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Lena
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Köln

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Insgesamt 191 Bewertungen
Bewertung vom 22.01.2025
Faber, Henri

Kaltherz


gut

Wenige Minuten allein gelassen waren ausreichend und die fünfjährige Marie verschwindet auf einem Ausflug mit ihrer Mutter spurlos. Polizistin Kim Lansky, die neu in der Abteilung für Vermisste bei der Bayerischen Polizei ist, übernimmt die Ermittlungen eines kürzlich verstorbenen Kollegen. Ihr Vorgesetzter ist ein Freund aus ihrer Jugend in Neuperlach, einem sozialen Brennpunkt, wo sie beide nichts haben anbrennen lassen. Ohne sich in das Team zu integrieren, geht Lansky eigenmächtig vor und versucht den Fall auf ihre Art zu lösen. Lansky dringt in düstere Kriminellenkreise vor, denen sie näher ist, als sie sein sollte und sieht sich bald auf ungeahnte Weise mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.

"Kaltherz" handelt von der Entführung eines fünfjährigen Mädchens und wird aus vier Perspektiven erzählt, darunter auch der fünfjährigen Marie, die so gar nicht versteht, was vor sich geht. Daneben erhält man Einblicke in die Leben der Eltern, wobei sowohl Vater als auch Mutter etwas zu verbergen scheinen und nur schwer einzuschätzen sind. Ermittlerin Lansky ist zupackend, frech und stets auf der Jagd und eckt mit ihrer unkonventionellen Art unweigerlich an.
Der Zweck heiligt die Mittel, aber ihre Vorgehensweise unter Missachtung sämtlicher Dienstvorschriften ist mehr als fragwürdig.

Es werden eine Reihe falscher Fährten gelegt, die die Aufmerksamkeit in Richtung Wirtschaftskriminalität und Organisierte Kriminalität lenken, bevor eine Wende für mehr Drive in der Handlung sorgt. Die anschließenden zahlreichen weiteren Wendungen sind wie die Ermittlungen kaum mehr nachzuvollziehen.
Neben dem Faktor Zufall und einer ordentlichen Portion Gewalt der unkaputtbaren Lansky spielen die handelnden Personen, die fast alle ein zweites Gesicht haben eine entscheidende Rolle. Die Menge an Action und persönliche Involvierung, Lügen und Trauma ist für den Fall und die übersichtliche Anzahl an Charakteren viel und gestaltet die kaum nachvollziehbare Fallaufklärung ein wenig abstrus.

"Kaltherz" ist spannend und wendungsreich und auch die unterschiedlichen Perspektiven sind individuell herausgearbeitet, die polizeilichen Ermittlungen sind in dem Fall jedoch wenig authentisch und spielen in dem Thriller eine Nebenrolle.

Bewertung vom 22.01.2025
Murrin, Alan

Coast Road


ausgezeichnet

Colette Crowley kehrt im Herbst 1994 in ihren Heimatort Ardglas in der Grafschaft Donegal in Irland zurück. Die Lyrikerin hatte ihren Ehemann und ihre Kinder für eine Affäre in Dublin verlassen. Getrennt von dem Mann möchte sie nun die Beziehung zu ihren Kindern, insbesondere dem jüngsten Sohn, intensivieren. Die Familie Mullen vermietet ihr ein Cottage in der Coast Road, da sie ein viertes Kind erwartet und die Mieteinnahmen finanziell gut gebrauchen können.
Um selbst etwas zu verdienen, bietet Colette einen Schreibkurs an, zu dem sich auch Izzy Keaveney anmeldet, die permanent im Clinch mit ihrem Ehemann ist. Sie genießt deshalb die Gespräche mit Pfarrer Brian Dempsey, der sie mehr zu verstehen scheint. Nachdem sie sich Colette angenähert hat, hilft sie ihr dabei, ihren Sohn zu treffen, zu dem ihr ihr Mann Shaun den Zugang verweigert.
Während in dem kleinen Ort sowohl über die verruchte Colette als auch über Izzys Beziehung zu dem Pfarrer getratscht wird, ist ein Referendum in Vorbereitung, dass die Möglichkeit einer Scheidung legalisieren soll.

