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Benutzername: 
eulenmatz
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 189 Bewertungen
Bewertung vom 22.11.2016
Eine Fackel im Dunkel der Nacht / Elias & Laia Bd.2
Tahir, Sabaa

Eine Fackel im Dunkel der Nacht / Elias & Laia Bd.2


sehr gut

MEINUNG:
Zweite Teile sind meistens dafür bekannt nur Zwischenteile zu sein, d.h. es passiert nicht so viel und es wird eher auf den abschließenden Höhepunkt im dritten Teil hingearbeitet. Das war hier ganz und gar nicht der Fall. Der zweite Teil hat mir insgesamt sogar noch besser gefallen als der erste Teil und der war auch schon sehr gut. Soweit ich es gehört habe, sollen sogar noch zwei weitere Bände erscheinen.
Die Reihe wird in den Jugendbuchsektor eingeordnet, weil die Protagonisten noch so jung sind, aber ich habe mich auch in diesem Teil gefragt, ob diese Einordnung wirklich angebracht ist. Auch der zweite Teil ist sehr brutal und gespickt mit vielen Machtverstrickungen, die dem Buch auch eine politische Note verleihen. Die Komplexität lässt es nicht zu, dass man das Buch einfach mal so nebenbei liest. Wichtigen Details und Zusammenhänge können einem schnell entgehen, wenn man das Buch nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit liest. Für ein Jugendbuch fand ich es sehr anspruchsvoll, was mir bereits im ersten Teil auch schon gut gefallen hat, aber manchmal auch anstrengend war, weil ich es oft abends gelesen habe. Die Brutalität und Gewalt in den Büchern finde ich für die Deklaration als Jugendbuch grenzwertig, aber dennoch sind sie bildhaft und detailliert beschrieben, dass man sich die Kampfszenen vor seinen inneren Augen vorstellen kann.
Ganz besonders gut hat mir gefallen, dass in diesem Buch neben Elias und Laia, auch Helena eine Stimme bekommen hat. Helena ist in ihrer Position für mich die Tragischste, aber auch eine der stärksten weiblichen Charaktere, die es in diesem Genre gibt. Ihre Abschnitte habe ich besonders gerne gelesen und ich wünsche mir für sie ein Happy End, auch wenn das momentan schier unmöglich scheint. Helena bringt so einige Opfer und beweist trotzdem Mut, Stärke und Rückgrat und erscheint dabei niemals verbittert oder verhärtet.
Mit Laia bin ich nicht so gut zurechtgekommen, aber im Nachhinein gesehen ist auch sie ein authentischer Charakter. Sie wird nicht plötzlich zur Superheldin, die plötzlich vor nichts mehr Angst hat und die Kräfte entwickelt, von denen man sich fragt, wo diese plötzlich herkommen. Trotzdem ist sie nicht feige und sie hat ein gutes Herz, dass für ihre Familie (was davon übrig geblieben ist) und auch für Elias schlägt. Dennoch bekommen wir hier keine von Kitsch triefende und vor allem keine dominierende Liebesgeschichte geboten. Die Zuneigungen und Gefühle der Protagonisten sind trotz allem spürbar. Elias ist für mich ein Charakter, der weiß was er will und auch danach handelt (wie bereits im ersten Teil). Er unterstützt Laia in ihrem Wunsch bedingungslos und bringt sich damit auch selbst in Gefahr. Seine Handlungen waren für mich immer nachvollziehbar, wenn auch manchmal wirklich mit Wahnsinn behaftet, aber dennoch zielbringend.
Das Buch hält einen konstanten Spannungsbogen und viele Wendungen, die ich nie vorhersehen konnte. Die Geschichte an sich in so komplex und so viele Parteien sind beteiligt, dass es viele Schauplätze und genauso viele Geheimnisse gibt. Mir gefällt sehr, dass man diese Reihe einfach nicht durchschauen und sich immer wieder überraschen lassen kann.
FAZIT:
Für mich ist es eine sehr gelungene Fortsetzung, die fast noch besser ist als ihr Vorgänger. Bis auf einen kleinen Kritikpunkt, der auch für den ersten Teil gilt, ist es für mich eine der besten und ungewöhnlichsten Reihen, die ich je gelesen habe. Sabaa Tahir gelingt es auf den gut 500 Seiten ein Spannungsniveau zu halten, welches seines Gleichen sucht. Ich freue mich auf den nächsten Band und kann diese Reihe absolut empfehlen.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 14.11.2016
Und nebenan warten die Sterne
Spielman, Lori Nelson

