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Insgesamt 212 Bewertungen
Bewertung vom 06.04.2018
Truthahn, Mord und Christmas Pudding / Null-Null-Siebzig Bd.4
Ferber, Marlies

Truthahn, Mord und Christmas Pudding / Null-Null-Siebzig Bd.4


ausgezeichnet

Irgendwie wollte ich erst nicht recht an Marlies Ferbers Krimi. Mag sein, dass ich die gute Geschichte von Agent 0070 und dem Mord in Hangzhou nicht verwässern wollte. Oder mir war im September noch nicht nach Weihnachtskrimis. Wobei mich Themen mit Essen immer wieder magisch anziehen. Was auch immer – Ostern erschien mir nun genau die richtige Zeit.

Also habe ich mich nun an einen weiteren Krimi mit Agent 0070 und seiner Sheila gewagt und diesmal lernte ich die beiden noch etwas besser kennen. Der Leser erfährt, dass Sheila eine Frau ist, die gerne andere versorgt und sehr vertrauensselig ist. Das merkt man daran, dass sie sogar einen lang verschollenen Schulfreund aufnimmt, welcher im Verdacht steht seine Frau ermordet zu haben.

Man merkt auch, welche Oma Qualitäten Sheila hat, die ich im dritten Band der Reihe den ich gelesen habe noch nicht erkennen konnte, aber diesmal in bestimmten Situationen immer mehr zu Tage kommen.

Dem entgegen steht der etwas eigenbrötlerische James, der durch seine Tätigkeit als Geheimagent keine oder nur wenige soziale Kontakte geknüpft hat. Er wirkt manchmal etwas hölzern, wird aber von Sheila immer wieder mitgerissen. Wie zum Beispiel dieses Theaterstück, wo sie ihn mehr oder weniger zwingt dabei mitzumachen.

Alles in allem kommt das Paar immer wieder in skurrile Situationen und man merkt, wie wenig Rentner in unserer Gesellschaft ernst genommen werden. Es gab einige Situation, wo James eher belächelt und nicht ernst genommen wurde, so zum Beispiel wo er gegenüber der Polizei den Verdacht geäußert hat, dass Rosalind auf dem Friedhof umgebracht wurde.

Alles in allem ist es ein Krimi, den man gerne auch außerhalb der winterlichen Zeiten lesen kann und es nicht gerade auf Weihnachten zugeht! Es ist ein Krimi, welcher auch in der guten alte Englischen Tradition stehen könnte. Miss Marple lässt grüßen. Er ist wie der Mord in Hangzhou intelligent geschrieben und man kann ihm gut folgen, wobei ich mir gewünscht hätte dass der „Gordische Knoten“ den Frau Ferber geflochten hat noch etwas länger ungelöst geblieben wäre.

Zum Ende ging es mir, wie so oft, doch zu schnell und ich hätte gerne noch ein paar Seiten mehr erlebt wie James das ganze auflöst - zumal ich den beiden sehr gerne über die Schulter sehe, wie sie so manche Situationen meistern. Und ich kann eines sagen, es gibt so einige Situationen in ihrem Alltag wo man merkt, dass es zu zweit immer etwas besser geht als alleine.

Ich freue mich jedenfalls schon auf den nächsten Band, denn ich möchte diese Beiden wirklich noch eine Weile verfolgen und mit ihnen alt werden. Ich denke, Frau Ferber fällt bestimmt noch die ein oder andere Geschichte mit den etwas älteren Herrschaften ein.

Bewertung vom 02.04.2018
Die Stille vor dem Biss
Scharnigg, Max

Die Stille vor dem Biss


sehr gut

Ein Buch übers Angeln!? Das war wohl auch der Grund, warum dieses Buch so lange auf meinem Stapel der Bücher lag, die noch gelesen werden wollen.

Und dann dachte ich mir, warum sollte ich es nicht wagen es anzufangen. Es war eines dieser Bücher, die einen wirklich überraschen und man denkt dann, warum habe ich es nicht früher angefangen zu lesen?

Aber der Reihe nach. Max Scharnigg erzählt wie er zum Angeln gekommen ist, also das erste Mal Angeln mit dem Vater an einem Angelteich in Österreich, wie er den Fischereischein gemacht hat, bis zu dem Tag wo er Karpfenkönig wurde, um nur einige Episoden zu nennen, die ihn geprägt haben.

