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Rinoa

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Insgesamt 198 Bewertungen
Bewertung vom 18.02.2022
Vida, Vendela

Die Gezeiten gehören uns


sehr gut

Eulabee und ihre Freundinnen wachsen Anfang der Achtziger Jahre im noblen Sea Cliff in San Francisco auf. An der Schwelle vom Mädchen zur Frau lässt insbesondere Eulabees beste Freundin Maria Fabiola die Herzen der Jungs (und auch der Männer) höher schlagen.
Als sie eines Morgens auf dem Schulweg von einem Mann nach der Uhrzeit gefragt werden, bauscht Maria Fabiola die Geschichte auf und erzählt, der Mann hätte sich angefasst. Eulabee widerspricht ihr – und steht plötzlich ganz alleine da.

Das Thema hat mich gleich angesprochen, ich kann mich selbst noch gut an die Zeit mit 13,14 erinnern und ich weiß, wie schnell (natürlich nicht nur in diesem Alter) Loyalitäten oder auch „Freundschaften“ umschlagen können.

Der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen und ich war gleich drin im Leben von Eulabee und ihren Freundinnen. Gerade am Anfang gab es sehr viele Details über die verschiedenen Familien und Familienkonstellationen, das fand ich ein bisschen anstrengend, weil ich öfter blättern musste. Andererseits wurde so ein gutes Gesamtbild gezeichnet.

Eulabee war mir von Anfang an sympathisch, ich mochte vor allem ihren trockenen Humor und es hat mir gefallen, dass sie ihren Weg geht. Gleichzeitig habe ich mich allerdings schon gefragt, ob ihr die Ereignisse und das gemieden werden denn gar nichts ausmachen, das kam zumindest bei mir nicht so an und fand ich etwas oberflächlich.

Dadurch, dass einige Passagen in Wir-Form geschrieben waren (was ich ungewöhnlich fand), kam in mir immer wieder ein Gefühl auf, als würde die Autorin etwas Universelles beschreiben, als würden sich Erlebnisse insbesondere in diesem Alter bei Mädchen zumindest gleichen, was ich wirklich nachdenkenswert fand. Die Antwort, zu der ich selbst kam, ist „Jein“. Denn natürlich kommt es auch darauf an, wie und wo man aufwächst. Doch gewisse Erfahrungen ähneln sich mit Sicherheit.

Gegen Ende wurde mir die Handlung dann etwas zu wild bzw. in einigen Punkten zu übertrieben, obwohl das vielleicht auch passend für das Alter ist. Allerdings fand ich es nicht ganz passend für Eulabee, zumindest, wie ich sie vorher kennengelernt oder eingeschätzt habe.

Alles in allem hat mir „Die Gezeiten gehören uns“ gut gefallen und mir einige unterhaltsame Lesestunden beschert. Die Tiefe, die ich mir aufgrund des Klappentexts und auch des Themas erhofft hatte, hatte es für mich allerdings nicht.

Bewertung vom 07.02.2022
Slaughter, Karin

Die falsche Zeugin


ausgezeichnet

Leighs Kindheit war geprägt von Gewalt, Drogen und einer lieblosen Mutter. Doch sie hat es geschafft, sich selbst aus diesem Sumpf zu befreien und lebt nun als Anwältin ein gutbürgerliches und unauffälliges Leben.
Bis sie eines Tages einen mutmaßlichen Vergewaltiger verteidigen soll, der ausdrücklich sie als Anwältin angefordert hat. Als sie sich persönlich treffen, weiß Leigh auch warum. Sie kennt ihn. Und er könnte ihre ganze Welt zum Einstürzen bringen…

Ich kenne Karin Slaughter zwar vom Namen her, habe aber bisher erst ein oder zwei Bücher von ihr gelesen, und das auch schon vor längerer Zeit. Ich konnte also recht unvoreingenommen und ohne spezielle Erwartungen an die Lektüre gehen.

Schon der (relativ ausführliche) Prolog hat mich total gefesselt und mich neugierig gemacht, was diese Ereignisse vor über 20 Jahren mit Leigh und ihrem Mandanten zu tun haben.
Ich musste ein bisschen warten, bis die Zusammenhänge verständlich wurden, denn die Autorin baut mit einer Akribie und Detailtreue die Handlung auf, die mir wirklich sehr gut gefallen haben und die trotz vieler Informationen und Hintergründe nie langweilig oder „zu viel“ wurden. Stattdessen war ich die ganzen gut 600 Seiten lang absolut im Bann der Geschichte.

