Benutzer
Benutzername: 
Bartie
Wohnort: 
Hagen i.Bremischen

Bewertungen

Insgesamt 222 Bewertungen
Bewertung vom 18.09.2021
Musharbash, Yassin

Russische Botschaften


sehr gut

Spannende Einblicke in die Arbeit der Investigativ-Journalisten

„Russische Botschaften“ ist der neueste Thriller vom Yassin Musharbash, der im Investigativ-Ressort einer deutschen Zeitschrift tätig ist. Seine Leidenschaft für den ausgeübten Beruf merkt man sofort bei der Lektüre dieses hochinteressanten Thrillers, deren Protagonisten ebenso Investigativ-Journalisten sind.

Merle Schwalb, die bei einem bedeutenden Nachrichtenmagazin Globus arbeitet, wurde Augenzeugin eines tragischen Ereignisses: ein junger Mann stürzt von dem Balkon eines Hochhauses in Berlin, er wurde an der Stelle tot. Offiziell versucht man seinen Tod zu verschweigen oder sogar zu vertuschen.

Merle beschäftigt der Fall sehr, deswegen beginnt sie zu recherchieren. Von dem Freund, der bei einer mit Globus konkurrierenden Zeitung beschäftigt ist, erfährt sie, dass auch er über brisanten Fakten über das geheimnisvolle Todesopfer verfügt. Sie bilden ein Team und arbeiten an dem Fall zusammen. Ihre gemeinsame Recherche führt sie unter anderen in die Welt krimineller Clans und Verschwörungstheoretiker, zu korrupten Prominenten und Politiker, und letztendlich zum Verfassungsschutz. Bei ihrer Arbeit entdecken sie Halbwahrheiten und Vertuschungen bei den offiziellen Ermittlungen, Intrigen und Verschwörungstheorien bis zu Fake News und Spionage hin.

Auf sehr interessante Art und Weise gewährt der Autor spannende Einblicke in die faszinierende Arbeitswelt der Journalisten. In dem Roman beschreibt er, wie mühsam und gefährlich der Investigativjournalismus sein kann. Es ist nicht immer einfach zwischen Fakten und Fake News zu unterscheiden. Aber auch eine brisante Entdeckung und ein Top-Artikel zum Schluss bedeuten nicht immer einen Erfolg im Beruf. Darüber hinaus können solche Erfolge für die Investigativjournalisten immense Auswirkungen für ihr privates Leben haben.

Der Thriller mit dem mehrdeutigen Titel macht darauf aufmerksam, wie leicht heutzutage die Falschnachrichten verbreitet werden können, auf welche Weise und mit welchen Mitteln gearbeitet wird um Verschwörungstheorien zu verbreiten und Unruhe zu stiften.

Den informativen Thriller habe ich mit großem Interesse gelesen. Die ganze Geschichte wurde spannend dargestellt. Lediglich die Hauptprotagonistin Merle erschien mir oft blass und undurchschaubar, ihre Gedankengänge rätselhaft. Ich hätte gerne mehr über sie erfahren.#
Das in vielerlei Hinsicht offene Ende lässt auf eine Fortsetzung hoffen, die ich dann gerne lesen würde.

Bewertung vom 12.09.2021
Randau, Tessa

Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich


ausgezeichnet

Die Sprachen der Liebe

Das bildhübsche stimmungsvolle Cover des neuesten Buches von Tessa Randau zieht den Blick des Betrachters magisch an, lädt zum Reinschauen ein. Der Untertitel „Von einer Begegnung, die das Herz wieder öffnete“ klingt vielversprechend, verkündet eine interessante Lektüre und weckt meine Neugier. Und ich wurde nicht enttäuscht.

Das kleine, liebevoll gestaltete Büchlein handelt über Eheprobleme, die den meisten von uns gut bekannt sind. Ich konnte mich sehr gut in die Gedankenwelt der Protagonistin versetzen, einer verheirateten Frau, Mutter von drei Töchtern, die den Zauber der ersten Ehejahre, des Verliebtseins schmerzlich vermisst. Sie sehnt sich nach mehr Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit von ihrem Mann, der sie ihrer Meinung nach nicht mehr genug achtet und liebt. Sie streiten oft und distanzieren sich voneinander.

