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Bewertungen

Insgesamt 206 Bewertungen
Bewertung vom 30.07.2021
Angstrichter / Grall und Wyler Bd.4
Schütz, Lars

Angstrichter / Grall und Wyler Bd.4


ausgezeichnet

Ein äußerst spannender Thriller

Inhalt: Nürnberg. Verteilt an den vier Toren der Stadt hängen Körperteile einer Leiche. Fast zeitgleich findet sich im Internet ein Video, das eine gefesselte Person zeigt, die – nach mittelalterlicher Manier – gevierteilt wird: Ein selbsternannter Richter treibt sein Unwesen. Ein neuer Fall für die Profiler Jan Grall und Rabea Wyler, die sich erneut an die Abgründe der menschlichen Psyche vortasten.

Persönliche Meinung: „Angstrichter“ ist ein Thriller von Lars Schütz und der vierte Band um die Profiler Jan Grall und Rabea Wyler. Der Thriller wird hauptsächlich im Wechsel aus den Perspektiven von Jan und Rabea erzählt. Zusätzlich dazu werden auch mehrmals die Perspektiven von weiteren Figuren eingenommen, wodurch Tempo und Spannung des Thrillers zunehmen. Wie schon den vorherigen Grall-und-Wyler-Thrillern liegt auch „Angstrichter“ eine interessante und originelle Idee zugrunde. Ohne zu viel verraten zu wollen: Der Täter imitiert eine Art von Rechtsprechung, die im Mittelalter begründet zu sein scheint. Dementsprechend finden sich auch einige interessante Informationen zur mittelalterlichen Rechtsprechung im Thriller. Die Handlung von „Angstrichter“ ist durchweg spannend und rasant: Die Taktung der Morde ist hoch; Jan und Rabea gehen verschiedenen Spuren nach, landen aber teilweise in Sackgassen – nicht selten bringen sie sich dabei selbst in Gefahr. Der Fall ist durch die unterschiedlichen Perspektivierungen schön verworren und rätselhaft, sodass man nicht direkt weiß, welche Mosaikstücke wie und warum zusammenhängen. Auch die Identität der Täterfigur und deren Motiv bleiben bis zur schlüssigen Auflösung trüb. Das Ende ist dadurch – in mehrfacher Hinsicht – überraschend. Schön fand ich auch, dass neue Figuren, die sich als wichtig für Jan und Rabea entpuppen, im vierten Band eingebaut worden sind und so zusätzlich frischen Wind in die Handlung bringen (welche Figuren das sind möchte ich aus Spoilergründen nicht sagen :D). Wie schon die Vorgängerbände lässt sich auch „Angstrichter“ durch den anschaulichen und deutlichen Erzählstil von Lars Schütz ausgesprochen flüssig lesen. Da der Fall in sich abgeschlossen ist, kann man ihn auch lesen, ohne die Vorgängerbände zu kennen. Für ein tieferes Verständnis der Figuren (Jan und Rabea entwickeln sich über die einzelnen Bände hinweg), ist es aber sinnvoll, zunächst die Vorgängerbände zu lesen. Insgesamt ist „Angstrichter“ ein sehr spannender, schön geschriebener Thriller mit einem interessanten Modus Operandi des Täters.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.07.2021
Die Götter müssen sterben
Bendzko, Nora

Die Götter müssen sterben


sehr gut

Inhalt: Der Kampf um Troja beginnt. Auch das Volk der Amazonen zieht auf Geheiß und mit dem Segen der Göttin Artemis in den Kampf. Doch bereits zu Beginn kommt es innerhalb der Amazonen zu Disputen. Artemis‘ Segen fiel nicht auf eine große Kriegerin, sondern auf Areto, eine Schreiberin und ehemalige Athenerin, die vor einigen Jahren bei den Amazonen Unterschlupf gefunden hat. Nicht jede ist zufrieden mit dieser Wahl. Aus Amazonensicht ist sie schwach. Kann Areto dem Anspruch, der mit der Segnung einhergeht, gerecht werden?

