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allegra
Buchflüsterer: 

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Insgesamt 294 Bewertungen
Bewertung vom 04.08.2014
Der Klang der Lüge
Winterberg, Liv

Der Klang der Lüge


gut

Inhalt

Der Roman setzt im Jahr 1308 in den französischen Pyrenäen ein. Die junge Alissende ist mit zwei Männern, Hugo und Hans, auf der Flucht. Alissende, die christlich getauft wurde hat ihre Ziehmutter früh verloren und fand Aufnahme als Magd in einen wohlhabenden jüdischen Haushalt in Paris. Als die jüdische Bevölkerung enteignet und verjagt wurde, begaben sich Alissende, Hans und Hugo auf den Weg nach Süden in Richtung Mallorca, wo ein Onkel der Familie lebt.
In dem kleinen Dorf Sériol in den Pyrenäen finden die ausgehungerten Reisenden liebevollen Unterschlupf, Nahrung und Arbeit. Alissende fühlt sich sehr schnell heimisch und möchte im Dorf bleiben, während Hans und Hugo weiterziehen. Im Haushalt des wohlhabenden Bauern Benoit findet die junge Frau Anstellung als Magd. Sie führt ein sehr zufriedenes Leben, findet unter den anderen jungen Leuten im Dorf zum ersten Mal Freundinnen und lernt den Hirten Simon kennen, in den sie sich verliebt.

Aber etwas ist besonders an Sériol. Obwohl es im Dorf eine Kirche und eine Pfarrer gibt, gehören einige Bewohner den Katharern an, einer Abspaltung der katholischen Kirche, die verboten ist und deren Angehörige verfolgt werden. Der Bischof im benachbarten Pamiers versucht die Katharer (Ketzer) auszurotten und bedient sich dabei ausgeklügelten Verhörmethoden und Spitzeln.

Einzelne Bewohner werden im Kerker festgehalten, eine Hütte wird angezündet und das Misstrauen unter den Dorfbewohnern wächst.


Meine Meinung

Die Ausgangslage, die sich aus der Kombination der Vertreibung der Juden durch die Christen und durch den innerchristlichen Glaubensstreit in Südfrankreich ergibt, empfand ich sehr vielversprechend. Das Thema der Katharer hat mich interessiert und die ländliche Region der Pyrenäen finde ich reizvoll. Die Landschaft, die Dörfer und die Häuser sind sehr anschaulich dargestellt.
Die Dorfbewohner, sowie die Hauptfiguren sind ausführlich charakterisiert, dass man eine gute Vorstellung von ihnen und ihrem Zusammenleben in der dörflichen Gemeinschaft gewinnt. Alissende erscheint für meinen Geschmack etwas zu lieb und glatt, so dass sie auf mich nicht wirklich glaubhaft wirkt.

Leider flacht der interessante Anfang ziemlich bald ab und die Handlung verliert sich etwas in unbedeutenden Szenen des dörflichen Lebens. Ich finde es immer schön, wenn Kinder in Büchern eine gewisse Rolle spielen. Aber gerade die Dialoge unter den Kindern und zwischen Mägden und Kindern empfand ich nicht immer zur Zeit passend und nicht selten kamen sie mir unnatürlich und aufgesetzt vor, so dass sie mich etwas ermüdeten. Über die Katharer konnte ich dem Buch einzelne isolierte Teilinformationen entnehmen, aber um einen Überblick über diese Glaubensgemeinschaft zu gewinnen, musste ich zusätzlich recherchieren. Auch das informative Nachwort und das an sich hilfreiche Glossar haben mir da nicht gereicht. Das kann ich aber dem Buch nicht anlasten, weil die Autorin die Geschichte konsequent aus der Perspektive der einfachen Landbevölkerung erzählt und diese Menschen waren eben nicht so gut informiert über kirchengeschichtliche Zusammenhänge, wie man das heute ist.