Ein gemeinsames Wochenende in den Bergen soll den beiden helfen, wieder zueinander zu finden. Doch die Vorstellungen der Eheleute von der Nähe und der gemeinsamen Freizeit sind sehr unterschiedlich. Und so kommt es, dass sie alleine ihre Wanderung macht, während er seinen Tag mit Mountainbiken verbringt.

Auf ihrem Wanderweg entdeckt die Frau einen Steinkreis mit einer Inschrift in einer fremden Sprache. Die Bedeutung der Worte erklärt ihr ein alter Mann, den sie dort trifft und mit dem sie ihre Wanderung fortsetzt. Diese Begegnung und die gemeinsame Bergtour helfen ihr ihre Ehe aus anderen Perspektiven zu betrachten, über ihre Probleme nachzudenken und neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen.

Das Buch „Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich“ ist eine bemerkenswerte Lektüre, die vieles über die unterschiedlichen Sprachen und Botschaften der Liebe verrät. Mit vielen wertvollen Tipps zum Thema Beziehung, fesselnd geschrieben und sehr angenehm zu lesen, regt dieses Werk zum Nachdenken an, hilft eigenes Verhalten mühelos zu analysieren und bietet außerdem gute Unterhaltung. Dieser kluge Ratgeber könnte bei der Suche nach dem eigenen Schlüssel zur Liebe sehr behilflich sein.

Das wunderschöne Buchcover und die zum Text passenden Illustrationen bereichern diese Ausgabe unheimlich. Zauberhaft, inspirierend, lehrreich. Bitte lesen!

Bewertung vom 05.09.2021
Neumann, Constanze

Wellenflug


ausgezeichnet

Ein Pageturner, so schön wie das wahre Leben

Als kleines Mädchen hörte Anna begeistert ihrem Vater zu, der wunderschöne Märchen erzählen konnte. Besonders die Geschichte über ein armes Waisenmädchen, das dank einer silbernen Spinne zwischen dem Sonnen- und dem Mondjüngling wählen dürfte, hat Anna und ihren Schwestern sehr gefallen.

Aber in ihrer großbürgerlichen Welt galten andere Gesetze, die nichts mit den schönen Märchen gemeinsam hatten. So heiratet Anna den Mann, der für sie ausgewählt wurde und später, als ihr geliebter Sohn Heinrich sich in ein armes Mädchen Marie verliebt hatte, wurde diese Beziehung weder von Anna noch von der übrigen Familie akzeptiert.

In dem Roman „Wellenflug“ erzählt Constanze Neumann über die beiden Frauen: Anna und Marie, deren Schicksale durch die Liebe zu Heinrich miteinander verbunden waren. Obwohl Marie als Heinrichs Frau von Anna missachtet wurde, steht sie das ganze Leben ihrem geliebten Mann zur Seite und kämpft um ihre Liebe.
Aber dieser Roman ist viel mehr als die Geschichte einer nicht standesgemäßen Beziehung. Die Autorin erzählt hier über das Schicksal einer angesehenen wohlhabenden jüdischen Familie vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Genauso wie die damaligen Zeiten ist das Schicksal der Familie voller Veränderungen, Höhen und Tiefen, Glücks und Katastrophen, der Unruhe, des ständigen Wechsels.
Sehr bewegend ist diese Geschichte. Besonders das Leben von Marie, das zuerst wie ein Märchen beginnt und später viel von der herzensguten Frau verlangt, hat mich sehr berührt. Den Teil des Buches, der ihre und ihrer kleinen Familie Geschichte erzählt, habe ich in einem Rutsch ausgelesen.

Der Roman über Annas und Maries Leben ist auch größtenteils die wahre Familiengeschichte der Buchautorin. Vieles davon ist wirklich passiert; es gibt zahlreiche Dokumente darüber.

Mit ihrer bildhaften Erzählweise konnte die Autorin mich auf eine emotionale Reise in die jüngste Vergangenheit ihrer Familie mitnehmen. Ich bin in diese spannende, authentisch wirkende Geschichte vollkommen eingetaucht und musste später noch lange über das Gelesene nachdenken.