Persönliche Meinung: „Die Götter müssen sterben“ ist ein Dark Fantasy-Roman von Nora Bendzko. Erzählt wird er wechselweise aus den Perspektiven von Areto, einer Athenerin, die bei den Amazonen lebt, Clete, einer Amazonenkriegerin, und Penthesilea, einer Königin der Amazonen. Es ist also eine spannende Mischung unterschiedlichster Perspektiven. Besonders interessant war für mich die Perspektive Aretos. Sie ist keine Amazone, das Kämpfen ist ihr fremd, sodass sie einen anderen Blick auf das Leben der Amazonen hat. Zugespitzt wird die Lage dadurch, dass ausgerechnet sie, die Nicht-Kriegerin, von der Göttin Artemis gesegnet wird. Der Einstieg in das Buch fiel mir etwas schwer. Das lag einerseits daran, dass man mit vielen Figuren konfrontiert wird und man sich zunächst in der Figurenkonstellation orientieren muss. Andererseits fehlte mir zu Beginn auch etwas der rote Faden und die Handlung stand eher still, wodurch Spannung verloren ging. Zuletzt muss man sich auch erst an den Erzählstil gewöhnen. Er ist stellenweise in Wortwahl und Satzbau pathetisch, was sehr gut zu den antiken Vorbildern passt, aber gleichzeitig etwas ungewohnt ist, sodass man sich zunächst „hineinlesen“ muss. Mit der Zeit legen sich aber diese Anfangsschwierigkeiten, man findet immer besser in die Handlung hinein und wer sich nicht abschrecken lässt, wird belohnt. Die Handlung nimmt an Tempo und Spannung zu, denn auf ihrer Reise nach Troja müssen die Amazonen einige Gefahren überwinden. Viele dieser Episoden, wie diejenigen, die im Hades spielen, die Konfrontation mit Dionysos‘ Hof des Gelächters, der wahnsinnig lachend durch das Land der Skythen marodiert, oder die Szenen, die Penthesileas Vergangenheit beleuchten, sind unheimlich stark – sowohl atmosphärisch als auch sprachlich. Teilweise sind sie auch brutal, allerdings nicht so sehr, dass es abschrecken würde. Beeindruckt haben mich auch die vielfältigen Figuren, die im Roman in Erscheinung treten. Die Figuren sind durchweg divers, wodurch sich „Die Götter müssen sterben“ vom Mainstream der Fantasy-Literatur abhebt. Es treten in „Die Götter müssen sterben“ sowohl homosexuelle, asexuelle als auch bisexuelle Figuren auf. Auch eine non-binäre Figur spielt eine größere Rolle, wobei mir hierbei sehr gut gefallen hat, wie diese Figur pronominal angesprochen wird. Außerdem finden sich Figuren, die mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben. Jeder Figur wird innerhalb der Handlung mit Empathie, Offenheit und Sensitivität begegnet. Insgesamt ist „Die Götter müssen sterben“ ein Fantasyroman, durch den man sich zu Beginn etwas „kämpfen“ muss. Wer weiterliest, wird allerdings belohnt: mit beeindruckenden, queeren Figuren und vielen starken Szenen.

Bewertung vom 28.07.2021
Dinosaurier / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.1
Kessel, Carola von

Dinosaurier / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.1


ausgezeichnet

Ein toller Wissensschatz

„Dinosaurier“ ist ein Kindersachbuch aus der Ravensburger-Reihe „Wieso? Weshalb? Warum?“ und richtet sich an Erstleser. Es beschäftigt sich mit vielen Fragen rund um das Thema „Dino“. Wann und wo haben die Dinos gelebt? Warum gibt es heutzutage keine mehr? Wie sah ihr Leben aus? Welche besonderen Dinosaurier gibt es? Und woher wissen wir überhaupt so viel über Dinosaurier, obwohl niemand je einen lebenden Saurier gesehen hat? Man erkennt schon: Das „Dinosaurier“-Buch ist ein toller Informationsschatz. Die Fragen werden dabei in kurzen, prägnanten Sätzen kindgerecht beantwortet und sind fachlich fundiert. Aufgelockert wird der Text durch zahlreiche, farbige Abbildungen, die das Aussehen der unterschiedlichen Saurier veranschaulichen. Sehr schön ist auch, dass immer mal wieder Leserätsel eingebaut werden (Buchstabenschlange, Kreuzworträtsel, Bilderzuordnungen, Aufkleben von Stickern usw.). So werden die Kinder aktiv in den Leseprozess eingebunden und stärker motiviert, gründlich zu lesen. Insgesamt ist „Dinosaurier“ ein sehr schönes, informatives Kindersachbuch, das sich toll an der Zielgruppe orientiert.

