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Sabine
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Insgesamt 411 Bewertungen
Bewertung vom 19.12.2014
Nicholls, Johanna

In einem weiten Land


sehr gut

Auf dieses Buch habe ich mich sehr gefreut, denn das Cover finde ich total schön und auch der Klappentext verspricht eine interessante Geschichte. Das Buch handelt von einer jungen Frau, Vianna, die im Jahre 1827 nach Australien flüchtet, dort aber in die Fänge eines gnadenlosen Ausbeuters gerät, der sie als Konkubine arbeiten lässt. Doch sie kann nicht fliehen, denn er hat sie in der Hand: nur Severin weiß, wo Viannas kleine Schwester ist. Er ahnt allerdings nicht, dass Vianna Freunde gefunden hat, die bereit sind, ihr zu helfen – denn sowohl Mungo als auch Felix, zwei konkurrierenden Halbbrüder, haben ihr Herz an Vianna verloren.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und gewinnend, lässt sich leicht lesen und macht einfach Spaß. Er ist sehr bildhaft, so dass ich mir alles gut vorstellen kann und ich mich nach Australien in eine andere Zeit versetzt fühlte. Der Einstieg in die Geschichte ist etwas gemächlich und zunächst wusste ich nicht recht, wohin die Reise gehen wird, manche Stellen fand ich zugegebenermaßen auch etwas langatmig. Es werden nach und nach die drei Protagonisten vorgestellt, denn dieses Buch hat nicht nur einen Hauptcharakter, sondern direkt drei. Und um diese entwickelt sich die Geschichte langsam. Felix, Mungo und Vianna sind drei grundverschiedene Menschen, alle drei waren mir sympathisch, auch wenn ich nicht immer alle Handlungsweisen von ihnen verstehen konnte. Am liebsten mochte ich allerdings Mungo, der etwas verwegene und draufgängerische Bruder von Felix, der zwar kaum einen Fettnapf auslässt, sich aber trotz vieler widriger Umstände durchzusetzen weiß. An ihm mochte ich vor allem seine pfiffige Art – er hat es immer wieder geschafft, mich zu überraschen und mir ein Schmunzeln auf die Lippen zu zaubern. Sein Halbbruder Felix dagegen ist eher reserviert, überhaupt kein Draufgänger, sondern eher ein romantischer und vor allem schüchterner Kerl, der nicht recht weiß, mit Frauen umzugehen. In seiner unbeholfenen Art aber hatte auch er wieder etwas Liebenswertes. Vianna mochte ich zwar auch, sie aber konnte ich in ihren Handlungen am wenigsten verstehen – mal erscheint sie sehr patent und ideenreich, dann aber wieder ist sie sehr naiv, zurückhaltend und unentschlossen. Irgendwie schien mir ihre Figur nicht so richtig schlüssig – dabei ist sie aber dennoch sympathisch, und ich habe mit ihr mitgefiebert.
Nach und nach wird dann auch klar, wohin sich die Geschichte entwickelt – zum einen geht es um die Suche der kleinen Schwester von Vianne, zum anderen aber auch um die pikante Dreiecksgeschichte, die sich zwischen Vianne, Mungo und Felix entspannt. Man erfährt viel über das gesellschaftliche Leben in Australien, aber auch über verurteilte Zwangsarbeiter und deren Bedingungen, im Busch zu arbeiten. Es geht um Liebe und Freundschaft und um den Kampf des Überlebens. Dabei gab es immer wieder spannende und fesselnde Kapitel und Szenen, dann aber auch wieder Abschnitte, die mich leider nicht so fesseln konnten und die ich dann eher langatmig fand, weil einfach nicht so viel passierte. Im letzten Drittel des Buches geht es dann noch mal so richtig rasant zu und die Ereignisse überschlagen sich. Das Ende selber mochte ich dann leider nicht, denn es war mir zu plötzlich und zu rund und alle Probleme schienen sich plötzlich in Luft aufgelöst zu haben.
Gefallen an dem Buch hat mir vor allem die Atmosphäre, die die Autorin geschaffen hat. Ich habe mich wirklich nach Australien versetzt gefühlt, habe beim Lesen immer Bilder vor Augen gehabt, sowohl von den verschiedenen Landschaften und Orten als auch von den Figuren. Der Schreibstil hat mich eingefangen und es geschafft, mich an einen anderen Ort in eine andere Zeit zu versetzen – und das war wirklich toll. Ich gebe dem Buch 3,5/5 Sternen.