"Coast Road" handelt in den Jahren 1994/ 1995 in Irland, einem katholisch geprägten Land, in dem das Sakrament der Ehe so hochgehalten wurde, dass noch vor 30 Jahren eine Scheidung unmöglich war.
Schon der Prolog deutet darauf hin, dass es in der Kleinstadt brodelt und die Situationen eskalieren und in Gewalt umschlagen wird. Sodann wird ein Blick zurück geworfen auf die Ankunft Colettes in Ardglas. In den Fokus der Geschichte rücken neben Colette, die von ihrem Mann getrennt lebt, zwei weitere Frauen, die unglücklich verheiratet sind. Izzy fühlt sich von ihrem Mann gegängelt, seitdem sie nicht mehr arbeiten darf und Dolores Mullen muss zusehen, wie ihr Mann sie vor aller Augen betrügt.

Der Roman ist aus wechselnden Perspektiven verschiedener Bewohner der Kleinstadt geschildert, so dass ein Einblick in die einzelnen Haushalte, aber vor allem auch in die Gefühlswelt der Charaktere möglich ist. Die Figuren sind vielschichtig angelegt, keiner ist nur gut oder böse.

"Coast Road" ist eine spannende Zeitreise in die 1990er-Jahre. Die Geschichte erweckt eine fiktive Kleistadt mit 1.000 Einwohnern lebendig zum Leben, in der Ort und die Personen leicht vorstellbar werden. Es zeigt eindringlich, wie Frauen, aber auch Männer, in unglücklichen Ehen gefangen sind, wobei den Frauen, die finanziell und gesellschaftlich von ihren Männern abhängig sind, die größere Not zukommt. Erschreckend ist zu sehen, dass neben der körperlichen Überlegenheit auch Kinder als Druckmittel eingesetzt werden.

Mit feiner Beobachtungsgabe zeichnet der Autor ein Sittengemälde und entwickelt mit der steigenden Dramatik, mit Intrigen und Verzweiflung eine spannende authentische Geschichte passend zum Zeitgeist. Es zeigt die Konsequenzen auf, wenn man gegen den Strom schwimmt, zeichnet einen mutigen Weg der Selbstfindung und bekräftigt die Bedeutung von Frauensolidarität.

Bewertung vom 20.01.2025
Sullivan, J. Courtney

Aller Anfang


ausgezeichnet

Celia, Sally, Bree und April lernen sich am Smith-College in Northampton kennen, an dem ausschließlich weibliche Studierende zugelassen sind. Sie stammen aus unterschiedlichen familiären Verhältnissen und sind auch charakterlich verschieden. Während die schöne Bree bereits verlobt ist, ist April nach dem Vorbild ihrer Mutter eine feministische Aktivisten. Sally leidet unter dem Verlust ihrer kürzlich verstorbenen Mutter, während Celia aus einer intakten katholischen Familie stammt, an der sie sehr hängt.
Auch wenn sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Träume und Vorstellungen vom Leben Konflikte austragen müssen und es durch Brees neue Beziehung zu Lara, Sallys Heiratspläne und Aprils Aktivismus Reibungspunkte gibt, halten sie, wenn es darauf ankommt, fest zusammen.

"Aller Anfang" wird abwechselnd aus der Perspektive einer der vier Frauen erzählt, wobei die ersten Kapitel, die am College handeln, zur jeweiligen Vorstellung des Charakters sehr lang sind. Man erhält damit auch einen bildhaften Einblick in den Campus und das sehr besondere College, auf dem die Frauen mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen experimentieren.
Die vier Frauen machen unterschiedliche Erfahrungen in Sachen Liebe - von festen Beziehungen, Verlobungen und Trennungen über eine Affären zu einem älteren Mann - bis die gemeinsamen vier Jahre am College vorbei sind und es sie wieder in unterschiedliche Richtungen verschlägt.
Eine Wiedervereinigung zur Hochzeit von Sally endet im Streit und bedeutet einen Riss der Freundschaft, der erst wieder gekittet werden kann, als sie die anderen brauchen und eine von ihnen in ernsthafte Gefahr geraten ist.