Bewertung vom 27.07.2021
Sie schlüpfen auch in deiner Stadt / Bloom Bd.2
Oppel, Kenneth

Sie schlüpfen auch in deiner Stadt / Bloom Bd.2


ausgezeichnet

Eine spannende und gelungene Fortsetzung

Achtung: „Bloom – Sie schlüpfen auch in deiner Stadt“ ist der zweite Band der „Bloom“-Trilogie. Die Rezension beinhaltet deswegen Spoiler zum ersten Band „Bloom – Die Apokalypse beginnt in deinem Garten“.

Inhalt: Mithilfe von Anaya, Petra und Seth sind die außerirdischen Pflanzen, die die Welt bevölkern, unter Kontrolle. Die Gefahr ist gebannt – so scheint es. Doch gerade, als sich die Lage etwas entspannt, fällt ein neuer Regen auf die Erde, gefüllt mit extraterrestrischen Eiern, aus denen gefährliche Insekten schlüpfen. Wer es da genau auf die Erde abgesehen hat, ist immer noch unklar – bis ein außerirdisches Wesen plötzlich Kontakt zu Anaya aufnimmt.

Persönliche Meinung: „Bloom – Sie schlüpfen auch in deiner Stadt“ ist eine Sci-Fi-Jugendthriller von Kenneth Oppel. Der zweite Band schließt direkt an die Handlung des ersten Bandes an. Erzählt wird er wechselweise aus den Perspektiven von Anaya, Petra und Seth. Stärker noch als im ersten Band wird auf die Gefühle der drei Protagonisten eingegangen, was authentisch und anschaulich beschrieben wird und die Figuren nahbarer macht. Die drei haben gerade erst erfahren, dass sie kryptogene DNA in sich tragen; nun werden sie aus ihrem gewohnten Umfeld entrissen und ihre Körper und Fähigkeiten verändern sich weiter, sodass sie verunsichert und verwirrt in die Zukunft blicken. Sind sie noch Menschen – oder doch schon Kryptogene? Was wollen sie überhaupt sein? Zusätzlich dazu ist ihnen (und damit den Leser*innen) lange Zeit unklar, welchen Personen sie vertrauen können und welchen nicht, sodass ein spannender und überraschender Handlungsbogen entsteht, der von Misstrauen geprägt ist. Diese inneren Konflikte, die Anaya, Petra und Seth mit sich ausfechten, sind stark und glaubwürdig beschrieben. „Bloom – Sie schlüpfen auch in deiner Stadt“ entwickelt darüber hinaus noch weitere Handlungsstränge weiter, die bereits in Band 1 aufgeworfen worden sind. So lernen wir etwas mehr über das Leben der Kryptogenen kennen, die die Welt kolonisieren wollen und einzelne Konflikte spitzen sich zu. Außerdem folgt der ersten Kolonisationswelle (die außerirdischen Pflanzen) nun eine zweite (die außerirdischen Tiere), wobei es sich bei den Tieren, die nun die Erde bevölkern, um alptraumhafte Wesen handelt, die detailliert beschrieben werden. Zuletzt wird auch die Welt, in der „Bloom“ spielt, durch den Pflanzen- und Tierbefall immer dystopischer und feindseliger. Der Erzählstil ist anschaulich und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Bloom – Sie schlüpfen auch in deiner Stadt“ eine gelungene, spannende Fortsetzung, die die im ersten Band aufgeworfenen Handlungsstränge konsequent weiterentwickelt und gekonnt innovative Sci-Fi-Elemente mit einer Thrillerhandlung verwebt.

Bewertung vom 19.07.2021
Zwölf Sünden
Nähle, Kirsten

Zwölf Sünden


ausgezeichnet

Inhalt: Würzburg. Ein Familienvater springt während des Stadtlaufs „Würzburg läuft“ von der Alten Mainbrücke. Auf den ersten Blick deutet alles auf einen Selbstmord hin, doch mit der Zeit kommen Oberkommissarin Victoria Stahl und ihrem Partner Daniel Freund Zweifel. Kurze Zeit später ereignet sich ein neuer Todesfall: Ein Pharmavertreter wird vergiftet aufgefunden – in der Nähe der Alten Mainbrücke. Gleichzeitig bekommt Susanne Riehl, Journalistin und Freundin von Daniel, seltsame Nachrichten einer Gruppe, die sich selbst „Die Wächter“ nennt. Haben Victoria und Daniel es mit Serienmördern zu tun?

