Ukraine. Sie glaubt der russischen Propaganda. Durch dieses Buch wird klar, wie stark Putins Lügen bei vielen doch ziehen.
Dmitrij ist daher ständig im Streit mit der Mutter, auch mlt Freunden. Der Vater ist eher gleichgültig, als Jude jedoch mitgenommen vom Massaker in Israel.

Dmitrij möchte den Streit nicht eskalieren lassen, um Familie und Freunde nicht zu verlieren.

Er reist in die Ukraine, um sich selbst ein Bild zu machen. Diese Beschreibungen sind eindrucksvoll, obwohl die Sprache ungekünstelt, manchmal verhalten ist.

Dmitrij Kapitelman konnte mir als Leser die Situation der Ukrainer gut vermitteln.

Bewertung vom 18.02.2025
Lovrenski, Oliver

bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann


sehr gut

Überdosis vom Leben

Das Buch mit dem ausgefallenen Titel „bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann“ ist außergewöhnlich.
Das Buch ist komplett in Jugendsprache erzählt. Das ist teilweise witzig, manchmal auch anstrengend.
Abwechselnd erzählen vier Jugendliche.
Ivor, Marco, Arjan und Jonas. Sie sind wie Brüder.
Sie leben in Norwegen, lieben es zu chillen und ihr Interesse liegt bei vielen Drogen. Nicht umsonst heisst der zweite Teil des Buches Absturz.

Die Kapitel sind überwiegend sehr kurz und es gibt viele von ihnen.

Noch ein Wort zum Cover: es ist ganz in rot gehalten und zeigt offenbar einen der Jugendlichen in nachdenklicher Pose. Das passt schon.

Ein manchmal witziges, aber auch raues und wildes Buch.

Ich vermute, der Autor Oliver Lovrenski wird seinen Erfolg nicht wiedrholen können. Er hat es geschafft, ein Lebensgefühl auszudrücken. Ein weiteres mal ist das nicht zwingend.