Bewertung vom 05.12.2014
Gable, Rebecca

Der König der purpurnen Stadt


ausgezeichnet

Ich habe dieses Buch geliebt und war nach gelesenen 960 Seiten wirklich traurig, dass es nun vorbei war!

Erzählt wird die Geschichte Jonahs, der zunächst als Lehrjunge im Tuchhandel bei seinem gewalttätigen Cousin unterkommt, sich dann aber von diesem befreien kann und sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Viele Jahre begleitet man ihn, er wird zu einem angesehenen Kaufmann und schafft es durch günstige Beziehungen zum Königshaus, den Tuchhandel in England voranzutreiben.

Jonah war ein toller Protagonist. Seine Figur ist super gezeichnet und wirkt dadurch sehr authentisch, denn er hat sowohl gute, aber genauso auch schlechte Seiten. Das hat ihn für mich sehr menschlich und glaubhaft gemacht, und ich habe ihn über die Jahre 1330 bis 1349 gerne begleitet. Er hat sein Herz am rechten Fleck, auch wenn Jonah das nicht immer zu zeigen vermag und oft verschlossen und grummelig erscheint – mir ist er richtig ans Herz gewachsen. Ich habe mit ihm gelitten und gefiebert – auch wenn ich mit seinen Entscheidungen nicht immer einverstanden war.

Aber auch die anderen Figuren sind alle toll gestaltet, hier gibt es keine Stereotypen, sondern jeder hat seine eigene Geschichte, die man im Laufe des Buches auch kennenlernt. Ein vorangestelltes Personenverzeichnis hilft, den Überblick nicht zu verlieren, ich muss aber sagen, dass die ganzen Charaktere so geschickt eingeführt werden, dass ich nie das Gefühl hatte, die verschiedenen Figuren nicht einordnen zu können.

Schön fand ich auch wieder, dass historische Persönlichkeiten und Geschehnisse in die Geschichte eingebaut sind – und das so geschickt, dass man gar nicht das Gefühlt hat, sich mit englischer Geschichte zu befassen, sondern eher, einen spannenden Abenteuerroman zu lesen.

Rebecca Gablé hat es geschafft, mich ab der ersten Seite zu fesseln, ich fand den dicken Schmöker zu keinem Zeitpunkt langatmig oder gar langweilig, stets ist die Spannung gehalten worden – und das bis zum Schluss. Ich wollte immerzu wissen, wie es weitergeht und habe den Wälzer wirklich rasch verschlungen. Da hilft natürlich auch der fantastische Schreibstil – er ist fesselnd, lebendig und spannend, dabei einnehmend und zudem noch informativ. Beschreibungen gibt es natürlich auch, aber die nehmen nie Überhand, sondern sind so eingesetzt, dass man sich alles vorstellen kann und Bilder im Kopf entstehen.

Dieses Buch hat wirklich alles gehabt, was ich mir nur wünschen konnte: eine spannende Geschichte, viele Abenteuer, Intrigen und Kampf und letztlich kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Und ganz nebenbei lernt man auch noch einiges über die englische Geschichte. Ich fand dieses Buch einfach nur toll, ich bin eingetaucht ins englische Mittelalter und habe mit den Charakteren gefiebert, mich schon fast als einer von ihnen gefühlt. Ich hätte noch viele Seiten weiter mit ihnen verbringen können - zum Glück folgt zeitlich ja noch die Waringham-Saga, auf die ich mich jetzt noch umso mehr freue!

Mein Fazit
Für Freunde des historischen Romans ist dieses Buch sicherlich ein wahrer Genuss. Tolle, glaubhafte Charaktere, eine spannende Geschichte und viele Abenteuer, diese geschickt eingebettet in historische Fakten, dazu Intrigen, Kampf und natürlich auch ein bisschen Liebesdrama – das ganze gut lesbar mit einem tollem Schreibstil. Bei mir sind die Seiten nur so dahin geflogen und ich war regelrecht traurig, als das Buch nach 960 Seiten leider vorbei war.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.11.2014
Kline, Christina Baker

Der Zug der Waisen


ausgezeichnet

Das Cover des Buches hat mich sehr angesprochen, der Klappentext dann zusätzlich neugierig gemacht – doch dass das Buch mich so berührt, hätte ich nicht gedacht.

Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen, dabei liegt der Schwerpunkt aber eindeutig auf der Geschichte der Vergangenheit. Hier geht es um Vivien, eine jetzt 91jährige Dame, die beim Entrümpeln ihres Dachbodens immer wieder in Erinnerungen fällt: 1929 wurde sie als Waise in einem sogenannten „Waisenzug“ (Orphan train) durchs Land geschickt, dass eine andere Familie sich ihrer annimmt. Doch so einfach ist es nicht, eine liebevolle Familie zu finden, und Vivian lernt schnell, dass die Motive, ein Kind aufzunehmen, andere sind, als ihm eine liebevolle Umgebung zu schenken.

In der Gegenwart ist Molly die Protagonistin, eine schwierige 17jährige, die keine Eltern mehr hat und so von Pflegefamilie zu Pflegefamilie wandert. Im Rahmen von auferlegten Sozialstunden landet sie bei Vivian, um ihr beim Entrümpeln des Dachbodens zu helfen. Und dabei lernt sie nicht nur Vivian näher kennen und schätzen, sondern auch einiges über ihr eigenes Leben.

Ein Großteil des Buches handelt von der Kindheit Vivians und das Thema Orphan trains hat mir sehr gut gefallen. Mir war dieser Teil amerikanischer Geschichte unbekannt, umso interessanter fand ich es, Näheres darüber zu erfahren. Man merkt schon beim Lesen, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat, im Nachwort erhält man dann noch zusätzlich Informationen über die Waisenzüge, das ganze gespickt mit Bildern und kleinen Anekdoten. Die jetzt 91jährige Vivian ist mir beim Lesen so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mit ihr gefühlt und gelitten habe. Nicht nur die Zeit im Zug war berührend und emotional, sondern viel mehr noch die Zeit Vivians in den verschiedenen Unterkünften, denn von liebevollen Familien konnte da wirklich nicht die Rede sein.

Im Buch wechseln die Erzählstränge immer zwischen Gegenwart und Vergangenheit, und ich muss zugeben, dass mir Vivians Geschichte der Vergangenheit weitaus besser gefallen hat. Für mich hätte es die Rahmenhandlung mit Molly gar nicht geben müssen, auch wenn ist sie im Laufe der Geschichte dann doch noch ins Herz geschlossen habe. Doch ihre Geschichte hat mich weit weniger berührt, obwohl Molly eine tolle Entwicklung vom rebellierenden Teenager zur verantwortungsvollen jungen Frau zeigt. Sie hat in ihren jungen Jahren schon vieles durchmachen müssen und als Leser bekommt man auch in ihre – wenn auch junge – Vergangenheit verschiedene Einblicke.

Geschickt hat die Autorin die beiden Erzählstränge immer miteinander verwoben und ist dabei auch immer ohne Cliffhanger ausgekommen. Gefesselt war ich trotzdem, denn die Geschichte ist so interessant, dass ich immer wissen wollte, wie es weitergeht, und so habe das Buch regelrecht verschlungen.

Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, manchmal wirkt er eher sachlich, lässt aber so der Geschichte Raum, selbst zu wirken. Es braucht gar nicht viele ausschweifende Beschreibungen, um Bilder vor meinem Auge hervorzurufen, allein die Geschichte wirkt und hat bei mir ein Kopfkino entstehen lassen.

Was mir nicht so gut gefallen hat, ist das Ende des Buches. Hier ging mir alles plötzlich ein bisschen zu schnell und zu glatt. Zwar ist das Ende schlüssig und irgendwie auch passend, aber ich hätte mir auch hier ein bisschen mehr Raum gewünscht, dass sich auch dieser Teil der Geschichte entwickeln kann. So wirkte der Schluss auf mich ein bisschen wie „schnell zu Ende gebracht und hinten dran gehangen“.

Doch das ist nur ein kleiner Wermutstropfen und hat meiner Lesefreude kaum Abbruch getan. Berührend und fesselnd war die Geschichte, die ein für mich unbekanntes Thema amerikanischer Geschichte aufgegriffen hat und mir mit einer sehr sympathischen Protagonistin nähergebracht hat.