Persönliche Meinung: „Zwölf Sünden“ ist der Auftakt einer neuen Krimi-Reihe von Kirsten Nähle. Erzählt wird der Roman wechselweise aus den Perspektiven von Victoria, Daniel und Susanne. Zwischendurch werden immer wieder kürzere Szenen eingestreut, die aus der Sichtweise der „Wächter“ geschrieben sind und deren Vergangenheit erzählen. Was mir in Bezug auf Victoria, Daniel und Susanne besonders gefallen hat, ist, dass sie nahbar sind: Neben ihrer Arbeit werden sie auch von privaten Problemen und Alltagssorgen eingenommen wie bspw. die Alzheimererkrankung der Mutter oder das Eingewöhnen in eine neue Arbeitsstelle. Dadurch besitzen die drei Figuren eine schöne Tiefe und Dreidimensionalität, was sie authentischer, menschlicher und letztlich auch sympathisch macht. Darüber hinaus trumpft „Zwölf Sünden“ mit einer durchweg spannenden Handlung und einem durchdacht konstruierten Fall auf, der zudem ein überraschendes Ende besitzt. Durch die häufigen Perspektivwechsel und die kurzen Kapitel ist das Erzähltempo vergleichsweise hoch, sodass im Roman keine Passagen zu finden sind, in denen die Luft raus ist. Außerdem ist Würzburg, der Handlungsort des Krimis, nicht nur bloße Kulisse, vor der die Figuren agieren, sondern entscheidend für die Fallkonstruktion: Aus einem bestimmten Grund, der im Handlungsverlauf offenbart wird, ist ein Würzburger Bauwerk immens wichtig für die Taten der „Wächter“. Mir hat daran besonders gefallen, wie durchdacht und eng dieses Bauwerk in die Handlung eingeflochten ist (mehr kann ich ohne Spoiler nicht verraten). Daneben wird die Stadt am Main lebendig beschrieben, sodass man dem Roman auch ohne Ortskenntnis sehr gut folgen kann. Der Schreibstil von Kirsten Nähle lässt sich sehr angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Zwölf Sünden“ ein spannender Kriminalroman mit schön ausgestalteten, sympathischen Figuren, der auch Leser*innen fesseln wird, die noch nie in Würzburg waren.

Bewertung vom 14.07.2021
Die Farbe der See
Bank, Jan von der

Die Farbe der See


sehr gut

Inhalt: Kiel 1939. Unverhofft darf der 19-jährige Segelmacher Ole Storm an der Starboot-WM teilnehmen. Sein Steuermann, Konteradmiral Paul von Wellersdorf, gilt als einer der besten Segler, doch es ist Oles besondere Fähigkeit, die den beiden Siege einfährt: Anhand des Farbwechsels des Meeres erkennt Ole Strömungs- und Tiefenunterschiede, die man sich beim Segeln zunutze machen kann. Einige Monate später treffen sich der Konteradmiral und Ole unter anderen Vorzeichen wieder. Der Krieg hat begonnen. Wieder segelt Ole unverhofft unter dem Konteradmiral – diesmal auf der „Skagerrak“, eine Segelyacht, die eigentlich zur Ausbildung der Offiziersanwärter dient. Doch von Wellersdorf hat ganz eigene Pläne mit der Yacht, wofür er Oles besondere Fähigkeit braucht…

Persönliche Meinung: „Die Farbe der See“ ist ein Roman von Jan von der Bank, der zeitlich vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges spielt. Erzählt wird die Handlung von einem personalen Erzähler aus der Perspektive Oles. Eine Besonderheit des Romans ist sein maritimes Setting: Die Handlungsorte sind hauptsächlich das Kattegat, das Meeresgebiet zwischen Schweden und Jütland, und die Meerengen der schwedischen Küste. Die Protagonisten durchsegeln diese Meerengen in zum Teil waghalsigen und abenteuerlichen Manövern, was besonders für segelaffine Leser*innen interessant ist. Aber auch, wenn man mit Segeln nichts am Hut hat, kann man sich sehr gut in die Manöver hineinversetzen, da sie anschaulich und ausführlich beschrieben werden. Daneben wird eine spannende Handlung geboten. Anfangs noch eher Abenteuerroman entwickelt sich „Die Farbe der See“ immer mehr zu einem spannenden Spionageroman. KLEINER SPOILER Die „Skagerrak“ transportiert nämlich eine den Kriegsverlauf entscheidend verändernde Fracht, die aus Deutschland herausgeschmuggelt werden soll, damit sie nicht in die Hände der Nationalsozialisten fällt. Diese wollen die „Skagerrak“ aber nicht einfach ziehen lassen, sodass ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel quer durch das Kattegat beginnt. SPOILER ENDE Die genaue Route von Ole Storm lässt sich auf drei Seekarten, die im Buch abgedruckt sind, sehr gut nachvollziehen. Zu diesem Haupthandlungsstrang gesellt sich in einer Nebenhandlung noch eine Liebesgeschichte. Die Handlung ist insgesamt äußerst wendungsreich und dramatisch: Nicht jeder wird die Fahrt überleben, Nationalsozialisten fahren unerkannt auf der „Skagerrak“ mit und als sicher geltende Allianzen sind brüchig. Dadurch ist die Handlung spannend und sehr unvorhersehbar. Insgesamt ist „Die Farbe der See“ ein spannender, wendungsreicher Spionageroman vor einem maritimen Hintergrund.