Der Roman erzählt von den Höhen und Tiefen einer Freundschaft, wie Frauen einander Halt geben können, aber auch wie sie sich gegenseitig verletzen können. Empathisch wird die Entwicklung der jungen Frauen beschrieben, die zu Beginn noch etwas orientierungslos sind und erst noch ihren Platz finden müssen.

Die Geschichte ist vielschichtig und handelt neben Freundschaft und dem Erwachsenwerden von sexueller Orientierung, Feminismus, Gewalt gegen Frauen, von Selbstfindung, Toleranz und Loyalität.
Jede der Hauptfiguren ist individuell gezeichnet und selbst wenn man keine Identifikationsfigur finden sollte, ist es interessant ihre Entwicklung durch die Hürden des Lebens - gemeinsam und getrennt von einander - zu verfolgen. Der Fokus liegt dabei klar auf Frauen, denn trotz der beschriebenen Liebesbeziehungen spielen Männer nur eine untergeordnete oder negativ besetzte Rolle.

Die Bedeutung von Freundschaft und die unterschiedlichen Lebensentwürfe, die sich aufgrund der vielen verschiedenen Wahlmöglichkeiten für Frauen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ergeben, sind facettenreich und empathisch geschildert.

Bewertung vom 18.01.2025
Poston, Ashley

Seven Years From Now


ausgezeichnet

Clementine arbeitet in der PR-Abteilung eines Buchverlags in New York. Sie liebt ihren Job und hat sich nach dem Tod ihrer Tante Analea noch mehr in die Arbeit gestürzt und eine emotionale Mauer um sich gebaut. Ihre beiden besten Freundinnen möchten sie wieder ins Leben zurückholen und arrangieren Dates für sie, die Clementine widerwillig durchsteht.
Sie lebt in der Wohnung, die sie von ihrer Tante geerbt hat und die sie davor gewarnt hat, sich nicht in dieser Wohnung zu verlieben. Analea hat sich dort selbst unglücklich verliebt, denn die Wohnung hat ein Eigenleben. Sie kann die Bewohner um sieben Jahre in der Zeit versetzen. Als das tatsächlich Clementine passiert, lernt sie Iwan kennen, der vor sieben Jahren als Untermieter einen Sommer in Analeas Wohnung verbrachte. Nach zwei Abenden ist Clementine in den charmanten Koch verliebt, weiß aber nicht, wie sie in der Gegenwart eine Verbindung zu ihm aufbauen und ob ihre Liebe eine Zukunft haben könnte.

"Seven Years from now" handelt von einer jungen Frau, die um ihre freiheitsliebende Tante trauert, der sie sehr nahe stand und die sie mit ihrer mitreißenden Art auf Reisen um die ganze Welt genommen hat. Seit ihrem Tod lebt Clementine nur noch für die Arbeit und verkriecht sich in der Wohnung. Iwan, der so unvermittelt dort auftaucht, ist die erste Person, die mit seiner Leidenschaft und seinem Enthusiasmus wieder etwas in Clementine berührt und unbewusst an das Mantra ihrer Tante erinnert, dem Mond hinterherzujagen.

Die Geschichte ist magisch, wobei der Aspekt der Zeitreise aus dem Buch keinen Fantasy-Roman macht, sondern eine Hürde zwischen zwei Liebenden darstellt, die es zu überwinden gilt.
Anschaulich und lebendig ist der Alltag von Clementine in NYC geschildert. Man gelangt an verschiedenste Schauplätze und hat die Stadt bildhaft vor Augen. Auch Clementine ist als Hauptfigur leicht vorstellbar und nahbar. Sie ist verletzlich und zeigt am Anfang nur wenig Selbstliebe. Erst Iwan bewirkt, dass sie nicht nur beruflich, sondern auch privat für eine Sache brennt und kämpft.

