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B. S.

Bewertungen

Insgesamt 187 Bewertungen
Bewertung vom 15.11.2022
Jensen, Jens Henrik

EAST. Welt ohne Seele / Jan Jordi Kazanski Bd.1


gut

Agenten-Thriller ohne Thrill

"EAST. Welt ohne Seele" von Jens Henrik Jensen ist ein mittelmäßig gelungener Agenten-Thriller und der Auftakt um eine neue Reihe um den CIA-Agenten Jan Jordi Kazanski, dem eindeutig der Thrill und die Tiefe fehlen.

Klingt die Handlung zunächst noch vielversprechend und nach einem rasanten Katz-und-Maus-Spiel zwischen Agenten mit wechselnden Loyalitäten und einer berüchtigten Unterweltgröße mit dem ominösen Namen "das Weib" von Krakau quer durch Europa Ende der 90er-Jahre, werden die Erwartungen auf einen spannenden Agenten-Thriller nach Lesen der ersten Seiten schnell enttäuscht.

Oberflächliche und stereotypische Charaktere, unnötige Ortsbeschreibungen und ständige Perspektivenwechsel sorgen eher für Desinteresse und Verwirrung als für ein fesselndes Lesen. Wenn der Protagonist Kazanski mal nicht trinkt oder mit irgendjemanden schläft, entkommt er nur knapp einem Anschlag auf sein Leben oder findet mehr durch Zufall als durch wirklicher Ermittlungsarbeit Hinweise, um wen es sich bei dem "Weib" handeln könnte. Kein Wunder, dass die CIA ihn beurlaubt hat, Sympathien kann er jedenfalls nur schwer wecken. Besonders in der Beschreibung der weiblichen Charaktere und dem häufigen Gebrauch von vulgären Ausdrücken merkt man dem Thriller an, dass es sich hierbei um ein älteres Werk des Autors der OXEN-Reihe handelt, wirken diese doch ziemlich aus der Zeit gefallen.
Immerhin nimmt etwa ab Mitte des Handlungsverlaufes die Geschichte endlich an Fahrt auf und zeigt sein Potenzial eines actionreichen Thrillers. Was insgesamt leider etwas spät ist, um mich für Kazanski zu erwärmen und seiner weiteren Agententätigkeit in weiteren Bänden.

Mit interessanten Themen wie illegaler Autohandel, konkurrierenden Geheimdiensten und einem interessanten Setting in Krakau waren gute Voraussetzungen für einen fesselnden Agenten-Thriller gegeben, der leider in der Umsetzung mich nicht wirklich überzeugen konnte.

Bewertung vom 12.11.2022
Pink, Daniel H.

Die Kraft der Reue


sehr gut

Ein Buch, das man nicht bereut zu lesen

Wie der Titel des leicht verständlichen und anschaulich geschriebenen Sachbuchs "Die Kraft der Reue" von Daniel H. Pink andeutet, kann das oft als negativ betrachtete Gefühl des Bereuens für positive und erfüllende Ergebnisse im Leben genutzt werden, sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Bereich.
Der Autor untersucht tiefgehend eines der meist missverstandenen Gefühle, das Gefühl der Reue auf wissenschaftliche und systematische Art und Weise und gibt den Leser*innen Tipps an die Hand im Umgang mit Reue. Bevor er sein Buch abschließt, gibt Pink noch einige praktische Tipps, um die Last der Reue zu überwinden.

Auf 288 Seiten erklärt Pink, warum Reue oft missverstanden wird, wie man sie zu seinem Vorteil nutzen kann, in welche vier Kategorien Reue unterteilt werden kann und wie man mit dem Gefühl des Bedauerns produktiv umgehen kann. Denn auch wenn viele gerne behaupten, sie bereuen nichts, ist das nicht wirklich wahr. Des Weiteren geht er auf die Gefahr ein, wenn das Bereuen vorwegnimmt, so denken z. B. viele Menschen, dass sie es bereuen werden, wenn sie ihre erste Antwort in einem Test ändern, aber Untersuchungen zeigen, dass die meisten Änderungen von der falschen zur richtigen Antwort erfolgen. Insgesamt ist Pink der Meinung, dass Reue eine produktive Emotion ist und zu Veränderungen im Leben führen kann, die sich positiv auswirken.