Durch die angenehme sprachliche Ausdrucksweise lässt sich das sehr schön gestaltete Buch sehr flüssig lesen. Wer gerne Liebesromane vor historischer Kulisse liest, wird bestimmt Freude an diesem Roman haben. Ich persönlich hatte etwas andere Erwartungen, was die Historie betrifft. Auch hat es mir an Spannung gefehlt, so dass ich dem Buch 3 Sterne verleihe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2014
Krähenmädchen / Victoria Bergman Trilogie Bd.1
Sund, Erik Axl

Krähenmädchen / Victoria Bergman Trilogie Bd.1


sehr gut

Ausnahmsweise werde ich in meiner Rezension etwas spoilern, wer nicht damit leben kann, sollte nun sofort aufhören zu lesen.

Es geht in diesem Buch um das Thema des sexuellen Missbrauchs an Kindern, und was aus den ehemaligen Opfern für Erwachsene werden können. Die Beschreibungen, was Täter mit Kindern machen, sind zwar nicht extrem detailliert, dennoch reicht es sensibleren Lesern, sich eine Vorstellung davon zu machen. Wer damit Mühe hat, sollte besser nicht zu diesem Buch greifen. Neben der schmerzhaften Vorstellung, wenn es um Gewalt an Kindern geht, zeigt das Buch auch auf, wie leichtsinnig Menschen mit sexueller Gewalt an Kindern umgehen, wie gerade Mütter sich das schönreden und wegschauen. Und wie sich Menschen mit verletzten Seelen entwickeln können, wenn man nicht wachsam mit ihnen umgeht und ihnen möglichst früh und nachhaltig therapeutisch hilft.

Vom Schreibstil her lässt sich das Buch sehr angenehm lesen. Obwohl es sich bei Erik Axl Sund um ein Autorenduo handelt, kam mir der Roman sehr homogen vor, als wäre er aus einem Guss. Die Kapitel sind recht kurz, was einem motiviert zum Weiterlesen und übertitelt mit dem jeweiligen Schauplatz, so dass man gleich merkt, aus welcher Perspektive das Kapitel erzählt ist.

Was mir weniger gefallen hat, ist dass das Buch über sehr fiese Cliffhanger verfügt, da es von Anfang an als Trilogie angelegt ist. Das ist in diesem Thriller so stark ausgeprägt, dass ich fast sagen möchte, dass das Buch zwar durchaus spannend zum Lesen ist, aber inhaltlich nicht wirklich für sich alleine steht, wie ich es mir auch bei Mehrteilern wünsche. Wer die Serie beginnt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Fortsetzungen „Narbenkind“ (Mitte September 2014) und „Schattenschrei“ (Mitte November 2014) ebenfalls fällig werden.

Ich vergebe diesem Thriller für Liebhaber von düsteren Themen eine Leseempfehlung mit 4 Sternen.

22 von 28 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.07.2014
Die Kinder des Bergmanns
Hurst, Heidrun

Die Kinder des Bergmanns


ausgezeichnet

Mit diesem sehr gefühlvollen und bildstarken Roman zeigt Heidrun Hurst sehr anschaulich auf wie hart und entbehrungsreich das Leben der Bergarbeiterfamilien war. Die einzelnen Arbeiten bei der Gewinnung von Silbererz sind sehr anschaulich beschrieben. Besonders beeindruckt hat mich aber die Art und Weise wie die Autorin die Stimmung, die Kälte, die Ängste und trotzdem die Wärme der Familie vor dem Leser ausbreitet. Ich konnte die eisige Kälte förmlich spüren, wenn Jakob im dünnen Hemd und in seinen Holzpantinen ohne Socken durch den Schnee stapft. Auch die Verzweiflung wenn Krankheit und Kindbettfieber die Mutter raubt, ging mir wirklich unter die Haut.