"Seven Years from now" ist ein modernes Märchen voller Magie und einem Hauch Romantik, das neben Liebe und Freundschaft aber auch von den Schattenseiten, von Verlust und Trauer, handelt.
Die originelle Geschichte ist so bittersüß wie Iwans Zitronenkuchen und ist neben der Geschichte über Selbstfindung und Liebe auch eine Liebeserklärung an den Wert des Essens und die Erinnerungen, die damit einhergehen.

Bewertung vom 13.01.2025
Moyes, Jojo

Über uns der Himmel, unter uns das Meer


sehr gut

Im Jahr 1946 werden 600 Kriegsbräute mit einem Flugzeugträger der britischen Marine nach England gebracht, um mit ihren Ehemännern wieder vereint zu werden. Es ist ein mutiger Weg in die Fremde und Ungewissheit fernab von Zuhause. Die Ehen wurden oftmals kurzfristig geschlossen, weshalb die Frauen ihre Männer kaum kennen und seit Monaten oder sogar Jahren nicht mehr gesehen haben.
An Bord ist Krankenschwester Frances, die verschlossen ist und ihre Gefühle zurückhält, Avice, die hochnäsige Tochter aus gutem Hause, die auf eine Überfahrt auf einem Flugzeugträger nicht vorbereitet war, Margaret, die schwangere Bauerstochter, die noch nicht bereit ist, Mutter zu sein und die 16-jährige Jean, die froh ist, ihrem lieblosen Elternhaus zu entkommen.
Die vier unterschiedlichen Frauen bergen ihre Geheimnisse und teilen sich eine Kabine, die von einem Marinesoldat bewacht wird, den keine Wiedervereinigung mit seiner Frau erwartet. Kapitän Highfield, der seine wohl schwierigste Fracht nach Plymouth bringen muss, hadert damit, dass die Überfahrt seine letzte sein wird.

Inspiriert von der Lebensgeschichte ihrer Großmutter, beschreibt Jojo Moyes anhand fiktiver Schicksale die historische Überfahrt der Victorious.
Die Geschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt, wobei es zu Beginn etwas unübersichtlich ist, sich zurechtzufinden. Nicht jede Figur gibt gleichviel von sich preis, so dass Platz für Spekulationen bleibt und die Geschichte nicht ohne Spannung erzählt ist.

Lebendig wird der Schiffsalltag der zähen, sechswöchigen Überfahrt mit all seinen Problemen, Sorgen und allzu menschlichen Befindlichkeiten beschrieben, wenn Hunderte Fremde auf engstem Raum aufeinandertreffen. Sowohl Passagiere als auch Teile der Besatzung haben mit ihren ganz eigenen Herausforderungen zu kämpfen.

Die Geschichte wirkt real, auch wenn die persönlichen Schicksale fiktiv sind. Eingeleitet werden die Kapitel hingegen durch Zitate aus historischen Überlieferungen, die der Geschichte noch mehr Authentizität verleihen.
"Über uns der Himmel, unter uns das Meer" beruht auf wahren Begebenheiten und ist eine berührende Geschichte über mutige Frauen und ihre Hoffnungen auf ihrem abenteuerlichen Weg zu einem Neuanfang.

Bewertung vom 13.01.2025
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlassen / Mörderisches Island Bd.4


gut

Die gut betuchte Familie Snæberg trifft sich in einem exklusiven Smart-Hotel auf der Halbinsel Snæfellsnes, um den 100. Geburtstag des verstorbenen Familienpatriarchen zu feiern. Einzelne Familienmitglieder sind dem Alkohol stark zugeneigt oder greifen zu härteren Drogen. So manch einen plagt die Vergangenheit, andere haben mit gegenwärtigen Problemen zu kämpfen, die sie mit den anderen nicht teilen möchten. Das Familiengefüge ist geprägt von Eifersüchteleien, Misstrauen, Übergriffen und Geheimnissen.

"Verlassen" ist Band 4 der Reihe "Mörderisches Island". Auch wenn sich das Cover optisch bestens in die Krimireihe einfügt, passt der Band inhaltlich weniger dazu. In der Chronologie handelt Band 4 vor den drei anderen Teilen und kann deshalb problemlos als Standalone gelesen werden. Vorkenntnisse aus den anderen Bänden sind nicht nötig, da die Hauptfigur, Polizistin Elma, zu dem Zeitpunkt noch gar nicht in ihre Heimatstadt Akranes zurückgekehrt ist, um den Dienst dort aufzunehmen.