„Wellenflug“ ist ein lesenswerter Roman, hochinteressant und so schön, wie das wahre Leben selbst.

Bewertung vom 27.08.2021
Veronesi, Sandro

Der Kolibri - Premio Strega 2020


sehr gut

Lesenswert!

In dem Roman „Der Kolibri“ erzählt Sandro Veronesi die Lebensgeschichte von Marco Carrera, den die Mutter in seinen Jugendjahren liebevoll Kolibri genannt hat. Es lag vor allem daran, dass Marco viel zu klein für sein Alter war, aber auch an seiner Schnelligkeit und Schönheit, die diese Assoziation in der Mutter weckten.

Die kleinen Kolibris wurden wegen ihrer Fähigkeiten als „Akrobaten der Lüfte“ genannt. In seinem ereignisreichen Leben musste Marco oft beweisen, dass auch er diese Fähigkeiten besitzt. In der Geschichte seines Lebens gibt es viel Glück, aber wahrscheinlich noch mehr Leid; viele tragische Ereignisse, die jeden normalen Menschen mit ihrer Last erdrücken könnten.

Marcos bewegter Lebensweg wurde in kurzen Kapiteln erfasst, jeder von ihnen mit dem Titel und der entsprechenden Jahreszahl versehen. Denn die Erzählung erfolgt nicht chronologisch; das Ereignis selbst und seine Bedeutung sind dem Autor wichtiger. Und so kommt es, dass ich zuerst über Einiges aus der Zukunft erfahre und mich dann in die Vergangenheit begeben muss, um das Geschehene richtig verstehen zu können.
Auch die Sprache hat einiges von mir verlangt; mal erzählt der Autor viel und schnell, so als würde er alles auf einmal erzählen wollen. An diesen Stellen hatte ich das Gefühl jemandem zuzuhören, der mir was Wichtiges, Dramatisches, sofort und jetzt erzählen muss. Dann wieder bedient er sich einer ruhigen, fast poetischen Sprache, und da lässt er mich zu Atem kommen, das Gelesene genießen, miterleben.

Es gibt in dem Roman viele gefühlvolle Momente, Kapitel, die zum Nachdenken bewegen, Ereignisse, die auf Tränendrüsen drücken. Es ist ein bemerkenswertes Buch!

Zum Schluss erlaube ich mir die Worte des Autors über das Buch von David Leavitt, im Kapitel „Via Crucis“ erwähnt, zu zitieren:
„Er ist wunderbar; lesen Sie ihn oder lesen Sie ihn wieder.“ (343)
Der Satz entspricht auch voll und ganz meiner Empfehlung zum Roman von Sandro Veronesi.

Bewertung vom 24.08.2021
Minor, Caroline Albertine

Der Panzer des Hummers (eBook, ePUB)


gut

C`est la vie….

Manchmal besteht das größte Mysterium einfach nur darin, dass die Dinge so sind, wie sie sind. (50)

Das hübsche Cover mit dem wunderschönen Bild und die vielversprechende Kurzbeschreibung haben mich zu dieser Lektüre verführt. Die Geschichte, die sich hinter dem Buchcover verbirgt, hat mich jedoch etwas enttäuscht. Eigentlich handelt es sich hier um keine einzelne Geschichte. Die Autorin zeichnet in dem Buch Bilder aus dem Leben der drei erwachsenen Geschwistern Gabel: Ea, Sidsel und Niels.

Ihre Eltern sind bereits verstorben. Die Geschwister leben selbständig ihr eigenes Leben. Ea, die älteste Schwester lebt seit Jahren in San Francisco. Sie versucht jetzt mit der Seherin Bee den Kontakt zu ihrer verstorbenen Mutter aufzunehmen. Warum sie das gerade jetzt tut, ist für mich nicht nachvollziehbar. Braucht sie wegen der anstehenden Veränderung in ihrem Leben womöglich den Rat ihrer starken Mutter?

Sidsel ist eine alleinerziehende Mutter und erfolgreiche Restauratorin in einem Kopenhagener Museum. Sidsels Leben dreht sich vor allem um ihre sechsjährige Tochter Laura; sie vernachlässigt dabei ihre eigenen Bedürfnisse und ihr eigenes Glück.