Bewertung vom 01.07.2021
Das Spiel - Es geht um Dein Leben / Björk und Brand Bd.1
Beck, Jan

Das Spiel - Es geht um Dein Leben / Björk und Brand Bd.1


sehr gut

Inhalt: Ein brutales Spiel hat begonnen. Jede*r - mit dem nötigen Kleingeld - kann sich beteiligen. Die Opfer, normale, unbescholtene Menschen, die noch nichts von ihrer Beteiligung am Spiel wissen, sind bereits von langer Hand ausgewählt und markiert worden. Das Ziel? Möglichst viele Opfer ausschalten, um Punkte für den großen Jackpot zu sammeln. Eher zufällig gerät der Ermittler Christian Brand in das Fahrwasser des Spiels und ist, ehe er es ahnt, bereits mittendrin…

Persönliche Meinung: „Das Spiel“ ist ein Thriller von Jan Beck. Das Besondere an diesem Thriller ist, dass er aus unterschiedlichsten Perspektiven erzählt wird (keine Angst: Man kann der Handlung trotzdem sehr gut folgen, da zu Beginn der einzelnen Kapitel angegeben wird, wann das jeweilige Kapitel spielt und welche Hauptfigur agiert). Nicht nur die Perspektiven der beiden Hauptermittler und der Täterfigur werden eingenommen, sondern auch die der Opfer und eines Journalisten, der auf eigene Faust in Sachen "Spiel" ermittelt. So entsteht für die Leser*innen ein Mosaikbild des Falles, das Stückchen für Stückchen, von Perspektive zu Perspektive vervollständigt wird, bis es in einem großen Finale gipfelt. Die eher kurzen Kapitel enden häufig mit einem Cliffhanger und ihr Wechsel ist rasant, wodurch ein schöner Spannungsbogen erzeugt wird. Trotz aller Informationen, die man bereits sammeln konnte, ist das Ende überraschend. Einzelne Fragen werden hier eher kurz beantwortet und bleiben daher teilweise offen. Das fällt für mich allerdings nicht so sehr ins Gewicht, da das Ende insgesamt stimmig ist. Originell ist die Art, wie die Opfer markiert worden sind: Sie tragen alle unwissentlich ein UV-Tattoo eines Skorpions, allerdings unterscheidet sich jedes Tattoo in einem bestimmten Aspekt, der einen entscheidenden Hinweis darauf gibt, auf welche "Art" man bei dem jeweiligen Opfer Punkte sammeln kann (mehr kann ich nicht verraten). Besonders hat mir der Handlungsstrang von Mavie gefallen. Mavie, ebenfalls unfreiwillig mit einem UV-Tattoo versehen und dadurch auf der Liste des „Spiels“, ist eine Jugendliche, die es aus verschiedenen Gründen nicht leicht hat. In ihrem Handlungsstrang vermischen sich die Flucht und Angst vor dem Mörder mit Elementen des Coming of Age bzw. der Selbstfindung, wodurch Mavie eine größere Tiefe erhält. Der Thriller lässt sich sehr flüssig lesen, sodass man nur so durch die Seiten fliegt. Insgesamt ist „Das Spiel“ ein temporeicher, spannender Thriller, der einige originelle Ideen und einen sehr schönen Erzählstil besitzt.