Man merkt dem Buch an, dass der Autor aus Amerika kommt, so werden Beispiele genannt mit Bezug auf Amerika, die sich nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen lassen. Die Allgemeingültigkeit seiner Aussagen leidet darunter jedoch nicht.
Untermalt wird das wissenschaftliche Konzept durch viele Beispiele davon, was viele verschiedene Menschen in ihren Leben bereut haben. Pink konnte hierbei auf einen Fundus von mehr als 20.000 Erfahrungen zurückgreifen, die er und andere Wissenschaftler im Rahmen einer Studie zum Thema Reue gesammelt haben. Die vielen Beispiele lockern das Buch auf und man fühlte sich nicht so alleine, wenn man sieht, dass es viele Menschen gibt, die das gleiche in ihrem Leben bereuen wie man selbst.

Alles in allem ist "Die Kraft der Reue" ein aufschlussreiches und hilfreiches Buch über das Gefühl der Reue und wie man am besten damit umgeht, um es positiv für einen selber zu nutzen, denn wie man auf Reue reagiert, ist der Schlüssel zum eigenen Wohlbefinden. Ignorieren ist gleichbedeutend mit Täuschung und die Fixierung auf das Gefühl des Bedauerns führt zu Verzweiflung. Hingegen das Nachdenken darüber führt zu umsetzbaren Maßnahmen, die künftige Entscheidungen verbessern oder eine Lösung für abgeschlossene Ereignisse bieten können.

Bewertung vom 31.10.2022
Skretting, Gudrun

Vilma zählt die Liebe rückwärts


sehr gut

Kurzweiliger Roman voller Herz und Humor

In "Vilma zählt die Liebe rückwärts" von Gudrun Skretting begegnet man der 35-jährigen unnahbaren und auf den ersten Blick etwas seltsam wirkenden Vilma, einer Musiklehrerin. Vilma, die Angst vor radioaktiven Bananen hat, wird plötzlich mit drei Männern in ihrem Leben konfrontiert:
-Ihr unbekannter und toter Vater hat ihr Briefe hinterlassen, in denen er ihr von seinem Leben und wie er Vilmas Mutter kennengelernt hat, erzählt.
-Ein Sektionsassistent namens Robert mit Tourettesyndrom sowie
-ein Pfarrer mit warmen Händen.

Klingt abgedreht? Ein bisschen ist die Geschichte es auch, aber auf eine liebenswürdige Art und Weise und besonders wenn man die Wahrheit über Vilmas Vater, ihrer Mutter und ihrer Geburt aus den Briefen des Vaters erfährt sowie über die kleine Vilma, der die Liebe fehlte, zeigt der Roman auch eine Tiefe, die man so aufgrund des Humors so vielleicht anfangs nicht erwartet hätte. Im Verlauf der Handlung lernt Vilma folglich die Wahrheit über sich selbst und sich so zu akzeptieren, wie sie ist und man als Leser*in folgt ihr gerne dabei und schließt Vilma so immer mehr ins Herz.
Flüssig und angenehm geschrieben liest der Roman sich leicht und lässt auch ein paar schwächere kleinere Abschnitte vergessen machen. Es ist kein Buch, das das Rad in Bezug auf die Veränderung bzw. die Selbstfindung der Protagonistin durch ein unerwartet eintretendes Lebensereignis sich ändert, neu erfindet, aber eines, wenn man sich darauf einlässt, durchaus positiv überraschen kann.

Insgesamt ist "Vilma zählt die Liebe rückwärts" ein humorvoller Roman, der trotz des heiteren Grundtons auch ernste Momente aufweist sowie mit liebenswerten und originellen Charakteren aufwartet. Locker und eingängig geschrieben sorgt die Geschichte rund um die Protagonistin Vilma für heitere und kurzweilige Lesestunden und eignet sich somit perfekt für die gute Unterhaltung für zwischendurch.

Bewertung vom 31.10.2022
Sten, Viveca

Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1


sehr gut

Spannende Mordermittlungen im hohen Norden Schwedens

"Kalt und still" von Viveca Sten ist ein spannender und atmosphärischer Krimi aus dem hohen Norden und der Auftakt einer neuen Krimireihe um die Ermittlerin Hanna, der Lust auf die Folgebände macht.