Der vierte Band ist aus wechselnden Perspektiven einiger Familienmitglieder geschrieben, wobei der Partner der Enkelin, die Urenkelin und die Ur-Urenkelin des Patriarchen in den Vordergrund rücken. Daneben gibt es Kapitel aus Sicht der Polizei, die den Fund einer Leiche in der Nähe des Hotels untersuchen. Indizien sprechen dafür, dass es sich bei der abgestürzten Person um keinen Unfall oder Selbstmord, sondern um Mord handelt.

Statt dem Todesfall oder den Ermittlungen der Polizei steht die Familie mit ihren kleineren oder größeren Geheimnissen im Vordergrund. Tryggvi macht sich Gedanken um den Alkoholkonsum seiner Frau, während er selbst versucht, trocken zu bleiben. Petra muss sich mit ihren Cousine und ihrem Cousin auseinandersetzen, zu denen sie früher ein sehr enges Verhältnis hatte und Lea ist besorgt über ihre Social Media-Kontakte, denen sie möglicherweise zu viel von sich offenbart hat. Beobachtet wird die Familie von der Hotelangestellten Irma, die die Prominenten aus dem Internet kennt.

Die Atmosphäre ist von skandinavischer Melancholie geprägt. Das Novemberwetter ist kalt und stürmisch und niemand scheint das Familientreffen an dem verlängerten Wochenende wirklich zu genießen. Probleme werden mit Alkohol oder mit anderen Rauschmitteln betäubt. Selbst als eine Person vorzeitig abreist und vermisst wird, findet keine wesentliche Kommunikation unter den Familienmitgliedern statt.

Die Kapitel sind kurz, die Perspektiven wechseln häufig. Trotz der überwiegend inneren Einsichten und wenig äußerer Handlung bleiben die Figuren undurchsichtig. Es passiert wenig und auch die wenigen Kapitel, die kurze Ausschnitte der polizeilichen Ermittlungen zeigen, können keine Art von Spannung erzeugen. Interessant wird die Geschichte erst auf den letzten 50 Seiten, als die Bedrohung zunimmt und kompromittierende Details der Vergangenheit enthüllt werden.

Band 4 ist ein Prequel und der mit Abstand langweiligste Teil der Reihe. Es ist die Schilderung eines Familientreffens problembehafteter Personen, die Geheimnisse bergen und in der eine Tat aus der Vergangenheit plötzlich enthüllt wird und die handelnden Personen zufällig enger verbindet, als gedacht. Es ist kein raffiniertes Konstrukt und kein Kriminalroman, der einen Mordfall und die Ermittlungen dazu spannend in Szene setzt.

Bewertung vom 10.01.2025
Käppler, Juliane

Love Me Like It's Yesterday


sehr gut

Juno lebt in Leipzig, wo sie eine eigene Werkstatt hat, in der sie hingebungsvoll Möbelstücke restauriert. Dabei tanzt sie zu Musik der 1980er-Jahre von ihren Musikkassetten. Juno ist weder per E-Mail zu erreichen, noch hat sie ein Handy. Sie hat sich dem technischen Fortschritt entzogen und führt ein analoges Leben.
Taro ist Psychologe und verdient sein Geld auf Youtube, wo er als Coach Männer beim Kennenlernen von Frauen unterstützt. Kritik ausgesetzt und öffentlich unter Druck, schließt Taro eine Wette ab, um zu beweisen, dass seine Flirttipps wirken. Juno wird zu Taros Herausforderung und bei der gemeinsamen Restaurierung eines antiken japanischen Teeschranks kommen sich die beiden näher.
Als echte Gefühle im Spiel sind, beendet Taro die Wette, wagt es allerdings nicht, Juno die Wahrheit über ihr Kennenlernen zu offenbaren. In Bezug auf Juno wiegt dies besonders schwer, da diese in der Vergangenheit schlimme Erfahrungen gemacht hat und nicht ohne Grund die digitale Welt verteufelt.