Niels ist alleinstehend, praktisch obdachlos, verdient sein Geld mit dem Plakatieren. Er will noch lernen, „eine Stadt aus dem Wissen in seinem Gehirn“ errichten (78), zerrt von seinen Erinnerungen an die Urlaubstage in Italien.

Auch über die Seherin Beatrice/Bee erzählt Caroline A. Minor ausführlich. Es ist eigentlich ihre Lebensgeschichte, die mich am meisten beeindruckt hat. Sie ist voller Ereignisse und bringt Farbe in ansonsten schwarzweiße Bilder der Geschichten über die Geschwister Gabel.

Es ist mir auch aufgefallen, dass tatsächlich die Frauen in diesem Buch starke Charaktere sind. Sie sind für die anderen da, sie treffen Entscheidungen und handeln dementsprechend.

Hervorragend fand ich die Geschichte über den Hummer sowie die Geschichte über den Markt der Lebenden und Toten. Die Letztere wurde von der Autorin – sie schreibt darüber in ihrer Danksagung - in Erick Muegglers Monographie „The Age of Wild Ghosts“ gefunden.

Der Titel des Buches ist eindrucksvoll, genauso wie die Geschichte des Hummers. Diese Metapher in Bezug auf die Lebenserlebnisse der Geschwister Gabel finde ich jedoch etwas überzeichnet. In diesem Zusammenhang habe ich mehr von der Handlung erwartet. Sie endet auch abrupt, lässt mich mit vielen offenen Fragen zurück.

„Der Panzer des Hummers“ ist ein moderner Roman über diversen Facetten des alltäglichen Lebens. Lesen Sie das Buch um sich die eigene Meinung darüber zu bilden!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.08.2021
Sampson, Freya

Die letzte Bibliothek der Welt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein Roman über Bücherliebe

„Wir müssen um unsere Bücherei kämpfen, als wäre es die letzte Bibliothek der Welt“ (184) verkündet laut Mrs. B., als von der Kreisverwaltung in Chalcot offiziell bekannt gegeben wurde, dass die kleine Bücherei im Ort demnächst geschlossen wird. Denn die Bewohner des Ortes leihen hier nicht nur ihre Bücher aus. Die Bücherei ist auch ein beliebter Treffpunkt für viele Bewohner von Chalcot, die Hilfe oder Unterstützung brauchen. Hier kann Jackson seine Schulaufgaben machen, Chantal für die Abschlussprüfungen lernen, die Flüchtlingsfrau Leila Kochbücher ausleihen, Mrs. B. ihren Unmut über alles loslassen, der 82-jährige Stanley Hilfe bei Kreuzworträtseln und Internetsurfen bekommen.

Die 28-jährige June Jones ist eine Bibliothekarin mit Leib und Seele: „manchmal, wenn sie die Augen schloss, stellte sie sich vor, dass die Bücher sich gegenseitig ihre Geschichten zuflüsterten.“ (26)

June hat für jeden Besucher ein passendes Buch parat und auch sonst steht sie immer hilfsbereit jedem zur Seite. Bücher bestimmen das Leben der jungen Frau, die ihre Zeit entweder mit Lesen oder sonst mit Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter verbringt. Erst der Kampf um die Bücherei und die unerwartete Unterstützung von ihrem früheren Schulfreund Alex verändern das Leben von June.

Mit Begeisterung habe ich diesen wunderschönen Roman gelesen. Mit viel Witz und Humor erzählt die Autorin nicht nur über die einfallsreiche Protestaktion gegen die Schließung der Bücherei. Auch manche Protagonisten, vor allem die schüchterne June, müssen ihre persönlichen Kämpfe ausfechten, um ihren eigenen Träumen nachzugehen, eigene Pläne zu verwirklichen. Liebevoll skizziert Freya Sampson die unterschiedlichen Charaktere, erzählt ihre Lebensgeschichten, die oft zu Herzen gehen. Es gibt auch traurige Ereignisse, und so habe ich dieses Buch mal lächelnd mal mit Tränen in den Augen gelesen.