Bewertung vom 16.11.2014
Talshir, Anat

Über uns die Nacht


sehr gut

Cover und Klappentext haben mich angesprochen und sehr neugierig gemacht, denn das Buch verspricht eine Liebesgeschichte an mir unbekannteren Orten und zu einer schwierigen Zeit. Und eins kann ich schon vorweg sagen – ich wurde nicht enttäuscht.
Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen, eine in der Gegenwart im Jahre 2006, eine in der Vergangenheit in den Jahren 1947 bis 1973: in der Gegenwart liegt Elias im Krankenhaus und wird dort von Nomi versorgt. In Rückblicken erzählt Elias von seiner großen Liebe Lila, eine Liebe, die leider überschattet wurde von politischen Umständen und dem unerbittlichen Hass zweier verfeindeter Kulturen.
Schon der Einstieg in die Geschichte gelingt mühelos durch einen sehr berührenden und emotionalen Schreibstil, der mich sofort gefangen und mitgenommen hat in ein anderes Land und in andere Zeiten. Die Autorin schafft mit ihren Worten ganz erstaunliche Stimmungen, die zur jeweiligen Situation des Buches passen. Gerade in der Verliebtheit von Lila und Elias fühlte auch ich mich wie auf Wolken schwebend, konnte das Glück der beiden, ihre Liebe zueinander geradezu spüren und fühlen. Als dann jedoch die beiden getrennt werden durch eine Mauer, die die Stadt zerteilt, habe auch ich mich wie zerrissen gefühlt, die Stimmung ist bedrückend und schmerzhaft, und ich habe mit Elias und Lila gelitten und ihre Not spüren können.
Die Atmosphäre bleibt dann eine Zeit lang sehr melancholisch, die Trennung macht vor allem Lila sehr zu schaffen und dennoch bleibt auch in dieser schweren Zeit immer die Hoffnung spürbar, dass die Liebenden sich wieder finden. Lila habe ich als sehr starken Charakter empfunden und auch wenn ich ihre Handlungen nicht immer verstanden habe und ich mich selber sicherlich anders verhalten hätte, habe ich Lila ins Herz geschlossen und sehr geschätzt. Auch Elias mochte ich sehr gerne mit seiner zwar verschlossenen, aber dafür sehr ehrlichen Art. Gerade seine Emotionalität habe ich sehr geschätzt, wie er mit Worten umgeht, die stets zu sitzen scheinen und mich sehr berührten.
Man bekommt beim Lesen viele Eindrücke – und begleitet nicht nur die beiden Liebenden, sondern lernt auch die verschiedenen Kulturen und ihre Lebensweisen kennen, wird aber auch Zeuge der politischen Umbrüche, die die Geschichte ja deutlich beeinflussen, dennoch aber eher im Hintergrund bleiben. Für interessierte Leser gibt es aber im Anhang eine Zeittafel, die die Entwicklung von Palästina, Jerusalem und Israel nochmal zeitlich umreißt und wertvolle Zusatzinformationen liefert.
Verwirrend fand ich nur manchmal die Zeitsprünge – nicht, dass man nicht weiß, in welchem Jahr das Buch gerade spielt, denn das steht vor jedem Kapitel, aber viele Jahre werden einfach übersprungen, und ich musste mich erst wieder zurechtfinden, was in den Jahren geschehen war und wo die Protagonisten gerade standen. Das hat aber meist nicht lange gedauert und bereits nach wenigen Seiten war ich wieder in der Geschichte drin. Dem Lesespaß hat es auf jeden Fall keinen Abbruch getan, denn ich wurde mit dem Buch nicht nur gut unterhalten, sondern bekam auch Einblicke in andere Kulturen und Zeiten – das war wirklich interessant und schön.

Mein Fazit
Eine berührende Liebesgeschichte, die an einem ungewöhnlichen Ort spielt und durch politische Umbrüche immer wieder ins Wanken gerät. Mit einem sehr berührenden und einnehmenden Schreibstil schafft es die Autorin, die vielen verschiedenen Stimmungen wunderbar einzufangen und hat mich damit entführt in andere Zeiten und mir unbekannte Orte. Eine emotionale Liebesgeschichte, die aber zu keinem Zeitpunkt kitschig wirkt, sondern berührt und auch nachdenklich macht. Auf jeden Fall eine Empfehlung von mir!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.11.2014
Link, Charlotte