Die 34-jährige Hanna Ahlander ist an einem persönlichen und beruflichen Tiefpunkt angelangt, als sie nach Are in das Ferienhaus ihrer Schwester flieht. Verlassen und betrogen von ihrem Freund und dazu gedrängt, den Dienst bei der Stockholmer Polizei zu quittieren, braucht sie Zeit für sich. Doch dann wird sie auf eine Vermisstenmeldung einer Jugendlichen aus der Gegend aufmerksam. Sie beginnt sich bei der Suche um die verschwundene Amanda bei Minus 20 Grad zu beteiligen und später als eine Leiche auftaucht auch bei den Mordermittlungen und die bringen so einiges Dunkles an Licht...

Gleich von Beginn an schafft es die Autorin mit ihrem bildhaften und flüssig zu lesenden Schreibstil in den Bann zu ziehen. Hinzu kommt das tolle Setting. Handlungsort ist nicht wie so oft, Stockholm, sondern der Ort Are in der Provinz Jämtland im hohen und kalten Norden Schwedens. Dementsprechend atmosphärisch wird alles beschrieben, sodass man förmlich die Kälte spürt.
Doch nicht nur das Drumherum, auch die Charaktere können überzeugen. Durch wechselnde Perspektiven bekommt man einen guten Eindruck und Einblick in die Gedanken und Gefühle einiger wichtiger handelnder Personen, darunter vor allem Hanna und Daniel und man kommt ihnen so näher.
Ebenso kann die Krimihandlung an sich überzeugen, von Anfang an wird Spannung aufgebaut und die Auflösung des Falls folgt einen logischen und glaubwürdigen Verlauf.

Alles in allem ist "Kalt und still" von Viveca Sten ein solider Krimi mit einer neuen, selbstbewussten und sympathischen Ermittlerin und einen Fall, der es in sich hat. Authentisch und glaubwürdig gezeichnete Charakter runden diesen spannend geschriebenen und gut durchdachten Krimi ab. Kurze Kapitel und wechselnde Perspektiven sorgen für ein fesselndes Krimierlebnis, das sich perfekt für die kalten Tage eignet.

Bewertung vom 30.10.2022
Bücker, Teresa

Alle_Zeit


sehr gut

Zeit neu gedacht

"Alle_Zeit" von Teresa Bücker ist ein Sachbuch, bei dem es sich lohnt, sich Zeit für das Lesen zu nehmen.
Wie der Titel schon andeutet, geht es in dem erhellenden Buch über Zeit bzw. über das Fehlen von Zeit und die Folgen der Zeitarmut für den Einzelnen und die Gesellschaft im Ganzen.

Das Gefühl von Zeitdruck ist den meisten sehr vertraut, wer hat denn schon Zeit, über die man selbstbestimmt verfügen kann und die nicht auf irgendeine Art und Weise fremdbestimmt wird. So ist auch die Zeit, die allgemein als Freizeit angesehen wird, zwar frei von Erwerbsarbeit, aber nicht immer frei von Pflichten und wird nicht selten so organisiert wie die Zeit, die man zum Arbeiten verbringt. Spontan sein oder wirklich das tun, was man machen will, frei von irgendwelchen Zwängen ist selten.
Deswegen fordert die Journalistin Teresa Bücker nichts anderes als eine komplett neue Zeitkultur, um so Geschlechter- und Generationengerechtigkeit für ein besseres Leben für alle zu erreichen. Nämlich auch die Möglichkeit, die jeder Einzelne hat, auf Zeit zuzugreifen, ist auch eine Machtfrage. Zeit und Zeit für sich zu haben, sollte jedoch kein Privileg von einig wenigen sein, sondern allen zustehen.

Auf über 300 Seiten schafft es die Autorin den Leser*innen ihre Vorstellung einer neuen Zeitkultur auf leicht verständliche und kurzweilige Art näher zubringen. Unterteilt in 6 Kapitel mit mehreren Unterkapiteln, gibt sie einen fundierten und gut strukturierten Überblick über den Begriff Zeit und bringt die Leser*innen zum Nachdenken. Auch wenn manches den ein oder anderen schon vertraut vorkommt, kann die Lektüre mit einigen neuen Ideen aufwarten.

Ein toller Überblick über verschiedene Facetten von Zeit und was sich in unseren heutigen Gesellschaft in Bezug auf das Verständnis von Zeit ändern muss. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 30.10.2022
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


sehr gut

Interessanter Einblick in das Leben einer Bergarbeiterfamilie

3.5 von 5 Sternen

Mein Interesse an "Die Sehnsucht nach Licht" von Kati Naumann hat das Thema Bergbau geweckt, da ich bis jetzt noch kein Buch darüber gelesen habe und meine
Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

In dem Roman historischen Roman folgt man der Familie Steiner aus dem Schlematal im Erzgebirge, deren Familiengeschichte eng mit dem Bergbau im Schlematal verknüpft ist.