Max Scharnigg erklärt einem die verschiedenen Typen von Angler und gewährt einen Einblick in Angelvereine, die sich nun wirklich nicht stark von anderen Vereinen unterscheiden. Man kann sie schon in gewisser Weise miteinander vergleichen.

Er beschreibt die Sucht nach neuem Material zum Angeln, der Weiterbildung und warum man eigentlich Angelt. Es gibt immer wieder verschiedene Ansatzpunkte. Er erzählt von seinen Erlebnissen beim Angeln. Teilweise muss man schmunzeln und auf der anderen Seite muss man sich auch wiederum selbst hinterfragen. Viele Dinge die der Autor anspricht regen einen auch zum Nachdenken an. Mag es das mangelhafte Wissen über Fische sein oder die Natur im Allgemeinen. Oder ob man die Angler nun doch oft einfach unterschätzt.

Mein persönliches Fazit ist irgendwie ganz komisch. Ich muss gestehen, ich hatte ein wenig Angst vor diesem Buch, vor der Thematik, da ich nun wirklich kein Angler bin und es wohl auch nie werde. Wobei ich selbst natürlich auch schon mal als Kind geangelt habe, aber es hat mich nie so geflasht. Es hat sich daraus einfach kein Hobby für mich entwickelt.

Aber ich habe doch einige Parallelen zu mir gefunden. Ich konnte Max Scharnigg gut verstehen, wen er beschreibt, dass er an keinem Angelgeschäft vorbeigehen kann. Mir geht es so, wenn ich an einer Buchhandlung vorbei komme. Es ist bei mir immer ein besonderer Willen nötig, um an dieser Art von Geschäft vorbeizugehen! Und wenn ich dann darin bin, finde ich sicherlich etliche Bücher die gelesen werden wollen. Ähnlich geht es dem Autoren, wenn er an einem Angelgeschäft vorbei geht.

Das Buch ist alles in allem schnell und einfach zu lesen und mich hat alles irgendwie gefesselt und wie gesagt ich bin sicherlich kein Angler und werde auch keiner werden. Aber die Erzählweise des Autors ist so etwas von spannend, dass man sicherlich ab und zu darüber nachdenkt und sagt, was wäre wenn ich nun angeln würde?

Ich denke dieses Buch ist für jeden geeignet, der sich selbst mal gefragt hat, warum stehen diese Angler denn bei Wind und Wetter draußen und ist dies nicht langweilig. Man bekommt dann einen kleinen Einblick in die Seelenwelt der Angler.

Aber es ist sicherlich auch für Menschen geeignet, die sich mal mit dem Thema angeln beschäftigen wollen oder einfach keine Zeit mehr zum Angeln haben, da das Zeitmanagement es nicht zulässt - oder die Frau.

Also denke ich, werden sich doch einige Menschen in Deutschland finden, die dieses Buch verschlingen werden, so wie ich es mit wachsender Begeisterung getan habe.

Bewertung vom 28.03.2018
Love and Confess
Hoover, Colleen

Love and Confess


ausgezeichnet

Da bin ich nun also und rezensiere ein Jugendbuch und dann auch noch einen Liebesroman. Bin ich denn überhaupt die richtige Person? Diese Frage stellte ich mir, als ich mit dem Buch anfing und schwupp war ich in der Geschichte drin. Colleen Hoover erzählt von einer Jungen Mutter, die mit 15 ihre wirklich große Liebe verliert und diese bis in den Tod begleitet, obwohl er nach Dallas gebracht wird, da dort der Großteil seiner Familie wohnt und die medizinische Versorgung besser als in Portland ist, wo Auburn eigentlich herkommt!

Auburn, wird von diesem Jungen auch noch Schwanger. Das stellt sie aber erst später fest, nachdem Adam schon gestorben ist. Auburn hat dann das Sorgerecht an ihre Quasi-Schwiegermutter übergeben, mit der sie den Jungen dann zusammen aufzieht. Aber die Schwiegermutter beschließt mit dem kleinen AJ von Portland nach Dallas zu gehen, was bedeutet, dass auch Auburn nach Dallas zieht nachdem sie die Schule und die Lehre als Friseurin beendet hat.