"Love me like it's yesterday" wird aus den Perspektiven beider Hauptfiguren erzählt, wobei Junos Geschichte den größeren Anteil hat.

Juno ist mit ihren sehr strikten Ansichten in Bezug auf die moderne Technik extrem dargestellt, aber je mehr man über sie erfährt desto besser kann man ihren Rückzug verstehen. In ihrer Werkstatt ist sie zu Hause, gibt den Möbelstücken Namen und erfindet Worte, um Dinge zu beschreiben, für die ihrer Ansicht nach die richtigen Worte fehlen. Trotzdem wirkt Juno nicht verschroben, sondern authentisch. Sympathien weckt sie zudem durch ihr Engagement in einem Verein für Mobbingopfer.
Auch Taro ist eine sympathische Figur. Die Wette ist ihm schon bald unangenehm, aber er steht auch unter dem Druck, Content zu produzieren, Follower zu generieren und damit seine Sponsoren zufrieden zu stellen.
Der Gegensatz beider Leben ist deutlich und dennoch spürt man, dass Juno und Taro auf einer Wellenlänge sind.

Die Liebesgeschichte entwickelt langsam und manche Szene ihrer gemeinsamen Aktivitäten, in der letztlich nicht viel passiert, ist etwas zu sehr in die Länge gezogen. Dynamik und mehr Spannung erhält der Roman erst spät, als sich Juno öffnet und Taro erklärt, was sie in der Vergangenheit (online) erlebt hat und damit auch immer drängender wird, dass Taro sein Geheimnis preisgibt, bevor Juno es von Dritten erfahren muss.

Die Botschaft des Romans wird klar, aber manchmal etwas plakativ vermittelt. Die Rückbesinnung auf das wirkliche, das reale Leben, Menschen wieder anzugucken statt auf das Handy zu starren, sich bewusst auf einen Dialog konzentrieren und sich nicht vom Pling des Handys ablenken zu lassen sowie die Gefahr online zum Opfer von ungerechtfertigten Angriffen zu werden, wird anhand der Hauptfiguren, aber auch einzelner Nebencharaktere eindringlich und empathisch dargestellt.
Die Erzählung hält dabei eine gelungene Balance aus lustigen Momenten und ernsten Problemen und überzeugt mit lebensechten Figuren und einer authentischen Liebesgeschichte.

Auch wenn man die Vorteile des technischen Fortschritts nicht von der Hand zu weisen sind, blickt man durch die Geschichte herrlich wehmütig auf eine Zeit zurück, in der man nicht rund um die Uhr zu erreichen war und in der man sich bewusster mit sich selbst und seiner Umwelt beschäftigen musste.

Bewertung vom 06.01.2025
Diel, Svenja

Der Jäger


ausgezeichnet

Im Sommer 2023 werden im Spreewald mehrere Nutztiere von Wölfen gerissen und Wölfe auch in unmittelbarer Nähe einer Kindertagesstätte gesichtet, weshalb ein Konflikt zwischen verunsicherten Bewohnern und militanten Tierschützerin herrscht, der zu eskalieren droht. Zeitgleich wird der Inhaber eines Pferdehofs brutal ermordet aufgefunden. Sein Hals weist eine Bisswunde auf, die nicht von einem Tier stammt. Kommissar Felix Remus erinnert sich an das Opfer eines Verkehrsunfalls vor wenigen Monaten, das ebenfalls eine Bisswunde am Hals hatte, was jedoch nicht weiter hinterfragt worden war. Um zu verhindern, dass die örtliche Polizei erneut etwas übersehen könnte, erhält sie Unterstützung von einer Sondereinheit des bayerischen Landeskriminalamts. Die Fallanalytikerin Nova Winter fühlt sich im Spreewald insbesondere von dem jungen und ehrgeizigen Kommissar Remus wenig willkommen. Schon kurz nach ihrer Ankunft kommt es zu einer weiteren Bluttat, die dieselbe Handschrift des Täters des ersten Mordes trägt. Auch wenn beide Opfer eine Affäre mit einander gehabt haben sollen, muss aufgrund der grausamen Inszenierung mehr hinter den Taten als nur Eifersucht stecken.
Die ungleichen Ermittler müssen eng zusammenarbeiten, um die Botschaft des Täters zu verstehen und die Taten aufzuklären.