Anhand von zwei Zeitsträngen, einem in der Gegenwart rund um Luisa, die als Führerin in einem Besucherbergwerk arbeitet, und einem anderen in der Vergangenheit, der sich von 1908 bis zur Wendezeit erstreckt, wird man Zeuge der Tragödien und freudigen Momente der Familie Steiner und der historischen Entwicklung des Bergbaus in dieser Zeitspanne. Geschickt werden beide Erzählstränge miteinander verknüpft, wobei das Mysterium rund um das Schicksal des Großonkels Rudolf für mich den Spannungsbogen hochgehalten hat.

Der Schreibstil der Autorin ist detailliert und atmosphärisch, wodurch es einem beim Lesen einfach gelingt, in die faszinierende Geschichte über den Bergbau im erzgebirgischen Schlematal und der fiktiven Geschichte über die Familie mit all ihren Tiefen und Höhen einzutauchen. Neumann schafft es hierbei, authentische Charaktere zu zeichnen und den Zeitgeist sowie den Alltag und die Traditionen einer vom Bergbau geprägten Familie und Region einzufangen.
Doch so spannend es beim Lesen auch war, mehr über das Leben einer Bergarbeiterfamilie, den Uranbergbau und die Auswirkungen der jeweiligen politischen Situation zu erfahren, lässt die Spannung besonders im Mittelteil des Buches nach. Auch der Schreibstil, der oft mehr Erzählen als Zeigen ist, war dem Lesegenuss stellenweise abträglich.

Trotz mancher Schwächen ist "Die Sehnsucht nach Licht" von Kati Naumann insgesamt ein teils fesselnder und sehr informativer historischer Roman über den Bergbau im Erzgebirge und allein deswegen lesenswert.

Bewertung vom 18.10.2022
Winter, Solomonica de

Das Gesetz der Natur


sehr gut

Düstere Dystopie - poetisch, aber emotionslos erzählt

3,5 von 5 Sternen

In Neuamerika leben die Menschen nach dem Gesetz der Natur in einer apokalyptisch anmutenden Welt, die den Anfängen des menschlichen Zusammenlebens gleicht. Nach einer nicht näher beschriebenen Atomkatastrophe wurde fast die ganze Weltbevölkerung ausgelöscht und die Welt war lange Zeit so stark verseucht, dass viele Mutanten auf die Welt kamen. Eine solche Mutantin ist die Hauptprotagonistin Gaia Marino. Versteckt in den Wäldern lebt sie zu Beginn des Buches das Leben einer Aussätzigen mit zwei Männern zusammen. Was Gaia besonders macht, ist, dass sie Lesen kann, denn in den neu entstandenen Gesellschaften nach der Katastrophe ist das Lesen nur wenigen Auserwählten gestattet. Als sie in Gefangenschaft gerät, rettet genau diese Fähigkeit ihr das Leben. Sie verspricht, sich auf die Suche nach den letzten Büchern zu machen.

Die Stimmung des Romans ist passend für eine Dystopie, düster und teils melancholisch gehalten. Erzählt wird die Geschichte um Gaia in einem lyrischen und teils predigt- bzw. bibelähnlichen Schreibstil, der nicht immer leicht zu lesen ist und durch seine fehlende persönliche Note verhindert, dass eine emotionale Nähe zu der Hauptprotagonistin sowie den anderen Charakteren aufgebaut wird. Besonders im Mittelteil des Buches leidet darunter der Spannungsbogen erheblich. Zum Ende hin nimmt der Roman dann wieder an Fahrt auf, endet jedoch ziemlich abrupt und lässt viele Fragen offen die (hoffentlich) in den nächsten Bänden geklärt werden.

"Das Gesetz der Natur" von Solomonica de Winter kann mit einem interessanten Setting und einer tollen Idee aufwarten, jedoch konnte die Umsetzung mich nicht komplett begeistern. Besonders der Mittelteil hatte ein paar Längen und sprachlich stand der Roman sich manchmal selbst im Weg, was das Eintauchen in die Geschichte erschwerte. Für Liebhaber von düsteren und anspruchsvolleren Dystopien jedoch empfehlenswert.