In Dallas lernt Auburn dann Owen kennen, der mit 16 seine Familie, bis auf den Vater, bei einem Autounfall verloren hat, bei dem er selbst am Steuer saß. Owens Vater ist Anwalt und durch den Unfall medikamentenabhängig. Owen ist Maler und malt Geständnisse von anderen Personen, die diese einfach in den Briefschlitz in seinem Atelier einwerfen und verkauft dann später die Bilder.

Soweit zu der Geschichte. Mehr will ich einfach nicht erzählen, außer dass die Schwiegermutter unbedingt das Sorgerecht für den kleinen AJ behalten will und zusammen mit Trey dem Bruder von Adam versucht, Auburn zu unterdrücken. Dies ist eine spannungsgeladene Situation, da eine Mutter ja immer versucht, alles für ihr Kind zu tun und eher mit ihrem eigenen Leben zurücksteckt, als ihr Kind komplett aufzugeben.

In diesem Buch beschreibt die Autorin immer wieder die Gedankengänge der beiden Hauptpersonen Owen und Auburn. Man merkt, wie sich die beiden zueinander hingezogen fühlen, aber man spürt auch immer wieder die Ängste in ihren Gedanken. Auburn hat ständig Angst, dass sie ihren Sohn verlieren könnte. Owen versucht immer wieder seinen Vater zu schützen, der ihm eigentlich kein richtiger Vater mehr ist. Das Buch geht einem sehr ans Herz und berührt einen. Man kann dem ganzen etwas abgewinnen da, es nie kitschig oder plump daherkommt. Auch wenn ich ja nun einmal schon etwas älter bin, spricht mich der Roman an.

Er zeigt, dass man immer ehrlich zu seinem Partner sein sollte, man für seine Überzeugungen auch einmal kämpfen muss und vielleicht auch mal, egal wie alt man ist, genauer auf sein Herz hören sollte. Und ja, manchmal ist es nicht verkehrt, kleine und auch große Geheimnisse für sich zu behalten, aber nie solche, die in eine Beziehung zerstören könnten.

Ich glaube, dieses Buch ist für alle geeignet, die einen schönen leicht zu lesenden Liebesroman suchen, der aber trotzdem auch eine gewisse Tiefe hat. Es ist total egal, ob es ein Jugendbuch ist oder ein Erwachsenenroman! Ein gutes Buch ist immer ein gutes Buch, egal für welches Alter es nun geschrieben ist.

Bewertung vom 22.03.2018
Und draußen stirbt ein Vogel
Thiesler, Sabine

Und draußen stirbt ein Vogel


sehr gut

Sabine Thiesler, ist eine Autorin die ich vorher nun wirklich noch nicht kannte. Ich gebe es ja ungern zu, aber dem ist nun einmal so.

Also war ich mal wieder recht neugierig, denn ich bin ja immer wieder auf der Suche nach etwas neuem. Frau Thiesler schreibt über eine Autorin, welche selbst Thriller schreibt, die unter die Haut gehen. Rina Kramer heißt sie und ist gerade auf Lesereise. Etwas das wirklich die meisten Autoren aus eigener Erfahrung kennen! Bei der letzten Lesung ist auch Manuel dabei - der Stalker von Rina Kramer. Er ist selbst Autor und ist der Meinung, Rina Kramer klaue ihm seine Geschichten aus dem Kopf. Es hört sich schon krank an. Ist es auch, wenn man bedenkt, dass er Rina Kramer sogar bis in die Toskana folgt.

Dort ist Rina die meiste Zeit alleine. Sie wohnt auf ihrem Berg, da ihr Sohn ins Internat geht und ihr Mann Regisseur ist. Manuel quartiert sich also in das Gästehaus von Rina Kramer ein und plant sie umzubringen - oder was auch immer. So ganz verstehe ich diesen Menschen nicht. Er ist einfach schwer zu fassen und für mich schwer zu verstehen. Aber ich glaube, gerade das macht dieses Buch auch so faszinierend.

Frau Thiesler versteht es einfach, einen in diese Geschichte mit zunehmen. Sie thematisiert die Probleme in einer offenen Ehe. Wenn beide Partner ihr Leben leben und sich eigentlich nur auf sich konzentrieren, bleibt einer der beiden immer auf der Strecke. Dies kann zum einen der Mann sein, oder wie in diesem Falle nun einmal die Frau.