Und nebenan warten die Sterne


weniger gut

Mein erster Kritikpunkt ist die Sprache, die ich nicht mehr als so unfassbar trivial und seicht in Erinnerung hatte. Die Autorin legt ihren Charaktere auch Worte in den Mund, die absolut nicht altersgerecht sind und generell auch kein Stück realitätsnah (was die ganze Geschichte nicht ist, aber dazu kommen wir gleich). Beim Lesen hat es mich manchmal wirklich geschüttelt. Stellenweise erschien es mir auch schlecht übersetzt, wofür die Autorin nichts kann, aber das Lesevergnügen wurde damit auch nicht verbessert. Leider ist der Schreibstil vergleichbar mit einem Groschenroman. Frau Spielman hat sich hier leider kein bisschen verbessert/ gesteigert.

Die Geschichte an sich ist komplett überladen mit einer Überzahl an Schicksalsschlägen und kaputten Beziehungen. Dazu gehören Scheidung, psychische Krankheiten, Tod, Selbstmord, Verlust etc. Am meisten ist davon natürlich Erika betroffen. Die Anzahl der Schicksalsschläge steht bei mir aber nicht proportional zu dem Mitleid, was man aufbringen sollte. Weniger ist mehr, wäre wirklich besser gewesen. Denn bei der Anzahl an Problemen, die eine Person in dem Roman hat, ist man dann irgendwann auch nicht mehr schockiert, sondern es wird zu Normalität und konnte mich emotional kein bisschen erreichen.

Kommen wir zu den ganzen Weisheiten. Das mag ja am Anfang noch ganz nett sein und ich habe auch verstanden, dass sie Sprüche ein Teil ihrer Familie sind und man diese in Form von kleinen Büchern weiter gibt, aber nach immer wehrender Wiederholung waren es für mich am Enden nur noch Phrasen. Ich kann mir schwerlich vorstellen, dass Erwachsene ein Gespräch miteinander führen (z.B. Erika und ihrer Schwester Kate) und dann ist auf jedes Problem die Antwort so eine Weisheit. Für mich klingt das völlig abgedroschen, auch wenn an den Sprüchen was Wahres dran sein mag. Das ist auch der größte Kritikpunkt, den ich habe. Das Buch ist absolut nicht realitätsnah.

Es gibt auch keine wirklichen Spannungsmomente und es vorn herein klar, wie das Buch ausgehen wird, aber mir ist schnell die Lust daran vergangen zu erfahren, wie die Protagonisten dahin kommen. Was mich besonders gestört hat, sind die beiden Hauptprotagonisten, Annie und Erika. Eigentlich Mutter und Tochter, aber von dem Altersunterschied habe ich nicht viel gemerkt. Beide verhalten völlig naiv und gewollt widersprüchlich. Man schreibt ihnen irgendwelche Eigenschaften zu, von denen sich viele in keiner Situation wirklich zeigen. Besonders Erikas Gefühlsausbrüche sind sowas von theatralisch und überzogen, dass man eigentlich nur schreiend davon laufen möchte. Natürlich ist Erika eine typische amerikanische Business-Frau, die aber eigentlich Sozialarbeiterin war. Also irgendwie kommt mir das auch aus Morgen kommt ein neuer Himmel sehr bekannt vor. Frau Spielman überrascht uns also hier nicht wirklich mit ihrem Einfallsreichtum, sondern eher mit einer Ladung Klischees, nur das es immer die gleichen sind. Erika verliebt sich natürlich auch in einen total gefühlvollen, sympathischen Mann, der sich ihr sofort öffnet….wie nicht anders zu erwarten.

FAZIT:
Sowohl sprachlich auch noch inhaltlich ist das Buch mit einem Groschenroman und den anderen Spielman-Romanen vergleichbar. Alle anspruchsvollen Leser sollten davon unbedingt die Finger lassen, sonst erlebt man eine herbe Enttäuschung. Für mich war es das letzte Buch von Frau Spielman. Das Buch bekommt mit viel Augenzudrücken noch zwei Sterne, weil das Cover so schön ist, aber ansonsten ist es für mich eines der schlechtesten Bücher, die ich je gelesen habe.