Bewertung vom 29.09.2022
Schulman, Alex

Verbrenn all meine Briefe


ausgezeichnet

Eine tragische Liebesgeschichte und ihre Folgen - fesselnd erzählt

Alex macht mit seinen unvorhersehbaren Wutausbrüchen seiner Frau und seinen Kindern Angst. Um etwas gegen seine Wutanfälle zu unternehmen, begibt er sich auf der Suche nach dem Grund für diese. Fündig wird in der eigenen Familiengeschichte, in der sich Abgründe auftun. Auslöser des Unglücks, dessen Nachwirkungen noch Generationen später spürbar sein wird, ist die Geschichte seiner Großeltern Sven und Karin Stolpe, er ein bekannter Schriftsteller und sie eine Übersetzerin. Erzählt auf drei Zeitebenen, die geschickt miteinander verknüpft sind, versucht der Autor in der Gegenwart mittels alter Briefe und Dokumente sowie eigener Kindheitserinnerungen von den Großeltern zu rekonstruieren, was damals im Jahr 1932 passiert ist. Im Jahre 1932 verbringen Sven und Karin den Sommer in der Sigtuna-Stiftung, wo sich Karin in den jungen Schriftsteller Olof Lagercrantz verliebt. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung zwischen den beiden, Zeugnis davon leisten Olofs Briefe an Karin sowie später verfasster Gedichte und Texte voller Sehnsuchtsempfinden. Schon bald fasst Karin den Entschluss, sich von ihr tyrannischen Mann Sven zu trennen, doch dieser fühlt sich von seiner Frau verraten und zwingt sie dazu, bei ihm zu bleiben. Und so nimmt das Unglück seinen Lauf.

Auf knapp 300 Seiten schafft es der Alex Schulmann mit „Verbrenn all meine Briefe“ einen bewegenden Roman über eine tragischen Familiengeschichte mit autobiografischen und fiktionalen Inhalten vorzulegen, der noch nach Beenden des Buches nachwirkt. Intensiv und leicht poetisch beschreibt er die Liebesgeschichte zwischen Karin und Olof in den 30er-Jahren und bringt die beiden und ihre Gefühle berührend wieder. Man fühlt und leidet mit ihnen, so greifbar zeichnet er sie.
Aber nicht nur die Handlung in der Vergangenheit nimmt einen in seinen Bann, auch die anderen beiden Stränge schaffen dies. Gebannt folgt man dem Autor dabei, wie er bei seinen Recherchen in der Gegenwart verbunden mit Rückblicken in seine Kindheit mit den Großeltern nach und nach dem dunklen Geheimnis in seiner Familie auf die Spur kommt und wie er es schafft, sich von dem Erbe der Wut zu lösen

Fesselnd und gefühlvoll erzählt kann man nicht aufhören, über eine tragische Liebesgeschichte zu lesen, deren Folgen über Generationen nachwirkt. Eine ergreifende und eindringliche Spurensuche.
Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 13.09.2022
Reid, Taylor Jenkins

Carrie Soto is Back


sehr gut

Spannend wie ein gutes Tennisspiel

"Carrie Soto is Back" ist ein kurzweiliger, fesselnder und emotionaler Roman über Tennis, Familie, Liebe und den Preis des Ruhms.

Die Handlung beginnt im Jahr 1994, als die ehemalige Weltklasse Tennisspielerin Carrie Soto miterlebt, wie ihr Rekord von 20 Grand-Slam-Titeln gebrochen wird. Aufgewachsen bei ihrem alleinerziehenden Vater Javier, hat sie ihr ganzes Leben dem Tennis verschrieben. Es ist das, was sie ist, und der Gedanke, dass sie nicht die Beste sein könnte, ist undenkbar für Carrie. Im Alter von 37 Jahren verlässt sie nun den Ruhestand und begibt sich auf eine beschwerliche Reise zurück auf den Tennisplatz, um zu beweisen, dass sie die beste Tennisspielerin der Welt ist. In ihrem Alter ist das jedoch nicht einfach. Ist es überhaupt machbar?