Wenn sich dann auch noch ein „gestörter“ Mensch einquartiert und so gar nicht am sozialen Leben der Personen teilnimmt, sondern sich eher nur im Dunkeln bewegt, so macht er einem, wie in diesem Falle Manuel, schlicht Angst. Es muss noch nicht einmal Blut fließen oder irgendetwas passieren. Die ganze Geschichte macht einfach nur Angst. Man fiebert Stundenlang mit den Personen mit und denkt sich, warum schickt Rina Manuel nicht gleich nach hause?

Dazu passiert in der Toskana dann auch noch ein Mord an einer anderen Schriftstellerin und es gibt einige Diebstähle. Nebenbei erfährt man noch einiges über das Leben von Priestern in Italien und es gibt auch einige Missverständnisse.

Es klingt alles irgendwie abgedreht. Das ist es auch irgendwie, aber es ist trotzdem aufgrund der Schreibweise der Autorin sehr schlüssig und man kann es sehr gut verstehen. Es ist für mich ein Thriller der besonderen Art, da er zum einen so unaufdringlich beschrieben ist, aber trotzdem auf eine wundersame Art dann doch einem Gänsehaut verursacht und am Schluss will man nur noch mehr und es geht dann doch zu schnell zu Ende. Ich habe mir dann auf einmal noch mal 100 Seiten zu den 448 gewünscht.

Und was ich mir wünsche - noch viele Thriller von dieser Autorin. Sie ist etwas Besonderes und das muss von Menschen, die Thriller und Krimis mögen, gelesen werden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.03.2018
Das Versteck / Blood on snow Bd.2
Nesbø, Jo

Das Versteck / Blood on snow Bd.2


sehr gut

Und da war es endlich - der zweite Teil der Blood on Snow Reihe von Jo Nesbø. Für mich ist ja Teil Eins der Krimi des Jahres 2015. Diesmal schlüpft man als Leser also in die Figur des Ulf. Ein Geldeintreiber des Fischers, dem Drogenhändler von Oslo, den man schon im ersten Teil kennengelernt hat. Also nicht unbedingt die Person, welche man als Feind haben möchte. Trotzdem klaut Ulf ihm Geld und Drogen und dies findet der Fischer nun sicherlich nicht so erbaulich. Ich frage mich ja nun wirklich immer wieder, wie der Autor sich in so einen Menschen rein denken kann. Dies ist für mich das größte Geheimnis, welches mir bei der Blood on Snow Reihe immer wieder in den Sinn kommt. Schon allein der Einstieg in das Buch, in dem beschrieben wird, wie Ulf auf der Suche nach dem perfekten Versteck vor dem Fischer nach Lappland kommt, ist faszinierend geschrieben. Es hat mich gleich gefesselt. Dieser Verbrecher, der sogar Menschen in den abgelegensten Orten der Welt findet, da er nur dann aufhört zu suchen, wenn er die Leiche des betreffenden Menschen gesehen hat ist eine wahnsinnige Vorstellung. Jo Nesbø beschreibt, wie Ulf in die Situation gekommen ist, wie er ausgerechnet zum Geldeintreiber des Fischers geworden ist! Und wie er auf die Idee gekommen ist, dem Fischer Geld zu klauen. Vor allem das Warum ist immer wieder entscheidend. Warum ein Mensch genau das tut was er nun einmal tut, klingt abgedroschen, ist es auch irgendwie, aber man fiebert genau deswegen von Seite zu mit. Man versteht ein stückweit diesen Menschen, schließt ihn auch in sein eigenes Herz und man spürt die Stille des Nordens von Norwegen. Man sieht die karge Landschaft immer wieder vor seinem geistigen Auge! Ich habe mich auch mal dabei erwischt, wie ich mich geekelt habe, vor allem da wo sich Ulf in den Kadaver eines Rentieres versteckt hat. Alles in allem ein Thriller der absolut unter die Haut geht - auch wenn er ohne die großen brutalen Momente auskommt. Er spielt sich im eigenen Kopf ab! Ich habe mich dabei oft erwischt, wie ich überlegt habe, wie ich wohl reagieren würde, wenn ich in dieser Situation wäre. Ich bleibe dabei - die Blood on Snow Reihe ist bis zum jetzigen Zeitpunkt die Reihe die mich am meisten in ihren Bann zieht und wo ich jetzt schon darauf warte, wann der nächste Teil erscheint. Denn ich will wissen, in welche Abgründe Jo Nesbø mich noch führen wird.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.03.2018
Die dunkle Seite
Schätzing, Frank

Die dunkle Seite


sehr gut

Zu Anfang fragt man sich sehr, wie denn diese verschiedenen Erzählstränge zusammengehören, doch dies wird nach der ersten Stunde klar. Gut, man hätte auch einfach den Klappentext vorher lesen können, aber das kann ja jeder.