Bewertung vom 07.11.2016
Mädchentod
Heaberlin, Julia

Mädchentod


sehr gut

MEINUNG:
Man wird relativ unsanft mitten in die Handlung hinein geworfen. Es fehlen hier zunächst eine Menge Erklärungen, die sich erst nach und nach erschließen oder auch gänzlich aus bleiben. Da ich zu den Leuten gehöre, die den Klappentext meistens gar nicht oder nur flüchtig lesen, bin ich auch immer wieder über die Schwarzköpfigen Susannen bzw. Susannen gestolpert und wusste nicht so recht was damit gemeint ist…bis ich es gegoogelt habe. Auch der Schreibstil von Julia Heaberlin machte es mir deutlich schwerer als sonst bei anderen Thrillern in die Geschichte rein zu kommen. Ich möchte nicht sagen, dass ich mich gequält habe, aber es war vergleichsweise wirklich anstrengend. Die Autorin benutzt viele Metaphern und man muss auch ein wenig geübt sein zwischen den Zeilen lesen zu können. Leider ist auch bis zur Mitte ein etwas längerer Atem notwendig, da das Buch bis dahin nur wenig Spannung aufweist. Trotzdem schaffte es die Autorin, dass ich weiter lesen wollte.

Geschickt streut Julia Heaberlin immer wieder kleine Hinweise ein und ab der zweiten Hälfte endet so gut wie jedes Kapitel mit einem kleinen Cliffhanger. Da das Buch sich in den Kapiteln immer zwischen der Tessa aus der Gegenwart und der 17-jährigen Tessie aus der Vergangenheit abwechselt, wollte ich natürlich immer weiter lesen. Spannung wird auch durch die Länge der Kapitel erzeugt, die in besonderen Schlüsselsituation gemeinerweise auch mal nur aus ein paar Sätzen bestehen können. Das Spiel mit dem Erzählperspektiven und den Längen hat mir sehr gut gefallen und sorgt für nötige Spannung in der zweiten Hälfte.

Das Buch lebt von seiner Hauptprotagonistin Tessa, die für mich auch der tragende Punkt gewesen ist, warum ich das Buch trotz aller bereits aufgezählten Kritikpunkte wirklich gerne mochte. Ich fand es besonders interessant, wie sie sich nach dem Vorfall als jugendliche Tessie verhalten hat und zwar mit überraschend messerscharfen Verstand. Die erwachsene Tessie führt trotz allem, was passiert ist, ein relativ normales Leben mit ihrer jugendlichen Tochter Charlie. Die Beziehung der beiden hat mich ein bisschen an die Gilmore Girls erinnert. Natürlich ist sie durch die Nachrichten, die nur vom Täter sein können, stark verunsichert und fühlt sich noch unsicherer in ihren eigenen vier Wänden. Auch die kleine Liebesgeschichte am Rand hat mir ausnahmsweise sehr zu gesagt. In der Regel finde ich diese eher störend in Thrillern, wenn sie so einen großen Raum einnehmen oder im Rahmen der Handlung einfach unangebracht sind.

Bevor ich einen Thriller lese, schaue ich immer, welchen beruflichen Background der Autor/ die Autorin hat. Grundsätzlich bin ich immer skeptisch, wenn diese nicht „vom Fach“ sind, wie es auch bei Julia Heaberlin der Fall ist. Mädchentod zeichnet sich aber durch eine sehr gute Recherche der Autorin aus. Ich bin großer Fan von Forensik und das bekommt man hier während des gesamten Romans geliefert. Außerdem bekommt man einen interessanten Einblick in die Arbeit von Anwälten und Psychologen. Man merkt beim Lesen nicht, dass die Autorin Laie ist. Auch das Thema Todesstrafe wird eingehend beleuchtet und lädt dazu ein, sich selbst einmal zu seinem eigenen Standpunkt dazu Gedanken diesbezüglich zu machen.


FAZIT:
Ich habe relativ viele Kritikpunkte aufgezählt, die den Anschein erwecken könnten, dass mir das Buch nicht gefallen hat, aber dem ist nicht so. Ich habe das Buch trotz des schweren Einstiegs und dem mit wenig mit Spannung behafteten ersten Teil wirklich gemocht. Das lag vor allem an der Protagonistin Tessa/ Tessie, der guten Recherche, vor allem im Bereich der Forensik, und dem gutem Mix, den der Thriller bietet. Ich werde Julia Heaberlin im Auge behalten und bin gespannt auf ihre nächsten Romane.