Das Buch ist aber nicht nur geprägt von Hunger und Düsternis. Als sich die Kinder aufmachen, um ihre Verwandten zu suchen, sind sie voller Hoffnung und Zuversicht. Trotz einiger herber Rückschläge finden sie so zu einem Leben, wie es für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges typisch war. Jakob arbeitet als Knecht auf einem großen Hof, wo Hanf angebaut und verarbeitet wird. Sowohl der Hanfanbau auch die Arbeiten der Futtergewinnung für die Kühe sind sehr detailliert erklärt, so dass man eine gute Vorstellung des Lebens auf einem Bauernhof gewinnen kann.

Das Buch kommt relativ ruhig daher, dennoch gibt es immer wieder Phasen von Spannung. Das Leben der beiden Geschwister läuft nicht geradlinig, so dass es zu unerwarteten Wendungen kommt. Die Liebe – auch Jakob und Bärbel lernen sie kennen – kommt nicht zu kurz, bildet aber nicht das Zentrum des Buches, das eher durch die Beziehung der beiden Geschwister getragen wird.

Die sprachliche Ausdrucksweise ist sehr passend gewählt für ein Buch aus der betreffenden Zeit. Die Sprache lässt sich leicht und flüssig lesen. Einige ungewohnte Ausdrücke sind hinten in einem Anhang erklärt, so dass das Verständnis nicht aufgrund von Fachbegriffen leidet.

Das Ende des Buches finde ich ausgesprochen gelungen. Ich bin nicht der Fan von offenen Enden und aufgedrängten Cliffhängern, aber in diesem Fall ist das hervorragend gelöst. Das Buch endet nicht im Happy End für alle Beteiligten, aber es zeigt mit Hilfe einer sehr netten Geste, an der ein Hund beteiligt ist, so viel Hoffnung auf, dass man den Folgeband einfach lesen muss.


Mein Fazit

Ich habe in diesem Buch viel vom Erzabbau im Schwarzwald (heute: Schauinsland) sowie vom Hanfanbau gelernt. Der Roman enthält nur am Rande historisch belegte Persönlichkeiten, ist aber zeitlich und örtlich sehr genau festgemacht und zeigt auf authentische Weise die Welt von einfachen Menschen wie Bergarbeitern, Knechten und Dienstmädchen.
Für Liebhaber von historischen Romanen mit lokalem Bezug sehr zu empfehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.07.2014
Als wir unsterblich waren
Roth, Charlotte

Als wir unsterblich waren


ausgezeichnet

Der Roman „Als wir unsterblich waren“ verbindet das wunderbarste Kapitel innerdeutscher Geschichte, der Fall der Mauer mit den Erlebnissen der jungen Paula aus Berlin von 1912 bis 1933.

Paula stammt aus einer eher wohlhabenden Intellektuellenfamilie. Der Vater ist Journalist und legt viel Wert auf Bücher. Paulas älterer Bruder Manfred studiert Philosophie und Paulas größter Wunsch ist es, ebenfalls zu studieren und Rosa Luxemburg nachzueifern, deren Engagement sie zutiefst bewundert. Doch es kommt anders. Der Vater verliert seine gut bezahlte Position bei der Zeitung, so dass er das Schulgeld für Paula nicht mehr aufbringen kann. Er vermittelt Paula eine Stelle bei der Zeitung als Schreibkraft. Paula ist sehr traurig darüber, schickt sich aber in ihr Schicksal. Zusammen mit Manfred trifft sie sich im Sommer täglich im Strandbad Wannsee mit einer Gruppe Jugendlicher, wo sie auch Manfreds besten Freund Clemens kennen lernt. Clemens entstammt einem sehr wohlhabenden Elternhaus, sein Herz schlägt aber für die Arbeiterbewegung. Er wird zusammen mit Manfred Mitglied bei den Sozialdemokraten, wo er sich als begnadeter Redner aber auch durch seine mutigen Taten schnell Respekt verschafft. Paula bewundert Clemens und verliebt sich in ihn.