Carrie ist keine sympathische Sportpersönlichkeit, sie spielt nicht für die Fans, sie sagt ihre Meinung und sie ist eine schlechte Verliererin. Doch Reid schafft es, dass Carrie einen ans Herz wächst und dass man mit ihr leidet und mitfiebert. Der Roman ist in gewisser Weise eine Charakterstudie. Der Leser erlebt, wie sich Carrie in einen Star verwandelt, aber auch ihren Ruhm verliert. Ganz langsam bröckelt ihre harte Schale, und es wird deutlich, dass Carrie viel verletzlicher ist, als es scheint. Besonders deutlich wird dies in ihrer engen Verbindung zu ihrem Vater und Trainer Javier. Das gemeinsame Vater-Tochter-Verhältnis ist geprägt von viel Liebe und Wertschätzung füreinander und sorgt für bewegende emotionale Handlungsmomente.

Selbst kein Tennisfan, konnte dieses Buch mir trotzdem die Kunstfertigkeit, die Intelligenz und die unglaubliche Athletik näher bringen, die es braucht, um Weltklasse-Tennisspieler*in zu sein. Ebenso wurde die grundlegenden Regeln klug erklärt und beim Beschreiben der Tennismatches hat man das Gefühl, man wäre live vor Ort.
Neben Tennis als Sport geht es auch darum, was es heißt, eine Frau im Sport zu sein und dem Sexismus, der Doppelmoral, dem Fokus auf die Sympathie (oder in Carries Fall, das Fehlen davon) und den Trivialisierungen der Leistungen weiblicher Tennisspielerinnen gegenüber den von männlichen Tennisspielern ausgesetzt zu sein.

Der Roman kommt am Anfang etwas langsam voran und behandelt eine Menge Tennis, aber er gewinnt an Tempo, wenn Carries Karriere Fahrt aufnimmt. Spannend geschrieben ist "Carrie Soto is Back" nicht nur für Tennisfans lesenswert.

Bewertung vom 12.09.2022
Jean, Emiko

Prinzessin auf Probe / Tokyo ever after Bd.1


sehr gut

Prinzessinnen haben es auch nicht leicht

"Plötzlich Prinzessin" nur auf Japanisch, genau das ist "Tokyo ever after". Ein spritzig geschriebenes Wohlfühlbuch, das besonders durch seine sympathische Protagonistin Izumi und die tollen Beschreibungen von der japanischen Kultur und Japan als Land an sich besticht.

Izumi (Izzy), ein japanisch-amerikanisches Mädchen im Teenageralter, findet heraus, dass ihr Vater, den sie nie kennengelernt hat, aus der japanischen kaiserlichen Familie stammt, und er ist niemand geringeres als der Kronprinz von Japan höchstpersönlich. Ehe sie sich versieht, ist sie auf dem Weg nach Japan, um dort ihren Vater kennenzulernen und als Kronprinzessin dem japanischen Volk vorgestellt zu werden. Dort angekommen prallen für Izumi zwei verschiedenen Welten aufeinander. Wären die Intrigen am kaiserlichen Hof und ihre Schwierigkeiten ihrer neuen Rolle als Kronprinzessin gerecht zu werden, nicht genug für Izumi, ist da noch Akio, ihr Bodyguard, der ihr Herz schneller schlagen lässt...

Neben dem locker leichten Schreibstil und der tollen Charakterzeichnung von Izumi als zwar manchmal etwas naive, aber insgesamt sehr liebenswerte jungen Frau, Tochter, Freundin und Kronprinzessin gefiel mir auch, wie das Thema Familie behandelt wurde. Ich mochte Izumis feministische Mutter und ihren schüchternen und zögerlichen Vater, der wirklich versucht, sein Bestes zu geben. Ebenso schafft es die Autorin gut, Izumis Gefühle zu beschreiben, wenn sie sich nicht genug amerikanisch in ihrer Heimatstadt in den USA und nicht japanisch genug in Japan fühlt. Der Roman ist also nicht nur reine Unterhaltung, sondern hat auch Tiefe.

Auch wenn es teilweise Handlungslöcher gibt, nicht alle Charaktere vollständig ausgebildet sind und die Liebesbeziehung sich zwischen Izumi und ihrem Bodyguard ziemlich schnell entwickelt, ist "Tokyo ever after" ein unterhaltsames, kurzweiliges und berührendes YA-Buch über erste Liebe, Japan, Erwachsen werden und zu sich selbst finden, das Jung und Alt begeistern kann.
Nicht nur Fans von "Plötzlich Prinzessin" werden Gefallen am Buch finden.