„Die letzte Bibliothek der Welt“ von Freya Sampson ist ein wunderschönes Buch über eine kleine Bücherei, die für viele Besucher ein Zufluchtsort ist. Es ist ein Roman über Bücherliebe, Freundschaft und Zusammenhalt, aber auch über Gefühle und Liebe.
Absolut lesenswert!

Bewertung vom 16.08.2021
Jonuleit, Anja

Das letzte Bild


ausgezeichnet

Tragisch und mysteriös

Familiengeheimnisse – aus welchen Gründen verschweigt man jahrelang wichtige Ereignisse in der Familie? Die Wahrheit wird dann meistens durch einen Zufall entdeckt. Und welchen Wert haben eigentlich die Familienfotos, zuerst sorgfältig aufbewahrt und von Zeit zu Zeit angeschaut, bis sie irgendwann in Vergessenheit geraten? Ist es möglich, dass man den nächsten Angehörigen aus eigenen Erinnerungen ausradiert, ihn aufgibt oder sogar vergisst?

Diese und viele anderen Fragen haben mir keine Ruhe gelassen nachdem ich das Buch „Das letzte Bild“ von Anja Jonuleit ausgelesen habe. Die Autorin erzählt in dem Roman die Geschichte einer Frau, deren vollkommen verbrannte Leiche im November 1970 im norwegischen Isdal gefunden wurde. Der Fall wurde bis heute nicht aufgeklärt.

Im Buch entdeckt die deutsche Schriftstellerin Eva Berger das Phantombild der verbrannten Frau in einer Zeitung. Die verblüffende Ähnlichkeit der Isdal-Frau mit ihrer Mutter macht sie stützig und bewegt sie zur genauen Recherche. Da sie von ihrer Mutter nichts Brauchbares erfahren konnte, reist sie sogar nach Norwegen und verfolgt dort jede kleinste Spur der getöteten Frau.

Spannend erzählt Anja Jonuleit diese bewegende, sehr gut recherchierte Geschichte. Gekonnt verbindet sie die realen Fakten mit der literarischen Fiktion. Sie gibt der unbekannten Frau ein Gesicht, haucht ihr das Leben ein.
Die Geschichte spielt abwechselnd auf zwei Zeitebenen: Eva recherchiert im Jahre 2018, die Lebensgeschichte der unbekannten Frau beginnt in den Kriegsjahren. Die literarische Begleitung der beiden Protagonistinnen auf den Seiten dieses Buches hat mir sehr deutlich die ganze Tragik der ungewöhnlichen Geschichte gemacht.

FAZIT: „Das letzte Bild“ ist ein bewegender Roman, der mit seinem tragischen und zugleich mysteriösen Plot fesselt. Emotional und mitreißend! Unbedingt lesen!

Bewertung vom 12.08.2021
Ludwig, Stephan

Unter der Erde (eBook, ePUB)


gut

Thriller, Geschichte oder Fantasy?

Der Thriller beginnt ziemlich spannend: Elias Haack ist mit dem Auto auf dem Weg zu seinem Großvater, den er seit mehr als dreißig Jahren nicht gesehen hat. Kurz vor dem Ziel hat Elias einen Unfall: nach einem lauten Knall kommt er von der Straße ab und verliert das Bewusstsein.

Die kürzen Einwürfe, welche die laufende Handlung oft unterbrechen, lassen vermuten, dass jemand Elias` Wiedertreffen mit dem 90-jährigen Großvater um jeden Preis verhindern will. Aber Elias ist zäh. Trotz der demnächst festgestellten Gehirnerschütterung marschiert er weiter zu Fuß und nimmt sogar an Opas Geburtstagsfeier teil. Am nächsten Morgen erwartet Elias böse Überraschung: der Großvater stirbt in der Nacht, zu einer Aussprache zwischen den beiden konnte es nicht kommen.

Es wurde aber noch schlimmer. Wegen Großvaters Tod wurde Elias prompt als Verdächtiger von dem örtlichen Polizisten verhört und darf eigentlich das Dorf nicht verlassen.

Bereits in diesem Moment bekam ich meine Zweifel an dieser Story. Soll es wirklich ein Thriller sein? Für mich wurde es zu dem Zeitpunkt höchstens ein Krimi mit einem einfältigen Dorfpolizisten. Warum erwähnt er mit keinem Wort Elias Unfall? Hat sich jemand von der Polizei den Unfallort angesehen? Wurden Spuren gesichert?