Bewertung vom 13.06.2021
In den Sturm
Bank, Jan von der

In den Sturm


sehr gut

Inhalt: Gerade haben die Kadetten der Gorch Fock überraschenderweise die alljährliche Kutterregatta der „Kieler Woche“ gewonnen. Das wollen die Kuttersegler um den Offiziersanwärter Thies Hansen nun gebührend feiern. Mit dabei ist auch Pia, die Steuerfrau eines Kutters, den die Gorch Fock-Kadetten knapp ausstechen konnten. Doch so fröhlich die Feier am Abend war, so erschreckend ist das Erwachen. Die Leiche von Pia wird, treibend im Wasser, aufgefunden. Dringend tatverdächtig: Die Kuttersegler der Gorch Fock. Zwar darf das Segelschulschiff dennoch auslaufen, doch auf hoher See beginnt das Morden. Schnell wird klar: Der Mörder hat es auf die Gewinner der Regatta abgesehen…

Persönliche Meinung: „In den Sturm“ ist ein maritimer Krimi von Jan von der Bank. Erzählt wird der Krimi aus der Perspektive des Offiziersanwärters Thies Hansen (dritte Person), der hochsensibel ist, was für ihn den Alltag auf der Gorch Fock nicht leicht macht. Der Krimi beginnt gemächlich, wobei ausführlich auf das Leben auf der Gorch Fock und den Ablauf der Kutterregatta eingegangen wird. Danach steigert der Krimi sein Tempo stetig und gewinnt permanent an Spannung. Die Mannschaft der Gorch Fock hat es mit zwei Bedrohungen zu tun. Im Inneren, auf dem Schiff, treibt ein Mörder sein Unwesen, gleichzeitig droht auch von außen Gefahr: Ein unberechenbarer Sturm umringt das Schiff. Strukturell interessant ist dabei, dass beide Gefahren parallel zueinander an Bedrohlichkeit gewinnen. Während die Taktung des Mordens zunimmt, gewinnt auch der Sturm immer mehr an Stärke. Dementsprechend wird – neben der Fallermittlung – auch thematisiert, wie die Mannschaft gegen den Sturm kämpft. Dabei sind die Beschreibungen realitätsnah (der Autor war selbst Mitglied der Gorch Fock), fachmännisch und gespickt mit nautischem Fachvokabular (am Ende es Krimis befindet sich ein Glossar, das viele Begriffe erklärt). Die wahre Identität der Täterfigur ist bis zuletzt offen und wird mit einem überraschenden Twist offenbart. Insgesamt ist „In den Sturm“ ein spannender Krimi, der durch ein realitätsnah beschriebenes maritimes Setting besticht.

Bewertung vom 07.06.2021
Auftauchen / Cyms Geschichte Bd.2
Baron, Adam

Auftauchen / Cyms Geschichte Bd.2


ausgezeichnet

Inhalt: Nanai Chang, Veroniques Großmutter, möchte nicht mehr essen, will aber niemandem verraten, was der Grund dafür ist. Das belastet Veronique sehr und ihr bester Freund Cymbeline, genannt Cym, sorgt sich nicht minder um Nanai. Cym weiß nämlich aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, wenn Erwachsene die wirklich wichtigen Dinge verschweigen. Schnell steht für ihn fest: Er möchte Veronique helfen und herausfinden, warum Nanai nichts mehr isst. Doch während die beiden in Nanais Vergangenheit abtauchen, passiert an ihrer Schule etwas Schlimmes: Irgendjemand spielt Mrs Martin, der beliebtesten und nettesten Lehrerin der Schule, Streiche, die sie sehr treffen.