Der Ausbruch des 1. Weltkriegs ändert alles. Clemens meldet sich zur Front. Manfred, der aufgrund einer Erkrankung an Kinderlähmung nicht eingezogen wird, arbeitet als Journalist und schreibt für eine Zeitung. Paula lernt die Sorgen und Nöte der Arbeiterfrauen kennen. Viele Arbeiter leben in großer Armut und in ihrer Verzweiflung greifen sie zu Alkohol und verprügeln ihre Frauen. Paula richtet Wohnungen ein, wo Frauen mit ihren Kindern Unterschlupf finden.

In einem anderen Erzählstrang lernen wir Alexandra Liebermann kennen. Sie lebt mir ihrer betagten Großmutter ein sehr zurückgezogenes Leben in Ostberlin. Ihre Freundin Meike versucht, sie öfters aus der bedrückenden, kleinen Wohnung heraus zu locken, um unter junge Menschen zu kommen. So auch an diesem Abend. Es ist der 9. November. Aus dem Fernsehen erfahren die jungen Frauen, dass die Grenze geöffnet ist. Meike will sich das nicht entgehen lassen und überredet Alex, mit ihr zum Grenzübergang zu gehen. Unter den Tausenden von Menschen verlieren sich die beiden Freundinnen. Alex, die sich in großen Menschenmassen unwohl fühlt, findet sich alleine wieder in Westberlin. Sie trifft auf Oliver, einen jungen Mann, der ihr hilft und sie in seine Wohnung bringt. Eine Liebe auf den ersten Blick. Alex bleibt einige Tage bei Oliver und ist überwältigt vom Leben im Westen. Als sie mit Oliver zu ihrer Oma zurückkehrt, erleidet diese bei Olivers Anblick einen Zusammenbruch. Tagelang bangt Alex um ihr Leben. Die Oma beginnt von ihrem Leben zu erzählen und füllt damit endlich das Vakuum, das Alex schon lange gequält hat, weil sie nichts von ihrer Familie wusste.

Mir hat dieser Roman, der einen Bogen spannt vom Kaiserreich über die Weimarer Republik bis zur Wiedervereinigung, sehr gut gefallen. In diesem Buch habe ich sehr viele Informationen, die ich bis jetzt nur als Einzelsätze in Geschichtsbüchern kannte, auf anschauliche und klare Weise gefunden. Die Arbeiterbewegung, die Entwicklungen innerhalb der SPD, die zur Abspaltung des Spartakusbundes geführt hat, aber auch das Leben unter großer Knappheit hat die Autorin sehr klar und miterlebbar dargestellt. Auch im Zusammenhang mit dem zunehmenden Erfolg der NSDAP ist mir manches erst jetzt so richtig bewusst geworden.

Die Figuren sind sehr interessant angelegt. Sie machen es einem nicht immer leicht, ihre Handlungen und ihre Beweggründe gut zu heißen. Aber man kann dennoch sehr gut mit ihnen mitfühlen, weil sie so widersprüchlich sind, wie richtige Menschen.

Ich habe dieses Buch innerhalb weniger Tage gelesen und wirklich sehr genossen Das präzise historische Bild, das Charlotte Roth zeichnet und mit so vielen gefühlvollen Menschen bevölkert, erweckt Geschichte zum Leben.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.07.2014
Die Wikingersklavin
Wassermann, Sabine