Die aktuellen Ereignisse wechseln sich immer wieder mit Rückblenden aus der Vergangenheit ab, so dass sich nach und nach ein immer größeres und intensiveres Bild insbesondere der beiden Schwestern Callie und Leigh sowie deren doch recht unterschiedlich verlaufenden Leben zeigt.
Tatsächlich mochte ich Callie fast ein bisschen mehr, Leigh war mir an vielen Punkten sehr hart, vor allem gegen sich selbst, was ich ihr allerdings auch nicht verdenken konnte.

Den Schreibstil fand ich richtig angenehm zu lesen, wenn auch einige Szenen doch recht heftig und grausam waren. Das machte das Ganze noch intensiver, hätte ich allerdings persönlich nicht gebraucht.

Was mir auch gut gefallen hat war, dass die Autorin die Corona-Pandemie in die Handlung mit eingebaut hat, ohne sie allerdings damit zu überladen. Denn leider ist diese Pandemie natürlich immer noch aktuell und eben einfach vorhanden und ich fand es passend, wie hier damit umgegangen wurde.

Alles in allem hat mir „Die falsche Zeugin“ wirklich sehr gut gefallen, ein echter Pageturner, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 04.02.2022

Wieso? Weshalb? Warum? junior AKTIV: Feuerwehr


sehr gut

Die Wieso? Weshalb? Warum?-Reihe von Ravensburger erfreut sich schon länger großer Beliebtheit bei Klein und auch Groß, jetzt wird die Reihe um ein Rätsel-Mitmachbuch für die Kleinsten erweitert.

Hier können Kinder nicht nur Wissenswertes rund um das Thema „Feuerwehr“ erfahren, sondern es gibt noch viel mehr zu entdecken.
Unterteilt ist das Ganze in drei Kategorien „Malen“, „Rätseln“ und „Basteln“ (gekennzeichnet durch verschiedene Farben).
Hubschrauber, Einsatzwagen oder Rettungsboot warten darauf, ausgemalt zu werden. Auf der linken Seite gibt es dann immer ein vollständiges Bild mit einem passenden kurzen, kindgerechten Infotext.
Das Gleiche gilt für den Bereich „Basteln“, dort können Ausschnitte aus einem Bild ausgeschnitten und an die fehlenden Stellen eingeklebt werden; wieder gibt es einen kleinen Infotext mit Bezug zum Bild.
Bei den Rätseln müssen beispielsweise Schatten richtig zugeordnet, die passende Ausrüstung eingekreist oder der richtige Weg gefunden werden.

Persönlich denke ich, dass 2 Jahre doch ein bisschen jung ist (insbesondere was das Thema Ausschneiden anbelangt), aber wie immer kommt es hier natürlich hauptsächlich auf die Entwicklung und „Fähigkeiten“ des jeweiligen Kindes an. Meine Tochter ist jetzt knapp 3 und hat meines Erachtens das ideale Alter für dieses Buch.

Einen Minuspunkt gibt es für die heraustrennbaren, robusten Seiten (laut Klappentext), die sich allerdings nicht schon bei normalem Blättern lösen sollten. So hatten wir nach einmaliger Benutzung einen losen Blätterhaufen, der sich aufgrund fehlender Nummerierung nur mit etwas Aufwand wieder ordnen ließ (und ein Blatt blieb leider gänzlich verschwunden).

Insgesamt ist Wieso? Weshalb? Warum? juniorAKTIV allerdings eine wirklich schöne Idee und eine tolle Kombination aus Information und Interaktion.

Bewertung vom 26.01.2022
Grimm, Sandra

Am Wasser / Lotta entdeckt die Welt Bd.4


ausgezeichnet

Nachdem wir Lotta schon im Vorgängerband mit ihrem Opa durch den Wald begleitet haben, ist sie nun mit ihrer Mama am Wasser unterwegs. Auch dort gibt es wieder allerhand zu entdecken, Biber, die gerade einen Damm bauen, Störche, die sich klappernd begrüßen, Fische im Bach und noch vieles mehr.

Die Kombination aus Fotos und Illustrationen gefällt mir wirklich sehr gut, diese sind auch kindgerecht und weder überladen noch zu knallig, sondern wirklich angenehm anzuschauen und sehr stimmig. (Und insbesondere die Tiere sind einfach niedlich.)
Passend dazu der (Vorlese-)Text von Sandra Grimm, die ich bereits aus anderen Büchern kenne und schätze. Teilweise sind die Wörter wie ihre Bedeutung gestaltet (beim Wort „hüpft“ hüpfen auch die Buchstaben, das Wort „klein“ ist ganz klein geschrieben etc.) was ich ganz nett finde, da das Buch allerdings für Kleinkinder konzipiert ist und diese wohl eher nicht auf den Text achten, hätte es das für meinen Geschmack nicht unbedingt gebraucht.