Sturmzeit Bd.1


ausgezeichnet

Das Buch war toll! Schon nach wenigen Seiten war ich in der Geschichte gefangen, auch wenn ich gestehen muss, dass der Einstieg wegen der vielen verschiedenen Personen, die gleich zu Beginn auftauchen, etwas schwierig war. Doch nachdem ich sie alle „sortiert“ hatte, habe ich sie gerne begleitet. Es ist die Geschichte der Familie Degnelly, die in den Jahren 1914 bis 1930 durch die Wirrungen der Zeit sowohl Höhepunkte als auch Tiefschläge erleben muss.
Protagonistin der Geschichte ist Felicia, die im Kreis ihrer an Traditionen gebundenen Familie aufwächst, die aber immer schon einen eigenen Kopf hatte, den sie auch durchzusetzen weiß. Durch den herannahenden Krieg muss sie bald den Familiensitz in Ostpreußen verlassen, gerät nach Spanien, um in einem Lazarett zu helfen, wird in russische Gefangenschaft genommen, kann fliehen und schließlich in Deutschland wieder Fuß fassen. Felicia ist keine, die sich rasch unterkriegen lässt, immer wieder fällt sie wieder auf die Beine und kämpft sich durchs Leben. Unstet wie sie ist, lebt sie fortan zwischen München und Berlin, immer wieder aber kehrt sie auch auf das Familiengut zurück. Sie ist eine sehr starke Persönlichkeit, vor der ich auch oft den Hut gezogen habe, denn durch nichts lässt sie sich unterkriegen und oft genug hat sie sich für die Familie eingesetzt – und dennoch ist sie mir oft unsympathisch, denn Felicia geht auch über Leichen, wenn sie etwas haben will, sie kann rücksichtslos, herablassend und sehr egoistisch sein. Selten bin ich bei einem Charakter so zwiegespalten, wie bei ihr – Felicia hat wirkclih einige großartige Züge, aber auch einige, die ich nicht mag – und gerade das macht sie zu einer sehr interessanten Protagonsitin.
Doch man lernt nicht nur Felicia kennen, auch ihre Onkel und Tanten, die in dieser schwierigen Zeit ihren eigenen Weg gehen. Die Männer müssen in den Krieg, erleben dort Schreckliches und nicht jeder kehrt unversehrt nach Hause zurück. Gerade die Kriegsschauplätze sind sehr authentisch beschrieben, ich habe mich beim Lesen an die Front versetzt gefühlt, habe die beschriebenen Szenen vor Augen gehabt und mit den Soldaten gelitten. Doch auch die zurückgebliebenen Frauen hatten es nicht leicht, nicht nur die Sorge um die Männer bestimmte ihr Leben, auch der tägliche Kampf um Nahrung und Kohlen kostete viel Kraft.
All diese Szenen wurden von der Autorin sehr eindringlich beschrieben, so dass ich alles vor Augen hatte – egal ob es Kriegsszenen aus Frankreich oder Felicias Gefangenschaft in Russland waren oder auch die folgenden besseren Zeiten, die goldenen 20er Jahre in Berlin und München. Der Schreibstil ist angenehm und lässt sich gut lesen, auch wenn er sich doch unterscheidet von dem der neueren Bücher der Autorin – aber nicht im negativen Sinne, halt einfach nur anders.
Die Charaktere sind alle sehr gut gezeichnet, keiner ist einfach nur gut oder schlecht oder nach einem Klischee gestaltet, jeder hat eine eigene Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Ich hatte das Gefühl, ein Teil der Familie zu sein, so vertraut waren mir die verschiedenen Personen. Und so habe ich beim Lesen wirklich mitgefiebert und gelitten.
Der Band Sturmzeit ist in sich abgeschlossen, in den Folgebänden begleitet man die nachfolgenden Generationen der Familie Degnelly – und darauf freue ich mich sehr!

Mein Fazit
Ein wunderbares Buch, in dem man die verschiedenen Mitglieder der Familie Degnelly in der Zeit zwischen 1914 und 1930 begleitet. Es geht nach Frankreich und Russland, nach Spanien und Deutschland – man erlebt die Kriegszeit aber auch die Zeit des Aufbaus und die goldenen 20er Jahre. Ein packendes Familiendrama mit tollen Charakteren, das ganze wunderbar erzählt, mitreißend und spannend.