Die Wikingersklavin


sehr gut

Handlung

Der Schmied Askell kehrt nach einer Handelsreise nach Haithabu bei einer Hurenwirtin ein, wo er sich die Sklavin Sophia kauft, die er mit sich nach Hause nehmen will, um seine Felle zu wärmen. (Haithabu ist eine Wikinger Handelsstadt zwischen Hamburg und Flensburg.) Sophia war nicht immer Sklavin. Sie ist in einem kleinen Dorf bei Bremen als Tochter eines Pelzers aufgewachsen und kann gar nicht damit fertig werden, unfrei zu sein. Sie plant, bei der ersten Gelegenheit zu fliehen.
Askell kauft neben Sophia noch den Mönch Aidan und reist mit diesen beiden von Haithabu nach Norden in sein Dorf Bisund. Auf der Überfahrt nach Norwegen, kommt es zu einem Mordanschlag auf Askell, den er aber überlebt. In seinem Dorf ist er offenbar nicht willkommen. Er holt sich seine geistig zurückgebliebene Schwester Asla und reist weiter in den kargen Norden. Obwohl Askell Sophia als Sklavin recht freundlich behandelt, ist sie ihm gegenüber sehr wortkarg und abweisend, während sie zum Mönch Aidan recht schnell Vertrauen schöpft.
Zu Askell baut sie erst eine gewisse Bindung auf, wenn es schon zu spät erscheint.


Meine Meinung

Der Roman entführt den Leser in eine völlig ungewohnte Welt. Das Leben der Menschen in Norwegen zu Beginn des 11.Jahrhunderts ist sehr hart und geprägt von Krieg und Kälte. Sabine Wassermann kreiert eine Vielzahl von sehr interessanten Figuren, die im Laufe der Handlung eine Entwicklung durchmachen. Von den Protagonisten konnte ich mir ein gutes Bild machen, weil sie recht anschaulich beschrieben sind.

Die Autorin lässt sowohl sehr brutale als auch gefühlvolle Szenen zu, dennoch hatte ich immer etwas das Gefühl, nur durch eine dicke Glasscheibe Beobachter zu sein. Ich konnte die Stimmung in den Wikingerhäusern zwar recht gut nachvollziehen, hätte aber gerne etwas genauere Beschreibungen gehabt, wie die Häuser und das Mobiliar ausgesehen haben.

Die Handlung ist mir leider etwas statisch und passiv erschienen. Die interessantesten Abschnitte werden jeweils von einer Person im Buch erzählt, so dass man bei der spannenden Eroberungsschlacht von Hastings durch Wilhelm den Eroberer nur indirekt erfährt. Die einzelnen Handlungsabschnitte gehen mir manchmal nicht rund genug ineinander über, so dass ich mich das eine oder andere Mal etwas überrumpelt fühlte und mir nicht sicher war, ob ich etwas überlesen hatte.

Insgesamt hat mir aber das Buch ein gutes Stimmungsbild der Welt der Wikinger im Mittelalter vermittelt. Die Geschichte, die erzählt wird, ist gut, hätte aber mehr hergeben können.

Von mir erhält es 3,5 Sterne

Bewertung vom 23.06.2014
Der arme Konrad
Seibold, Jürgen

Der arme Konrad


ausgezeichnet

Der historische Roman „Der arme Konrad“ erzählt an exemplarisch gewählten Figuren aus dem Remstaler Ort Beutelsbach die Entwicklungen nach, die 1514 zum Bauern Aufstand „Der arme Konrad“ geführt hat. Dazu hat der Autor Jürgen Seibold interessant gewählte fiktive Figuren glaubhaft verwoben mit einer Vielzahl an historisch verbürgten Personen. In einem ausführlichen Personenverzeichnis hinten im Buch kann man sich davon ein Bild machen.