Obwohl es recht viele Personen gibt, kann man doch sehr gut auseinanderhalten wer wohin gehört. Ich finde, dies ist beim zuhören oft schwieriger als beim selber lesen, gelingt hier aber überraschend gut.

Die Detektivin Vera Gemini wird engagiert, um den Freund eines Klienten zu finden. In etwa zeitgleich wird ein grausamer Mord an einem kleinen Gemüsehändler entdeckt. Beides scheint nicht zusammen zu hängen, aber natürlich ist da eine Verbindung. Dies ahnt man schon recht früh, sonst würde ja nicht von beiden Ereignissen berichtet, aber wie die beiden zusammenhängen und was die Fremdenlegion damit zu tun hat bleibt lange unklar und regt die Phantasie an.

Die Verbindungen zur Fremdenlegion sind sehr anschaulich beschrieben. Obwohl uns die Kriegshandlungen im Irak schon seit mehr als zwanzig Jahren mit Unterbrechungen beschäftigen, war mir nicht bewusst, dass dort tatsächlich auch die Fremdenlegion involviert war und ist. Man macht sich generell häufig zu wenig Gedanken um Ereignisse, die scheinbar weit entfernt sind. Man verdrängt vieles.

Dies ist auch bei den Figuren im Roman so. Sowohl die Detektivin Vera Gemini, als auch ihr Kontakt bei der Polizei und ihr Klient – alle verdrängen so einiges, aber Verdrängtes hat die schlechte Angewohnheit, irgendwann hoch zu kommen. In diesem Fall löst es einige spannend beschriebene Verwicklungen aus und bringt die dunkle Seite aller Beteiligten zum Vorschein.


14 Stunden können im Auto sehr lang werden, aber mit Frank Schätzings Roman „Die dunkle Seite“ zumindest nicht langweilig.

Bewertung vom 02.03.2018
Rentierköttel / Torsten, Rainer & Co. Bd.3
Simon, Lars

Rentierköttel / Torsten, Rainer & Co. Bd.3


sehr gut

Tja, da bin ich dann mal wieder bei Lars Simon. Man könnte auch sagen, bei meinem persönlichen Reiseführer! Nachdem ich ja letztens erst über die Kaimankacke gestolpert und in Costa Rica gelandet bin, stolpere ich nun über Rentierköttel und lande im nördlichen Schweden - genauer gesagt in Lappland.

Wie ihr ja vielleicht wisst, ist Torstens Herzensdame mit ihrem Exfreund Olle nach Lappland gegangen, um dort ein kulturelles Projekt anzuschieben. Nur sind die Nachrichten, die Linda Torsten und ihrem eigenen Vater zukommen lässt, nicht gerade erbaulich und verwundern beide.

Torsten ist in diesem Buch in Richtung Norden umgezogen, um „seiner“ Linda etwas näher zu sein. Nur hat er sich diesmal ein baufälliges Haus angelacht, welches erst renoviert werden muss. Gerade in der Umbauphase kommt sein Freund Rainer zu Besuch und nachdem dann Lindas Vater auch noch vorbeikommt, um sein Leid zu klagen, was seine Tochter betrifft und Torstens Vater nebst Renate auch noch vorbeikommt, gehen ausgerechnet Torsten und Rainer zusammen auf die Suche nach Linda.

Durch Zufall stoßen die beiden dann auf eine Horde „nordische Götter“, bei der sie auch Linda zu finden hoffen.

Ich muss euch sagen, dass dieses Buch nicht ganz so lustig ist wie Kaimankacke. Wobei es nicht schlecht ist! Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das Vorgängerbuch eine enorm hohe Messlatte angelegt hat. Schon alleine die Beschreibung der „Schlittenfahrt“ auf dem Göttervater Odin ist alleine schon den Kauf des Buches wert. Wobei alle Götter, die dort genauer beschrieben sind, wirklich ein Brüller sind. Warum und wieso solltet ihr wirklich selbst erkunden. Der Autor spielt auch sehr gekonnt mit der Sprache, um die Figuren plastisch darzustellen. Die Aussprache von Rainer ist dabei ein schönes Beispiel.