Bewertung vom 09.11.2014
Trenow, Liz

Die vergessenen Worte


gut

Nachdem mich „Das Kastanienhaus“ restlos überzeugen konnte, war ich natürlich neugierig auf das neue Buch von Liz Trenow. Diesmal ist die Geschichte ganz anders, nicht linear erzählt, sondern als Familiengeheimnisroman konzipiert mit zwei Erzählsträngen zu verschiedenen Zeiten.
Zum einen erzählt die jetzt 74jährige Maria Romano ihre Lebensgeschichte, schwelgt in Erinnerungen ihrer Kindheit und Jugend, in der sie Unglaubliches erleben durfte und man auch als Leser nicht weiß, ob dies eine erdachte Vergangenheit oder doch die Wahrheit gewesen ist.
In der Gegenwart im Jahre 2008 findet Caroline einen alten Quilt auf dem Dachboden ihrer Mutter, der eine Geschichte zu erzählen scheint und dessen Geheimnis Caroline zu lüften versucht.
Wie die beiden Geschichten zusammenhängen ahnt man als Leser vielleicht, dennoch bleibt es spannend, und langsam verknüpfen sich verschiedenen Begebenheiten und ergeben nach und nach einen Sinn. Hier hat die Autorin es wirklich geschafft, geschickt die beiden Erzählstränge miteinander zu verbinden, diese Verbindung aber erst nach und nach preiszugeben.
Die Geschichte um Maria hat mir sehr gut gefallen und auch fasziniert. Maria, die im Waisenhaus aufwächst, dann eine Stelle als Näherin findet und beginnt, ihre Geschichte in einen Quilt zu nähen, warum sie in einer psychiatrischen Klinik landet – all das wird wirklich sehr eindringlich und berührend von ihr erzählt. Die Umstände im frühen 20. Jahrhundert in einer psychiatrischen Anstalt sind wirklich erschreckend, die Not und Verzweiflung greifbar und ich habe mit Maria gelitten. Sie ist mir richtig ans Herz gewachsen, auch wenn sie zunächst jung, naiv und unerfahren erscheint und leider auch dafür auch einen hohen Preis bezahlt. Gefangen in ihrem Schicksal habe ich mit ihr gefühlt.
Der Erzählstrang der Gegenwart dagegen hat mir leider nicht so gut gefallen. Das liegt zum einen an der Geschichte selber, die mir an vielen Stellen zu konstruiert erschien, zu viele Zufälle, die letztlich zur richtigen Lösung führten, immer gerade die richtigen Experten am richtigen Ort – ich fand die einfach oft nicht glaubwürdig und hat mir ein wenig den Lesespaß genommen. Aber auch die Protagonistin der Gegenwart, Caroline, war mir einfach nicht sympathisch. Ihr Verhalten und ihre Handlungen konnte ich zumeist nicht nachvollziehen, zu wankelmütig schien sie mir in ihren Gedanken und manches Mal zu unentschlossen – wenn sie auch Hartnäckigkeit bewiesen hat, das Geheimnis um den Quilt zu lösen. Aber ohne die vielen Zufälle, die gerade immer zur rechten Zeit erschienen und die vielen ihr zuarbeitenden Menschen, hätte sie das wohl auch nicht geschafft,
Auch wenn mir der Erzählstrang der Gegenwart nicht so gefallen hat, habe ich das Buch gerne gelesen, denn Marias Geschichte war einfach berührend und ergreifend, zudem habe ich eine Menge über die Zeit und auch das Nähen lernen dürfen. Das war sehr interessant und hat das Buch nicht langatmig werden lassen, ganz im Gegenteil - das letzte Drittel, in dem sich die Verbindungen der Handlungsstränge abzeichnen, fand ich sehr spannend und fesselnd. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm, eingängig und gut lesbar, so dass ich das Buch innerhalb weniger Tage beendet habe.
Auch wenn mich dieses Buch nicht ganz so begeistern konnte, war es dennoch eine schöne Lektüre, die mir unterhaltsame Lesestunden geschenkt hat und die ich jedem empfehlen würde, der Bücher mit Familiengeheimnissen mag.