Auch der Protagonist Elias Haack, ein beliebter Autor der Krimi- und Horrorgeschichten, der für seine Bücher viel recherchiert hat (sein neuestes Buch gerade auf Platz fünf der Spiegel-Bestsellerliste, sein Foto schmückte die Titelseite des Sterns-Crime-Magazines) müsste eigentlich gescheiter sein. Er unternimmt aber nichts, tappt immer wieder in eine neue Falle und lässt den Albtraum seines Lebens einfach weiterlaufen. Ich fand das Ganze nicht gerade spannend, dafür aber sehr irritierend.

Viel interessanter fand ich die Familiengeschichte von Elias. Nach und nach erinnert sich Elias an seine Kindheit, an seine Mutter, sucht nach Fotos und Beweisen aus der Vergangenheit, und schließlich entdeckt Geheimnisse, die ihn zutiefst erschüttern.

Größtenteils unglaubwürdig fand ich dagegen die Geschichte des Dorfes und der merkwürdigen Dorfbewohner. Sie ist zwar von der Idee her sehr interessant, aber ihre Umsetzung so unrealistisch, dass Manches davon sogar absurd erscheint. Schade eigentlich, weil die grauenhaften Bilder des russischen Gefangenenlagers bewegen und womöglich auf historischen Ereignissen basieren.

Unabhängig davon, ob der Roman „Unter der Erde“ ein phantasievoller Thriller oder ein Thriller mit einem historischen Hintergrund ist, schockiert diese ausgefallene Geschichte an manchen Stellen. Sie bleibt länger in meiner Erinnerung.

Bewertung vom 07.08.2021
Meyer, Kai; Surborg, Lisanne

Imperator (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fantastische Reise nach Rom der 60er Jahren

Der Schauplatz des Romans ist Rom in den 60er Jahren:
(…)“eine Stadt, in der monumentale Geschichte und heruntergekommene Gegenwart in einer der unzähligen Bars zusammen Kaffee tranken – und niemand wunderte sich darüber.“ (19)

Im Cafe de Paris trifft man abends die High Society, tagsüber besuchen das Cafe die Touristen, die nach prominenten Gesichtern Ausschau halten. Auch der Privatdetektiv Gennaro Palladino verweilt hier täglich. Er tut es aber aus beruflichen Gründen, denn hier bekommt er Informationen, an die sonst keiner kommt. Von der einflussreichen Contessa Amarante bekommt er einen besonderen Auftrag. Er soll im Mordfall von Fausto ermitteln, einen bekannten Maler und guten Freund der Contessa.

Nach dem Mörder ihrer Mutter sucht Anna Savarese, die aus London nach Rom gekommen ist. Anna wohnt bei ihrem Onkel Bruno, der sein Lebensunterhalt mit den Fotos von Prominenten verdient. Mit ihm und seinem Paparazzi-Team durchquert Anna das nächtliche Rom, besucht die exklusiven Clubs und Bars in der Jagd nach prominenten Gesichtern. Bei Paparazzos lernt sie Spartaco kennen, der sie bei ihrer Recherche kräftig unterstützt. Als Sohn eines Adeligen verschafft er Anna Zutritt zu der geheimen Welt des römischen Adels. Beide entdecken Verschwörungen und Geheimnisse, die bisher im Dunklem verborgen lagen.

Auch Palladinos Ermittlungen nehmen einen unerwarteten Verlauf. Der Ermittler, der selbst ein doppeltes Spiel spielt, gerät unter Einfluss der finsteren Mächte und muss drastische Entscheidungen treffen.

Der Roman „Imperator“, der erste Teil einer Trilogie, basiert an dem Hörspiel, das bereits 2020 erschienen ist. Er ist eine gelungene Mischung aus Thriller, historischen Fakten und Phantastik. Die ganze Geschichte ist sehr spannend und gleichzeitig lehrreich. Denn viele Details aus der römischen Vergangenheit, die Legenden über die römischen Kaiser, sowie Fakten aus der Nachkriegszeit und die politischen Ereignisse der sechziger Jahre, die in diesem Roman wichtige Rolle spielen, sind historisch belegt.