Ich weiß nicht, ob Lars Simon noch ein weiteres Buch in dieser Reihe schreiben möchte, aber irgendwie finde ich, dass dieses Buch ein runder Abschluss einer Trilogie wäre, auch wenn ich den ersten Band ja leider (noch) nicht gelesen habe.

Wobei ich mir vorstellen könnte, dass diese vier Personen sicherlich noch ein Buch füllen könnten. Denn Linda und auch Daphne, die von allen nur „Da“ genannt wird, bieten einiges an Gefahrenpotential, was in diesem Buch schon leicht angedeutet wurde.

Alles in allem ein lustiges Buch, welches wirklich sehr kurzweilig ist. Gerade wenn man das Gefühl hat alles geht schief, kann man aus diesem Buch eine positive Grundstimmung ziehen, denn man kann sich sicherlich alle paar Seiten einen herzlichen Lacher nicht verkneifen.

Bewertung vom 26.02.2018
Entartete Musikwillkommen In Deutschland-Ein Ged
Sinfonieorch.Der R.Schumann Hochschule&Toten Hosen

Entartete Musikwillkommen In Deutschland-Ein Ged


sehr gut

„Willkommen in Deutschland – Ein Gedenkkonzert"

Das Sinfonieorchester der Robert Schumann Hochschule und die Toten Hosen spielen „Entartete Musik“


Die Rezension einer Musik-CD – gehört das in die Literatur-Lounge? Ja! Literatur und Musik sind eng miteinander verbundene Kustformen. Lieder haben Texte und diese sind eine Form von Literatur. Ich sehe jetzt zwar im Geiste Deutschlehrer die Augen verdrehen, aber so manches Gedicht wurde ja auch vertont.

Als ich die CD kaufte, faszinierte mich der Gedanke wie passen Punk-Rock und Sinfonisches Orchester zusammen. Es gab ja schon einige Rock-Bands, die mit einem Orchester gearbeitet haben, warum also nicht diese Konstellation.

Der Anlass dieser CD ist bedrückend, aber das Ergebnis umwerfend. Das Nazi-Regime hatte bekanntermaßen Probleme mit allem was nicht in ihr Weltbild passte und nicht ruhig war. Künstler waren oft beides. Somit erklärten die Nazis verschiedene Künstler zu unerwünschten Personen, erteilten Berufsverbote, verbrannten Bücher und erklärten Musik als „entartet“. Was war das aber für Musik?

Neben Musik von Juden (Comedian Harmonists) oder Swing, weil dieser seine Wurzeln im Blues der Farbigen Amerikas hat, war auch die Zwölftonmusik Schönbergs auf der Blacklist. Dem unbedarften Zuhörer mag diese letztere Art von moderner Musik durchaus schräg und ohne jede Logik vorkommen, allerdings folgt sie äußerst strengen Regeln, die denen von Bach und Beethoven in nichts nachstehen. Ich muss zugeben, dass ich sie auch nie verstanden habe. Sie ist für unser harmoniegewohntes Gehör ungewohnt. Aber die Einleitung zu Schönbergs „A Survivor from Warsaw op.46“ hat mir einen ungeahnten Zugang gewährt. Aus dem, was die Komponisten dieser Musikrichtung erlebt haben, mussten die Werke so atonal sein. Ihre Welt war ebenso unharmonisch.

Das Erste Stück steht dazu im völligen Kontrast. „The Sea Hawk – Suite“ von Erich Wolfgang Korngold ist ein bombastisches Werk, welches direkt Assoziationen mit monumentalen Kinofilmen Hollywoods auslöst. Dies ist auch ganz richtig. In den 30er Jahren emigriert, schrieb er 1940 dieses Stück für den gleichnamigen Film, der in Deutschland unter dem Titel „Herr der sieben Meere“ mit Erol Flynn bekannt wurde. Wunderbare Musik! Der einzige „Fehler“ des Komponisten war, dass er Jude war.

Das zweite Stück der CD ließ bei mir eher negative Erinnerungen an den Musikunterricht hochkommen. Wir mussten die „Moorsoldaten“ singen, uns war aber eher der Sinn nach „Bacardi Feeling“ und dem „Altbierlied“. Heute denke ich, wir waren einfach noch zu jung. Diese Version von den Toten Hosen und dem Sinfonieorchester möchte ich jedem Musiklehrer ans Herz legen. Sie lässt einem wirklich die Gänsehaut über den Rücken laufen und weckt die Gefühle von Grauen, die bei einer einzelnen Stimme am Klavier nicht rüber kommen und wie ich denke auch beabsichtigt waren.