Bewertung vom 09.11.2014
Mehlhorn, Anne

Die Seele des Stachelschweins


sehr gut

Ein leises Buch, das nicht einfach nur unterhält, sondern nachdenklich macht und auch noch nach Beenden der Lektüre nachhallt.
Mich hat das Buch von Anfang an gefangen genommen. Zunächst lernt man den 27jährigen Noel kennen, der seinen Lebenstraum verloren hat und in seinem Leben keinen Sinn mehr sieht. Das ist die Eingangsszene des Buches – Noel, der sich betrunken in den Schnee legt, um zu sterben. Doch es kommt anders und er lernt bald Cassandra kennen, ein 17jähriges Mädel, dem das Schicksal in ihren jungen Jahren schon Großes aufgebürdet hat und die sich flüchtet in Alkohol und Aggression – gegen sich selbst und gegen andere. Sie fühlt sich schuldig und kann diese Schuld nicht mehr tragen – auch sie will sich das Leben nehmen, wird jedoch von Noel gerettet. Die beiden so unterschiedlichen Charaktere nähern sich langsam an, und aus verschiedenen Gründen haben beide ein gemeinsames Ziel: einmal noch nach Narvik zu kommen. Doch die Reise ist mehr und mehr eine Reise ins eigene Selbst.
Die Geschichte hat mich gefesselt und gleichermaßen auch berührt – es ist ein Buch, das mich nachdenklich macht, ein leises Buch, das sich mit dem Sinn des Lebens und der Verantwortung seiner selbst und anderen gegenüber beschäftigt. Dabei ist die Geschichte aber auch spannend, ein Road-Movie im hohen Norden, bei dem man mit den beiden Charakteren mitfiebert. Beide sind sehr gut gezeichnet, zwei Menschen, die eher am Rande der Gesellschaft stehen und mit sich einfach nicht mehr klarkommen – und das aus ganz verschiedenen Gründen.
Noel mochte ich sehr gerne, vielleicht, weil ich manche seiner Gedanken gut verstehen und nachvollziehen konnte. Ich schätze seine ruhige Art und sein Verantwortungsbewusstsein – auch wenn er erst lernen muss, auch sich selbst gegenüber Verantwortung zu tragen. Das lernt er im Laufe der Geschichte und macht eine erstaunliche Entwicklung durch. Noel war mir einfach sympathisch, vielleicht gerade auch, weil er so unsicher und verletzlich ist, wenn es um Menschen und Gefühle geht, und ich ihn gerne in solchen Situationen einfach in den Arm genommen hätte.
Cassandra tritt zunächst als aufmüpfiges, aggressives und mir völlig unsympathisches Mädel auf, und erst im Laufe des Buches zeigen sich ihre auch liebenswerten Seiten. Sie hat einiges durchgemacht in ihrem jungen Leben und weiß nicht, sich anders zu wehren als mit Alkohol und Aggression – vielleicht verständlich, für mich aber nicht akzeptabel – daher brauchte ich etwas, bis ich auch mit Cassandra warm geworden bin.
Der Schreibstil der Autorin hat mich sehr beeindruckt: er ist klar und konzentriert, die Worte sind treffend gewählt und keines scheint zu viel oder gar überflüssig. Dabei entsteht eine melancholische, manchmal sogar bedrückende Atmosphäre, die wunderbar zur Geschichte passt. Trotz der wenigen Beschreibungen sind dennoch Bilder in meinem Geist entstanden und ich habe Noel, Cassandra und vor allem auch die Landschaft stets vor Augen gehabt.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der beiden Protagonisten in Ich-Form- und das jeweils abwechselnd. Verwirrt hat mich das nur am Anfang, denn erst beim Lesen merkt man, wer nun gerade erzählt. Aber bald schon hatte ich mich eingelesen und fand es dann spannend, wie Noel und Cassandra jeweils Dinge sehen, bewerten und einschätzen. Cassandra träumt zudem immer wieder von ihrer Vergangenheit, so dass man beim Lesen auch langsam versteht, was eigentlich geschehen ist und warum sie so mit dem Leben hadert.
Durch die Wechsel der Erzählperspektiven entsteht zudem noch eine interessante Spannung – wobei diese in der zweiten Hälfte des Buches auch durch die Geschichte allein entsteht, die hier schon fast an ein rasantes Road-Movie erinnert und mich hat das Buch wirklich rasch beenden lassen.

Außergewöhnliche, eher am Rande stehende Charaktere in einer ungewöhnlichen Geschichte, die fesselt und spannend ist, aber auch berührt und nachdenklich macht – mich konnte dieses Debüt von Anne Mehlhorn wirklich überzeugen!