"Der Jäger" ist nach "Der Mentor" der zweite Band der Reihe um die Sondereinheit des LKA München. Ein Vorwissen aus dem ersten Band ist allerdings nicht notwendig, um der Handlung folgen zu können, da die Fallaufklärung als solche und nicht die Eigenheiten der Ermittler im Vordergrund stehen.

Der Roman besteht aus kurzen Kapiteln, wird aus mehreren Perspektiven geschildert und handelt an nur wenigen Tagen. Die Spannung ist aufgrund der Dynamik stetig auf hohem Niveau. Auch die brutale Vorgehensweise des Täter trägt dazu bei. Seine Taten und die Opfer werden deutlich beschrieben, weshalb der Roman nichts für Zartbesaitete ist.
Einzelne Kapitel sind aus der Sicht des Täters verfasst, wobei die Identität unklar bleibt. Klar ist nur, dass der Täter skrupellos ist, äußert planvoll vorgeht und selbstbewusst, geradezu überheblich, agiert.

Wer der "Jäger" ist, bleibt aufgrund der wechselnden Tatverdächtigen und trotz der übersichtlichen Anzahl an Charakteren lange im Verborgenen. Die Ermittlungen sind so spannend wie die andauernde Bedrohung durch den Täter und die Befürchtung der Fortsetzung der Mordserie.

"Der Jäger" ist ein packender und temporeicher Psychothriller, in dem auch die Ermittlungsarbeit eines klassischen Kriminalromans nicht zu kurz kommt, wobei auf unnötige Details zum Privatleben der Ermittler verzichtet wird.

Bewertung vom 31.12.2024
Peck, Quentin

Minus 22 Grad / Johannsen Bd.1


ausgezeichnet

Die Studentin Laura Gehler ist begeisterte Trekking-Radlerin und wird im Dezember kurz vor ihrem Geburtstag von einem SUV von der Straße gedrängt und entführt. Sie ist kein Zufallsopfer. Der Täter hat die gezielt ausgewählt, um sie zu bestrafen. Laura wird in einen Käfig aus Plexiglas gesperrt und soll herausfinden, warum - andernfalls werde sie in fünfzehn Tagen sterben.
Als ihre Mutter eine Plastikpuppe mit einem nachgemachten Personalausweis ihrer Tochter erhält, wird deutlich, dass es sich nicht um einen einfachen Vermisstenfall handelt. Kriminalkommissar Lukas Johannsen geht davon, dass der Puppenmörder erneut zugeschlagen hat, ein Täter, den er selbst vor vier Jahren nicht fassen konnte. Der unaufgeklärte Mordfall an einer Studentin nagt bis heute an ihm. Zusätzlich erhält er Druck von der Mutter der entführten Laura, die als Kommunalpolitikerin ihren Einfluss geltend macht.

Der Kriminalfall ist komplex aus mehreren Handlungssträngen aufgebaut und aus verschiedenen Perspektiven geschildert: die entführte Laura, die um ihr Leben kämpft und das Rätsel ihrer Entführung lösen möchte, die Mutter, die ganz nah an den Ermittlungen dran ist, der schon einmal gescheiterte Kommissar, der sich zu verrennen scheint und eine am Waldrand allein lebende Frau, die die Menschen meidet, aber einen Fremden vor dem Ertrinken rettet, dessen Motivation für die Annäherung verdächtig erscheint.

Spannung weist nicht nur die dramatische Entführung als solche auf. Alle Charaktere geben Rätsel auf und scheinen ihre Geheimnisse zu hüten. Zudem ist undurchsichtig, wie alle Handlungsstränge zusammengehören.
Die eisige Kälte und der unaufhörliche Schneefall tragen zur Düsternis und der bedrohlichen Stimmung bei.