Die Hauptfigur, Hannes Gais ist der Sohn des berühmten „Gaispeter“, der als Tagelöhner in Beutelsbach recht großes Ansehen genoss. Hannes und Jost, der Sohn des Gastwirts und Bürgermeisters Huetlin wachsen als Freunde auf. Doch als sie älter werden, verlieben sie sich beide in Katharina Schreiner, die Tochter eines wohlhabenden Wengerters. Katharina entscheidet sich für den mittellosen Hannes, aber Jost kann das nicht akzeptieren und intrigiert gegen Hannes, der das Glück hat, in Winterbach eine Zimmermannslehre absolvieren zu können. Seine Ausbildung führt ihn zurück nach Beutelsbach, da sein Lehrmeister einen lukrativen Auftrag beim Bau einer neuen Kirche an Land ziehen kann. Derweil gehen viele Jahre von großem Hunger übers Land. Die Bevölkerung muss hohe Abgaben zahlen, herzogliche Jagdgesellschaften verwüsten ihre Felder, so dass die Unzufriedenheit zunehmend steigt. Anhand verschiedener Einzelschicksale wird das dem Leser sehr anschaulich vor Augen geführt, so dass man gut nachvollziehen kann, wie sich die Bevölkerung zu Aufständen organisiert hat. Interessant für mich war, dass die sogenannten „Bauernaufstände“ gar nicht auf die Bauern begrenzt war. Es waren Aufstände mitten aus dem Volk, an denen sich Handwerker und Landbesitzer ebenso beteiligt haben wie Tagelöhner.

Dass der Aufstand „Der arme Konrad“ im Remstal blutig niedergeschlagen wurde, wissen wir aus der Geschichte. Dennoch bleibt die Spannung dieses Romans bis zum Ende erhalten und man fiebert mit der Familie des Gaispeters mit.

Von mir erhält dieser Roman, der ein wichtiges Kapitel lokaler Geschichte erzählt, eine Leseempfehlung mit 4,5 Sternen.

Bewertung vom 17.06.2014
Die Insel der roten Mangroven / Nora Fortnam Bd.2
Lark, Sarah

Die Insel der roten Mangroven / Nora Fortnam Bd.2


sehr gut

Handlung

Das vorliegende Buch „Die Insel der roten Mangroven“ ist der zweite Teil von Sarah Larks Inselsaga und somit die Fortsetzung von „Die Insel der tausend Quellen“.

Wir sind im Jahr 1753 auf Jamaika, wo die junge Deirdre Fortnam glücklich und geborgen auf der Zuckerrohr Plantage „Cascarilla Gardens“ aufwachsen kann. Ihre Eltern Nora und Doug Fortnam sind für ihre Zeit sehr fortschrittlich. Sie leben soweit möglich und ohne ihre Nachbarn und Bekannten allzu sehr zu brüskieren recht einfach und unkompliziert. Auch der Umgang mit den Sklaven ist vergleichsweise von Freundlichkeit geprägt.

An ihrem 18. Geburtstag lernt Deirdre den jungen Arzt Victor Dufresne kennen, der sich in sie verliebt und sie als seine Gattin nach Saint Domingue wo er in der Stadt eine Praxis als Arzt betreibt. Seine Eltern besitzen eine sehr große Plantage und führen einen pompösen und völlig gegensätzlichen Lebensstil im Vergleich zu Deirdres Eltern.

In einem anderen Erzählstrang wird die Geschichte der jungen Sklavin Bonnie und ihrem Freund Jefe erzählt. Bonnie wird von ihrem Besitzer gequält und ausgenutzt in jeder Beziehung. Sie schafft es, zu fliehen und begibt sich mit Jefe auf ein Piratenschiff.


Meine Meinung

In diesem Buch gewinnt man einen guten Einblick in das Leben auf einer Plantage im 18. Jahrhundert. Man erfährt einiges vom Umgang mit den Sklaven, von ihren Lebensweisen und was mir am besten gefallen hat, vom Leben auf einem Piratenschiff. Obwohl das Buch eine Fortsetzung ist, steht es für sich allein und kann auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Die wichtigen Informationen werden an passender Stelle und so ausführlich wie nötig erwähnt. Allerdings empfiehlt es sich die Reihenfolge einzuhalten, wenn man sich den vollen Lesegenuss der beiden Bücher nicht verderben möchte.