Sehr interessant und bildhaft erscheint die Stadt Rom auf den Seiten des Buches. Im Nachwort erzählt Kai Meyer über seine Faszination für den italienischen Film und seine Recherchen vor Ort. Beim Lesen des Buches hatte ich oft das Gefühl selbst durch diese fantastische Stadt zu wandern, so realistisch und detailreich sind die Bilder, die das Autoren-Duo in diesem Buch vermittelt.

Der Thriller punktet durch seine temporeiche Handlung, Verschwörungstheorien, Konflikte und Intrigen zwischen den einzelnen Protagonisten und auf der politischen Ebene, starke Charaktere und Exkursionen in die römische Vergangenheit.

Faszinierend war für mich vor allem Annas Geschichte, die in Rom die Wahrheit über den gewaltsamen Tod ihrer Mutter herausfinden will. Palladinos Geschichte mit vielen phantastischen Elementen verwirrt zuerst, aber im Verlauf der Handlung bereichert sie unheimlich das Ganze und sorgt für gute Unterhaltung.

Ich habe diese Lektüre sehr genossen und bin gespannt auf ihre Fortsetzung.
Der Thriller bekommt meine wärmste Empfehlung!

Bewertung vom 02.08.2021
Meyer, Chris

Der Blutkünstler / Tom-Bachmann-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Tom Bachmann - ein Profiler mit eigenen dunklen Seiten

Der grausame Mord an Senta van Darten, einer Galeristin aus Düsseldorf, erschüttert stark das erfahrene Team des BKA in Bonn. Der Tatort mit der kunstvoll drapierten Leiche lässt keine Zweifel zu; hier hat der Blutkünstler wieder zugeschlagen, es kann sich nur um sein Werk handeln.

Tom Bachmann, der weltweit beste Profiler, übernimmt die Leitung der Sonderabteilung des BKA. Der Seelenleser, wie ihn viele nennen, kann sich meisterhaft in die Psyche jedes Täters hineinversetzen. Seine Fähigkeiten und die Erfahrung setzt er jetzt ein, um den Psychopathen, der die Frauenleichen als Kunstwerke zur Schau stellt, schnellstens zu fassen.

„Die Arbeit als Profiler war für ihn wie eine Sucht, die alles Dunkle in ihm überdeckte. ….. „Nur wenn er auf der Jagd war, hatte er seine eigene dunkle Seite unter Kontrolle.“ (25)
Nur welche dunklen Geheimnisse verbergt Tom Bachmann selbst?

„Der Blutkünstler“ ist der erste Roman von Chris Meyer. Der Thriller eröffnet die Reihe mit dem Profiler Tom Bachmann, der all seine bisherigen Fälle erfolgreich lösen konnte. Tom ist kein gewöhnlicher Fallanalytiker. Denn der Kampf gegen das Böse, Jagd nach Psychopathen und Mördern sind für ihn wie eine Sucht. Und nur er selbst kennt die Gründe dafür. Seine Ermittlungsmethoden sind ungewöhnlich und für seine Kolleg*innen nicht immer nachvollziehbar.

Der Autor lässt uns auch in die Seele des Blutkünstlers zu blicken, ihm bei seiner blutigen grausamen Arbeit zuzuschauen, seine bizarren Gedankengänge zu verfolgen. Es sind grausigen Begegnungen, die starke Emotionen hervorrufen und schwer zu ertragen sind.

Der Thriller punktet nicht nur wegen der starken kontinuierlichen Spannung. Seine außergewöhnlichen Protagonisten, die mit ihren Neigungen und Zwängen zu kämpfen haben, fesseln an das Buch. Gekonnt setzt der Autor falsche Spuren ein und obwohl er vieles über den Täter im Verlauf der Handlung verrät, kommt die Auflösung des Falles wirklich überraschend.

Ich fand diesen hochspannenden Thriller sehr unterhaltsam. Die interessanten Ermittlungen und die vielseitigen Charaktere haben mir fesselnde Lesestunden beschert.
Der Thriller bekommt von mir eine absolute Leseempfehlung.!