Bewertung vom 31.10.2016
Claire / New York Diaries Bd.1
Taylor, Ally

Claire / New York Diaries Bd.1


gut

MEINUNG:
Als ich das Buch in den Neuerscheinungen entdeckt habe, hat mein Herz gleich einen kleinen Hüpfer gemacht und ich habe mich sehr auf diesen ersten Band gefreut. Ich habe von Ally Taylor bereits aus der Oceanside Serie, welche sie auch mit ihrer Freundin Carrie Price (alias Adriana Popescu) zusammen geschrieben hat, „Dreisam“ gelesen und war von der Beschreibung der Intensität zwischen den Protagonisten und dem erotischen Knistern begeistert. Außerdem spielen die Diaries in New York und kommen in edlem schwarzem Design daher, welches mich ebenfalls für sich gewinnen konnte. Leider bin ich von diesem Buch etwas enttäuscht.
Die Geschichte spielt in New York, aber ein richtiges New-York-Feeling kam bei mir nicht auf. Es hätte auch irgendeine andere beliebige Großstadt, auch in Deutschland, spielen können. Ich verstehe sowieso immer nicht, warum einige deutsche Autoren und Autorinnen ihre Geschichten gerne in den USA und Großbritannien ansiedeln. Nur wenigen gelingt die Kultur, das Flair und die Lebensart richtig einzufangen. Hier ist es leider nicht so ganz gelungen.
Das Buch ist komplett aus der Ich-Perspektive von Claire geschrieben, was ich gut finde, aber warum um Himmels Willen gibt es noch zusätzliche Tagebucheinträge von Claire…auch in der Ich-Form? Der Sinn hat sich mir überhaupt nicht erschlossen. Jetzt könnte man sagen, dass sie dort nochmal einen genaueren Einblick in ihr Gefühlsleben gibt, aber das ganze Buch besteht aus der detaillieren Beschreibung ihres Gefühlsleben und endlosen Wiederholungen. Auf die Dauer war das recht anstrengend.
Ich tue mich immer schwer damit, wenn es in einem Buch ausschließlich darum geht am Ende den Mann zu bekommen. In dem Fall ist das Objekt der Begierde zunächst noch vergeben und Claires Gedanken dazu sind manchmal wirklich gehässig, was sie nicht wirklich sympathischer gemacht hat. Generell verhält sie sich für eine 32-jährige ziemlich pubertär und ihre Gedanken drehen sich nur noch um IHN. Dennoch sind ihre Sprüche und ihre Schlagfertigkeit einfach einmalig. Schreiben kann Ally Taylor! Das muss man ihr lassen. Ich habe mir einige Zitate markiert und heraus geschrieben, die wirklich einprägsam und aussagekräftig sind.
Nach zwei Dritteln hätte ich nicht wirklich sagen können, worum es wirklich geht, weil es dem Buch einfach an einer richtigen Handlung und einem roten Faden gefehlt hat. Vielleicht war es auch nicht das Ziel des Buchs, aber ich tue mich immer schwer es dann als „nette Unterhaltung“ zu bezeichnen, weil es so abgedroschen klingt, aber mehr war es einfach nicht. Leider gab es keine wirklich erotischen Szenen, auf die ich ja eigentlich gehofft hatte. Sondern wir begleiten Claire auf 300 Seiten dabei, wie sie sich selbst zerfleischt, weil sie erst jetzt gemerkt hat, wer eigentlich der Richtige für sie ist. Das ist mir aber einfach zu wenig. Erst auf den letzten paar Seiten geht es auch mal darum, dass Claire sich auch mal auf ihre eigene Wünsche und Träume besinnt, mal abgesehen von Männern. Und aufmerksam macht sie darauf ausgerechnet ein Mann. ;-) Ich fand es sehr schade, dass dies erst so spät Thema wird.

FAZIT:
Kann man lesen, muss man aber nicht. Alles in allem zeichnet sich der Roman durch den tollen Schreibstil von Ally Taylor aus, der nur so von Schlagfertigkeit und coole Sprüchen übersät ist, aber eine richtige Handlung konnte ich nicht erkennen. Trotzdem würde ich Ally Taylor/ Anne Freytag noch eine Chance geben. Der tolle Schreibstil und die Schlagfertigkeit verzeiht in dem Fall für mich die schwache Handlung.

Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 24.10.2016
Flawed - Wie perfekt willst du sein? / Perfekt Bd.1
Ahern, Cecelia

Flawed - Wie perfekt willst du sein? / Perfekt Bd.1


ausgezeichnet

Flawed ist der erste Teil von Cecelia Aherns ersten All-Age-Reihe, welche aus zwei Bänden besteht. Auch von mir wurde das Buch mit Spannung erwartet und dann auch gleich zum Erscheinungstermin erworben. Ein paar Tage nach Erscheinung war ich auch gleich bei einer Lesung des Buchs im Rahmen der Harbour Front Literaturfestivals in Hamburg. Auf dem Rückweg der Lesung habe ich in der Bahn gleich mit dem Lesen begonnen und es hat mich gleich in seinen Bann gezogen und auch bis zum Schluss nicht mehr los gelassen.
Celestine ist ein Mädchen, das in jeglicher Hinsicht nach Perfektion strebt und immer an das System der Gilde geglaubt hat. Ein Schlüsselereignis, gleich zu Beginn des Romans, lässt sie allerdings umdenken. Hieraus resultiert auch der entscheidende Fehler, den sie begeht und der ihr Leben und alles woran sie je geglaubt hat, völlig verändert. Mir kam die Veränderung ihrer Einstellung ein wenig zu schnell. Zunächst kam es mir daher unglaubwürdig vor, aber es ist entscheidend für die weitere Handlung und mein erster Eindruck ist schnell wieder verflogen. Celestine verdient meine ganze Bewunderung mit welcher Stärke sie ihre Brandmarkung übersteht und sich auch danach nicht unterkriegen lässt. Sie steht voll und ganz zu sich selbst und dem was sie getan hat.
Mir hat gut gefallen, dass die Autorin geschickt Erklärungen zur Welt von Celstine und dem System der Gilde einfließen lässt, die in sich schlüssig sind und Eintauchen ohne weiteres möglich machen. Besonders sind mir dabei die ganzen Kontrollmechanismen der Gilde aufgefallen, die dazu dienen, dass die Fehlerhaften den ganzen ihnen auferlegten Regelkatalog einhalten. Es ist faszinierend und erschreckend zu gleich gewesen.
Erschrocken war ich, dass diese Fehler nicht aus der Verstoßung gegen Gesetze, wie wir es im klassischen Sinne kennen, heraus resultieren, sondern viel mehr aus moralischen Verständnis. Die Gilde dient der lediglich der Aufklärung von moralischem Fehlverhalten und untersteht der Regierung. Wird man einmal als fehlerhaft verurteilt und gebrandmarkt, führt man in Flawed ein Leben am Rande der Gesellschaft. Ein Leben, was in meinen Augen, nicht lebenswert ist, denn ihnen wird ihre ganze Menschlichkeit abgesprochen. Fehlerhafte und solche, die es nicht sind, dürfen weiterhin zusammen leben, aber nur unter erschwerten Bedingungen. Viele kommen auch mit der Brandmarkung nicht zurecht und verfallen in schwere psychischen Krisen.
In der Geschichte lassen sich viele Parallelen zu unserer heutigen Gesellschaft finden, vor allem im Bereich Politik und Medien, auch wenn es eine Dystopie ist. Natürlich ist der Umgang mit Fehlern hier sehr überspitzt dargestellt, aber dennoch ist da viel Wahres dran. Auch in unserer Gesellschaft kann man für einen Fehler, der nach dem allgemeinen Verständnis nicht unserem moralischen Verständnis entspricht, ausgegrenzt werden und plötzlich von der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Im Roman wurde auch sehr gut aufgezeigt, dass Macht und Ansehen eine große Rolle spielen und Einfluss darauf haben können, ob man als fehlerhaft verurteilt wird oder ob es nicht lieber sprichwörtlich „unter den Teppich gekehrt“ wird. Es wird also mit zweierlei Maß gemessen. Einen Zustand, der in der Realität auch nicht ganz unbekannt ist.


FAZIT:
Es ist eine unfassbar spannenden und dicht erzählte Dystopie, die sich mehr und mehr zu einem Thriller entwickelt, den man nicht mehr aus der Hand legen mag. Cecelia Ahern ist hier ein Roman gelungen, der sehr politisch ist und dessen gesellschaftliches System auch Parallelen zu unser Realität aufweist. Diese werde natürlich stark überspitzt, aber genau deswegen sind die Gemeinsamkeiten so auffällig und regen auch zum Nachdenken und Hinterfragen ein.

Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 21.10.2016
Terror
Schirach, Ferdinand von

Terror


ausgezeichnet

MEINUNG:
Seit Verbrechen und Schuld bin ich bekennender Fan von Ferdinand von Schirach und habe innerhalb kürzester Zeit alles, was er je geschrieben hat, förmlich in mich aufgesaugt. Zum damaligen Zeitpunkt waren neben den beiden genannten Werken auch schon seine beiden Romane Tabu und Der Fall Collini erschienen. Glück für mich! Doch seitdem warte ich immer sehnsüchtig auf etwas Neues. Die Würde ist unantastbar hat mir zum ersten Mal nicht ganz so gut gefallen, aber Terror konnte mich jetzt wieder absolut begeistern.
Das Theaterstück beschäftigt sich mit einer Fragestellung, die sich für mich zunächst recht eindeutig und schnell beantworten lässt, aber im Verlauf des Lesens war ich mir damit nicht mehr so sicher. Sowohl der Angeklagte als auch Verteidiger und Staatsanwältin bringen sehr viele, fundierte Argumente hervor, die mich haben nachdenken lassen. Das Ganze macht es unheimlich schwierig hier zu einer Antwort zu kommen, die definitiv richtig und die andere im Umkehrschluss definitiv falsch ist. Hier kann man auch nicht wirklich damit argumentieren, dass das, wie es immer so schön heißt, Ansichtssache ist, denn das ist es nicht. Jedes Urteil zieht enorme Konsequenzen für unsere Rechtsstaatlichkeit und unserer Verfassung mit sich, die die Basis für unser Zusammenleben darstellt. In meinen Augen besonders dann, wenn man sich für „nicht schuldig“ entscheidet. Doch jeder Leser soll hier angeregt werden sich dazu eine eigene Meinung zu bilden. Es werden allerdings auch die Konsequenzen des Ganzen aufgezeigt und das halte ich hier für essentiell. Viele werden hier aus dem Bauch heraus entscheiden, dabei schließe ich mich selbst mit ein, doch so einfach ist eben nicht.
Am 17.10. wurde auf ARD auch der gleichnamige Film mit u.a. Martina Gedeck und Florian Fitz David dazu ausgestrahlt. Die Zuschauer durften dann per Anruf entscheiden, ob der Angeklagte Koch schuldig oder nicht schuldig ist. Wie entschieden wurde, ging danach auch durch die einschlägigen Quellen, wie u.a. Spiegel Online, Stern, Tagesschau. In der ARD Mediathek sind alle Beiträge dazu noch verfügbar.

Die Rede bezieht sich auf den Preis für Charlie Hebdo. Sie macht sehr eindringlich darauf aufmerksam, dass wir Terror(-anschläge) nicht (versuchen) dürfen mit zusätzlichen Sicherheitsmechanismen zu bekämpfen, die vermeintlich nach mehr Schutz aussehen. Von Schirach bezieht sich hier sehr intelligent Benjamin Franklins bekanntes Zitat: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ In der Rede führt er auch Beispiele aus der aktuellen Gegenwart an, wo genau eben das nicht gemacht wird. Das Zitat wird allerdings unterschiedlich aus dem Englischen Original übersetzt (hier könnt ihr mehr dazu lesen) Ich möchte hier gar nicht mehr zu sagen. Jeder sollte diese Rede selbst einmal gelesen haben. Sie regt definitiv zum Nachdenken und führt dem Leser so einige Kausalitäten und Beispiele vor Augen, die wir so vielleicht noch betrachtet haben.

FAZIT:
Ferdinand von Schirach hat hier ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen. Trotz relativ kurzem Lesevergnügen, haben mich sowohl das Theaterstück als auch die Rede schwer zum Nachdenken gebracht. Beide haben mich dazu angeregt meine eigene Meinung und Ansichten zu den angesprochenen Themen zu hinterfragen. Wenn das Literatur im großen Sinne gesehen schafft, dann hat sie damit einen wesentlichen Fakt erreicht, weswegen ich gerne lese.

Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.10.2016
Letztendlich sind wir dem Universum egal / Letztendlich Bd.1
Levithan, David

Letztendlich sind wir dem Universum egal / Letztendlich Bd.1


gut

MEINUNG (Achtung! Spoiler):
Das Buch ist 2014 erschienen und wurde wie nichts gehypt. Auch ich habe es mir 2014 gekauft, aber dann ist es irgendwie auf dem SuB verschwunden… ihr kennt das. ;) Dieses Jahr ist nun der zweite Teil bzw. die Geschichte noch einmal aus Rhiannons Sicht Letzendlich geht es nur um dich erschienen. Das war für mich nun endlich der Anlass den ersten Teil zu lesen. In meiner Leseliste für den Urlaub schon geplant und dann auch endlich in die Tat umgesetzt.
Um es mal vorne weg zu nehmen: Ja, es ist eine gute Geschichte mit einer großartigen Idee, aber man muss schon etwas genauer hinschauen. Bei dieser detaillierten Betrachtung ist mir leider klar geworden, dass der Hype für mich nicht ganz nachvollziehbar ist. Der Autor hat die Idee nur mäßig umgesetzt. Ich habe mir besonders viel davon versprochen über die Personen und deren Leben, bei denen A jeden Tag von neuem zu „Gast“ ist zu erfahren. Während des Verlaufs der Geschichte schlüpft A in ganze 40 Personen. Das ist schlichtweg überdimensioniert. Außerdem bleibt das Kennenlernen der Charaktere spätestens nach den ersten 100 Seiten mehr oder weniger auf Strecke.
Schuld daran ist A Liebe zu Rhiannon, die fast schon an Besessenheit grenzt, Natürlich kann hier die Liebe auf den ersten Blick anführen, aber ich gehöre nicht wirklich zu den Menschen, die daran glauben. Für mich war jedenfalls nicht unbedingt ersichtlich und erklärbar, was A so wahnsinnig nach Rhiannon gemacht hat. Mit der Entdeckung der Liebe zu Rhiannon fällt das Buch auch stark ab, denn A versucht jeden Tag Rhiannon irgendwie sehen zu können und bringt damit die Person, in dessen Körper er den Tag verbringt, häufig in große Schwierigkeiten. Man erfährt immer weniger über dje Person und ihr Leben, sondern wir begleiten A jeden Tag aufs Neue dabei, wie er versucht Rhiannon nahe zu sein und später auch sie davon zu überzeugen versucht, dass A der Richtige für sie ist und nicht ihr Freund Justin. A wird auch nicht müde deutlich zu machen, was er von Justin hält. Ich fand das ziemlich respektlos und arrogant, dass er sich hier für etwas so viel Besseres hält und Rhiannons Entscheidung nicht wirklich respektiert. Trotzdem war A mir nicht völlig unsympathisch. Ich habe auch mit ihm gelitten und mitgefühlt, was seine Lage betrifft, die übrigens nicht so richtig aufgeklärt wird.
Rhiannon konnte ich schwer einschätzen, da die Geschichte nur aus As Sicht erzählt wird. Sie deutet einige Dinge an, die mich schon tiefer interessiert hätten. Rhiannons Sicht erfährt man allerdings in Letzendlich geht es nur um dich und das würde mich wirklich noch interessieren, wie sie denkt und wie sie die Begegnung mit A empfunden hat. Ansonsten finde ich, dass sie sich sehr nachvollziehbar und realistisch verhalten hat. Natürlich ist sie skeptisch und kann As Geschichte erst einmal nicht so ganz glauben als er sie damit konfrontiert. Das gilt auch für die überbordenden Gefühle, die A ihr entgegen bringt. Dennoch lässt sie sich darauf ein. Hier wird eine wichtige Botschaft geliefert. Es ist eben doch nicht so leicht nur jemanden auf Grund seiner inneren Werte zu lieben und das Äußere dabei völlig außen vor zu lassen. Auch das konnte ich gut nachvollziehen. Man spürt den Wunsch des Autors sich davon zu lösen. Nur ist das leider noch langer Weg.