Die Figuren sind sehr anschaulich beschrieben und von ihren Handlungen her stimmig charakterisiert. Das gleiche gilt für die abwechslungsreiche Landschaft und das Leben auf dem Schiff beziehungsweise in den herrschaftlichen Häusern der Plantagen. Gut gelungen ist Sarah Lark auch die Darstellung der gesellschaftlichen Zwänge und die Gegensätze zwischen der weißen, herrschenden Schicht und den farbigen und schwarzen Bevölkerungsgruppen.

Leider kann dieser zweite Teil der Inselserie die Spannung aus dem ersten Band „Die Insel der tausend Quellen“ nicht wirklich halten. Zumindest die erste Hälfte war für mich zwar schön zu lesen, aber doch etwas zu absehbar und es kommt zu recht vielen Parallelen mit dem ersten Teil. Dass in diesem Roman eine „Frau in Hose“ eine recht wichtige Rolle spielt, hinterlässt bei mir leider einen etwas schalen Geschmack. Ich weiß, dass es das in der Realität tatsächlich gegeben hat, aber es kommt mir in Romanen einfach zu oft vor, als dass es noch originell wirken würde.


Mein Fazit

Ein wunderschönes Buch, als leichte Reiselektüre bestens geeignet. Man kann wunderbar eintauchen in die karibische Inselwelt. Insgesamt ist es aber eine eher einfache Lektüre, kein „Muss“, aber ein schönes „Kann“. Von mir 4 Sterne.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.05.2014
Das Mädchen aus Bernau
Lyne, Charlotte

Das Mädchen aus Bernau


sehr gut

In ihrem historischen Roman „Das Mädchen aus Bernau“ erzählt Charlotte Lyne die Geschichte einer einfachen Bierbrauer Familie, die vom brandenburgischen Bernau in die aufstrebende Doppelstadt Cölln-Berlin zieht.
Bereits in Bernau wird die Familie, die aus Großvater sowie seiner Enkeltochter Magda und ihren Brüdern Lentz, Utz und Diether besteht, von einer Reihe von Schicksalsschlägen heimgesucht. Utz, der sich nicht als Bierbrauer geboren fühlt, sondern von einem Leben als wohlhabender Kaufmann in Berlin träumt, nimmt die Organisation des Umzugs der Familie in die aufstrebende Stadt in die Hand. Doch auch dort hält das Leben für die Familie nicht wenige Tiefschläge bereit, sodass Magda und der Großvater wieder beginnen, Bier zu brauen, um damit die Familie zu ernähren. Derweil gehen die Brüder verschiedenen Aktivitäten nach, die Magda immer wieder an den Rand der Verzweiflung bringen. Ein Franziskaner Novize namens Thomas kreuzt immer wieder Magdas Wege und scheint wie ein Schutzengel über den Geschicken der Familie Harzer zu schweben. Doch kann er Magdas Bruder helfen, als dieser in wirklich ernsthaften Schwierigkeiten steckt?

Mit diesem Roman taucht man in das Leben von Handwerkern und Händlern in Bernau und in Berlin im 14. Jahrhundert ein. Man erlebt die Welt, wie sie sich für die kleineren Leute angefühlt hat, die nicht so wirklich informiert waren über die große Politik von Königen und Papst.

Die Hauptfigur Magda ist eine sehr rührige junge Frau, für die es selbstverständlich ist, sich bis zur Erschöpfung für den Zusammenhalt ihrer Familie zu verausgaben. Die Brüder lassen sich viel eher von Schicksalsschlägen unterkriegen, lediglich der Großvater erwacht so richtig zu neuem Leben, als seine Kenntnisse und Erfahrungen als Bierbrauer wieder gefragt sind.