„Lotta entdeckt die Welt… am Wasser“ kann sicher schon ab 18 Monaten angeschaut werden, ist aber auf jeden Fall auch für etwas „ältere“ Kinder geeignet. Meine Tochter ist jetzt knapp drei und seit wir das Lotta-Buch haben, will sie abends nur noch das vorgelesen bekommen (oft zusammen mit dem vorherigen Band). Und das ist doch das schönste Kompliment. Von mir gibt es eine klare Empfehlung!

Bewertung vom 04.01.2022
Kliesch, Vincent

Im Auge des Zebras / Olivia Holzmann Bd.1


sehr gut

Sieben Jugendliche wurden quer durch Deutschland entführt, die Eltern kurz darauf bestialisch ermordet. Und das alles offenbar zur selben Zeit und vom selben Täter. Eigentlich unmöglich, doch so stellt sich der Fall für Kommissarin Olivia Holzmann vom LKA Berlin dar. Einzig ihr alter Mentor und Ermittler-Genie Severin Boesherz scheint ihr helfen zu können, doch der hat sich vor Jahren aus dem aktiven Dienst zurückgezogen. Und Olivia läuft die Zeit davon, will sie die Jugendlichen noch lebend finden…

Ich habe tatsächlich eine ganze Weile gebraucht, bis ich richtig in der Geschichte angekommen war. Dies lag nicht am Sprachstil des Autors, denn (auch) durch die kurzen Kapitel lässt sich „Im Auge des Zebras“ richtig gut lesen.
Vielmehr fand ich den Aufbau zu Beginn etwas verwirrend, wenn auch das erste Kapitel mich gleich fesseln konnte. In der Folge waren es mir aber zu viele Personen, die da immer wieder auftauchten und es fiel mir etwas schwer, mich auf die Handlung zu konzentrieren, was vielleicht auch daran lag, dass es wenig Konkretes, dafür aber viele Andeutungen und Anspielungen (und auch Nebenschauplätze) gab.

Ab der Hälfte nahm das Buch aber an Fahrt auf und hat mich auf einen wilden Ritt mitgenommen, so dass ich es kaum noch aus der Hand legen konnte.
Einige Dinge fand ich zwar etwas vorhersehbar und konstruiert, mit vielem konnte mich der Autor aber auch wirklich überraschen und insgesamt hat sich am Ende ein wirklich stimmiger und außergewöhnlicher Fall ergeben (und auch die vielen Personen hatten alle ihre Berechtigung und waren wichtig für die Handlung).

Ein wenig hat es gedauert, aber dann hat mir „Im Auge des Zebras“ wirklich sehr gut gefallen und ich freue mich schon auf die weiteren Bände!

Bewertung vom 04.01.2022
Weber, Tanja

Betongold


ausgezeichnet

Obwohl Josef „Smokey“ Frey bereits einige Jahre im Vorruhestand ist und nicht mehr bei der Münchener Mordkommission arbeitet, wird er eines Nachts von einer Nachbarin zu einer Leiche gerufen. In einer Baugrube liegt sein alter Freund Schani, den er seit seiner Jugend kennt, und der als skrupelloser Immobilienhai verschrien ist. Hat sein Tod etwas mit seinen Geschäften zu tun? Auch wenn ihn der Morbus Bechterew quält, Smokey beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, das ist er seinem alten Freund schuldig.

Den Schreibstil fand ich zu Beginn wirklich sehr gewöhnungsbedürftig, er ist teilweise fast umgangssprachlich und insbesondere die Artikel vor jedem Namen („der Smokey“, „der Schani“, die Aimée“) waren doch etwas irritierend.
Allerdings habe ich mich erstaunlich schnell daran gewöhnt und schon nach den ersten paar Seiten war ich in der Geschichte angekommen, die sich trotz oder vielleicht sogar wegen des ungewohnten Schreibstils sehr gut lesen ließ.

Wahrscheinlich auch deswegen fiel es mir wirklich leicht, Smokey auf seinen Streifzügen durch München zu begleiten, das Setting, die Sprache und die Geschichte geben wirklich ein rundum stimmiges und passendes Bild ab.

Ebenfalls gut gefallen hat mir die humorvolle Art, mit der die Autorin beispielsweise über Smokeys Krankheit Morbus Bechterew schreibt („der alte Russe“) bzw. Smokey damit umgehen lässt, den ich wirklich ausnehmend sympathisch fand und der mir richtig ans Herz gewachsen ist.