Bewertung vom 26.10.2014
Dutton, Annette

Das geheime Versprechen


sehr gut

Ein Buch über die Liebe und den Tod, über das Gewinnen und Verlieren und über die Kraft und den Mut, sich für seine Überzeugung einzusetzen.
Mir hat dieses Buch sehr gefallen: es war spannend und fesselnd, aber auch berührend und sentimental – und hallt auch noch nach Beenden der Lektüre nach.
Es spielt auf mehreren Zeitebenen, die aber alle miteinander verbunden sind und nach und nach zu einer großen gemeinsamen Geschichte werden. Da jedem Kapitel immer voransteht, wann und wo es gerade spielt, kann man beim Lesen gar nicht durcheinander kommen.
Die Geschichte beginnt im Jahre 1939. Die kleine Leah ist Jüdin und wird mit einem Zug nach England gebracht wird, um sie vor dem deutschen Regime zu schützen. Schon auf der Zugreise lernt sie den nur wenig älteren Michael kennen, und die beiden freunden sich an. Er hat es in England leider nicht so gut getroffen, denn für ihn findet sich keine Pflegefamilie wie für Leah, doch die beiden bleiben in Kontakt, denn sie haben einen Plan. Sie wollen ihre Familien ebenfalls nach England holen.
Der andere Erzählstrang handelt in der Gegenwart, in der Sarah etwas über „die vergessenen Kinder“ liest, englische Kinder aus armen Familien, die noch bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein nach Australien gebracht wurden, um ihnen hier ein besseres Leben zu ermöglichen. Ihr Vater David ist in einem Waisenhaus aufgewachsen und weiß kaum etwas über seine Eltern. Sarah fragt sich nun, ob auch er eines dieser vergessenen Kinder sein könnte.
Beide Erzählstränge hatten ihre verschiedenen Reize und beide haben mir sehr gut gefallen. Als Leser ahnt man schon früh, wo hier die Verbindung liegen könnte, dennoch hat das Buch dann im Weiteren noch viele für mich unerwartete Wendungen gebracht. So war ich also stets neugierig, wie die Geschichte weitergeht, und das Buch wurde von mir in kürzester Zeit verschlungen.
Das liegt sicherlich auch an dem angenehmen, wenn auch einfachen Schreibstil, der die Seiten hat nur so dahinfliegen lassen. Langatmig ist es zu keinem Zeitpunkt gewesen, Beschreibungen tauchen nur wenige auf – sind aber auch gar nicht nötig, denn die Geschichte und Personen selbst lassen ganz eigene Bilder vor Augen entstehen. Zwar ist das Buch nicht spannend im eigentlichen Sinne, dennoch mochte ich unbedingt wissen, wie es weitergeht und ich habe mit Leah, aber auch Sarah und David mitgefiebert.
Die Charaktere sind alle sehr gut gezeichnet, vor allem Leah und Michael hat man ja von Kindheit an begleitet und sie heranwachsen sehen. Beide haben erstaunliches erleben müssen, schlimme Dinge, die sie dann zu den Menschen gemacht haben, die sie letztlich waren. Nicht alles konnte ich gutheißen, dennoch habe ich Verständnis entwickelt auch für die eine oder andere Handlung, auch wenn diese dadurch nicht gut oder entschuldbar geworden ist. Gerade Leah aber ist mir wirklich ans Herz gewachsen und ich habe Respekt vor ihr, wie sie ihr Leben dann doch trotz der ganzen widrigen Umstände zu leben weiß.
Die Autorin schafft es, auch schwierige Themen sensibel anzupacken und sie – obwohl sie so schwer und bedrückend sind – in eine fesselnde Geschichte zu packen. Man kann beim Lesen die Wut und Verzweiflung spüren, die bei den Überlebenden des Holocaust herrscht, genauso aber auch ihre Hilflosigkeit und Verletzlichkeit. Und ganz nebenbei lernt man beim Lesen auch noch einiges Geschichtliche dazu.
Mich konnte dieses Buch wirklich überzeugen und sicherlich ist es nicht das letzte Buch, das ich von der Autorin gelesen.

Mein Fazit
Man sollte vielleicht wissen, dass es in diesem Buch um die bekannten Kindertransporte nach England geht und der Holocaust eine große Rolle in der Geschichte spielt – lässt man sich aber darauf ein, bietet das Buch eine große Spannbreite von Gefühlen: es ist bedrückend und emotional, aber auch spannend und fesselnd und bietet interessante, starke Persönlichkeiten in einer bemerkenswerten Geschichte.