Mir hat sehr gut gefallen, dass die mittelalterliche Stadt so richtig detailliert beschrieben ist, dass man wirklich meint die verschiedenen Düfte zu riechen und der Lärm auf den Marktplätzen zu hören. Es ist sehr interessant, mitzuverfolgen wie die Handwerkerleute versuchen Fuß zu fassen in der Großstadt und in wie viele Fettnäpfchen sie dabei treten.
Die historischen Hintergründe sind folgerichtig nicht im Zentrum der Geschichte, weil die Handlung aus der Sicht von einfachen Leuten erzählt wird, die selber nicht über die politischen Entwicklungen informiert waren. Sie werden immer mal wieder eingestreut, aber weil mir diese Zeit und die Geschichte Berlins so gar nicht bekannt sind, waren mir die Erklärungen zu den politischen Zusammenhängen etwas zu knapp. Das Glossar im Anhang des Buches sowie der historische Stadtplan von Berlin haben aber einiges wieder nachgeholt.
Etwas befremdlich finde ich den Text auf der Rückseite des Buches. Wer sich die Spannung nicht verderben möchte, sollte den Text nicht vor der Lektüre des Buches lesen. Er kann leicht zu Enttäuschungen führen, weil er eigentlich nur vom letzten Viertel des Buches handelt. Für mich spiegelt er den Inhalt des Buches nicht wirklich.

Ich kann dieses Buch Liebhabern von guten historischen Romanen nur ans Herz legen. Gerade weil es nicht so viele Bücher zum 14. Jahrhundert gibt, ist es sehr interessant, diese Zeit mit den sorgfältig gezeichneten Bildern einer aufstrebenden Stadt, zu füllen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.05.2014
Bluteis
Ritter, Marc

Bluteis


ausgezeichnet

Der Thriller spielt in der nahen Zukunft. Die deutsche Kanzlerin ist 64. Wir finden die heutigen technischen Möglichkeiten und ein klein wenig mehr, aber nicht so, dass ich von einem Science Fiction sprechen möchte. Üblicherweise mag ich allzu futuristische Elemente nicht. In diesem Fall finde ich es aber in Ordnung und bin sogar froh drum. Vermutlich wäre sonst die Sprengung des St. Moritzersees zu schlimm für mich gewesen, als dass ich weiter gelesen hätte.

Seit Langem habe ich mich wieder mal ein ganzes Buch hindurch nur amüsiert und gut unterhalten gefühlt. Es ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend, wartet mit zahllosen unerwarteten Wendungen auf, die aber immer schlüssig sind. Die Hauptfiguren sind sympathisch und glaubhaft charakterisiert. Es handelt sich nicht um „unkaputtbare“ Helden, die auch mit schlimmsten Verletzungen noch Kämpfe auf Leben und Tod durchstehen.

Sprachlich lässt sich der Thriller sehr angenehm und flüssig lesen. Marc Ritter schreibt in einer guten Mischung aus Dialogen und erzählendem Text. Die überschaubare Länge der Kapitel, die jeweils mit Datum und Ort der Handlung übertitelt sind, zieht einem richtig gehend durch das Buch.

Die spezielle Stimmung der Schweiz hat der Autor ausgesprochen gut getroffen. Es ist kein Buch „mit Lokalkolorit“ und dennoch kommen die besonderen Eigenheiten der Figuren sehr gut zur Geltung. Gut gefallen haben mir auch die Seitenhiebe in Richtung Wirtschaft. Die Unternehmen sind zwar anders genannt und Ähnlichkeiten rein zufällig. Aber es ist meistens doch klar, wer gemeint ist.


Dieser actionreiche Verschwörungsthriller ist sicherlich nicht von allzu hohem Anspruch. Dafür sorgt er für beste Unterhaltung. Für mich ist Marc Ritter der Dan Brown der Alpen.
Einziger Nachteil des Buches: Ich weiß nun in etwa wie der erste Teil „Kreuzzug“ ausgehen wird, weil ein paar Mal Bezug darauf genommen wird. Wer sich den vollen Spaß bewahren möchte, dem empfehle ich die Lektüre in der vorgesehenen Reihenfolge.


Von mit eine uneingeschränkte Leseempfehlung mit 5 Sternen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.