Zwischendurch gibt es immer wieder Rückblenden auf die Freundschaft und auch die familiären Beziehungen zwischen Smokey, Schani und Hias (dem Dritten im Bunde), die in Jungenjahren begann und trotz aller Unterschiede und unterschiedlichen Entwicklungen bis in die Gegenwart andauert.

„Betongold“ ist kein reiner, knallharter Krimi, es ist auch eine Geschichte über Freundschaft und darüber, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint. Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen, ich fand es unterhaltsam und spannend mit liebevoll gestalteten Charakteren.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.12.2021
Hector, Wolf

Die Brücke der Ewigkeit / Die Baumeister Bd.1


sehr gut

Prag im 14. Jahrhundert: Der Baumeister Jan Otlin wird von Kaiser Karl beauftragt, die neue, steinerne Moldau-Brücke zu bauen. Otlin verbindet eine besondere Geschichte mit der Brücke, hätte sie doch einst bei ihrem Einsturz fast seiner Mutter das Leben gekostet. So gab er Gott das Versprechen, eine neue Brücke zu bauen, die bis in alle Ewigkeit stehen soll. Doch bald wird Otlin Teil einer Intrige, die nicht nur sein Leben, sondern auch das seiner geliebten Frau bedroht…

Jeder größere Abschnitt des Buchs beginnt erst einmal mit einem Kapitel aus der Gegenwart, im weiteren Verlauf wird dann aber aus der Vergangenheit erzählt. So weiß der Leser bereits von einigen Entwicklungen, die dann aber erst nach und nach ausführlicher beschrieben werden. Obwohl ich solche Zeitsprünge eigentlich nicht schlecht finde, haben sie hier für mich einen großen Teil der Spannung weggenommen. Das fand ich schade und hat vielleicht auch dazu geführt, dass mich die Geschichte lange nicht richtig fesseln konnte. Erst auf den letzten 100 Seiten nahm sie dann an Fahrt und auch deutlich an Spannung auf.

Stattdessen fand ich die vielen Wiederholungen und die ausführlichen Beschreibungen teilweise zu langatmig und ich habe für meine Verhältnisse wirklich lange gebraucht, das Buch zu Ende zu lesen, obwohl ich die Thematik und auch die historischen Hintergründe sehr interessant fand. Der Autor hat es auf jeden Fall geschafft, Prag, den Brückenbau und auch die sonstigen Begebenheiten lebendig zu machen, richtig berühren konnte er mich aber nicht. Denn insbesondere Jan Otlin, der ja so etwas wie die Hauptfigur ist, blieb für mich etwas blass, obwohl er mir im Laufe der Lektüre schon auch ein wenig ans Herz gewachsen ist (wie auch die anderen Charaktere).

Das Ende wurde für meinen Geschmack dann wirklich sehr schnell abgehandelt, was in großem Kontrast zur Ausführlichkeit zuvor stand. Hier hätte mir eine ausgewogenere Mischung besser gefallen.

Ich tue mich ein bisschen schwer, den Roman allzu schlecht zu bewerten, denn alles in allem ist „Die Brücke der Ewigkeit“ ein wirklich gelungener historischer Roman und ich möchte dem Autor Anerkennung zollen für seine Recherche und das Einbinden von wahren Begebenheiten und Personen in eine fiktive Geschichte. Das gelingt nicht vielen in dieser Qualität. Bei mir ist allerdings der Funke einfach nicht ganz übergesprungen.

Bewertung vom 29.10.2021
Strobel, Arno

Sharing - Willst du wirklich alles teilen?


ausgezeichnet

Ich mag die Bücher von Arno Strobel wirklich gerne, doch nachdem „Die App“ für mich persönlich eher ein Flop war, war ich gespannt, ob „Sharing“ wieder in die andere Richtung geht.
Es wird ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen, nämlich das Teilen, welches sich Markus und Bettina mit ihrer Firma zur Aufgabe gemacht haben. Egal ob Auto oder Wohnung, hier geht es nicht um das Besitzen, sondern dass möglichst viele Menschen eine Sache nutzen können. Doch dann wird Bettina entführt und schnell wird klar, dass hier jemand das Teilen allzu genau nimmt und auch vor Menschen nicht zurückschreckt.

Und ich war auch gleich mittendrin in der Geschichte, die wie immer super zu lesen und sehr gut geschrieben ist. Von Anfang an schafft es der Autor, eine große Spannung zu erzeugen und mich richtig zu fesseln, da konnte ich ihm auch einige Logikschwächen verzeihen. Zu sehr wollte ich unbedingt wissen, was passiert ist und was hinter den ganzen Geschehnissen steckt.