Ein weiteres Stück, das mich fast noch mehr faszinierte, ist Campino’s Vertonung eines Gedichts von Erich Kästner „Stimmen aus dem Massengrab“. Letzteren kennen viele eher als Kinderbuchautor, aber er war durch seine kritischen Werke auch Persona non grata zur Nazi-Zeit.

Sollte gerade die Befürchtung aufkommen, dass diese Doppel-CD extrem schwere Kost sein könnte und so gar nichts Gewohntes von den Toten Hosen enthält, so möchte ich kurz Entwarnung geben. Auf der zweiten CD treffen wir auf gute, alte Bekannte wie Sascha, der sich immer noch für einen aufrechten Deutschen hält, wir schlagen drei Kreuze, dass wir hier sind und werfen den Ballast der Republik ab – oder auch nicht. Auch wenn viele Menschen sagen, Willkommen in Deutschland, so haben leider auch über zwanzig Jahre nach Veröffentlichung von Sascha es manche Menschen immer noch nicht kapiert.

Bewertung vom 23.02.2018
Die Voliere
Bischoff, Marc-Oliver

Die Voliere


sehr gut

Rezension :

Was findet man eigentlich alles für Schätzchen in seinem Bücherregal, welche man noch nicht gelesen hat. Dies war dann ohne Zweifel genau so ein Fall.

Das Buch gibt einen Einblick in die psychische Lage der Hauptpersonen. Es zeigt wie Schwerverbrecher ticken (können). Es thematisiert ihre Ängste vor der Freiheit. Diese werden sehr schnell deutlich in dem, wie sie sich gegenüber Nora verhalten; insbesondere bei ihrem ersten Gespräch, wo sie mehr oder weniger deutlich sagen, dass sie eigentlich nicht aus dem Gefängnis raus wollen, da sie so oder so niemand haben will.

Aber wie wir wissen, gibt es das Urteil des EuGH, wegen genau dieser nachträglichen „lebenslänglichen Sicherungsverwahrung“, also mussten diese Menschen aus dem Gefängnis raus, ob sie wollten oder nicht.

Es begann eine Jagd der Journalisten und der Menschen in unserem Land auf diese Verbrecher, so dass diese nie eine wirkliche Chance hatten, egal ob dies nun in Frankfurt in einem alten abbruchreifen Altenheim war oder ob es in einem Dorf im Spessart war. Niemand wollte sie wirklich haben.

Wie wir dies heute auch öfter erleben, kommen dann auch die Rechten in Deutschland immer wieder schnell zum Vorschein. In diesem Falle beauftragt sie dann auch noch der Ortsvorsteher, da er unbedingt sein Elternhaus wieder haben will, in dem gerade die drei Schwerverbrecher wohnen.

Meine Meinung zu diesem Buch ist ganz klar. Man sollte es einfach lesen. Es gibt einen tiefe Einblicke in die menschliche Psyche und geht dadurch unter die Haut. Die Taten werden so angerissen, dass man sich vorstellen kann, was passiert ist, aber sie werden nie so beschrieben, dass man alles erfährt, was eine gewisse Tiefe erzeugt, zumindest was meine eigene Fantasie betrifft.

Das Buch zeigt auch auf, wie schnell wir uns von einer Stimmungsmache beeinflussen lassen. Auf einmal sehen wir uns mit Mistgabeln und anderen Waffen gegen Verbrecher vorgehen, oder wie momentan in unserem Land gegen Asylanten, ohne dass man den Menschen eine wirkliche Chance einräumt. Sehr treffend ist auch der Monolog von Andris aus dem Buch Andorra von Max Frisch, welcher in diesem Buch zitiert wird nämlich: „Ich wollte es nicht wahrhaben, was sie mir sagten, aber es ist so. Sie haben mich mit Stiefeln getreten, und es ist so, wie sie sagen: Ich fühle nicht wie sie. Und ich habe keine Heimat.“

Wie wäre es denn, wenn wir Menschen eine zweite Chance geben, egal welcher Hautfarbe und egal was sie angestellt haben. Eine richtige Chance - und nicht nur Lippenbekenntnisse.