Persönliche Meinung: Nach „Freischwimmen“ ist „Auftauchen“ das zweite Kinder- und Jugendbuch von Adam Baron, das sich um den 9-jährigen Cymbeline Iglu und seine Freunde dreht. Die Handlungen beider Romane sind in sich abgeschlossen, allerdings würde ich zunächst mit „Freischwimmen“ beginnen. Dort macht Cym entscheidende Ent- und Aufdeckungen über sich und seine Familie, sodass man ihn in „Auftauchen“ besser versteht, wenn man „Freischwimmen“ bereits kennt. Erzählt wird „Auftauchen“ aus der Ich-Perspektive Cyms. Er besitzt eine treuherzige Unbefangenheit und sieht bestimmte Dinge eher mit einem unkritischen, kindlichen Blick, was einerseits erfrischend und authentisch ist, andererseits zu einigen urkomischen Szenen führt, weshalb man beim Lesen immer mal wieder schmunzeln und auflachen muss. „Auftauchen“ ist allerdings kein einfaches Ulkbuch: Denn trotz aller Komik beinhaltet es auch ernste Themen, die nachdenklich machen. So spielen im Roman Verlust, Trennung und das Fällen von schwerwiegenden Entscheidungen eine Rolle. Dabei halten sich Komik und Tragik – wie schon in „Freischwimmen“ – perfekt die Waage, beide sind schön dosiert, wirken ungezwungen und nicht deplatziert. Der Handlungsbogen des Buches erinnert an Detektivromane, wobei unser kleiner Detektiv Cym gleich zwei „Fälle“ zu lösen hat. Während der eine ihn tiefer in die Familiengeschichte der Changs führt, dreht sich der andere stärker um rätselhafte Dinge, die in Cyms Schule vorgehen. Beide Handlungsstränge sind spannend und besitzen eine überraschende Auflösung. Der Erzählstil ist – passend zum Protagonisten Cym – umgangssprachlich, sodass sich „Auftauchen“ sehr flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „Auftauchen“ ein spannendes Kinder- und Jugendbuch, das ernste und komische Situationen schön miteinander verknüpft und dadurch zu einem besonderen Lesevergnügen wird.

Bewertung vom 28.05.2021
Unser letzter Tag
Suchanka, Stefan

Unser letzter Tag


ausgezeichnet

Inhalt: Köln. Heute, um 20:12 Uhr, wird ein Asteroid auf die Erde fallen und vermutlich alles Leben auslöschen. Ludwig möchte diesen letzten Tag noch einmal nutzen, um seine alten Freunde aus Schultagen zu besuchen. Sind sie noch so, wie er sie kennt? Frönen sie immer noch ihren Lastern? Der letzte Tag beginnt.

Persönliche Meinung: „Unser letzter Tag“ ist ein satirischer Roman von Stefan Suchanka. Die Handlung dreht sich um Ludwig, der am letzten Tag der Menschheit seine sieben Schulfreunde nochmal besucht. Ludwigs Besuche sind aber keine Freundschaftsdienste. Im Gegenteil: Er stürzt die sieben Menschen, die er besucht, in Sinnkrisen, mit denen sie sich am letzten Tag – mehr oder weniger – erfolgreich auseinandersetzen (müssen). Die Sinnkrisen hängen dabei jeweils mit den sieben Todsünden zusammen, wodurch „Unser letzter Tag“ parabelhafte Züge erhält. Handlungsort ist hauptsächlich Köln-Ehrenfeld, genauer: die Venloer Straße. Leser*innen, die sich dort auskennen, werden einiges Bekanntes entdecken – aber nicht immer so, wie man es eigentlich kennt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Eine große Supermarktkette, die in Köln von einem Franchisepartner betrieben wird, kommt auch im Roman vor. Im Roman erhält die Kette aber augenzwinkernd einen anderen Namen, der lautlich noch an sein Original erinnert, aber doch ganz anders ist, wodurch ein schöner (Insider)Witz entsteht. An dem Beispiel sieht man schon, dass Stefan Suchanka die Romanhandlung bis ins Kleinste durchdacht und komponiert hat. So auch in den Kapiteln selbst. Auf den ersten Blick erscheinen sie losgelöst voneinander. Einziges Bindungsglied: Ludwig. Doch je mehr Kapitel man liest, desto mehr Querverweise werden bewusst. Orte, die eine Figur im vorherigen Kapitel besucht hat, werden erneut aufgesucht; Nebenfiguren, die bereits cameoartig aufgeblitzt sind, spielen in einem anderen Kapitel eine größere Rolle. Der Erzählstil ist dabei ironisch bis bissig; die Wortwahl pointiert, wodurch sich „Unser letzter Tag“ flüssig lesen lässt. Außerdem werden immer wieder gesellschaftlich wichtige Themen angesprochen, häufig in ironischer Brechung, sodass es zu einigen urkomischen Szenen kommt. Interessant ist ebenfalls, dass der Roman einen Interpretationsspielraum lässt. Was passierte da tatsächlich am letzten Tag? Nur so viel: Ohne tieferen Sinn ist in „Unser letzter Tag“ nichts. Insgesamt ist „Unser letzter Tag“ ein schön komponierter, humorvoller Roman, der zugleich ernste Themen anspricht und aufmerksame Leser*innen mit Easter Eggs belohnt.