Bis es dann zum – für meinen Geschmack etwas dick aufgetragenen, insgesamt aber stimmigen – Ende kommt, werden noch einige Haken geschlagen und der Leser immer mal wieder in die Irre geführt.

Für mich ein echter Strobel: Rasant, spannend, fesselnd und unterhaltsam. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 29.10.2021
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


ausgezeichnet

Barbara und Walter Schmidt sind seit über 50 Jahren verheiratet und die Rollen waren immer klar verteilt: Herr Schmidt hat gearbeitet und das Geld ins Haus gebracht, Barbara war für Haushalt, Kochen und Kindererziehung zuständig. Doch eines morgens kann Barbara nicht mehr aufstehen und plötzlich muss sich Herr Schmidt um alles kümmern…

Schon nach den ersten paar Zeilen war ich total drin in der Geschichte und hätte das Buch am liebsten in einem Rutsch durchgelesen. Es gibt keine Kapitel, nur Absätze und alles ist aus (der zugegebenermaßen doch recht beschränkten) Sicht von Herrn Schmidt geschrieben (der auch immer so genannt wird), allerdings mit einer gewissen Distanz.

Herr Schmidt ist wirklich ein Grantler und ich schwankte ständig zwischen Fassungslosigkeit und Kopfschütteln, musste auf der anderen Seite aber auch immer wieder schmunzeln, weil die Autorin es schafft, selbst die größten potenziellen Aufreger total unterhaltsam und mit einer gewissen Leichtigkeit darzustellen.

Ich konnte mir Herrn Schmidt wirklich bildlich vorstellen und auch wenn einiges überspitzt wirkt, gibt es sicher Ehen, in denen es genauso läuft.
Und offensichtlich hat Barbara sich sogar so etwas wie ein eigenes, erfülltes Leben neben ihrem Mann aufgebaut, was ich irgendwie tröstlich fand. Überhaupt hat „Barbara stirbt nicht“ mich auch sehr berührt, womit ich gar nicht so wirklich gerechnet hatte. Auf jeden Fall hat es mich auch nach Abschluss der Lektüre noch eine Weile beschäftigt und nachgewirkt, was mir nicht so oft passiert.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses außergewöhnliche Buch!

Bewertung vom 26.10.2021
Parry, Ambrose

Das Gift der Lüge / Die Morde von Edinburgh Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem ich „Die Tinktur des Todes“ regelrecht verschlungen hatte, habe ich mich sehr auf den zweiten Teil gefreut. Und es war auch gleich wie ein Wiedersehen mit alten, liebgewonnenen Bekannten, Will Raven, Sarah Fisher und Dr. James Simpson im viktorianischen Edinburgh zu treffen.

Der tolle Schreibstil des Autorenduos hat mich sofort wieder in seinen Bann gezogen, die vornehme und altmodische Ausdrucksweise passt einfach perfekt zum Setting. Außerdem bin ich auch ein kleines bisschen in Will Raven verliebt, der trotz seiner Schwächen einfach sehr sympathisch ist.

Der eigentliche Fall – nämlich der unerklärliche Tod teilweise ganzer Familien – tritt fast ein wenig in den Hintergrund, trotz Einschüben der Mörderin alle paar Kapitel. Es geht hier nicht nur darum, wer für alles verantwortlich ist, sondern auch, ob und wie Will und Sarah dem Ganzen auf die Schliche kommen.

Und es geht auch ganz viel um „Frauenthemen“, vor allem darum, was Frauen zur damaligen Zeit alles nicht tun können oder auch dürfen, was insbesondere Sarah sehr zu schaffen macht, denn sie möchte es einfach nicht hinnehmen, dass Frauen so vieles verwehrt bleiben soll.
Gleichzeitig und wie nebenbei erfährt der Leser auch wieder allerhand Wissenswertes über die Entwicklungen im Bereich Medizin und Geburtshilfe, wobei die Figur des Dr. James Simpson hieran einen großen Anteil trägt.

Alles in allem ist „Das Gift der Lüge“ viel mehr als ein historischer Krimi, es lässt einen eintauchen in eine längst vergangene Zeit, erweckt die Atmosphäre des viktorianischen Edinburghs mit all seinen teils düsteren, teils gefährlichen Ecken.
Ich habe die Lektüre wirklich sehr genossen und freue mich schon auf den nächsten Teil (den es hoffentlich geben wird). Klare Leseempfehlung!