FAZIT:
Der Ansatz der Geschichte ist wirklich einzigartig, aber die Umsetzung fand ich nur mittelmäßig. Sie tritt zu Gunsten der Liebesgeschichte zwischen A und Rhiannon zu großen Teilen in den Hintergrund, was ich wirklich schade fand. Das Ende ist dann aber doch gut gelungen, weil es realistisch gewesen ist, mich aber trotzdem traurig zurück gelassen hat.
Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.10.2016
Der weite Raum der Zeit
Winterson, Jeanette

Der weite Raum der Zeit


ausgezeichnet

MEINUNG:
Der weite Raum der Zeit ist der zweite Roman, der im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projekt im Knaus Verlag (Teil der Randomhouse Verlagsgruppe) erschienen ist. Das Projekt umfasst acht Neu-Interpretationen von Shakespeares berühmtes Werken geschrieben von acht internationalen Top-Autoren. In diesem Jahr sind bereits drei Romane erschienen: Howard Jacobson – Shylock (basierend auf Der Kaufmann von Venedig), Anne Tyler – Die störrische Braut (basierend auf Die widerspenstige Zähmung) und Jeanette Winterson – Der weite Raum der Zeit (basierend auf Das Wintermärchen).
Außer Romeo und Julia habe ich leider kein weiteres Werk von Shakespeare gelesen und das ist schon lange her. Ich habe Der weite Raum der Zeit durch Zufall mal im Buchladen entdeckt und es hat mich gleich angesprochen. Vom Knaus Verlag haben ich dieses Exemplar freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Ehrlich gesagt habe ich vom Wintermärchen noch nie etwas gehört, aber keine Bange, falls es euch auch so gehen sollte. Zu Beginn des Romans wird die ganze Geschichte, die aus drei Akten besteht, noch zusammengefasst. Dieser Aspekt hat mir sehr gut gefallen und ohne es gelesen zu haben, war ich im Bilde.
Natürlich ist von Anfang klar wie die Geschichte beginnt und wie sie endet, aber das Dazwischen ist in dem Fall das Interessante. Jeanette Winterson hat alle Namen der Protagonisten an das Original angelehnt, aber quasi „modernisiert“. Shakespeare Stück spielt eigentlich in Sizilien. In Jeanette Wintersons Adaption spielt die Geschichte in London bzw. in den USA, in New Bohemia (Lousiana) und ist ebenfalls in dreie Teile geteilt, wie das Original.
Selten habe ich ein Buch gelesen, was nachdenklich, poetisch, aber gleichzeitig auch vulgär und einfach in der Sprache ist. Das Buch vereint Themen wie Eifersucht, Rache, Vergebung, Sehnsucht, Trauer, Hoffnung, Liebe so harmonisch miteinander, so dass hier keine Seite überflüssig ist und am Ende auch alles gesagt worden ist. Die Geschichte lässt sich leicht und flüssig lesen und klingt trotzdem noch lange nach. Vor allem regt sie zum Nachdenken an und liefert eine interessante Sicht auf die eigene Vergangenheit und mit deren Umgang in der Gegenwart, die ich wirklich „open minded“ fand. Bei Shakespeare steht das Stück auch im unter dem Stern, des Vergebens und des Verzeihens. Der Roman zeigt auf, dass die Fehler, die Menschen begehen und seien sie noch so groß und eigentlich unverzeihlich, trotzdem eines Tages ein gutes Ende nehmen können.
Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und bieten eine bunter Mischung an Hautfarben, sozialen Stand und Sexualität. Dieser Aspekt hat mir sehr zugesagt und spricht auch für die Autorin. Die Geschichte kommt hier ohne Stereotypen aus. Die verschiedenen Erzählstränge, die in den ersten beiden Teilen aufgebaut werden, werden im dritten und letzten Teil zusammen geführt. Die Autorin greift auch innerhalb des Romans viele Anspielungen zu Klassikern, wie z.B. Ödipus auf. Man bekommt also nicht nur eine stimmige Geschichte, sondern kann sich mit diesem Roman auch gleichzeitig noch bilden. ;-)

FAZIT:
Der Roman von Jeanette Winterson als Teil des Hogarth Shakespeare Projekts bietet allen interessierten Lesern einen Einblick in die bekanntesten Werke von Shakespeare, ohne sich dabei mit der doch sehr anspruchsvollen Sprach- und Schreibweise des bekannten Dramatikers im Detail auseinandersetzen zu müssen. Mir hat der Roman außerordentlich gut gefallen. Ganz besonders die Schreib- und Sprachweise von der Autorin, die sich durch ihre Heterogenität auszeichnet und trotzdem harmonisch und in sich stimmig ist. Ich freue mich auf die weiteren Romane und werde mir auch die beiden bereits erschienen noch besorgen.