"Minus 22 Grad" ist der erste Band einer Buchreihe um den Kriminalkommissar Lukas Johannsen, der mit einem spannenden, gut durchdachten Kriminalfall und interessanten Figuren überzeugt. Die Motivation aus Rache, Wut, Verzweiflung und Vergeltung auf Seiten des Täters ist stimmig und dennoch lange nicht auf eine Person festzumachen, was die Spannung bis zum Schluss aufrecht erhält.
Obwohl die Buchreihe um einen Kriminalkommissar gestrickt ist, stehen in Band 1 nicht nur die Ermittlungen im Vordergrund. Es sind mehrere Handlungsstränge, die den Psychothriller rätselhaft und spannend in Szene setzen.

Bewertung vom 30.12.2024
Stehn, Malin

Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum


gut

Nina und Fredrik feiern wie jedes Jahr Silvester bei ihren Freunden Lollo und Max in größerer Runde. Richtige Freude will dabei aber nicht aufkommen, denn jedes Pärchen hat seine eigenen Probleme und letztlich hat man sich bis auf das Zurschaustellen des Erreichten nur wenig zu sagen.
Während die Erwachsenen die Stimmung mit ordentlich Alkohol anheizen, dürfen die beiden siebzehnjährigen Töchter im Haus von Nina und Fredrik ihre eigene Party feiern. Nina hatte von vornherein bedenken und am nächsten Tag wird bestätigt, dass die Party besser nicht hätte stattfinden sollen. Lollos und Max' Tochter Jennifer hat nicht wie vereinbart bei Smilla übernachtet und ist nicht zu erreichen.Während nach Jennifer gesucht wird, kriselt es weiter in beiden Familien.

"Happy New Year" wird abwechselnd aus den Ich-Perspektiven von Nina, Fredrik und Lollo erzählt. Die Kapitel sind kurz und handeln am Silvesterabend und den Tagen danach, wobei es auch einzelne Rückblenden in die Vergangenheit mit dem Fokus auf die junge Jennifer gibt.

Der Roman ist mit dem ungeklärten Verbleib Jennifers und den Reaktionen der Erwachsenen darauf spannend aufgebaut und mutet wie ein Thriller an. Die Stimmung ist der Jahreszeit entsprechend unterkühlt und düster. Die Charaktere sind verzweifelt und wütend, haben sich emotional von einander entfernt und versuchen beharrlich die Fassade von Freundschaft und Harmonie aufrechtzuerhalten.
Lollo wirft Max vor, dass ihm das Verschwinden von Jennifer gleichgültig ist, Nina befürchtet, dass ihr Mann sie betrügt und Fredrik leidet unter Schuldgefühlen und Panikattacken.

Auch wenn von Anbeginn deutlich wird, dass Jennifer und Fredrik etwas zu verbergen haben, ist das Ausmaß nicht bekannt und Fredrik als Schuldiger am Verschwinden so auffällig, dass man nicht daran glauben mag.
Im weiteren Verlauf erfährt man wenig über die Ermittlungen der Polizei, durch die Suche von Lollo kommen jedoch Details über Jennifer ans Licht, die eine Seite offenbaren, die nicht einmal ihre Eltern kannten.

Kein Charakter ist sympathisch, sondern reine Nervenbündel, mit denen man nicht befreundet sein möchte. Welche Dramen sich innerhalb der Familien abspielen und was in der Silvesternacht mit Jennifer passiert ist, ist grundsätzlich spannend zu entschlüsseln.
Die Auflösung, die dann eher unvermittelt und mangels Polizeisicht nur unzureichend erklärt wird, unbefriedigend. Jennifers Geheimnis ist letztlich so prägnant, dass ihre Eltern längst hätten argwöhnisch sein müssen und Frederiks Verhalten im Vergleich dazu viel zu sehr in den Mittelpunkt gerückt wurde.
"Happy End" ist ein Familiendrama mit Thrillerelementen, das zeigt, wie viel Aufmerksamkeit Kinder brauchen, wie Menschen sich entfremden, ohne es zu merken und wie zerbrechlich Familien und Freundschaften sind.